Erschienen in:
06.04.2016 | Originalarbeit
Einfluss einer elektronischen Patientenakte (EPA) auf das Arzt-Patienten-Verhältnis: eine systematische Übersicht der medizinethischen Implikationen
verfasst von:
Dr. sc. hum. Felicitas Eckrich, MA, Dipl. Pflege- und Gesundheitswissenschaftlerin Ines Baudendistel, PD DrPH Dominik Ose, Prof. Dr. med. Dr. phil. Eva C. Winkler
Erschienen in:
Ethik in der Medizin
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Ausgabe 4/2016
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Zusammenfassung
In einem Modellprojekt soll durch die Einführung einer persönlichen, einrichtungsübergreifenden, elektronischen Patientenakte (PEPA) nicht nur die Behandlungskontinuität verbessert, sondern auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dahingehend realisiert werden, dass jeder Patient zum Administrator einer Datencloud gemacht wird, die alle seine Gesundheitsdaten enthält. Eine systematische Literaturrecherche zum Thema „elektronische Patientenakten (EPA)“ soll mögliche ethische Herausforderungen in Verbindung mit der oben genannten PEPA antizipieren. Von initial 2487 Publikationen wurden 51 Publikationen ausgewertet: 30 empirische Studien, 10 medizinethische Analysen und 11 Meinungspapiere. In den empirischen Studien wurden als erste Effekte einer EPA vor allem eine vollständigere medizinische Aktenlage beschrieben. Mit der Einsichtsmöglichkeit für den Patienten in die EPA konnten zusätzlich ein besseres Krankheitsverständnis und damit erhöhte Compliance des Patienten nachgewiesen werden. Eine Verbesserung der Behandlungsqualität wurde auf die Fehlervermeidung durch Patienteneinsicht, effektivere Nutzung der Arzt-Patienten-Besuche und das verbesserte Verständnis für das Therapiekonzept zurückgeführt. Ebenfalls wurde in den Studien eine Stärkung des Vertrauensverhältnisses von Arzt und Patient beschrieben. Bedenken gab es im Vorfeld vieler Studien hinsichtlich des Datenschutzes, eines möglichen Verlustes der persönlichen Arzt-Patienten-Beziehung und einer potentiellen Überforderung des Patienten. In der Beurteilung der EPA spielte die Abwägung zwischen ärztlicher Fürsorge und Patientenautonomie eine große Rolle. Die von medizinethischer Seite geäußerten Bedenken bezüglich eines Vertrauensverlustes oder einer Störung des Arzt-Patienten-Verhältnisses konnten in den empirischen Studien nicht bestätigt werden. Die befürchteten Risiken im Datenschutz wurden von den Betroffenen zugunsten des potentiellen Nutzens einer EPA abgewogen. Unter Wahrung des Datenschutzes hat daher die PEPA das Potential, durch die Mitbeteiligung des Patienten das Arzt-Patienten-Verhältnis positiv zu beeinflussen. Die spezifischen ethischen Herausforderungen, die mit der Co-Verwaltung der PEPA einhergehen, werden im Modellprojekt untersucht.