Erschienen in:
01.06.2004 | Tiefenspychologisch fundierte Psychotherapie
Die Verantwortung der Psychoanalyse für die Psychotherapie
verfasst von:
Dr. med. Carl Nedelmann
Erschienen in:
Forum der Psychoanalyse
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Ausgabe 2/2004
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Zusammenfassung
Ob die Psychoanalyse Verantwortung für die Psychotherapie übernehmen kann, wenn sie nicht als Teil der Psychoanalyse, sondern für sich als eigene Fachrichtung auftritt, ist eine Frage, die aktuell erneut Bedeutung bekommen hat. Im vorliegenden Beitrag wird die Frage unter bestimmten einschränkenden Bedingungen bejaht. Die Psychoanalyse kann Verantwortung für die Psychotherapie übernehmen. Sie kann sich darauf stützen, dass die Definition der „tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie“ die Psychotherapie, wie in üblicher Kurzform gesagt wird, an die Psychoanalyse bindet. Wie das praktisch möglich ist, entscheidet sich in der Ausbildung. Es wird geschildert, wie am Michael-Balint-Institut in Hamburg die Ausbildungen teils gemeinsam, teils getrennt verlaufen, somit der Realität der miteinander verbundenen, zugleich jedoch eigenständigen Fachrichtungen nachgebildet sind. Die Gemeinsamkeit stiftenden Grundlagen sind die Grundlagen der Psychoanalyse. Als Beispiel der möglichen Gemeinsamkeit wird das Seminar über die Untersuchungs- und Behandlungstechnik, das zum ersten Teil der Ausbildung gehört, im Einzelnen dargestellt. In den weiteren Teilen der Ausbildung trennen sich die Wege mehr und mehr in die je eigene Verantwortung hinein. Nun sind nicht nur inhaltliche, sondern auch formale Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Gute Gründe sprechen dafür, dass es sich empfiehlt, für die Psychotherapie ein unabhängiges Institut zu gründen, das gemeinsam mit dem psychoanalytischen Institut, aus dem es stammt, die notwendigen Einrichtungen betreiben kann und ihm auch sonst nahe bleibt. Schließlich wird darauf hingewiesen, dass das alles nur in der Achtung vor dem Wert der Arbeit des anderen funktioniert. Psychotherapie im eigenständigen Sinne ist nicht weniger wert als Psychoanalyse, sondern etwas anderes.