Weiterer Angriffspunkt für MS-Therapie

Forscher haben mit einem genetischen Ansatz ein neues Ziel für MS-Therapeutika identifiziert. So scheint in T-Zellen von MS-Kranken ein bestimmtes Protein besonders aktiv zu sein. Viele Angriffspunkte für MS-Medikamente wurden erstmals in der Rheumatologie oder Onkologie entdeckt – Forscher haben dann entsprechende Medikamente für die MS-Therapie adaptiert. Wissenschaftler um Dr. Anne-Katrin Pröbstel von der Universität in San Francisco sind nun einen ganz anderen Weg gegangen: Sie schauten, wie sich die Proteinexpression in den Immunzellen von MS-Kranken und Gesunden unterscheidet. Dazu entnahmen sie 122 MS-Kranken und 22 Gesunden Blutproben, sortierten T-Zellen und Monozyten anhand der Oberflächenmarker CD4, CD8 und CD14 aus und bestimmten das RNA-Expressionsprofil solcher Zellen. Die MS-Patienten waren alle noch nicht lange erkrankt (im Schnitt seit einem Jahr) und hatten bisher kaum persistierende Behinderungen. Tatsächlich ergaben die Untersuchungen deutliche Differenzen bei der Genexpression in T-Zellen und Monozyten, berichtete Pröbstel auf dem Kongress der europäischen MS-Gesellschaft ECTRIMS in Stockholm. Besonders ausgeprägt waren die Abweichungen für das Gen NAE1* in CD4-T-Zellen. Das entsprechende Protein ist Teil eines Enzymkomplexes, der für die Neddylierung benötigt wird. Ähnlich wie bei der Ubiquitinierung werden Proteine bei der Neddylierung durch Konjugation mit einem anderen Eiweiß markiert. Neddylierte Proteine scheinen bei Alzheimer die Apoptose zu begünstigen, bei Tumoren die Proliferation und könnten auch bei der Expansion autoreaktiver T-Zellen bedeutsam sein. Da mit Pevonedistat bereits ein NAE1-Hemmer bekannt ist, konnten die Forscher um Pröbstel dessen Wirksamkeit in einem MS-Mausmodell testen. Wie sich zeigte, ließ sich die Krankheitsaktivität der Tiere mit dem Wirkstoff deutlich bremsen, auch hielten sie ihr Gewicht, wohingegen unbehandelte Nager erheblich abnahmen. Pathologische Untersuchungen ergaben zudem deutlich schwächere Entzündungsprozesse im Gehirn von Tieren unter dem NAE1-Blocker. „Neddylierung ist offenbar ein entscheidender Prozess in der MS-Pathogenese“, erläutere Pröbstel. Die Entdeckung könne daher zu Entwicklung neuer MS-Medikamente führen. *NAE1: NEDD8 activating enzyme E1 subunit 1 Empfehlung der Redaktion Highlights vom ECTRIMS-Kongress 2019 Das European Committee for Treatment and research in multiple sclerosis (ECTRIMS) traf sich zu seinem Kongress 2019 in Stockholm. Diskutiert wurden u.a. B-Zellen als neue Therapieoption, der Nutzen der Stammzelltransplantation oder was beim Impfschutz von MS-Patienten zu beachten ist. basierend auf: 35th Congress of the European Committee for Treatment and Research in Multiple Sclerosis (ECTRIMS), 11-13 September 2019, Stockholm; Scientific Session 17: Late breaking news

Live-Webinar: Aktuelle Leitlinien bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Springer Medizin

Weiterer Angriffspunkt für MS-Therapie

Weiterführende Themen

Passend zum Thema

Services in der MS-Therapie für Neurolog*innen und Betroffene