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05.10.2022 | Diarrhoe | Nachrichten

Vom Mittelmeerfieber bis zur Porphyrie

Bei ungeklärten Bauchschmerzen an seltene Erkrankungen denken!

verfasst von: Dr. Elke Oberhofer

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Ihre Patientin kommt immer wieder mit unerklärlichen Bauchschmerzen in die Praxis, die auf keine Therapie ansprechen? In solchen Fällen raten US-Gastroenterologen, eine Handvoll seltene Ursachen in die Diagnostik einzubeziehen, neben Gefäßstörungen auch allergische Ursachen oder z. B. eine akute hepatische Porphyrie.

Bei rezidivierenden Schmerzen im Abdomen kommt es immer auf eine sorgfältige Anamnese an und darauf, „Red Flags“ für gefährliche Verläufe abzuklären. Da differenzialdiagnostisch eine Vielzahl häufiger Ursachen infrage kommt, bleiben die seltenen Erkrankungen, die mit wiederkehrenden Bauchschmerzen einhergehen, oft lange unerkannt. Ein Team von Gastroenterologen um Dr. Darren M. Brenner von der Northwestern University Feinberg School of Medicine in Chicago macht in einer Übersicht auf fünf seltene Entitäten aufmerksam, an die selbst in gastroenterologischen Praxen oft nicht gedacht wird.

Chronischer Bauchwandschmerz. Dieses auch als „abdominal cutaneous nerve entrapment syndrome“ (ACNES) bezeichnete Syndrom kommt insbesondere bei Frauen mit Übergewicht vergleichsweise häufig vor. Der Schmerz, der durch eine Kompression von am M. rectus abdominis vorbeilaufenden Bauchwandnerven zustande kommt, befindet sich typischerweise im rechten oberen Quadranten. Hinweisend ist ein positives Carnett-Zeichen (Verschlimmerung der Schmerzen bei Palpation mit angespannter Bauchmuskulatur). Auch eine Triggerpunkt-Injektion mit einem Lokalanästhetikum kann helfen, den Verdacht abzuklären. Zur Behandlung schlagen Brenner und sein Team bei leichten Schmerzen ein Lidocainpflaster vor, bei stärkeren Schmerzen eine Injektion mit Lidocain oder einem Glukokortikoid. In schweren refraktären Fällen bleibe noch die chirurgische Neurektomie oder eine chemische Neurolyse des verursachenden Nervs.

Gefäßstörungen. Hier unterscheiden die Autoren das MALS (median arcuate ligament syndrome), die CMI (chronische mesenteriale Ischämie) und die SMVT (subakute Mesenterialvenenthrombose). Beim MALS (Synonym: Dunbar-Syndrom) kommt es üblicherweise postprandial zu einer Kompression des Truncus coeliacus durch Teile des Zwerchfells, betroffen sind vor allem schlanke Frauen mittleren Alters. Eine CMI – auch intestinale Angina – beruht in über 90% der Fälle auf einer mesenterialen Arteriosklerose, wobei Episoden einer Mangeldurchblutung zu rezidivierenden Krämpfen führen, meist ca. eine halbe Stunde nach dem Essen. Beide Störungen gehen mit Gewichtsverlust, Übelkeit und Erbrechen sowie Diarrhö einher. Die Diagnose lässt sich durch CT- oder MR-Angiografie sichern. Während MALS und CMI meist offen chirurgisch, gefäßchirurgisch oder endovaskulär behandelt werden, erfolgt die Therapie des SMVT in der Regel konservativ mittels systemischer Antikoagulation über drei bis sechs Monate.

Allergische Ursachen. Patientinnen und Patienten mit rezidivierenden Bauchschmerzen sollten immer auch nach Allergien in der (Familien-)Anamnese gefragt werden. Beispielsweise kann bei einer Kreuzreaktion auf ein spezifisches Allergen (z. B. Erdnüsse) eine IgE-vermittelte Immunantwort in der Darmschleimhaut erfolgen. Die Darmwand kann aber auch beim MCAS (mast cell activation syndrome) sowie beim Angioödem betroffen sein. Die Patienten präsentieren sich klassischerweise mit krampfartigen Bauchschmerzen, Blähungen, Übelkeit und Diarrhö, wobei insbesondere beim intestinalen Angioödem „die Schmerzstärke so ausgeprägt sein kann, dass eine Notaufnahme aufgesucht wird“, so Brenner et al. Liegt ein MCAS nahe, erfolgt die Diagnostik über die Zweifachbestimmung der Serumtryptase. Bei V. a. Angioödem raten die Autoren zu einem CT-Scan im akuten Schub. Das entsprechende Darmsegment erscheint dann grade, leicht dilatiert und mit verdickter Wand.

Akute hepatische Porphyrie (AHP). Hier führt ein vererbter genetischer Defekt zur Störung der Häm-Biosynthese. Durch die erhöhte Aktivität eines Enzyms (ALAS1) kommt es zur Akkumulation von Giftstoffen wie Aminolävulinsäure (ALA) und Porphobilinogen (PBG), welche u. a. Nervenzellen schädigen. Die Erkrankung betrifft in der Regel jüngere Frauen, im Schnitt vergehen 15 Jahre bis zur Diagnose. Dabei lässt sich die AHP mithilfe eines Spontanurintests auf ALA und PBG zuverlässig diagnostizieren. Die Schwierigkeit liegt in der Unspezifität der Symptome, die sehr vielfältig sein können: neben Bauchschmerzen, Übelkeit und Verstopfung werden unter anderem Gliederschmerzen, Krampfanfälle, Erschöpfung und Depressionen berichtet. Wichtig ist es, den Test während oder bis wenige Tage nach der Attacke durchzuführen. Bei positivem Ergebnis kommt es darauf an, potenzielle Auslöser zu vermeiden; dazu gehören neben Rauchen und Alkohol auch zahlreiche Medikamente (s. Beipackzettel bzw. Listen im Internet). 

Familiäres Mittelmeerfieber (FMF). Auch dahinter steckt ein Gendefekt, der im Gegensatz zur AHP bei Männern häufiger vorkommt. Dieser führt zu Interleukin-vermittelten Entzündungsprozessen, die ebenfalls sehr vielfältig in Erscheinung treten können. Auf Attacken mit Fieber und serösen Entzündungen, die sich als Meteorismus, Peritonitis, Pleuritis, Orchitis oder auch Arthralgien und Myalgien manifestieren können, folgen völlig symptomfreie Phasen. Gefürchtet sind die langfristigen Komplikationen infolge von Amyloidablagerungen, u. a. in Darm, Leber, Niere, Herz. Zur Abklärung empfehlen Brenner und sein Team die über 20 Jahre alten Diagnosekriterien nach Livneh et al. Die Therapie basiert auf der Gabe von Colchicin gemäß den Empfehlungen der EULAR (European League Against Rheumatism).

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Literatur

Brenner DM et al. Rare, Overlooked, or Underappreciated Causes of Recurrent Abdominal Pain: A Primer for Gastroenterologists. Clin Gastroenterol Hepatol 2022; https://doi.org/10.1016/j.cgh.2022.09.022

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