Selbst große Gallenblasenpolypen nur selten maligne

Die europäischen Empfehlungen zur Überwachung von Gallenblasenpolypen fördern vermutlich eine Überdiagnostik. Das Malignitätsrisiko ist neuen Daten zufolge geringer als bisher angenommen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Bei fast jedem 20. Erwachsenen lassen sich in der Abdomensonografie Polypen der Gallenblase nachweisen. Bei etwa 4–10% von ihnen, so die Schätzung, handelt es sich um Adenome, die ein malignes Potenzial haben. Um sie herauszufiltern, haben mehrere europäische Fachgesellschaften Empfehlungen zur regelmäßigen Überwachung bzw. zur Cholezystektomie formuliert, die sich vor allem an Größe und Wachstum der Polypen orientieren (Wiles R et al. Eur Radiol 2017;27:3856-3866). Eine Analyse von Versichertendaten aus den USA weckt jedoch Zweifel an diesen Vorgaben. Den Resultaten zufolge sind selbst Gallenblasenpolypen (GP) mit einem Durchmesser von mehr als 10 mm nur selten mit einem Karzinom assoziiert. Darüber hinaus hatten Patienten mit Polypen insgesamt kein höheres Risiko für Gallenblasenkarzinome (GBK) als Patienten ohne. Mit GP nicht mehr GBC-Diagnosen als ohne Ausgewertet wurden Daten von mehr als 622.000 Patienten, die mindestens einen Bauchultraschall erhalten hatten: darunter 365 GBK-Patienten und rund 35.800 GP-Patienten, die maximal 20 Jahre nachverfolgt wurden. Von den GBK-Patienten hatten 6,0% in mindestens einem früheren Ultraschall einen GP aufgewiesen. Das entsprach in etwa der Häufigkeit, mit der GP auch in der Gesamtkohorte gefunden wurden; dort waren 5,8% der Patienten betroffen. Von den GP-Patienten erhielten im Laufe der Zeit 19 eine GBK-Diagnose. Der Anteil von 0,053% war identisch mit dem unter Versicherten, bei denen der Ultraschall zuvor keine GP zutage gefördert hatte (0,054%). Von den 19 betroffenen Patienten hatten 12 große Polypen mit mindestens 10 mm Durchmesser gehabt. Zwei Drittel aller GBC wurden innerhalb des ersten Jahres nach der Entdeckung eines Polypen diagnostiziert, was dafür spricht, dass die Karzinome schon vorher da waren. Mehrzahl der Polypen wächst mehr als 2 mm Die GBC-Inzidenz in der GP-Kohorte betrug 11,3 pro 100.000 Personenjahre, wobei sie mit der Größe der Polypen zunahm: von 1,3 bei einem anfänglichen Durchmesser unter 6 mm bis auf 128,2 pro 100.000 Personenjahre bei einem Durchmesser ab 10 mm. Wurde die Analyse auf Versicherte mit mindestens einem Jahr Follow-up nach dem Ultraschallbefunde eingeschränkt, sank die Inzidenz auf 3,6 GBC-Fälle pro 100.000 Personenjahre. Die meisten Polypen zeigten ein Wachstum. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Durchmesser innerhalb von zehn Jahren um mindestens 2 mm zunahm, betrug 66% bei einer Ausgangsgröße unter 6 mm und 53% bei anfänglichen 6–10 mm. Eine Zunahme des Durchmessers auf 10 mm wurde bei 507 Patienten beobachtet; während des Follow-up von 1550 Personenjahren wurde bei keinem von ihnen ein GBC festgestellt. Mehr als 95.000 Kontroll-Sonografien für ein GBC? Bei der Assoziation von GP und GBC dürfte es sich in den meisten Fällen um einen zufälligen Befund handeln, so die Schlussfolgerung der Studienautoren um Jean-Luc Szpakowski vom Gesundheitsdienstleister Kaiser Permanente in Fremont. Damit würden die europäischen Empfehlungen infrage gestellt, nach denen Polypen unter 10 mm Durchmesser größenabhängig in bestimmten Intervallen überwacht werden und ab einer Größe von 10 mm oder einem Wachstum von mehr als 2 mm eine Cholezystektomie veranlassen sollten. So müssten bei Polypen unter 10 mm mehr als 95.000 Sonografien vorgenommen werden, um ein GBC zu entdecken. Bei Polypen mit einem Durchmesser von mindestens 10 mm die Gallenblase zu entfernen, „könne immer noch empfohlen werden“, so die Wissenschaftler, aber man müsse von einer geringen Ausbeute ausgehen: Bei den analysierten Versicherten hatten 8 von 2055 Cholezystektomien (0,4%) ein GBC zutage gefördert. Es müsse daher untersucht werden, ob nicht ein höherer Schwellenwert für die Op. sinnvoll sei. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie häufig wachsen Gallenblasenpolypen (GP) und wie oft sind sie mit Gallenblasenkarzinomen (GBK) assoziiert? Antwort: Die meisten GP wachsen um mehr als 2 mm, trotzdem entwickeln die Patienten nur selten ein GBK. Die An- oder Abwesenheit von GP scheint die Häufigkeit von GBC nicht zu beeinflussen. Bedeutung: Regelmäßige Kontrollen von GP bis 10 mm Durchmesser zur Entdeckung von GBC sind nicht sinnvoll. Einschränkung: Eventuell wurden nicht alle GBC entdeckt.

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