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Erschienen in: Die Radiologie 10/2020

Open Access 03.06.2020 | Strahlenschutz | Übersichten

Die neue Strahlenschutzgesetzgebung – Teil 2

Änderungen in der Radiologie bezüglich Vorabkontrolle und Sonderbereiche, einschließlich Teleradiologie

verfasst von: Evelyn Bohrer, Stefan B. Schäfer, Gabriele A. Krombach

Erschienen in: Die Radiologie | Ausgabe 10/2020

Zusammenfassung

Hintergrund

Mit in Kraft treten des neuen Strahlenschutzgesetzes und der neuen Strahlenschutzverordnung in Deutschland ergaben sich viele neue Änderungen für die Radiologie in Bezug auf die alte Strahlenschutzverordnung und Röntgenverordnung.

Ziel der Arbeit

Die wesentlichen Änderungen in der Radiologie in Hinblick auf die Bereiche Anzeige- und Genehmigungsverfahren, Teleradiologie, Früherkennung, Forschung und Radon am Arbeitsplatz wurden zusammengefasst.

Methode

Es wurden die Änderungen von neuem Strahlenschutzgesetz und neuer Strahlenschutzverordnung zur alten Strahlenschutzverordnung und Röntgenverordnung herausgearbeitet. Dabei lag der Schwerpunkt auf Bereichen, die über die Arbeitsabläufe in der klinischen Routine hinausgehen.

Ergebnisse und Diskussion

Die Anforderungen beim Anzeige- und Genehmigungsverfahren wurden erhöht. So ist hier beispielsweise der Nachweis zu erbringen, dass ein Medizinphysik-Experte hinzugezogen werden kann. Durch Festlegung von Bearbeitungsfristen seitens der zuständigen Behörden können Bearbeitungsverfahren beschleunigt und mehr Planungssicherheit geschaffen werden.
Die in Deutschland seit nun mehr als einem Jahr geltende neue Strahlenschutzgesetzgebung hat eine Fülle an Änderungen allein für die Radiologie gebracht. Ein großer Teil davon betrifft die arbeitstägliche Routine. Allerdings sind beim Betrieb einer Röntgeneinrichtung noch weitere Bereiche zu berücksichtigen. Diese betreffen das Anzeige- und Genehmigungsverfahren und Sonderbereiche wie Teleradiologie, Früherkennung, Forschung, Tiermedizin und Radon am Arbeitsplatz. Eine erklärende Zusammenfassung der Änderungen für diese Bereiche schafft den entsprechenden Überblick.
Am 27.06.2017 hat die deutsche Bundesregierung das neue Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) erlassen [3]. Sie kam damit ihrer Verpflichtung nach, die Richtlinie von 2013 zur „Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen für den Schutz vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung“ der Europäischen Union in geltendes nationales Recht umzusetzen [11]. Durch die neue Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) vom 29.11.2018 wurde das deutsche Strahlenschutzgesetz weiter konkretisiert [15]. Die alten Verordnungen, Strahlenschutzverordnung [12] und Röntgenverordnung (RöV; [13]) traten damit außer Kraft. Das neue Strahlenschutzgesetz und die neue Verordnung decken die verschiedensten Expositionssituationen auch außerhalb des medizinischen Gebietes ab. Die medizinische Exposition umfasst dabei die Bereiche Strahlentherapie, Nuklearmedizin und die Radiologie. Die Menge an Regelungen mit insgesamt 418 Paragraphen erschwert die praktische Umsetzung in den jeweiligen Bereichen. Diese Übersichtsarbeit soll die wesentlichen Änderungen für die Radiologie in Bezug auf das Anzeige- und Genehmigungsverfahren sowie für einige Sonderbereiche in der Radiologie zusammenfassen. Sie ergänzt damit die Inhalte der vorangegangenen Übersichtsarbeit „Die neue Strahlenschutzgesetzgebung – Änderungen für die arbeitstägliche Routine in der Radiologie“.

Informationspflicht

Die Hersteller sind nun nach § 91 StrlSchG [4] und § 148 StrlSchV [15] verpflichtet, dem Strahlenschutzverantwortlichen (SSV) bei der Übergabe von Röntgeneinrichtungen und weiteren im Zusammenhang mit Tätigkeiten eingesetzten Ausrüstungen, Geräte und Vorrichtungen Unterlagen auszuhändigen. Diese müssen entsprechende Informationen über die möglichen radiologischen Gefahren im Zusammenhang mit dem Betrieb oder der Verwendung des Gerätes und zur ordnungsgemäßen Nutzung, Prüfung, Wartung und Instandsetzung beinhalten. Ebenso muss der Nachweis enthalten sein, dass das Gerät es ermöglicht, die Exposition soweit zu reduzieren, wie es nach dem Stand der Technik vernünftigerweise möglich ist. Hierbei ist mit „vernünftigerweise“ die Beachtung einer noch ausreichend diagnostischen Bildqualität gemeint. Für die Anwendung am Menschen müssen zudem entsprechende Informationen beigefügt werden, die es ermöglichen, die Risiken für untersuchte Personen zu bewerten.

Anzeige- und Genehmigungsverfahren/Kontrolle

Röntgeneinrichtungen sind physikalisch betrachtet, genau wie Geräte die zur Strahlentherapie eingesetzt werden, Anlagen zur Erzeugung ionisierender Strahlung. Nach § 5 Abs. 2 und Abs. 30 StrlSchG [4] fallen Röntgeneinrichtungen jedoch nicht unter diesen Begriff, sondern werden explizit als Röntgeneinrichtung aufgeführt. Dies gilt es vor allem bei den Regelungen zum Anzeige- und Genehmigungsverfahren zu beachten.
Soll eine Röntgeneinrichtung in einem mobilen Röntgenraum oder in einem Röntgenraum betrieben werden, der in einem Sachverständigenprüfbericht oder in einer Genehmigung für eine andere Röntgeneinrichtung bezeichnet ist, so bedarf es nun nach § 19 Abs. 2 StrlSchG [4] einer Genehmigung. Weiterhin ist für die Gebiete Teleradiologie, ggf. Forschung, Früherkennung und für Geräte, die über keine Bauartzulassung verfügen, eine Genehmigung notwendig. Die Pflichten für das Anzeige- und Genehmigungsverfahren trägt der Strahlenschutzverantwortliche. Er darf diese Aufgabe nach § 43 Abs. 2 StrlSchV [15] nicht an den Strahlenschutzbeauftragten übertragen.
Ist eine Anzeige ausreichend, so ist zu beachten, dass bei einem Anzeigeverfahren nach § 19 Abs. 1 StrlSchG [4] nun erst 4 Wochen nach der Anzeige mit dem Betrieb begonnen werden darf. Nach RöV § 4 Abs. 1 [13] waren es 2 Wochen. Teilt jedoch die zuständige Behörde vor Ablauf der Frist schriftlich mit, dass alle Nachweise erbracht wurden, darf bereits nach § 20 Abs. 1 StrlSchG [4] ab Erhalt dieser Mitteilung mit dem Betrieb begonnen werden.
Ein Genehmigungs- bzw. Anzeigeverfahren kann nach § 7 StrlSchG [4] auch ausgesetzt und ggf. der Betrieb untersagt werden, wenn begründete Zweifel an der Rechtfertigung oder Anhaltspunkte dafür vorliegen. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) kann dann das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) mit einer Prüfung beauftragen. Die Prüfung ist innerhalb von 12 Monaten nach Eingang der Unterlagen durchzuführen und die Ergebnisse der zuständigen Behörde mitzuteilen. Eine derartige Prüfung kann das BMU auch außerhalb von Anzeige- und Genehmigungsverfahren veranlassen.
Eine neue Forderung betrifft Untersuchungen, die zu einer erheblichen Exposition der untersuchten Person führen können, wie dies bei Interventionen, der Computertomographie und 3‑D-Bildgebung mit niedrigem Röntgenkontrast (außer Tomosynthese) der Fall ist. Hier muss nun nach § 14 Abs. 1 StrlSchG [4] ein Medizinphysik-Experte zur Mitarbeit hinzugezogen werden können und ggf. als weiterer Strahlenschutzbeauftragter bestellt werden. Im Anzeige- bzw. Genehmigungsverfahren ist dies nachzuweisen. Da momentan die Anzahl an Medizinphysik-Experten mit der Fachkunde „Röntgendiagnostik“ nur sehr begrenzt ist, hat das BMU in einem Rundschreiben vom 22.11.2019 (Az.: S II 1 (I) – 11402/00) an die zuständigen obersten Landesbehörden die Verlängerung einer Ausnahmemöglichkeit mitgeteilt. Demnach besteht bis zum 31. Dezember 2021 die Ausnahmemöglichkeit, auch Medizinphysik-Experten mit einer anderen Fachkunde zu verpflichten. Weiterhin soll es kurzfristig Medizinphysik-Experten ohne Fachkunde „Röntgendiagnostik“ möglich sein, diese in einem verkürzten Verfahren zu erwerben, sofern diese im Bereich Röntgendiagnostik oder Interventionen tätig sind. Es ist zu erwarten, dass in der noch kommenden überarbeiteten Fachkunde-Richtlinie eine Sachkundezeit in der Röntgendiagnostik von mindestens 12 Monaten gefordert wird anstatt der bisher geforderten 6 Monate [8], um die Fachkunde „Röntgendiagnostik“ zu erhalten. Die Gesamt-Sachkundezeit von 24 Monaten wird vermutlich beibehalten [2]. Weiterhin muss im Anzeige- bzw. Genehmigungsverfahren eine Strahlenschutzanweisung nach Anlage 2 Teil C StrlSchG [4] nachgewiesen werden und dass das für die sichere Ausführung der Tätigkeit nötige Personal nach § 19 Abs. 3 StrlSchG [4] in ausreichender Anzahl zur Verfügung steht. Bei einem anzeigebedürftigen Betrieb ist nach § 45 Abs. 4 StrlSchV [15] eine Strahlenschutzanweisung jedoch nur erforderlich, wenn die zuständige Behörde den Strahlenschutzverantwortlichen dazu verpflichtet. Vor dem 31.12.2018 erfolgte Genehmigungen und Anzeigen bestehen nach §§ 198 und 200 StrlSchG [4] fort, wenn bis zum 31.12.2022 die zusätzlichen Anforderungen durch das neue Strahlenschutzgesetz (Medizinphysik-Experte, Strahlenschutzanweisung etc.) bei der zuständigen Behörde nachgewiesen werden.
Wird eine Tätigkeit im Zusammenhang mit der Anwendung ionisierender Strahlung am Menschen aufgenommen, wesentlich geändert oder beendet, so ist dies der ärztlichen bzw. zahnärztlichen Stelle nach § 129 StrlSchV [15] unverzüglich mitzuteilen. Nach § 17a Abs. 4 RöV [13] musste nur der Betrieb mitgeteilt werden. Dabei wurde der Begriff der Tätigkeit nach § 4 StrlSchG [4] erweitert und umfasst nun auch die Beschäftigung von Personen die diese Tätigkeit für Dritte ausüben und sonstige Handlungen, die im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten die Exposition erhöhen können.
In § 180 Abs. 1 StrlSchG [4] und § 149 StrlSchV [15] wurde zudem ein Aufsichtsprogramm festgelegt, nach dem die zuständige Behörde regelmäßige Vor-Ort-Prüfungen durchführen soll. Die zeitlichen Abstände, in der Regel 1 bis 6 Jahre, sollen sich dabei nach Art und Ausmaß des mit der jeweiligen Tätigkeit verbundenen Risikos richten.

Teleradiologie

Aufgabe der Teleradiologie, die einer Genehmigung bedarf, ist es, eine Versorgungslücke zu schließen und eine schnelle Versorgung von Notfällen außerhalb des Regelbetriebs zu gewährleisten, wenn kein fachkundiger Arzt, der die notwendige rechtfertigende Indikation stellen darf, anwesend ist. In der Teleradiologie befindet sich der fachkundige Arzt (Teleradiologe) nicht am Ort der technischen Durchführung. Er muss allerdings während der Untersuchung mittels Telekommunikation und einer sicheren Datenverbindung mit den vor Ort tätigen Personen unmittelbar in Verbindung stehen. Die jeweiligen Aufgaben sind in Abb. 1 zusammengefasst. Nach der neuen Gesetzgebung benötigt der Teleradiologe die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz (§ 5 Abs. 38 StrlSchG [4]), da z. B. eine Fachkunde für Mammographie in der Notfallversorgung nicht notwendig ist. Dies ist wertvoll, wenn beispielsweise ein größeres Krankenhaus, in dem ein Assistenzarzt mit der notwendigen Fachkunde im Anwesenheitsdienst tätig ist, nachts teleradiologisch ein kleineres Haus, in dem dann nur eine medizinisch technische Radiologieassistentin (MTRA) in der Radiologie eingesetzt ist, betreut. In diesem Fall kann der Assistenzarzt die rechtfertigende Indikation stellen und die Befundung durchführen. Der Teleradiologe soll gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 4c StrlSchG [4] regelmäßig und eng in den klinischen Betrieb am Ort der technischen Durchführung eingebunden werden, um auch bei komplexen und seltenen Untersuchungen die erforderliche Untersuchungsqualität sicherzustellen. So soll dieser vor Aufnahme seiner Tätigkeit als Teleradiologe mindestens einmal vor Ort im klinischen Betrieb des Strahlenschutzverantwortlichen gewesen sein. Danach regelmäßig spätestens 12 Monate nach dem letzten Besuch. Der Teleradiologe muss sich vor Ort aktiv mit den technischen Eigenschaften der Röntgeneinrichtung, der technischen Durchführung der Untersuchungen, den Arbeitsabläufen und dem Personal vertraut machen. Daher wird auch ein Besuch vor Ort verlangt, wenn sich wesentliche technische oder personelle Änderungen im klinischen Betrieb des SSV ergeben. Eine Teilnahme an wichtigen Konferenzen, wie z. B. Fallbesprechungen, kann beispielsweise auch durch Videokonferenzen erfolgen. Bei Teleradiologie-Anbietern mit mehreren Teleradiologen, kann unter bestimmten Umständen ein verantwortlicher Teleradiologe benannt werden. Dieser hat die Pflichten der engen Einbindung vor Ort in den klinischen Betrieb zu übernehmen und muss die anderen in diesem Betrieb eingesetzten Teleradiologen des Teleradiologie-Anbieters entsprechend unterrichten sowie diesen und dem SSV als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Die Unterrichtung der Teleradiologen muss dabei alle relevanten Informationen über den jeweiligen klinischen Betrieb enthalten die der verantwortliche Teleradiologe bei seinem vor-Ort-Besuch gesammelt hat und kann z. B. durch interne Schulungen oder Unterlagen erfolgen [10].
Weitere Anforderungen an die Teleradiologie sind in § 14 Abs. 1 und 2 StrlSchG [4] und § 123 StrlSchV [15] geregelt. Genehmigungen zur Teleradiologie die über Nacht‑, Wochenend- und Feiertagsdienst hinausgehen, werden statt auf 3 Jahre (§ 3 Abs. 4 RöV [13]) nun auf 5 Jahre befristet. Bisher erteilte unbefristete Genehmigungen gelten gemäß § 198 Abs. 1 und 2 StrlSchG [4] fort, wenn bis zum 31.12.2022 noch zu erfüllende Voraussetzungen nach § 14 Abs. 2 StrlSchG [4] nachgewiesen werden. Für befristete Genehmigungen für den über Nacht‑, Wochenend- und Feiertagsdienst hinausgehenden Betrieb, bleibt die in der Genehmigung genannte Frist bestehen.

Früherkennung

Freiwillige Röntgenreihenuntersuchungen asymptomatischer Personen bei nichtübertragbaren Krankheiten bedurften nach Röntgenverordnung der Zulassung durch die zuständigen obersten Landesgesundheitsbehörden. Diese Früherkennungsuntersuchung existiert bislang nur als Mammographie-Screening-Programm [5]. Nun werden Früherkennungsuntersuchungen bundeseinheitlich geregelt, und es können auch Untersuchungen außerhalb einer Reihenuntersuchung (individuelle Früherkennung) zulässig sein. Das Verfahren und die Zuständigkeit für die Festlegung der Zulässigkeit einer Früherkennungsuntersuchung hat sich nach § 84 und § 86 Nr. 19 StrlSchG [4] geändert und ist im Wesentlichen in Abb. 2 dargestellt. Eine Grundvoraussetzung für eine Zulassung zur Früherkennung ist dabei, dass es sich um ein wissenschaftlich anerkanntes Untersuchungsverfahren handelt, mit dem eine schwere Krankheit im Frühstadium entdeckt und damit wirksamer behandelt werden kann. Die Zulässigkeit wird nun vom BMU durch Rechtsverordnung festgelegt. Für das Mammographie-Screening-Programm geschah dies bereits mit der Brustkrebs-Früherkennungs-Verordnung (BrKrFrühErkV) die mit Wirkung zum 31.12.2018 erlassen wurde [14]. Mittlerweile hat das BfS die Vorprüfung für drei potenzielle Untersuchungen abgeschlossen [6]:
1.
Niedrigdosis-Computertomographie (LDCT) zur Lungenkrebsfrüherkennung
 
2.
Dual-Röntgen-Absorptiometrie (DXA) für die Früherkennung von Osteoporose
 
3.
CT-Kolonographie (CTC) zur Darmkrebsfrüherkennung
 
Für das weitere Prüfungsverfahren wird dabei die Lungenkrebsfrüherkennung mittels LDCT präferiert. In den USA wird das Lungenkrebs-Screening mittels LDCT bereits empfohlen. Obwohl Früherkennungsuntersuchungen genehmigungspflichtig sind und eine Zulassung bislang nur für das Mammographie-Screening-Programm besteht, werden in Deutschland mitunter auch weitere Früherkennungsuntersuchungen angeboten [1]. Dies stellt nach § 194 Abs. 1a Nr. 1 StrlSchG [4] eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit bis zu 50.000 € geahndet werden kann. Sofern eine Früherkennungsuntersuchung jedoch zugelassen ist, kann diese prinzipiell jede radiologische Einrichtung durchführen, sofern die Anforderungen für die Genehmigung erfüllt sind. Eine erteilte Genehmigung ist dabei auf 5 Jahre befristet. Ob die Leistungen der jeweiligen Früherkennungsuntersuchung von den gesetzlichen Krankenversicherungen übernommen werden, wie dies beim Mammographie-Screening-Programm der Fall ist, oder ob es sich um eine IGeL-Leistung (individuelle Gesundheitsleistungen) handelt, entscheidet der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). Wurde bereits nach RöV eine Genehmigung erteilt, so gilt diese nach § 198 Abs. 3 StrlSchG [4] bis zum Ablauf der in der Genehmigung genannten Frist fort.

Medizinische Forschung

Die §§ 31 bis 37 des Strahlenschutzgesetzes [4] und §§ 133 bis 143 der Strahlenschutzverordnung [15] regeln die Anforderungen in der medizinischen Forschung. Alle Anwendungen von Röntgenstrahlung am Menschen zum Zweck der medizinischen Forschung waren nach RöV genehmigungsbedürftig. Wenn die Prüfung von Sicherheit oder Wirksamkeit eines Verfahrens zur Behandlung volljähriger, kranker Menschen Gegenstand oder die Anwendung von Röntgenstrahlung selbst nicht Gegenstand des Forschungsvorhabens ist, ist nun nur noch eine Anzeige nötig. Die Prüfung eines Genehmigungsantrags bzw. einer Anzeige hat nun innerhalb festgelegter Fristen zu erfolgen. Für Genehmigungen beträgt die maximale Bearbeitungszeit 222 Tage und für Anzeigen 78 Tage. Nach Fristablauf darf mit der medizinischen Forschung begonnen werden. Vor dem 31.12.2018 genehmigte Anwendungen und Registrierungen von Ethikkommissionen gelten nach § 205 StrlSchG [4] fort und davor begonnene Genehmigungsverfahren werden gemäß RöV abgeschlossen.
Weitere Vorschriften betreffen Regelungen zur Einwilligung der in das Forschungsvorhaben eingeschlossenen Personen die sich nicht schriftlich erklären können, nicht einwilligungsfähig oder minderjährig sind, die Verarbeitung der Daten bei Widerruf einer Einwilligung, die Abschätzung der Exposition der in das Forschungsvorhaben eingeschlossenen Personen sowie Qualitätssicherung, Aufzeichnungen, Mitteilungspflichten, Abschlussbericht und behördliche Schutzanordnung.

Tiermedizin

Für die Tiermedizin gibt es nur einige wenige Änderungen. Das Erfordernis der Anwesenheit einer Tierbegleitperson ist nach § 144 StrlSchV [15] für den Einzelfall zu prüfen. Andere Personen dürfen das Tier nicht begleiten und Schwangere dürfen grundsätzlich nicht als Tierbegleitperson agieren. Nach Röntgenverordnung § 22 Abs. 2 [13] war deren Zutritt im Rahmen als Tierbegleitperson nur in den Kontrollbereich untersagt. Für Tierbegleitpersonen darf nach § 144 StrlSchV [15] ein Dosisrichtwert von maximal 100 µSv festgelegt werden. Die technische Durchführung der Anwendung ionisierender Strahlung darf ein Medizinphysik-Experte in der Tierheilkunde nach § 146 StrlSchV [15] nun auch ohne Aufsicht von Ärzten mit der erforderlichen Fachkunde vornehmen.

Radon

Radon-222 ist ein natürlich vorkommendes radioaktives Edelgas und erhöht das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, wenn es über längere Perioden hinweg eingeatmet wird. Es entsteht aus der Zerfallsreihe von Uran-238, das hauptsächlich im Erdboden vorhanden ist. Da Radon ein Gas ist, kann es aus dem Boden austreten und in Gebäude eindringen. Die Ausbreitungswege des Radons in Gebäuden sind in Abb. 3 dargestellt. Auf Grund des schlechteren Luftaustauschs in Gebäuden ist die Radon-222-Aktivitätskonzentration dort höher als außen. Daher befassen sich die §§ 126 bis 132 des Strahlenschutzgesetzes [4] und §§ 153 bis 158 der Strahlenschutzverordnung [15] mit dem Schutz vor Radon an Arbeitsplätzen. Darin wurde ein Referenzwert von 300 Bq/m3 für die gemittelte Radon-222-Aktivitätskonzentration in der Luft festgelegt. Das bedeutet, dass an Arbeitsplätzen die, sofern die zuständige Behörde nichts Anderes anordnet, sich im Erd- oder Kellergeschoss eines Gebäudes befinden und in einem festgelegten Gebiet (Radonvorsorgegebiet) liegen, die Radon-Aktivitätskonzentration zu messen ist. Die Messung hat innerhalb von 18 Monaten nach Festlegung der Radonvorsorgegebiete und Aufnahme der beruflichen Tätigkeit am Arbeitsplatz zu erfolgen. Bei Überschreitung des Referenzwertes sind unverzüglich Maßnahmen zur Reduzierung der Radon-222-Aktivitätskonzentration zu ergreifen. Die Bundesländer haben bis Ende 2020 die Radonvorsorgegebiete zu ermitteln und bekanntzugeben. Radonvorsorgegebiete sind Gebiete, in denen die Radon-Aktivitätskonzentration über das Jahr gemittelt, den Referenzwert in einer beträchtlichen Anzahl von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen oder Arbeitsplätzen überschreitet. Zu Maßnahmen der Reduzierung der Radon-Aktivitätskonzentration, das beabsichtigte Vorgehen zu den Ausweisungen der Radonvorsorgegebiete sowie die Entwicklung einheitlicher Messstrategien wird im Radonmaßnahmenplan näher eingegangen. Dieser wurde am 20.02.2019 vom Bundesministerium verabschiedet [3]. Die Berechnung der effektiven Dosis durch Inhalation von Radon ist in Anlage 18 Teil B Nummer 3 StrlSchV beschrieben [15]. Für beruflich exponierten Personen ist diese Dosis dann zur sonstigen zu messenden Körperdosis nach § 166 StrlSchG [4] zu addieren.

Ausblick

Durch die neue Strahlenschutzgesetzgebung werden Früherkennungsuntersuchungen bundesweit einheitlich ausgebaut. Die festgelegten Fristen für Anzeige- und Genehmigungsverfahren von Forschungsvorhaben beschleunigen diese und schaffen mehr Planungssicherheit. Durch die nun geforderte erforderliche Fachkunde wird eine bessere Abdeckung der medizinischen Versorgung durch die Teleradiologie ermöglicht. Wie stark radiologische Einrichtungen von Radon am Arbeitsplatz betroffen sein werden, kann erst nach Festlegung der Radonvorsorgegebiete beurteilt werden. Allgemein ergibt sich ein höherer bürokratischer Aufwand im Anzeige- und Genehmigungsverfahren. Die Forderung einen Medizinphysik-Experten hinzuzuziehen, kann der Optimierung von Untersuchungen dienen und die Qualitätssicherung verbessern. Auf Grund des geschätzten Bedarfs und der geringen Zahl an vorhandenen Medizinphysik-Experten für das Fachgebiet der Radiologie kann dies für viele radiologische Einrichtungen allerdings auch nach der Ausnahmefrist zu Problemen führen. Entsprechende Überlegungen, diesen Engpass möglichst schnell auszugleichen, existieren bereits [9], ob diese aber schnell genug greifen, bleibt abzuwarten. Ein abschließendes Resümee über die Auswirkungen der neuen Strahlenschutzgesetzgebung kann erst gezogen werden, wenn auch die entsprechenden Richtlinien und Normen dem neuen Strahlenschutzgesetz angepasst wurden und erste Erfahrungswerte vorliegen.

Fazit für die Praxis

  • Im Anzeige- und Genehmigungsverfahren muss die entsprechende Verfügbarkeit eines Medizinphysik-Experten nachgewiesen werden.
  • Durch die geforderte erforderliche Fachkunde können Assistenzärzte auch als Teleradiologen tätig sein.
  • Ein bundeseinheitliches Zulassungsverfahren von Früherkennung wurde eingeführt.
  • Radon am Arbeitsplatz kann zu zusätzlichen Überwachungsmaßnahmen bei beruflich strahlenexponierten Personen führen.
  • Fristen bei der Bearbeitung von Genehmigungs- und Anzeigeverfahren (Forschung) schaffen mehr Planungssicherheit.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

E. Bohrer, S.B. Schäfer und G.A. Krombach geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Literatur
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Zurück zum Zitat Verordnung über die Zulässigkeit der Anwendung von Röntgenstrahlen zur Früherkennung von Brustkrebs bei Frauen (Brustkrebs-Früherkennungs-Verordnung – BrKrFrühErkV) vom 17. Dezember 2018, BGBl. I S. 2660 Verordnung über die Zulässigkeit der Anwendung von Röntgenstrahlen zur Früherkennung von Brustkrebs bei Frauen (Brustkrebs-Früherkennungs-Verordnung – BrKrFrühErkV) vom 17. Dezember 2018, BGBl. I S. 2660
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Zurück zum Zitat Verordnung zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzverordnung – StrlSchV) vom 29. November 2018, BGBl.I S. 2034, 2036 Verordnung zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzverordnung – StrlSchV) vom 29. November 2018, BGBl.I S. 2034, 2036
Metadaten
Titel
Die neue Strahlenschutzgesetzgebung – Teil 2
Änderungen in der Radiologie bezüglich Vorabkontrolle und Sonderbereiche, einschließlich Teleradiologie
verfasst von
Evelyn Bohrer
Stefan B. Schäfer
Gabriele A. Krombach
Publikationsdatum
03.06.2020
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Die Radiologie / Ausgabe 10/2020
Print ISSN: 2731-7048
Elektronische ISSN: 2731-7056
DOI
https://doi.org/10.1007/s00117-020-00708-z

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