Temperaturmessung zur Ulkusprophylaxe: bedingt wirksam

Der Versuch, durch die Identifikation von „Hotspots“ an den Fußsohlen diabetische Ulzera an diesen Stellen zu verhindern, ist in einer randomisierten Studie gescheitert. Für bestimmte Patienten sind Temperaturmessungen trotzdem erfolgversprechend. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Das Risiko, nach Abheilen eines diabetischen Fußulkus, ein Rezidiv zu entwickeln, ist selbst mit angepassten Schuhen extrem hoch: Schon im ersten Jahr sind bis zu 40% der Patienten erneut betroffen. Zur Senkung der Rezidivraten wird schon seit Längerem der Nutzen von regelmäßigen Temperaturmessungen an der Fußsohle erforscht. Dahinter steht die Annahme, dass der Ulzeration entzündliche Prozesse vorausgehen, die sich durch eine Temperaturerhöhung nachweisen lassen. Drei randomisierte kontrollierte Studien (RCT) aus den USA (von einer einzelnen Arbeitsgruppe) haben deutliche positive Effekte gefunden, in einer (zu) kleinen RCT aus Norwegen war kein Vorteil zu erkennen, ein Metaanalyse kam zu dem Schluss, dass die Wirkung unsicher ist und in größeren Studien überprüft werden muss. Eine solche Studie haben jetzt Forscher der Universität Amsterdam vorgelegt: Ihre Studie ist mit 304 Teilnehmern die bisher größte RCT zum Thema. Das Ergebnis ist aber erneut ambivalent: Das primäre Studienziel wurde verfehlt, Patienten, die bei erhöhter Temperatur die Füße wie vorgesehen entlasteten, hatten jedoch einen signifikanten Nutzen. Tägliches Screening auf Hotspots Alle Studienteilnehmer hatten ein neuropathisches Fußulkus in der Anamnese, 151 wurden der erweiterten Therapie und 153 der üblichen Versorgung zugeteilt. Die erweiterte Therapie beinhaltete zusätzlich Temperaturmessungen an Hallux, zweitem und drittem Zeh und erstem, drittem und fünftem Metatarsalköpfchen, die die Patienten jeden Morgen vornehmen und dokumentieren sollten. Wurde dabei ein „Hotspot“ identifiziert, d. h. eine Temperaturdifferenz von mehr als 2,2 °C zwischen den entsprechenden Stellen an linkem und rechtem Fuß, sollten die Patienten die Belastung durch Gehen bis zum Verschwinden des Hotspots um mindestens die Hälfte reduzieren und außerdem Kontakt zu ihrem Podologen aufnehmen. Therapietreue Patienten profitieren Ulkusrezidive an oder um die Messstellen, der primäre Studienendpunkt, traten innerhalb von 18 Monaten bei 29% der Patienten mit erweiterter und 37% mit herkömmlicher Behandlung auf. Das entsprach einer relativen Risikoreduktion um 22% und verfehlte damit knapp die statistische Signifikanz. Allerdings hatten auch nur 62% der Patienten an mindestens 70% der Tage wie geplant gemessen. Von den Teilnehmern, die einen Hotspot festgestellt hatten, hatten zudem nur 29% den Fuß wie empfohlen entlastet. Wurden diese vollständig therapietreuen Patienten mit jenen der Kontrollgruppe verglichen, ergab sich ein signifikant geringeres Risiko für Rezidivulzera (13% vs. 37%; –66%). Dieselbe Risikoreduktion wurde im Vergleich zu Patienten erzielt, die zwar einen Hotspot gemessen, daraus aber keine Konsequenzen gezogen hatten (–65%). Das Risiko eines Rezidivs wurde außerdem in der gesamten Gruppe mit Temperaturmessungen signifikant reduziert, sofern als Endpunkte nur das Auftreten von Ulzera an derselben Stelle (–64%) oder aber von Fußulzera an beliebiger Stelle (–24%) betrachtet wurden. Dass das primäre Studienziel mit einer Risikoreduktion von 22% verfehlt wurde, könnte laut der Studienautoren daran liegen, dass die Ulkusinzidenz in der Kontrollgruppe niedriger als erwartet war. „Der Effekt kann vielleicht trotzdem der Intervention zugeschrieben werden und ist angesichts der Häufigkeit des diabetischen Fußsyndroms immer noch klinisch bedeutsam“, so die Einschätzung von Sicco Bus und seinem Team. Der Nutzen von täglichen Temperaturmessungen sei aber „nicht so eindeutig wie früher beschrieben und vermutlich auf diejenigen beschränkt, die auch die daraus abgeleiteten Verhaltensmaßnahen befolgen“. Das Wichtigste in Kürze Frage: Eignen sich tägliche Temperaturmessungen an der Fußsohle, um Rezidive von diabetischen Fußulzera im Bereich der Messung und darum herum zu verhindern? Antwort: Das Risiko für solche Ulkusrezidive wird um 22% gesenkt, der Unterschied ist aber statistisch nicht signifikant. Patienten, die beim Nachweis eines Hotspots die Belastung des Fußes mindestens halbieren, entwickeln aber signifikant seltener Rezidive. Bedeutung: Die tägliche Temperaturmessung an der Fußsohle sollte nur Patienten empfohlen werden, die voraussichtlich therapietreu sind. Einschränkung: Ulkusrate in der Kontrollgruppe niedriger als erwartet.

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