Der Juli bringt diese Neuerungen für Ärzte und Praxen

Ob bei der Corona-Testverordnung, Videosprechstunde, eAU oder COVID-Diagnostik: Etliche für Ärzte wichtige Neuerungen und Änderungen treten mit dem Quartalswechsel in Kraft. Die Ärzte Zeitung gibt einen Überblick. Zum Quartalswechsel stehen wieder etliche Änderungen mit Relevanz fürs Praxismanagement an. Das betrifft in der Hauptsache die vertragsärztliche Abrechnung sowie Regularien rund um die Corona-Pandemie. Die wichtigsten Punkte in dieser Reihenfolge: Videosprechstunde in der Psychotherapie I Hier gibt es gleich ein ganzes Paket Neuerungen, das zunächst insbesondere psychotherapeutische Leistungserbringer adressiert. So wird ab Juli eine andere Form der Obergrenze für Fernkontakte bezüglich des EBM-Kapitels 35 eingeführt: Statt wie bisher das 30-prozentige Abrechnungslimit auf die einzelne GOP auszulegen, wird nun auf die Gesamtpunktzahl der im Quartal je Vertragsarzt oder Vertragspsychotherapeut tatsächlich am Bildschirm erbrachten (videosprechstundenfähigen) Leistungen abgestellt. Einzige Ausnahme bleibt die GOP 35152 („Psychotherapeutische Akutbehandlung“) die weiterhin nur zu 30 Prozent per Fernbehandlung erbracht werden darf. Mit der Entkoppelung von Obergrenze und einzelner GOP, so begründet es die KBV, solle in der Psychotherapie „eine flexiblere, bedarfsorientierte Anwendung der Videosprechstunde“ ermöglicht werden. Videosprechstunde in der Psychotherapie II In der gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) gibt es für Psychotherapie einen bruchlosen Übergang von der Behandlung am Bildschirm als Corona-Ausnahme in den Regelbetrieb: Sie dürfen Diagnostik und traumaspezifische Therapie infolge eines Berufsunfalls auch weiterhin im Rahmen einer Videosprechstunde erbringen. Dazu wurde das Gebührenverzeichnis Psychotherapeutenverfahren zum 1. Juli um zwei GOP erweitert, die sich lediglich im veranschlagten Zeitaufwand unterscheiden: Die Nummern P40 (50 Minuten, 135 Euro) und P41 (25 Minuten, 67,50 Euro). Beider Leistungsinhalt lautet „videobasierte psychotherapeutische Diagnostik und Behandlungsmaßnahmen analog zu P27 und P28 sowie nach bereits erfolgtem persönlichen Erstkontakt“. Videosprechstunde im Notdienst Noch kurz vor Ende des 2. Quartals hat der Ergänzte Bewertungsausschuss Abrechnungsvorgaben für Videosprechstunden im organisierten Notfalldienst beschlossen. Demnach wird zum Monatswechsel die Leistungslegende der Notfallpauschalen 01210 und 01212 gleichlautend um die Kontaktoption „Videosprechstunde“ ergänzt. Für beide GOP gilt, dass der Versorgungsfall am Bildschirm mittels einer „bundeseinheitlich kodierten Zusatzkennzeichnung zu dokumentieren“ ist und das Honorar beider GOP dann um zehn Prozent gemindert wird. Dafür kann aber der Technikzuschlag für Videosprechstunden (GOP01450) erhoben werden sowie die GOP 01444 zur Authentifizierung eines unbekannten Patienten. Zudem werden Behandlungsfälle ausschließlich mit Versorgungsleistungen im organisierten Notfalldienst ausgenommen vom 30-prozentigen Mengenlimit für Fälle, die ausschließlich per Videokontakt stattfinden. Und die Abrechnungs-Obergrenze für videosprechstundenfähige GOP (30 Prozent) wird auf Notdienstleistungen nicht angewendet. Aber: Die Notfall-Erschwerniszuschläge 01223, 01224 und 01226 bleiben vom Fernkontakt ausgeklammert und weiterhin auf persönliche Kontakte beschränkt. Apps auf Rezept Mit „Vivira“ erhält zum Quartalswechsel die zweite digitale Gesundheitsanwendung eine eigene EBM-Position. Wie bereits die GOP 01471 zur Erfolgskontrolle der Schlaf-App „Somnio“, ist auch die neue GOP 01472 zur Verlaufskontrolle und Auswertung der DiGA „Vivira“ (individualisierte Übungen für Rückenschmerzpatienten) mit 7,21 Euro dotiert (64 Punkte, zwei Mal im Krankheitsfall). Zielgruppe der App auf Verordnerseite sind laut Hersteller vor allem Hausärzte, Orthopäden, Unfallchirurgen, Sportmediziner und Schmerztherapeuten. Während die beiden DiGA-Ziffern 01471 und 01472 der Tatsache geschuldet sind, dass die zugehörigen Anwendungen dauerhaft in das beim BfArM geführte DiGA-Verzeichnis aufgenommen sind, kann aber bereits auch der Anwendungserfolg auf Probe verzeichneter DiGA auf Kasse kontrolliert werden. Dazu gilt seit Mai eine neue Anlage 34 BMV-Ä, derzufolge dafür die Pseudo-GOP 86700 (7,12 Euro) berechnet werden kann. Aktuell gilt das laut Anlage 34 für sechs vorläufig zugelassene DiGA. Orale Hyposensibilisierung Ende 2020 hatte die EU-Kommission Palforzia®, ein spezielles Erdnusspulver zur Desensibilisierung bei Erdnussallergie, zugelassen; Hersteller ist die Nestlé-Tochter Aimmune Therapeutics. Ab Juli können HNO-Ärzte, Fachärzte für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Vertragsärzte mit Zusatzbezeichnung Allergologie, Pneumologen, Lungenärzte sowie Kinder- und Jugendmediziner die Palforzia®-Anwendung auf Kasse erbringen. Die initiale, vier- bis fünfstündige Aufdosierung zu Therapiebeginn wird mit der GOP 30133 abgerechnet (62 Punkte, 6,99 Euro, mindestens 20 Minuten Nachbeobachtung). Während der elfstufigen Dosissteigerungsphase, die auf mindestens 22 Wochen ausgelegt ist, kann an jedem Behandlungstag einmal die GOP 30134 angesetzt werden (156 Punkte, 17,58 Euro, mindestens 60 Minuten Nachbeobachtung). Beide GOP werden zunächst extrabudgetär ausgezahlt. Trisomie-Testung Gynäkologen und Humangenetiker können ab sofort zulasten gesetzlicher Kostenträger zum nicht-invasiven Pränataltest (NIPT) auf Trisomie 13, 18 und 21 beraten. Der G-BA hatte 2019 die Aufnahme der Leistung in die Mutterschafts-Richtlinien – „bei besonderen Risiken oder zur Abklärung von Auffälligkeiten im Einzelfall“ beschlossen. In Kraft getreten war der Beschluss Anfang November 2021. Im EBM wird der Bluttest nun mittels dreier GOP berücksichtigt: den beiden Beratungsziffern 01789 (84 Punkte je fünf Gesprächsminuten, bis zu viermal pro Schwangerschaft) und 01790 (bei positivem Testergebnis, 166 Punkte je zehn Minuten, bis zu viermal je Schwangerschaft). Die DNA-Analytik wird über die GOP 01870 (1642 Punkte, einmal je Schwangerschaft aber bis zu zweimal im Krankheitsfall) vergütet. Strahlentherapie Umfangreiche Bewertungsanpassungen gibt es erneut im Strahlentherapie-Kapitel 25 des EBM. Es ist bereits die zweite Anpassung im Anschluss an die generelle Überarbeitung dieses Kapitels im Herbst 2020. Die wichtigste Neuerung jetzt: Etliche Zuschläge werden in den Inhalt ihrer Grundleistung überführt und deren Bewertung dafür leicht angehoben – was per saldo aber auf eine Honorarkürzung hinausläuft. So wird die Zuschlagsziffer 25318 (Bestrahlung mit bildgestützter Einstellung (IGRT)) gestrichen und dafür die GOP 25316 (Bestrahlung mit Linearbeschleuniger bei gutartiger Erkrankung) von 385 auf 440 Punkte aufgewertet. Desgleichen wird die GOP 25321 (Bestrahlung mit Linearbeschleuniger bei bösartiger Erkrankung oder raumfordernden Prozessen des ZNS) von 771 auf 960 Punkte aufgewertet und dafür die Zuschläge 5325, 2326 und 25327 gestrichen. COVID- und HPV-Diagnostik Eine Abwertung, zwei Aufwertungen. Die Labor-GOP 32816 (PCR auf SARS-CoV-2) wird ab Juli nurmehr mit 27,30 Euro bezahlt (einmal am Behandlungstag, maximal fünfmal im Behandlungsfall); bis dato gab es dafür 35 Euro. Mehr Geld gibt es für die HPV-Testung. Die GOP 01763, 01767 und 01769 (je 153 Punkte) sind ab sofort mit 168 Punkten dotiert, die Labor-Position 32819 (Nachweis HPV-DNA und/oder HPV-mRNA) bringt jetzt 21 Euro (bisher 18,80 Euro). Elektronische AU Zu Ende Juni läuft die von der KBV eingeräumte Übergangsfrist zum elektronischen Versand der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an die Krankenkassen aus. Damit ist die eAU Richtung Kasse nunmehr obligatorisch – allerdings ist diese Verpflichtung nicht sanktionsbewehrt. Die Formulare für Arbeitgeber und Versicherten werden weiterhin mittels Ausdruck der digitalen Formatvorlage (Stylesheet) analog weitergegeben. Wer nicht an die TI angeschlossen ist, kann ersatzweise auch einen Ausdruck für die Kasse veranlassen. Kinder-Früherkennungsuntersuchung Eine weitere Übergangsfrist endet zum 1. Juli in Sachen Kinder-Früherkennungsuntersuchungen. Nachdem Ende März die pandemiebedingte Sonderregelung auslief, gab es eine dreimonatige Karenzzeit, „um den Kinderarztpraxen und Eltern den Wiedereinstieg in die bekannte Fristenroutine und das Nachholen von U-Untersuchungen zu erleichtern“, so der G-BA. Nun jedoch gelten für die U6, U7, U7a, U8 sowie U9 wieder die in der Kinder-Richtlinie vorgegebenen Untersuchungszeiträume und Toleranzzeiten. Corona-Testverordnung Bereits zum 30. Juni in Kraft getreten ist die neue Coronavirus-Testverordnung. Deren Vergütungsbestandteile (weniger Geld für Labor-PCR, Antigen-Testungen, Gespräch und Probennahme) greifen jedoch offiziell erst ab 1. Juli. Wichtigster Aspekt der revidierten, bis 25.11.2022 gültigen Verordnung ist die Beschränkung des kostenlosen Schnelltest-Anspruchs asymptomatischer Personen auf nachfolgende Berechtigungsgruppen,; darunter im letzten Moment noch mit aufgenommen auch pflegende Angehörige: Kinder, die das 5. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, Personen, die aufgrund einer medizinischen Kontraindikation noch nicht gegen SARS-CoV-2 geimpft werden konnten, Teilnehmer an klinischen Studien mit Corona-Impfdstoffen (bis drei Monate vor Testung), Freitestungen aus Corona-Quarantäne, Besucher von Kliniken, Pflegeheimen oder Einrichtungen der Eingliederungshilfe, Leistungsberechtigte, die im Rahmen eines Persönlichen Budgets nach § 29 SGB IX Personen beschäftigen, sowie diese Beschäftigten selbst, Pflegepersonen nach §19 SGB XI (nicht erwerbsmäßige Pflege in häuslicher Umgebung), Personen, die mit einem SARS-CoV-2-Infizierten im selben Haushalt leben. Drei Euro Zuzahlung je Schnelltest müssen lediglich Personen leisten, denen die Corona-Warn-App des RKI eine Warnung „erhöhtes Risiko“ anzeigt sowie Besucher von Veranstaltungen in Innenräumen und all diejenigen, die Kontakt zu über 60-Jährigen haben oder zu einer Person, die aufgrund Vorerkrankung oder Behinderung ein hohes Risiko hat, schwer an COVID zu erkranken. Reha-Verordnung Vor Verordnung einer geriatrischen Rehabilitation oder einer Anschlussreha muss deren Erforderlichkeit nicht mehr von der Krankenkasse geprüft werden. Stattdessen begründen die Vertragsärzte jetzt den Bedarf anhand „geriatrietypische Diagnosen“ selbst. Die Krankenkasse kontrolliert danach nur noch, ob die leistungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Ähnliches gilt für die medizinische Reha (Anschlussheilbehandlung): Bei bestimmten Indikationen wie Herz- Kreislauf- oder Krebserkrankungen oder auch nach Einsatz eines neuen Knie- oder Hüftgelenks entfällt auch hier die Überprüfung der Reha-Notwendigkeit durch den Medizinischen Dienst. Der G-BA hatte die entsprechende Anpassung der Rehabilitations-Richtlinie Mitte Dezember vorigen Jahres beschlossen und damit einen Auftrag aus dem Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (GKV-IPReG) umgesetzt. Mindestlohn Der gesetzliche Mindest-Stundenlohn steigt zum 1. Juli von 9,82 Euro auf 10,45 Euro. Erst zum 1. Oktober erfolgt dann die mit weitaus größerer medialer Aufmerksamkeit bedachte Anhebung auf 12 Euro. In der Zwischenzeit rutschen aber Beschäftigte in Mini-Jobs, die einen Vertrag über eine feste Stundenzahl haben und genau auf der Verdienstgrenze (450 Euro) liegen, in den Bereich der Midi-Jobs. Erst ab Oktober erhöht sich die Verdienstgrenze für Mini-Jobs automatisch mit der Anhebung des Mindestlohns. Grundsteuer Die Reform der Grundsteuer nimmt Fahrt auf: Ab Juli sollen auf der Fiskus-Plattform elster.de (dort unter „mein ELSTER“) die Formulare zur elektronischen Übermittlung der „Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts“ an die Finanzämter zu finden sein. Die Erklärung ist bis 31. Oktober 2022 abzugeben! Was verpflichtend digital zu erfolgen hat, nur in Ausnahmen auf Papier. Zur Ermittlung der erstmals ab Januar 2025 zu entrichtenden neuen Grundsteuer auf Wohngrundstücke werden fünf Parameter abgefragt: Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Immobilienart, Alter des Gebäudes, Wohn-/Nutzfläche. Quelle: Ärzte Zeitung

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