HbA1c-Wert: Aussagekraft hängt von Meereshöhe ab

Als Test fürs Diabetesscreening hat der HbA1c-Wert einige Vorteile gegenüber der Nüchternglukose – etwa den, dass der Patient nicht nüchtern sein muss. Ein Nachteil: HbA1c ist von der geografischen Höhe des Ortes abhängig, an dem die Patienten leben. Ein längerer Aufenthalt in großen Höhen mit erniedrigtem Sauerstoffpartialdruck geht mit einer Adaption einher, die zu einer sekundären Polyzythämie mit höheren Hämoglobinspiegeln führt. Das beeinflusst womöglich auch den Anteil des Glykohämoglobins – und damit die Möglichkeit der Diabetesdiagnose mithilfe des HbA1c-Wertes. Peruanische Forscher haben dieses Problem mit Angehörigen von zwei Populationen untersucht. Einwohner, die in den Städten Lima und Tumbes etwa auf Höhe des Meeresspiegels lebten, wurden mit Bewohnern von Puno und Ayacucho verglichen, die auf Höhen von 3000 m und darüber wohnten. Jaime Miranda von der Universidad Peruana Cayetano Heredia in Lima und Mitarbeiter untersuchten, was die übliche Diabetesschwelle des HbA1c-Wertes von 6,5% auf Seehöhe und im Hochland diagnostisch taugt. Als Standardtest war die Messung der Nüchternglukosekonzentration im Plasma festgelegt, wobei aus Werten ab 126 mg/dl eine Diabetesdiagnose abgleitet wurde. Die Unterschiede in den durchschnittlichen Hämoglobinspiegeln der beiden Studiengruppen waren signifikant: 13,5 g/dl auf Meereshöhe, 16,7 g/dl auf 3000 m. Die mittleren HbA1c-Werte unterschieden sich ebenfalls: 5,9% vs. 5,8%. Gleiches galt für die Nüchternglukose: 105 mg/dl vs. 91,3 mg/dl. Sensitivität sinkt mit zunehmender Höhe Was zunächst nach geringen Unterschieden aussieht, zieht nach Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, Bildungsstand, Einkommen, Body-Mass-Index und Hämoglobinspiegel erhebliche Konsequenzen nach sich. Während nämlich auf Normalnull im Mittel ein Nüchternglukosewert von 120 mg/dl genügte, um vorauszusagen, dass der HbA1c-Wert 6,5% betragen würde, war dafür in der Höhe schon eine Glukosekonzentration von 266 mg/dl nötig. Entsprechend gering war die Sensitivität des HbA1c auf 3000 m; sie lag bei 40,9%. Unten am Meer hingegen erreichte sie 87,3%. Obwohl also die Nüchternglukose die Diabetesschwelle längst überschritten hat, bleibt der HbA1c-Wert in großen Höhen noch unter 6,5%. „Deshalb sollte sich unter solchen Umständen die Diabetesdiagnostik an den Kriterien für die Nüchternplasmaglukose und den oralen Glukosetoleranztest orientieren“, schreiben Miranda und Kollegen in der Konklusion ihrer Studie. Als Ursache der Diskrepanz zwischen Nüchternglukose und HbA1c vermuten die Forscher die über Erythropoetin induzierte erhöhte Hämoglobinproduktion der Höhenbewohner, was sich mit dem Befund der höheren Hämoglobinspiegel decken würde.

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