Diagnostik myeloischer Neoplasien: Molekular, zytogenetisch – oder beides?

Zur Diagnostik myeloischer Neoplasien steht ein Werkzeugkasten verschiedener Methoden zur Verfügung. Die molekulare Diagnostik gewinnt zwar an Bedeutung – ersetzen wird sie die Zytogenetik aber in naher Zukunft wohl nicht. Die Frage „Wird die molekulare Diagnostik die Zytogenetik komplett ersetzen?“ beantwortete Prof. Dr. Claudia Haferlach vom Münchner Leukämielabor mit „Noch nicht!“. Die Referentin stellte in ihrem Vortrag die verschiedenen Methoden vor, um genetische Veränderungen zu erfassen: Mit der Chromosombandenanalyse können genomweit Strukturvarianten (SV) und Kopiezahlveränderungen (CNV) detektiert werden, die Auflösung sei allerdings gering. Die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) zielt ebenfalls auf diese Aberrationstypen ab, ist aber auf bestimmte Loci ausgerichtet und hat eine etwas höhere Auflösung Schwerpunkt der Panelsequenzierung sind Mutationen und mit entsprechendem Backbone-Panel lassen sich auch Kopiezahl-neutrale Verluste der Heterozygotie (CN-LOH) und CNV erkennen; sie könne damit nicht die Chromosomenanalyse ablösen, betonte Prof. Haferlach Das relativ neue optische Genommapping hat eine höhere Auflösung als die Chromosomenanalyse und detektiert SV und CNV Eine ältere Methode sind Arrays, mit denen sich CN-LOH und CNV erkennen lassen Das Whole-Exome-Sequencing (WGS) zielt auf Mutationen, CN-LOH und CNV ab Mit dem Whole-Genome-Sequencing (WGS) lassen sich Mutationen, CN-LOH, CNV und SV detektieren Die Zytogenetik sei bei diversen hämatologischen Neoplasien fest etabliert; so komme die klassische Chromosomenanalyse praktisch überall zum Einsatz – angefangen bei Klassifikation und Prognose, aber auch in Zulassung von einigen Medikamenten wird explizit auf die Zytogenetik verwiesen. Zudem spiele sie im aktuellen IPSS-M zur prognostischen Einteilung von myelodysplastischen Syndromen, in den molekulare Marker mit aufgenommen wurden, weiterhin eine wichtige Rolle, so Prof. Haferlach. WGS gewinnt an Bedeutung Die einzige Methode, die eine „echte Konkurrenz“ zur Zytogenetik darstelle, sei das WGS. In einer Studie wurde die klassische Standarddiagnostik mit dem WGS verglichen. Die überwiegende Anzahl der Strukturvarianten wurde von beiden Methoden detektiert. Anders sehe es bei den Kopiezahlveränderungen aus: Zwar gebe es auch hier eine große Übereinstimmung, allerdings weise das WGS insbesondere bei kleineren Klonen eine Schwäche auf. Dem könne man aber mit einer tieferen Sequenzierung entgegenwirken. Zwischen Panelsequenzierung und WGS war die Übereinstimmung hinsichtlich der Detektion molekularer Mutationen gut. Die aktuell etablierten Methoden zur genetischen Charakterisierung – auch die Chromosomenanalyse – werden bis auf Weiteres in der Diagnostik myeloischer Neoplasien eingesetzt, resümierte die Referentin. Der Umfang des Einsatzes werde sich aber ändern. WGS und Whole-Transcriptome-Sequencing werden an Stellenwert in der Diagnostik gewinnen. Ziel sei es, für die jeweilige Fragestellung die am besten geeignete Methode aus einem möglichst großen diagnostischen Werkzeugkasten intelligent auszuwählen. Empfehlung der Redaktion Deutscher Krebskongress 2022 Highlights vom DKK 2022 Wir waren für Sie vor Ort und haben Berichte und Interviews mit Expertinnen und Experten vom Krebskongress mitgebracht. Es ging zum Beispiel um die Frage, wer die Entscheidung für eine radikale Prostatektomie bereut. Und wir sprachen über die Umstellung in der Vorsorge des Zervixkarzinoms und den Stellenwert von HPV-Tests. Im Dossier finden Sie unsere gesammelten Beiträge. basierend auf: 35. Deutscher Krebskongress vom 13.–16. November 2022 in Berlin, Sitzung: Myeloische Neoplasie; Vortrag: „Wird die molekulare Diagnostik die Zytogenetik komplett ersetzen?“

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