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Erschienen in: Die Psychotherapie 6/2019

28.10.2019 | Schwerpunkt: Liebe und Partnerschaft – Übersichten

Ehestabilität in Deutschland

Historische Trends und Scheidungsrisiken

verfasst von: Prof. Dr. Michael Wagner

Erschienen in: Die Psychotherapie | Ausgabe 6/2019

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Zusammenfassung

Der Beitrag beschreibt das Ausmaß der Ehescheidungen in Deutschland, befasst sich aus soziologischer Sicht mit den Scheidungsrisiken und behandelt die Frage, inwiefern hohe Scheidungsraten ein soziales Problem darstellen. Obwohl die Scheidungsraten in den letzten Jahren zurückgegangen sind, wird immer noch ein Drittel aller Ehen geschieden. Hohe Scheidungsraten sind v. a. deshalb ein soziales Problem, weil Scheidungskinder aufgrund ihrer familialen Herkunft, also qua Geburt, benachteiligt sein können. Wichtige soziale Scheidungsrisiken sind mangelnde materielle und immaterielle Investitionen in die Ehe, eine geringe Einbettung der Ehe in einen religiösen oder traditionellen Kontext sowie attraktive Alternativen zur bestehenden Ehe. Ferner führen Personen, die schon eine Scheidung erlebt haben (sei es die elterliche oder die eigene Ehe), eher instabile Ehen. Insofern wird das Scheidungsrisiko nicht nur zwischen den Generationen übertragen, sondern Zweit- oder Drittehen sind scheidungsanfälliger als Erstehen. Schließlich gibt es Hinweise darauf, dass chronische, alltägliche Belastungen, beispielsweise bedingt durch die Erwerbssituation, zu einer Entfremdung der Partner und damit zur Trennung führen können.
Fußnoten
1
Nach dem Mauerfall verminderten sich die Scheidungsraten in Ostdeutschland abrupt, da dort das westdeutsche Scheidungsrecht etabliert wurde. Die Scheidungsraten stiegen in den neuen Bundesländern dann rasch wieder an, haben aber das DDR-Niveau nicht erreicht und liegen immer noch unter den westdeutschen Scheidungsraten.
 
2
In der DDR lag das Scheidungsniveau durchweg über demjenigen in der BRD. In Ostdeutschland wurden allerdings schon vor Gründung der DDR mehr Ehen geschieden als in Westdeutschland. Vor allem der in Ostdeutschland geringe Anteil von Katholiken und der hohe Anteil von Konfessionslosen könnten für die Ost-West-Unterschiede im Scheidungsniveau verantwortlich sein. Konfessionslose haben ein hohes, Katholiken aber ein niedriges Scheidungsrisiko (Wagner 1997).
 
3
In Deutschland ist das Scheidungsniveau etwa so hoch wie in anderen westeuropäischen Ländern. In osteuropäischen Ländern ist das Scheidungsniveau sehr unterschiedlich. Weit mehr Ehen als in Europa werden in Russland und in den Vereinigten Staaten geschieden.
 
Literatur
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Metadaten
Titel
Ehestabilität in Deutschland
Historische Trends und Scheidungsrisiken
verfasst von
Prof. Dr. Michael Wagner
Publikationsdatum
28.10.2019
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Die Psychotherapie / Ausgabe 6/2019
Print ISSN: 2731-7161
Elektronische ISSN: 2731-717X
DOI
https://doi.org/10.1007/s00278-019-00378-w

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