Erschienen in:
25.11.2019 | Originalien
Die Ohrfeige. Teil 1 – Allgemeines und Biomechanik
verfasst von:
PD Dr. J. Adamec, PD Dr. J. Schöpfer, Dr. med. univ. P. Hofer, Dr. S. Pittner, Prof Dr. M. Graw, Prof. Dr. Fabio Monticelli
Erschienen in:
Rechtsmedizin
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Ausgabe 1/2020
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Zusammenfassung
Hintergrund
Bei (fraglichen) Gewaltdelikten wird häufig zwischen Faustschlägen und Schlägen mit der flachen Hand differenziert; darüber hinaus werden nicht selten Begriffe wie Ohrfeige (Watsche, Backpfeife o. Ä.) verwendet, die jedoch keine klare und allgemein akzeptierte Bedeutung haben. Außerdem liegen keine belastbaren naturwissenschaftlichen Daten zur Intensität bzw. zum Verletzungspotenzial derartiger Handlungen vor. Die vorliegende Studie hatte zum Ziel, die für eine traumatomechanische Analyse wesentlichen Aspekte des Phänomens Ohrfeige zu untersuchen bzw. darzustellen.
Material und Methode
Es erfolgten eine Befragung insgesamt 30 Freiwilliger zu ihrem individuellen Verständnis des Begriffs „Ohrfeige“, insbesondere in Bezug auf den Begriff „Schlag mit der flachen Hand“, einerseits und eine Messung schlagrelevanter Parameter (Schlagkraft im Zeitverlauf, Schlaggeschwindigkeit) im biomechanischen Labor andererseits. Aus den Messergebnissen wurden die wesentlichen Schlagparameter (Kraftstoß, effektive Masse) errechnet und Unterschiede zwischen diversen Gruppen statistisch bewertet.
Ergebnisse
Es zeigten sich deutliche Unterschiede im Verständnis des Begriffs „Ohrfeige“ und entsprechend in den biomechanischen Charakteristika der Schläge, die eine ganze Bandbreite von sehr leichten Kontakten bis zu intensiven Stößen umfassten. Ferner zeigten sich zu erwartende Differenzen in der Schlagintensität zwischen Frauen und Männern und zwischen der dominanten und nichtdominanten Hand.
Diskussion
Bei der Bewertung von Schlägen erwies sich die Beschreibung mittels Begriffen wie „Ohrfeige“ als wertlos; vielmehr müssen in jedem Einzelfall die konkreten Merkmale der Schlagbewegung eruiert werden. Betrachtet man die messtechnisch ermittelten Stoßparameter im Kontext bekannter biomechanischer Belastbarkeit im Kopfbereich, kommen nicht nur banale Verletzungen, sondern evtl. auch mittelschwere Verletzungen als direkte Schlagfolgen durchaus in Betracht.