Lynch-Syndrom – urologische Manifestationen im Fokus

Durch einen Gendefekt kommt es beim Lynch-Syndrom zur Ausbildung von typisch lokalisierten Karzinomen. In der Urologie imponieren Neoplasien der oberen ableitenden Harnwege. Aktuelle Studiendaten lassen auf eine Komplettremission beim Lynch-Syndrom hoffen. Eigentlich spielen genetische Ursachen in der urologischen Onkologie eine untergeordnete Rolle. So sei bei 98 % der Blasenkarzinome von einer primär exogenen Ursache auszugehen, berichtet Prof. Morgan Rouprêt (Paris). Vor allen Karzinogene (Rauchen) und Strahlenbelastung sind relevante Noxen. Eine wichtige Ausnahme ist das Urothelkarzinom des oberen Harntraktes (UTUC). Etwa 13 % der Lynchmanifestationen sind ein solches UTUC. Typische Manifestationen des Lynch-Syndroms Bei diesem Gendefekt ist die Replikation der DNA gestört. Der autosomal-dominant vererbte Defekt bedingt eine fehlerhafte DNA-Replikation. Die Konsequenz sind multiple, typisch lokalisierte Malignome. Das kumulative Lebenszeitrisiko für Manifestationen beträgt: Endometrium (71 %), zökumnahe Malignome (15 %), Gallengangsmalignome (18 %) und Magenkarzinome (30 %). Besondere urologische Relevanz hat das Krankheitsbild, weil es das Risiko für ein UTUC um den Faktor 18 erhöht. Entscheidend für die Diagnosestellung ist die Familienanamnese. Gemäß den Leitlinien der EAU sind folgende Konstellationen Lynchtypisch [1]: Das frühe Auftreten von lynchassoziierten Karzinomen bei Verwandten. Verdächtig in der Familienanamnese sind: Mindestens ein Fall eines lynchtypischen Malignoms bei einem Verwandten ersten Grades, das ungewöhnlich früh (< 50 Jahre) aufgetreten ist. Aber auch das altersunabhängige Auftreten lynchtypischer Malignome bei mindestens zwei erstgradigen Verwandten erhärtet den Verdacht, der durch Gendiagnostik abgeklärt werden muss. Da bei 15 % der Betroffenen das UTUC die Erstmanifestation darstellt, ist auch die Urologie bei diesem Krankheitsbild in einer besonderen Verantwortung. Empfehlung der Redaktion EAU 2022 Kongress der European Association of Urology 2022 1. – 4. Juli 2022 | Amsterdam Wir haben für Sie vom 37. Annual EAU Congress berichtet. Unsere Highlights finden Sie hier im Dossier. Sie lesen Berichte zu aktuellen Trends rund um das urologische Steinleiden, zu den Herausforderungen der Befundung bei der PSMA-PET beim Prostatakarzinom oder zu relevanten Virusinfektionen in der Urologie. Gute Therapiechancen Alternativ zur chirurgisch-radiologischen Primärintervention gewinnen Immuncheckpoint-Blocker an Bedeutung. Bei dieser Tumorgenese kann so ein »programmierter Zelltod« der entarteten Zellen induziert werden. Aktuell berichtet eine Publikation über die Komplettremission bei 12 Patienten mit Rektumkarzinom unter einer Firstline-Therapie mit dem Immuncheckpoint-Inhibitor Dostarlimab. Im Beobachtungszeitraum von 24 Monaten wurden keine Rezidive registriert. Adjuvante chirurgische und strahlenmedizinische Maßnahmen wurden deshalb nicht eingeleitet [2]. Interdisziplinär Denken Damit therapeutische Chancen beim Lynch-Syndrom nicht verpasst werden, ist eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit obligat. Nur wenn alle möglichen Tumormanifestationen geprüft wurden und die Diagnose hinreichend gesichert ist, eröffnet sich für die Betroffen die Chance einer Therapie mit einem Immuncheckpoint-Inhibitor. Und hier seien besonders die Urologen gefragt, die richtigen Weichen bei Diagnostik und Therapie zu stellen, mahnt der Pariser Urologe. Quelle: Kongress der European Association of Urology (EAN), 1. –4. Juli 2022, Amsterdam: Perioperative treatment of urothelial cancer in 2022: State-of-the-art lecture Lynch syndrome: What urologists need to know, Prof. Morgan Rouprêt (Paris)

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