Notfallversorgung – Kooperation zwischen Kliniken und Praxen gefragt

Wie können die Sektoren zu gemeinsamen Lösungen finden, um die Notaufnahmen zu entlasten? Eine Diskussion beim Kongress der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) zeigte, wie schwer das ist. Ohne Kooperationen zwischen Kliniken und niedergelassenen Ärzten kann die Versorgung von Notfallpatienten nicht gelingen – diese Überzeugung teilte die Mehrheit der Teilnehmenden einer Veranstaltung im Rahmen des diesjährigen DIVI-Kongresses in Hamburg. Wie die Kooperation aus Sicht einer Klinik gelingen kann, stellte ZNA-Chefärztin Dr. Bernadett Erdmann vom Klinikum Wolfsburg in Hamburg vor. Erdmann berichtete von einer hausärztlichen Praxis in einem Klinik-MVZ direkt neben der Notaufnahme. Besetzt ist die Praxis mit einem ehemaligen Oberarzt der Klinik, der Erfahrungen in der Notfallmedizin, aber auch aus Praxen hat. Positives Fazit nach zwei Monaten Nach zwei Monaten Erfahrungen mit dem Modell fiel ein erstes Fazit aus Sicht der Klinik positiv aus. Erdmann nannte dafür folgende Gründe: Entlastung der Klinik, weil Patienten aus der Notaufnahme, die keine Notfälle sind, direkt in die Praxis umgeleitet werden können. Zufriedene Patienten, weil ihnen an richtiger Stelle unverzüglich geholfen wird. Keine Haftungsrisiken, weil bei Komplikationen die komplette Klinikdiagnostik zur Verfügung steht. Wirtschaftlich lukratives Modell, weil der erfahrene Arzt die Patienten schnell versorgen kann. Konkrete Zahlen dazu wollte Erdmann allerdings nicht nennen. Zuhörer zeigten sich über das rundum positive Fazit erstaunt. So wurde etwa hinterfragt, wie der Oberarzt in einer Praxisstruktur die Patienten denn effektiver abarbeiten kann als in der Notaufnahme. Antwort Erdmanns: „Weil er nur das machen muss.“ Viele freie Hausarztstellen in Wolfsburg Auch nach der Reaktion der KV und der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte wurde gefragt. Mit der KV sei das Modell zuvor besprochen worden. Möglich sei es, weil es in Wolfsburg aktuell 17 freie Hausarztstellen gebe. Klinikvertreter aus Regionen mit anderen Bedingungen bezweifelten, ob ihre einweisenden Ärzte ein solches Modell akzeptieren würden. "Die würden richtig Ärger machen", vermutete ein Klinikarzt. Ein entsprechendes Modell in seiner bayerischen Region würde nach seiner Prognose zu einem Einweiser-Boykott führen. Erdmann hat andere Erfahrungen gesammelt. Sie vermutet, dass dies an den freien Hausarztstellen liegt, äußerte aber auch die Annahme, dass viele Hausärzte und Hausärztinnen froh über eine Entlastung seien – sie legten Wert auf ein festes Ende ihrer Sprechzeiten. Die sich daraus entwickelnde kurze Diskussion zeigte, wie weit viele Klinikvertreter von der Versorgungsrealität in der Hausarztmedizin entfernt sind. Die Aussage "Die wollen freitags um 11 Uhr schließen, deshalb haben sie sich für die Niederlassung entschieden", ging dann vielen doch zu weit. Der Klinikvertreter aus Bayern sprang für die Niedergelassenen in die Bresche, warnte vor abwertenden Aussagen – und erhielt Applaus aus der Session. Gemeinsame Lösungen erforderlich Erdmann räumte ein, dass es auch in Wolfsburg nicht komplett ohne Spannungen zwischen Kliniken und Praxen abläuft. Sie appellierte an beide Seiten, konstruktiv an gemeinsamen Lösungen zu arbeiten. Auch DIVI-Präsident Professor Felix Walcher hält diesen Weg für alternativlos: "Wir müssen der Politik gemeinsam Lösungen aufzeigen, sonst kommen wir nicht weiter." basierend auf: 24. Kongress der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), 04.-06. Dezember, Hamburg Quelle: Ärzte Zeitung

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