Darmmikrobiom als Biomarker bei B-Vorläufer-ALL im Kindesalter?

Spanische Forscher haben Hinweise aus Tiermodellen vorgelegt, die auf die Bedeutung des Darmmikrobioms für die Entstehung von bestimmten Leukämien hindeuten. Die Mehrheit von Leukämien im Kindesalter entstünden vor dem Hintergrund von pränatalen genetischen Veränderungen, auf die onkogene Ereignisse nach der Geburt folgten, erklärte Carolina Vicente-Dueñas, Salamanca, Spanien, mit Bezug auf die sogenannte akute lymphoblastische Leukämie (ALL) vom B-Zell-Vorläufer-Typ (pB-ALL). Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Two-Hit-Hypothese: Der erste Schlag ist die genetische Prädisposition, die zur Entstehung eines präleukämischen Klons führt. Der zweite Schlag induziert die Transformation des präleukämischen in einen leukämischen Klon. Dieser zweite Schlag könnte in Form von Infektionen erfolgen, wie Vicente-Dueñas ausführte. Hinweise dafür kämen etwa aus einem pB-ALL-Tiermodell [1]: Genetisch prädisponierte Mäuse vom Typ Pax5+/- entwickelten in hohen Raten (ca. 22%) Leukämien, wenn sie Pathogenen ausgesetzt würden. Wüchsen sie dagegen in einer keimfreien Umgebung auf, würde bei den Tieren keine pB-ALL ausbrechen. Prädisposition hinterlässt Spuren im Mikrobiom In einer aktuellen Analyse konnte das Team um Vicente-Dueñas nun zeigen, dass das Darmmikrobiom der Pax5+/--Mäuse spezifische Veränderungen im Vergleich zu Wildtyp-Mäusen aufweist [2]. Diese Unterschiede bestanden unabhängig davon, ob die Tiere pathogenfrei oder unter Anwesenheit von Keimen aufgezogen wurden. Nur auf Basis des Darmmikrobioms konnten die Forscher mittels Künstlicher Intelligenz mit 96%iger Wahrscheinlichkeit vorhersagen, ob es sich um ein Pax5+/-- oder Wildtyp-Tier handelte. Und: Wurden die Pax5+/--Mäuse mit einem Antibiotikacocktail behandelt, um ihr Darmmikrobiom zu dezimieren, erkrankten sie häufig an Leukämie (62,96% bei Anwesenheit von Pathogenen), selbst dann, wenn sie in keimfreier Umgebung aufwuchsen (47,82%). Das Team wertet seine Befunde als Hinweise, dass das Darmmikrobiom als Biomarker infrage kommen könnte, um unter Personen mit genetischen Prädispositionen solche zu identifizieren, die ein hohes Risiko tragen, an Leukämie zu erkranken. Voraussetzung ist natürlich, dass sich die Befunde bei Menschen überhaupt bestätigen lassen. Das gilt auch für den von Vicente-Dueñas und Kollegen beschriebenen pB-ALL-Risikofaktor Antibiose. Sie und ihre Mitarbeiter mutmaßen aber, dass Interventionen, die früh im Leben erfolgen und auf das Darmmikrobiom zielen, das Leukämierisiko bei genetisch Prädisponierten absenken könnten. Empfehlung der Redaktion EHA 2020 Dossier zum Kongress der European Hematology Association 2020 Dieses Jahr fand der 25. Kongress der europäischen Hämatologen virtuell statt. Aktuelle Berichte finden Sie in unserem Kongressdossier. Darin: Neue Therapiekonzepte zur Behandlung der ALL und AML im Erwachsenenalter oder Strategien nach Tyrosinkinaseinhibitor-Resistenzen bei CML. Basierend auf: Presidential Symposium S100: An intact gut microbiome protects genetically predisposed mice against leukemia, 25rd Congress der European Hematology Association, 11.-21. Juni 2020, virtuell

Springer Medizin

Darmmikrobiom als Biomarker bei B-Vorläufer-ALL im Kindesalter?

Weiterführende Themen

Neu im Fachgebiet Onkologie

Adjuvante Immuntherapie verlängert Leben bei RCC

Alectinib verbessert krankheitsfreies Überleben bei ALK-positivem NSCLC

Bei Senioren mit Prostatakarzinom auf Anämie achten!

ICI-Therapie in der Schwangerschaft wird gut toleriert

Update Onkologie