Skip to main content

13.11.2022 | DKK 2022 | Nachrichten

Noch einige Fragen offen

Immuntherapie bei Mammakarzinom – der Weg wird geebnet

verfasst von: Friederike Klein

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Das Mammakarzinom ist kein „heißer“ Tumor, bei dem sich grundsätzlich eine Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren anbietet. Kombinationstherapien sollen das ändern.

Grundsätzlich hat das Immunsystem die Fähigkeit, Tumorzellen selbst zu eliminieren. Tumorzellen weichem dem Immunsystem allerdings vor allem über drei Mechanismen aus: Sie regulieren die von Immunzellen erkannten Antigene herunter. Sie können bestimmte Substanzen freisetzen, die das Tumormikromilieu immunsuppressiv machen. Und schließlich blockieren sie über die Achse der Checkpoints Programmed Death 1 (PD1) – Programmed-Death-Ligand 1 (PD-L1) die Effektivität der zytotoxischen T-Zellen. Checkpoint-Inhibitoren lösen diese Bremse wieder.

Ob die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren wirkt, hängt von Eigenschaften des Tumors und des Tumormikromilieus ab. Tumoren mit einer hohen Immunogenität zeichnen sich meist durch eine hohe PD-L1-Expresion, eine hohe Mutationsrate (tumor mutational burden, TMB) und/oder eine Infiltration von Immunzellen aus. Beim Brustkrebs wird die prädiktive Wertigkeit dieser Marker allerdings noch untersucht. Die Ergebnisse sind uneinheitlich, berichtete Professorin Tanja Fehm, Direktorin an der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und Sprecherin des Universitätstumorzentrums Düsseldorf in ihrer Keynote-Lecture zur Entwicklung der Immuntherapie beim Mammakarzinom beim DKK 2022.

Die ersten Studien mit Checkpoint-Inhibitoren waren zudem sehr ernüchternd: Die Ansprechraten auf PD-1-Inhibitoren von maximal 21%, häufig auch deutlich darunter, belegen nur eine moderate Effizienz. „Insbesondere Hormonrezeptor-positive Mammakarzinome sind eher ein „Immune Desert“, sagte Prof. Fehm. Die höchste Immunogenität weisen tripelnegative Mammakarzinome (TNBC) auf, für die entsprechend die meisten Studienkonzepte verfolgt werden. HER2-positive Mammakarzinome sind inzwischen ebenfalls häufige Indikation für Checkpoint-Inhibitor-Studien. 

Suche nach Kombinationen und Biomarkern

Entscheidend für den möglichen Erfolg der Studien mit Checkpoint-Inhibitoren beim Mammakarzinom ist die Kombination mit anderen Therapien, um den Tumor noch immunogener zu machen. So werden beim Absterben von Tumorzellen – egal ob durch Chemotherapie oder Bestrahlung – Tumorantigene freigesetzt, die die Immunantwort verbessern können.

Das derzeit am häufigsten untersuchte Konzept ist die Kombination von Checkpoint-Inhibitoren mit Chemotherapie. Prof. Fehm bezeichnete es als ernüchternd, was bislang daraus in der Klinik angekommen ist. In der Keynote-355-Studie führte eine Kombination von Pembrolizumab plus einer nicht dosisdichten Therapie mit nab-Paclitaxel oder Gemcitabin/Carboplatin beim metastasierten TNBC in der Erstlinientherapie zu einem Überlebensvorteil bei Patientinnen mit einer hohen PD-L1-Expression. Analog ließ sich das in der Impassion130-Studie auch für Atezolizumab plus einer dosisdichten nab-Paclitaxel-Therapie zeigen.

In der Neoadjuvanz führte sowohl die Kombination von Pembrolizumab mit Paclitaxel/Carboplatin gefolgt von einer Anthrazyklin-haltigen Chemotherapie in der Keynote-522-Studie als auch die Kombination von Atezolizumab zusätzlich zu Nab-Pcalitaxel und anschließend anthrazyklinhaltiger Chemotherapie in der Studie Impassion031 zu einer besseren pathologischen Komplettremissionsrate als die jeweilige Chemotherapie ohne die Checkpointinhibitoren. Der Vorteil war aber im Gegensatz zum metastasierten TNBC unabhängig vom PD-L1-Status.

Aktuell gibt es eine Empfehlung der Kommission der Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Onkologie (AGO) für den Einsatz von Pembrolizumab in Kombination mit Carboplatin/Paclitaxel gefolgt von Anthrazyklin-Chemotherapie bei TNBC. Prof. Fehm stellte aber klar: Die ungeklärten Fragen sind mit den Studien immens angestiegen. Das betrifft beispielsweise die Biomarker, die offensichtlich in der primären Situation anders sein können als in der metastasierten. Der optimale Kombinationspartner für Checkpoint-Inhibitoren in der jeweiligen Subentität des Mammakarzinoms ist noch unklar. Auch ist nicht geklärt, ob die neoadjuvante oder die adjuvante Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren günstiger ist. In bestimmten Fällen könnte es aber möglich sein, nach neoadjuvanter Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren ganz auf die adjuvante Therapie zu verzichten. Studien zu diesen Fragestellungen laufen.

Auch wenn die bisherigen Erfolge der Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren beim Mammakarzinom derzeit noch überschaubar sind, zeigte sich Prof. Fehm anhand der Studienaktivitäten optimistisch, dass es bald zu klinisch relevanten Erkenntnissen kommen wird.

Empfehlung der Redaktion
Deutscher Krebskongress

Dossier zum DKK 2022

Im CityCube Berlin dreht sich vom 13. bis 16. November 2022 alles um die Krebsmedizin: „Schnittstellen zwischen Innovation und Versorgung“ lautet das Motto des 35. Deutschen Krebskongresses (DKK). Wir berichten tagesaktuell von der größten onkologischen Fachtagung in Deutschland. News, Interviews, Diskussionen und Veranstaltungshinweise sammelt unser Kongressdossier.

basierend auf: 35. Deutscher Krebskongress vom 13.–16. November 2022 in Berlin; Plenar Mammakarzinom II: Immuntherapie, 13.11.2022

Dieser Kongressbericht ist Teil der Medienkooperation zwischen Springer Medizin und der Deutschen Krebsgesellschaft / der Deutschen Krebshilfe im Rahmen des DKK 2022.

print
DRUCKEN

Weiterführende Themen