Fettlebererkrankungen: Neues zu Markern und der Medikamentenentwicklung

Neues zu Markern und der aktuellen Entwicklung von Medikamenten bei Fettlebererkrankungen sorgten für Gesprächsstoff auf dem EASL. Wussten Sie, dass die Leber bei Frauen anders tickt als die von Männern? Von Markern und Methoden Serumtransaminasen sind ungeeignet, um eine nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH) bzw. eine fortgeschrittene Fibrose bei nicht-alkoholischer Fettlebererkrankung (NAFLD) anzuzeigen. Denn die NAFLD führt nicht oder selten zu einem Anstieg der Serumtransaminasenkonzentrationen. Dennoch werden erhöhte Transaminasenwerte häufig alleinig als Warnzeichen für NASH oder fortgeschrittene Fibrose bei NAFLD angesehen. Da hierdurch vermutlich sehr viele Patienten mit fortgeschrittener Fettlebererkrankung übersehen werden, wurde in der Vergangenheit über eine Absenkung der Normal- bzw. Grenzwerte diskutiert. Zur Identifizierung von Patienten mit erhöhtem Risiko einer fortgeschrittenen NAFLD sind entweder neue Marker oder Kombinationen – sogenannte Markerpanel (molekulare) – erforderlich (1). Eine histologische Beurteilung bildet den Goldstandard für Diagnose und Staging der NAFLD. Aktuelle Bewertungen zeigen große Variabilität innerhalb der ausführenden Personen. Daher wurde eine automatisierte Methode für die Quantifizierung von Fett, Entzündung, Ballooning und Fibrose in Histologieaufnahmen aus dem Routinebetrieb entwickelt, die auf maschinellem Lernen basiert (2). Die Ergebnisse sind ein erster Schritt auf dem Weg in ein zuverlässiges automatisiertes Verfahren. Dies wäre für die klinische Diagnostik von großer Bedeutung hinsichtlich Zeitersparnis und Genauigkeit der Studienergebnisse. Eine der diagnostischen Lücken bei NAFLD ist die Bewertung des kardiovaskulären Risikos der Patienten. Eine neue Arbeit belegte, dass insbesondere das mittlere Thrombozytenvolumen als Einzelparameteranalyse eine recht gute Vorhersagekraft für das 1-Jahres-MACE-Risiko bei NAFLD-Patienten besitzt (3). Eine weitere Arbeit kam zu dem Schluss, dass die metabolische Komplexsituation von NAFLD-Patienten die Diagnostik einer minimalen hepatischen Enzephalopathie erschwert (4). Hierbei wären vor allem Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Schlafapnoesyndrom, arterielle Hypertonie und ein steigendes Alter zu nennen. Ist die Steatose benigne? Die Steatose impliziert metabolische Veränderungen mit Einschränkungen in der Leberfunktion. Schon lange ist bekannt, dass die wesentliche Quelle für Lipide, die bei Lebersteatose in den Hepatozyten abgelagert werden, die De-novo-Lipogenese in der Leber ist. Dies weist bereits darauf hin, dass metabolische Funktionen der Hepatozyten verändert sein müssen. Eine aktuelle Arbeit zeigte nun bei einer kleinen Zahl von Patienten, dass bei reiner Steatose und NASH eine unterschiedliche Ausprägung metabolischer Veränderungen vorlag (5). Die reine Steatose impliziert somit bereits eine Reduktion spezifischer Funktionen der Leber, wobei andere erhalten bleiben. Letztere Beobachtung könnte auch erklären, warum klassische Leberparameter bei NAFLD, auch bei starker Schädigung, oft normwertig sind. Eine interessante Studie beschäftigte sich mit dem Zusammenhang von viszeralem Fettgewebe und NAFLD-Progress (6). Eine Leberfibrose als Zeichen einer progredienten Fettlebererkrankung scheint demzufolge mit einer vermehrten viszeralen Fettgewebsverteilung zu korrelieren. Insofern könnte man das Ausmaß an viszeralem Fettgewebe auch als einen prädiktiven Faktor im Hinblick auf einen NAFLD-Progress ansehen. Und in einer weiteren Arbeit zur PREVEND-Studie konnte eine positive Assoziation von ApoE und seinen verschiedenen Genotypen mit NAFLD sowie die Assoziation des Fatty-Liver-Index mit verschiedenen metabolischen Folgeerkrankungen nachgewiesen werden (7). Die bariatrische Chirurgie gilt als Erfolgsmodell bei schwer adipösen Patienten, da sie zu einem Gewichtsverlust und oft zur Aufhebung eines Diabetes mellitus Typ 2 führt. In einer Analyse bei Patienten mit Roux-en-Y-Magenbypässen wurde jetzt aber nur bei 30 % eine Normalisierung der hepatischen Triglyzeridakkumulation nachgewiesen (8). Das Vorhandensein einer NAFLD war dabei – vermindert – assoziiert mit einer Insulinresistenz in Leber- und Fettgewebe. Tickt die Leber des Mannes anders als die der Frau? Eine aktuelle Arbeit beschäftigt sich mit den geschlechtsspezifischen Aspekten des Lebermetabolismus. Die Leber enthält über 1.000 Gene, deren Expression sich bei Frauen und Männern unterscheidet. Dies deutet darauf hin, dass weibliche und männliche Lebern metabolisch nicht identische Organe darstellen und sich unterschiedlich (häufig) pathologisch entwickeln. Die aktuell etablierten mathematischen Modelle des hepatischen Metabolismus haben sich für das Verständnis von NAFLD und HCC bewährt, sind aber auf die Beschreibung des Geschehens bei Männern beschränkt. Die Einbeziehung des Einflusses von entsprechenden Hormonen auf Östrogen- und Androgenrezeptoren sowie der Verbindung zu geschlechtsspezifischer Freisetzung von Wachstumshormonen ist in der Bewertung notwendig und wurde in Wien nun vorgestellt (9). Als regulierende Faktoren wurden PGC1A, PPARα, FXR und LXR ermittelt. Aktuelle Entwicklungen medikamentöser Therapien Mit der aktuellen Interimsanalyse von REGNERATE standen jetzt die ersten Daten einer Phase-III-Studie zur Verfügung, die den Effekt von Obeticholsäure auf die Leberhistologie von NASH-Patienten untersuchen (10). Die 25-mg-Dosierung konnte die Fibrose und andere histomorphologische Veränderungen der NASH-Patienten um ca. 25 % verbessern. Wie auch bei der Indikation für die primäre biliäre Cholangitis wurde auch hier die nicht unerhebliche Nebenwirkung des Pruritus registriert. REGENERATE könnte eine neue Ära einläuten, da hier die erste mögliche Zulassung einer NASH-Therapie bevorsteht. Allerdings sollten die abschließenden Ergebnisse abgewartet werden. Tropifexor ist ein weiterer wirksamer Farnesoid-X-Rezeptor(FXR)-Agonist. In einer randomisierten, doppelt verblindeten und placebokontrollierten Phase-II-Studie wurde die Anwendungssicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit von Tropifexor in verschiedenen Dosen bei 198 Patienten mit NASH untersucht (11). Unter der Gabe kam es bei den Patienten zu klinischen Verbesserungen der Erkrankung, und Tropifexor wurde allgemein gut toleriert. Allerdings weisen die Ergebnisse darauf hin, dass weitere therapeutische Dosen bei den Patienten getestet werden sollten. Eine dritte interessante Studie mit FXR-Agonisten wurde mit der kombinierten Therapie des ACC-Inhibitors GS-0976 und des FXR-Agonisten GS-9674 bei 20 NASH-Patienten über 12 Wochen durchgeführt (12). Patienten mit einer Kombination der beiden Präparate besaßen einen geringeren Fettanteil in der Leber, niedrigere Serumwerte von ALT und GGT, sowie eine verringerte De-novo-Lipogenese. Die Kombination der beiden Präparate war gut verträglich und zeigte über einen Zeitraum von 12 Wochen eine Verbesserung der Steatose, der Lebersteifigkeit, der leberspezifischen Laborparameter und von Fibrosemarkern. Aramchol inhibiert die Aktivität der Stearoyl-CoA-Desaturase 1 (SCD1), die als Schlüsselenzym die Triglyzeridsynthese katalysiert. Damit könnte Aramchol als potenzielles Therapeutikum gegen die vermehrte hepatische Fettakkumulation bei der nicht-alkoholischen Steatohepatitis (NASH) zum Einsatz kommen. Im Rahmen einer Studie mit NAFLD-Patienten konnte bereits zuvor die Reduktion von Leberfett gezeigt werden. Die Autoren konnten jetzt im MCD-gefütterten Mausmodell neben einer bekannten verminderten hepatischen Fetteinlagerung und Fibrosierung einen positiven Einfluss auf den Glukosestoffwechsel zeigen (13). Literatur (1) Forlano R et al. J Hepatol. 2019; 70: e295 (THU-306). (2) Forlano R et al. J Hepatol. 2019; 70: e767 (SAT-294). (3) Abeles RD et al. J Hepatol. 2019; 70: e305 (THU-331). (4) Bar N et al. J Hepatol. 2019; 70: e299 (THU-316). (5) Eriksen PL et al. J Hepatol. 2019; 70: e302–e303 (THU-324). (6) Conde MH et al. J Hepatol. 2019; 70: e772–e773 (SAT-304). (7) Woulters-van den Berg EH et al. J Hepatol. 2019; 70: e312 (THU-346). (8) Barbieri C et al. J Hepatol. 2019; 70: e520 (FRI-283). (9) Rozman D et al. J Hepatol. 2019; 70: e545 (FRI-341). (10) Younossi Z et al. J Hepatol 2019; 70: e5 (GS-06). (11) Sanyal A et al. J Hepatol. 2019; 70: e796–e797 (SAT-357). (12) Lawitz E et al. J Hepatol. 2019; 70: e794 (SAT-352). (13) Mato JM et al. J Hepatol. 2019; 70: e795 (SAT-354). Daten, Ergebnisse und Kommentare zu den genannten Quellen werden auf der Homepage der Hepatitis Akademie unter EASL 2019: Fettlebererkrankungen dargestellt. Direktlink zur Internetseite der Hepatitis Akademie: http://bit.ly/hep_aka Auf www.hepatitis-akademie.de finden Sie darüber hinaus weitere Beiträge der Hepatitis Akademie zu anderen hepatologischen Themen von der EASL 2019 und früheren Kongressen.

Springer Medizin

Fettlebererkrankungen: Neues zu Markern und der Medikamentenentwicklung

Weiterführende Themen

Leitlinien kompakt für die Innere Medizin

Neu im Fachgebiet Innere Medizin

Metformin rückt in den Hintergrund

Myokarditis nach Infekt – richtig schwierig wird es bei Profisportlern

Thrombophiliescreening – Wenn, dann richtig und nur bei therapeutischer Konsequenz

Bei Senioren mit Prostatakarzinom auf Anämie achten!

Update Innere Medizin