Typ-1-Diabetes: Verordnungsdaten enthüllen wahre Inzidenz

Durch die landesweite Erfassung sämtlicher ärztlicher Verordnungen kann die Zahl von neu aufgetretenen Typ-1-Diabetes-Fällen relativ genau abgeschätzt werden. In Schweden, wo diese Dokumentation verpflichtend ist, ergibt sich daraus eine zwei- bis dreimal so hohe Inzidenzrate wie aus den bisher verwendeten klinischen Diabetesregistern. Mehr zum Thema Weitere Beiträge finden Sie im Themenschwerpunkt Diabetologie. Nicht nur der Typ-2-, auch der Typ-1-Diabetes nimmt seit einigen Jahrzehnten deutlich zu. In Studien wurde ein jährlicher Inzidenzzuwachs von 3% nachgewiesen. Für den Zeitraum von 2005 bis 2020 wird für Europa sogar eine Steigerung der Neuerkrankungsrate um 70% prognostiziert. Die Gründe dafür sind weitgehend unbekannt. Die höhere Lebenserwartung von Typ-1-Diabetikern und damit die stärkere Weitergabe von Genen, die anfällig für die Stoffwechselerkrankung machen, reichen als Erklärung vermutlich nicht aus; dementsprechend müssen auch veränderte Umweltfaktoren eine Rolle spielen. Strittig ist außerdem, ob sich der Beginn des Typ-1-Diabetes nur in ein jüngeres Alter verlagert hat oder ob die Krankheit auch in späteren Lebensjahren häufiger auftritt. Um die Entwicklung des Typ-1-Diabetes besser als bisher überwachen zu können, werden kostengünstige und zuverlässige Methoden benötigt. Einer aktuellen Studie zufolge könnten das Register sein, in denen nach schwedischem Vorbild alle ärztlichen Verordnungen erfasst werden müssen. Als Typ-1-Diabetiker galt hier jeder Mann, der mindestens einmal, und jede Frau, die – um einen Gestationsdiabetes auszuschließen – mindestens dreimal Insulin rezeptiert bekommen hatte, sofern sie zu keinem Zeitpunkt orale blutzuckersenkende Mittel erhalten hatten. Deutlichste Zunahme bei den unter 15-Jährigen Gemäß der Studie, die sich auf die schwedische Bevölkerung zwischen 0 und 34 Jahren beschränkte, wurden 91% der über die Verordnung identifizierten Patienten durch das Nationale Diabetes-Register (NDR) als Typ-1-Diabetiker bestätigt. Mithilfe des NDR wurden aber in jeder Altersgruppe weniger Typ-1-Diabetiker entdeckt als mit dem Medikamentenregister. Noch geringer waren die Patientenzahlen, die die Diabetes Incidence Study in Sweden (DISS) zutage förderte. Das sollte nicht überraschen: Einträge in NDR und DISS, bisher die Grundlage für die Inzidenzschätzungen, setzen die Teilnahme der behandelnden Klinik und die Zustimmung des Patienten voraus. Dem Verordnungsregister zufolge hat sich die Typ-1-Diabetes-Inzidenz zwischen 2007 und 2011 vor allem bei Kindern unter 15 Jahren erhöht. Bei den 10- bis 14-Jährigen betrug sie 2011 z. B. 54,6 pro 100.000 Personenjahre. In den Altersgruppen von 15 bis 34 Jahren war die Rate dagegen leicht rückläufig. Die Werte lagen aber immer noch etwa zwei- bis dreimal so hoch wie zuvor aufgrund von NDR und DISS geschätzt. So betrug die Neuerkrankungsrate in 2011 bei den 30- bis 34-Jährigen 19,4 pro 100.000 Personenjahre; im NDR dagegen nur 8,7. „Das Medikamentenverordnungsregister ist wahrscheinlich der Goldstandard, um die Inzidenz des Typ-1-Diabetes vor allem bei den bis zu 30-Jährigen zu überwachen“, schreiben die Studienautoren um Araz Rawshani vom Nationalen Diabetes-Register in Göteborg. Für Schweden ist dies besonders relevant, denn es gehört mit Finnland zu den Ländern mit dem höchsten Anteil von Typ-1-Diabetikern.

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