Stiefkind Palliativversorgung von MS-Patienten

Die Europäische Akademie für Neurologie (EAN) hat auf dem ECTRIMS-Kongress die zusammen mit anderen Fachgesellschaften und Patientenorganisationen erstellten Empfehlungen zur palliativen Versorgung von schwer von Multipler Sklerose (MS) betroffenen Menschen vorgestellt. Die Erstellung der Leitlinie hat vor allem eines ans Licht gebracht: Es gibt kaum Evidenz für Handlungsempfehlungen bei wesentlichen Fragen der Versorgung von Patienten mit weit fortgeschrittener MS. Zehn Kernthemen waren anhand von Literaturrecherche sowie Befragung von Experten, Patienten mit Multipler Sklerose und pflegenden Angehörige in acht Ländern definiert worden, wie Alessandra Solari, Neuroepidemiologin aus Mailand, in Stockholm berichtete [Solari A e al. ECTRIMS 2019, #337]: Symptomatische Behandlung Multidisziplinäre Rehabilitation Advance care planning (ACP, vorausschauende Versorgungsplanung) Allgemeine Palliativversorgung Spezialisierte Palliativversorgung Angehörigentraining und Fortbildung Praktische und emotionale Unterstützung für betreuende Angehörige MS-spezifisches Training und Fortbildung der Gesundheitsberufe Training und Fortbildung von Gesundheitsberufen zu Fragen der Palliativversorgung spezifisch bei MS Gespräche mit dem Gesundheitspersonal zum Wunsch eines vorgezogenen Todes Evidenz noch mau Für vier der zehn Fragen fand sich überhaupt keine Studie als Grundlage für Empfehlungen. Insgesamt konnten die Experten für ihre Empfehlungen auf nur zehn Studien mit insgesamt 146 schwer betroffenen MS-Patienten und 137 betreuenden Personen zurückgreifen. Alle weiteren Empfehlungen, die Solari vorstellte, basierten auf einem Konsens der Beteiligten. Zum Thema Symptommanagements ließ sich eine Metaanalyse erstellen. Die Auswertung individueller Teilnehmerdaten aus Studie zeigte einen signifikanten Vorteil der allgemeinen wie spezialisierten Palliativversorgung hinsichtlich Schmerzbehandlung und Verbesserung von Schlafproblemen. Die Leitlinien empfehlen, allen Patienten mit schwerer MS eine Palliativversorgung zu Hause anzubieten, auch eine Palliativversorgung in ambulanten oder stationären Einrichtung wird empfohlen, wobei sich das Angebot an den Patientenpräferenzen, den Lebensbedingungen und der Verfügbarkeit von palliativen Angeboten orientieren sollte. Allen Patienten mit MS sollte zudem eine multidisziplinäre Rehabilitation – ambulant oder stationär – angeboten werden. Das frühe Ansprechen von Wünschen für die Zukunft im Sinne eines ACP wird empfohlen, insbesondere, wenn abzusehen ist, dass eine beeinträchtigte Kommunikationsfähigkeit oder Kognition als Teil des MS-Progresses auftreten könnte. Mit Patienten wie Angehörigen sind Wünsche für die Zukunft regelmäßig erneut anzusprechen. Patienten sollten ermutigt werden, ihre Wünsche hinsichtlich der Beendigung lebenserhaltender Maßnahmen oder eines vorgezogenen Todes zu besprechen. Dabei sollten sich Ärzte, Therapeuten und Pflegepersonal Risikofaktoren für einen Todeswunsch wie Depression, Isolation oder eingeschränkte Unabhängigkeit ansprechen und Vorschläge für den Umgang mit ihnen machen. Betreuende Angehörige sollten die Möglichkeit zu Training und Schulung und praktische und emotionale Unterstützung erhalten. Fortbildungen zur Palliativversorgung sollen in die Aus- und Fortbildung von Neurologen und anderen Gesundheitsberufen, die Patienten mit MS versorgen, integriert werden, Prinzipien der Versorgung bei MS sollten Bestandteil der Aus- und Weiterbildung von Angehörigen spezialisierter Palliativteams werden. Empfehlung der Redaktion Highlights vom ECTRIMS-Kongress 2019 Das European Committee for Treatment and research in multiple sclerosis (ECTRIMS) traf sich zu seinem Kongress 2019 in Stockholm. Diskutiert wurden u.a. B-Zellen als neue Therapieoption, der Nutzen der Stammzelltransplantation oder was beim Impfschutz von MS-Patienten zu beachten ist. basierend auf: 35th Congress of the European Committee for Treatment and Research in Multiple Sclerosis (ECTRIMS), 11-13 September 2019, Stockholm; Session: "European academy of neurology guideline on palliative care of people with severe multiple sclerosis"

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