AE-Manual der Endoprothetik
Info
Verfasst von:
Andreas M. Halder und Daniel Schrednitzki
Publiziert am: 01.01.2023

Grundlagen des Hüftgelenkersatzes: Geschichte der Hüftendoprothetik

Die Geschichte der Arthroplastik reicht bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts zurück. Zunächst wurde das Gelenk nur entfernt oder mittels Weichteilinterponat versorgt, erst später setzten sich gelenkersetzende Verfahren durch. Das gewonnene Verständnis aseptischer Operationsprinzipien sowie die schrittweise Entwicklung neuer Implantate ermöglichten dann in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Entwicklung zu einem der erfolgreichsten Operationsverfahren in der Orthopädie.

Resektionsarthroplastik

Im Jahr 1768 führte der schottische Chirurg Charles White einen wegweisenden Eingriff durch: Bei einem 14-jährigen Jungen, dessen Schultergelenk in Folge einer Osteomyelitis gebrauchsunfähig war, entfernte er den Oberarmkopf. Der Arm blieb im Schultergelenk beweglich und war lediglich kürzer als der gesunde (White 1770) (Abb. 1). Damit war die erste Resektionsarthroplastik ein voller Erfolg und hob sich von der bis dahin üblichen Therapie ab, das zerstörte Gelenk zu versteifen oder die Gliedmaße zu amputieren. Daraufhin wurden die Vorgänge nach Gelenkresektion von französischen Wissenschaftlern gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Tierversuchen erforscht. Deren Ergebnisse waren allerdings so entmutigend, dass man die Remobilisierung zerstörter Gelenke für unmöglich hielt (Reimers 1970).
Insofern war es erneut ein Wagnis, als der Londoner Chirurg Anthony White im Jahre 1821 ein Gelenk durch Resektion mobilisierte. Bei einem 19-jährigen Mann, der durch einen Sturz eine Hüftgelenksluxation erlitten hatte und gehunfähig war, entfernte er den Hüftkopf und Schenkelhals und stellte den verbliebenen Knochenstumpf in die Gelenkpfanne ein. Damit erzielte er ein belastungsfähiges Gelenk mit begrenzter Beweglichkeit (Blauth und Donner 1979). Der Eingriff war in mehrfacher Hinsicht heroisch, zumal erst 1844 die Äthernarkose durch Jackson und Morton eingeführt und 1867 die Prinzipien der Asepsis und Antisepsis durch Lister etabliert worden sind.
In Amerika durchtrennte Barton aus Philadelphia 1826 bei einem 21-jährigen Seemann, dessen Hüftgelenk nach Fraktur in Flexions-Adduktionsstellung ankylosiert war, den Schenkelhals mit einer Stichsäge. Nach der Operation, die ganze 7 Minuten dauerte, ließ er den Patienten Bewegungen machen, damit die Fragmente nicht konsolidierten, wodurch er ein gut funktionsfähiges Gelenk erlangte (Barton 1827) (Abb. 2).
In Deutschland wurde das Verfahren durch Heine aus Würzburg aufgegriffen, der 1831 die „subperiostale Gelenkresektion“ mit einem „Osteotom“ beschrieb (Heine 1931). Die Resektionsarthroplastik fand dann so weite Verbreitung, dass Syme sie 1831 zum Standardverfahren erklärte (Syme 1831). Der amerikanische Chirurg Sayre entwickelte 1863 die Operationstechnik weiter. Er resezierte das Femur subtrochanter, rundete die proximale Osteotomiefläche ab und bildete so die anatomische Gelenkform nach (Sayre 1855).

Interpositionsarthroplastik

Mit zunehmender Erfahrung traten die Probleme der Resektionsmethode zutage: Eine zu ausgedehnte Resektion der Gelenkenden führte zum Schlottergelenk mit Verlust der Muskelwirkung, eine zu sparsame Entfernung zur fibrösen Versteifung oder Ankylose. So schlug Verneuil im Jahr 1863 vor, die zugerichteten Knochenflächen mit Gewebe zu separieren, um eine Verwachsung zu verhindern (Verneuil 1863). Doch erst 1874 gelang es Helferich, ein Gelenk dauerhaft zu remobilisieren, indem er Muskellappen zwischen die durchtrennten Knochenenden legte. 1894 beschrieb er die Wiederherstellung der Funktion eines Kiefergelenkes durch Resektion der Gelenkenden und Interposition des M. temporalis (Helferich 1894). Murphy entwickelte die Methode für die untere Extremität weiter (Blauth und Donner 1979). Misserfolge führte man nun auf die Art des Interponats zurück, weshalb in der Folgezeit die unterschiedlichsten körpereigenen Gewebe, wie Haut, Periost und Sehnen, sowie körperfremdes Material, wie Schweinsblasen oder Rinderbauchfell, aber auch Metallplättchen, Gummi, Kollodium und Holz Verwendung fanden (Reimers 1970) (Abb. 3). Schließlich erkannte man, dass selbst die gut verträglichen körpereigenen Gewebe an den Gelenken der unteren Extremität der Belastung auf Dauer nicht standhalten konnten. Lediglich an den Gelenken der oberen Extremität war aufgrund der geringeren Beanspruchung mit guten Resultaten zu rechnen.

Endoprothese

Der revolutionäre Gedanke des vollständigen Gelenkersatzes wurde erst um die Jahrhundertwende geboren. Der Berliner Chirurg Themistocles Gluck (Abb. 4) glaubte an die Idee des einheilbaren Apparates zum Organersatz und wählte Elfenbein als Material für ein künstliches Scharniergelenk, um das Einwachsen durch „Substitutionssynostose“ zu ermöglichen. Er implantierte die ersten Endoprothesen Patienten, deren Kniegelenke durch Tuberkulose zerstört waren (Abb. 5). Die Zapfen fixierte er in der Markhöhle mit einem Gemisch aus Kolophonium mit Bimsstein- oder Gipszusatz, dem ersten Knochenzement. Anhand eines Skelettes mit Gelenkersatzapparaten stellte er seine Idee am 12.04.1890 auf dem XIX. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie in Berlin vor (Gluck 1891). Damit war er seiner Zeit weit voraus und stieß auf Unverständnis und Ablehnung. Doch auch klinisch scheiterte er damals, da die Infektionen der Kniegelenke nicht beherrschbar waren und das Material versagte. Trotzdem zeigte er den Weg auf, der zwar erst nach Jahrzehnten weiterverfolgt wurde, aber schließlich zum heutigen alloplastischen Gelenkersatz geführt hat. Hey-Groves verwendete 1922 wiederum Elfenbein für einen künstlichen Hüftkopf, wobei sich wiederum die mechanische Untauglichkeit des Materials zeigte.

Gelenktransplantation

Eine andere Möglichkeit des Gelenkersatzes war die Verpflanzung eines ganzen menschlichen Gelenkes. Während Tietze und Nicoladoni schon 1897 über die Transplantation kleiner Gelenke an der oberen Extremität berichteten (Nicoladoni 1900), wagte E. Lexer 1907 die Verpflanzung ganzer Kniegelenke. Am 03.11.1907 ersetzte er den Schienbeinkopf einer 38-jährigen Patientin, der von einer Geschwulst zerstört war, durch ein Gelenkstück, das er einem frisch amputierten Unterschenkel entnommen hatte. Am gleichen Tag transplantierte er ein ganzes Kniegelenk eines Amputierten einer 18-jährigen Patientin, die infolge einer Osteomyelitis unter einer Ankylose des Kniegelenkes in Beugestellung litt (Lexer 1908). Auch andere Chirurgen und Orthopäden wie Axhausen, Biesalki, Buchmann und Deutschländer experimentierten auf diesem Gebiet, doch ihre Ergebnisse blieben unbefriedigend (Axhausen 1908; Biesalski 1910; Buchmann 1908; Deutschländer 1912). Neben hohen Infektionsraten kam es zu Ab- und Umbauerscheinungen an den Transplantaten mit daraus resultierender Fehlstellung sowie Gelenkinstabilität, die zum Scheitern dieser Methode führten.

Hüftkappe

Nach dem ersten Scheitern der Totalendoprothese kehrte man zur Interpositionsarthroplastik zurück. M.N. Smith-Petersen aus Boston entwickelte 1923 eine Kappe aus Glas, die er als sog. Mould-Arthoplastik unfixiert auf den Hüftkopf setzte, um der Natur die Reparatur des zerstörten Gelenkes zu erlauben und sie dann in einer zweiten Operation wieder zu entfernen. Materialbruch und Unverträglichkeit führten zu Verwendung anderer Materialien wie Viscaloid, Pyrex und Bakelit. Um die Hüftkappe permanent belassen zu können und so der Wiedereinsteifung vorzubeugen, verwendete Smith-Petersen ab1938 schließlich Vitallium, eine Chrom-Kobalt-Molybdän-Legierung (Smith-Petersen 1939) (Abb. 6).

Hemiprothesen aus Plexiglas

Die Überlastung des natürlichen Gelenkanteiles durch den einseitigen Ersatz mit der Hüftkappe führte zu Osteolysen, Nekrosen und Frakturen des Azetabulums. Dieses blieb auch den Brüdern Jean und Robert Judet nicht erspart, die 1950 den Femurkopf durch eine Prothese aus Plexiglas ersetzten, die mit einem Stiel im Schenkelhals fixiert wurde (Judet und Judet 1950) (Abb. 7). Die Prothese fand zunächst große Akzeptanz, doch trotz größerer Primärstabilität kam es schnell zu Lockerungen, Materialversagen und Gewebsreaktionen auf das Fremdmaterial. Ein ähnliches Schicksal ereilte die Femurkopfprothesen aus Plexiglas von Merle d’Aubigne, Lange und Rettig (Merle d’Aubigne und Postel 1954).

Hemiprothesen aus Metall

Um die Verankerung im Femur zu verbessern und das Materialversagen zu vermeiden entwickelten A.R. Moore und Bohlmann 1943 eine Femurkopfprothese, die aus einer Chrom-Kobalt-Legierung bestand (Moore und Bohlmann 1943, 1952) (Abb. 8). Nach Resektion des Schenkelhalses wurde sie mit einem langen Metallstiel intramedullär unzementiert im Femur verankert. Trotz materialtechnischer Vorteile kam es wiederum zur Überlastung der knöchernen Pfanne durch den Metallkopf mit Ausdünnung des Azetabulums bis hin zur Penetration des Metallkopfes ins kleine Becken sowie zu Lockerungen der Prothesen.

Totalendoprothesen

Um das Problem der Kraftübertragung bei unterschiedlicher Festigkeit von Prothesenmaterial und Knochen zu lösen, entwickelte Wiles schon 1938 in London die erste Totalendoprothese der Hüfte. Dabei verankerte er die Hüftpfanne aus Metall mit Schrauben im Azetabulum und den Hüftkopf aus Metall mit einem Bolzen im Schenkelhals (Wiles 1957) (Abb. 9). Die Resultate waren ermutigend, doch der Zweite Weltkrieg unterbrach die Weiterentwicklung.
Nach dem Krieg stellte McKee 1951 ebenfalls eine Hüfttotalendoprothese aus Metall vor. Während die Metallpfanne mit Stiften im knöchernen Azetabulum verankert wurde, wurde der Metallkopf von einem Stiel gehalten, der intramedulär im Femur verankert wurde (McKee 1951) (Abb. 10). Nach den frühen Versuchen von Philipp Wiles handelte es sich hierbei um die erste häufiger eingesetzte Metall-Metall-Gleitpaarung in der Hüftendoprothetik. Aufgrund der damals noch wenig präzisen Fertigungstechnik kam es zu vermehrten Metallabrieb und so zu frühzeitiger Lockerung sowohl der Schaft- als auch der Pfannenkomponente.

Knochenzement

Zur Verbesserung der Verankerung im Knochen verwendete Haboush 1953 erstmals das aus der Zahnheilkunde bekannte Polymethylmetacrylat bei der Implantation von Hüftendoprothesen (Haboush 1953). Doch erst durch John Charnley kam es zur weltweiten Anwendung von Knochenzement zur Verankerung von Hüftendoprothesen. Er beschrieb 1960 die Fixierung einer Kopf-Hals-Prothese mit diesem Material, ging bald dann aber dazu über beide Prothesenkomponenten einzuzementieren (Charnley 1961, 1979, 1981) (Abb. 11). Damit erreichte er eine primär belastungsstabile Fixation der Endoprothese und eine gleichmäßige Krafteinleitung in den Knochen. Die anfänglich hohen Misserfolgsraten durch Infektionen konnten durch Verbesserung der OP-Hygiene mit Einführung von Reinraumkabinen, antibiotischem Knochenzement und perioperativer Antibiotika-Prophylaxe auf unter 1 % gesenkt werden. Ab 1960 verwendeten auch McKee und Farrar Polymethylmetacrylat als Knochenzement zur Implantation ihrer Hüftendoprothesen (McKee und Watson-Farrar 1966).

Reibung

Neben dem Problem der Verankerung im Knochen zeigte sich das Problem der Reibung bei der Metall-Metall-Gleitpaarung der Hüftendoprothese von Mc Kee und Farrar. Auch auf diesem Gebiet gelang John Charnley der entscheidende Durchbruch. Er reduzierte den Reibungswiderstand, indem er eine Pfanne aus Teflon (Polytetrafluorethylen) verwendete, das aus der Herzklappenchirurgie bekannt war, und den Prothesenkopfdurchmesser auf 22,225 mm verringerte (Abb. 12). Dieses System nannte er Low-Friction-Arthroplasty. Bald zeigte sich jedoch, dass Teflon die Eigenschaften des Creeping und Cold-Flow besaß, was bei Überschreiten eines materialspezifischen Druckes zur Dauerverformung und erhöhtem Abrieb führte. Deshalb ersetzte Charnley 1963 das Teflon durch hochverdichtetes Polyethylen-HMWPE, welches einen wesentlich geringeren Cold-Flow-Effekt besitzt. Um die Druckbelastung pro Flächeneinheit des Polyethylens herabzusetzen, entwickelte Müller 1964 eine Totalendoprothese mit einem größeren Kopfdurchmesser von 32 mm (Müller 1970). Buchholz vergrößerte 1966 nochmals den Durchmesser auf 38 mm, wodurch er zusätzlich die Luxationsneigung herabsetzte (Buchholz 1973).

Modularität

Weber entwickelte 1968 die erste 3-teilige und damit modulare Hüftendoprothese. Der bananenförmige Schaft und die Pfanne wurden aus einer Chrom-Kobalt-Legierung gefertigt. Der Prothesenkopf bestand aus Polyester und wurde auf einen Rotationsbolzen am Ende des Schaftes, der in verschiedenen Längen verfügbar war, gesteckt. Durch die Modularität konnte die korrekte Beinlänge eingestellt werden (Weber 1970). Die Polyesterköpfe zeigten jedoch einen starken Abrieb, sodass ab 1971 ein Metallkopf und eine Polyethylenpfanne eingesetzt wurden (Weber 1995) (Abb. 13). Ab 1974 wurde Aluminiumoxidkeramik als Material für den Prothesenkopf eingeführt, um so die Reibung und damit den Abrieb zwischen Hüftkopf und Pfanne weiter zu verringern.

Zementfreiheit

Mit der Einführung des Knochenzementes und der daraus resultierenden Primärstabilität setzte sich die Hüftendoprothetik weltweit als Standardverfahren durch. In Langzeitbeobachtungen fiel dann allerdings eine relativ hohe Rate aseptischer Lockerungen auf, die bis zu 19 % nach 5–10 Jahren betrugen. Schon 1956 hatte Mittelmeier auf die mangelnde Dauerschwingfestigkeit des Polymethylmetacrylates hingewiesen und so wurde die aseptische Lockerung der mechanischen Zerrüttung des Knochenzementes angelastet (Mittelmeier und Singer 1956). Zusätzlich spielen abriebbedingte Fremdkörpergranulome an der Knochenzementgrenze eine Rolle, wie Willert 1972 dargelegt hat (Willert und Puls 1972). Vor dem Hintergrund der begrenzten Standzeit der Hüftendoprothese hat Charnley 1979 die Beschränkung der Indikation auf ältere Patienten empfohlen (Charnley 1979). Damit war jedoch das Problem der Versorgung jüngerer Patienten mit vorzeitig verschlissenem oder zerstörtem Hüftgelenk nicht gelöst.
Schon 1964 begann Ring wieder mit der zementfreien Implantation von Hüftendoprothesen. Die Metallpfanne verankerte er mit einer langen Schraube im Becken unter Zuhilfenahme eines Zielgerätes (Ring 1968) (Abb. 14). Siwash entwickelte 1967 eine Hüftendoprothese, bei der der Stiel erstmals aus Titan gefertigt wurde. Kopf und Pfanne waren mit einem Sprengring verbunden. Während die Pfanne in das knöcherne Azetabulum geschraubt wurde, wurde der Prothesenstiel mit einem Stift rotationsstabil im Femur verankert (Siwash 1968).

Oberfläche

Die ossäre Integration dieser frühen zementfreien Prothesenmodelle blieb vielfach aus. Schon Charnley führte den Erfolg der zementierten Hüftendoprothesen nicht nur auf die hohe Primärstabilität, sondern auch auf die verbesserte Krafteinleitung in den Knochen über die große Oberfläche des Zementmantels zurück. Deshalb zielte die Weiterentwicklung zementfreier Hüftendoprothesen auf die Vergrößerung der Oberfläche ab, um eine ossäre Integration zu ermöglichen. So implantierte Judet erstmals eine Porometall-Prothese, die aus einer Kobalt-Chrom-Nickel-Verbindung bestand und eine makrostrukturierte poröse Oberfläche aufwies. Die Pfanne war zylinderförmig und der schlanke gebogene Schaft hatte einen lateralen Flügel für die Rotationsstabilität (Judet 1975) (Abb. 15). Lord führte 1973 die „madrepore“ (korallenartige) Prothese ein, deren Oberfläche durch angegossene Kügelchen 3-fach vergrößert wurde (Lord und Bancel 1983). 1974 stellte Mittelmeier die Tragrippen-Prothese vor, deren Entwicklung schon 1969 begonnen hatte. Der Prothesenkopf und die Pfanne bestanden aus Aluminiumoxidkeramik, wobei die Pfanne in das knöcherne Azetabulum geschraubt wurde. Der konische Schaft war leicht gebogen und wies in der ersten Version zirkuläre Tragrippen auf (Mittelmeier 1974). Diese erbrachten jedoch keine ausreichende Rotationsstabilität, sodass ein modifizierter Schafttyp untereinander angeordnete, runde und ovale Mulden aufwies, von denen die beiden oberen durchstoßen waren. Der finale Schafttyp zeichnete sich durch eine zusätzliche Oberflächenstrukturierung aus (Abb. 16).
Aluminiumoxidkeramik konnte sich jedoch als Material für die Pfanne nicht durchsetzen, da es im Gegensatz zum Knochen völlig unelastisch ist und die Oberfläche keine Möglichkeit zur Osteointegration bietet. Das Prinzip der Oberflächenvergrößerung jedoch hat sich als erfolgreich erwiesen. 1982 erfolgte dann die Implantation der ersten konischen Schraubpfanne mit Polyethyleneinsatz durch Mittelmeier (Mittelmeier 1984). Schütt und Grundei entwickelten 1983 einen anatomischen Prothesenschaft, der über eine makrostrukturierte metallspongiöse Oberfläche verfügte. Die metallspongiöse Pfanne wies zusätzliche Anker zur Fixation auf (Henssge et al. 1985) (Abb. 17).
Die Oberflächenbeschaffenheit spielt auch bei aktuellen Prothesenentwicklungen eine wichtige Rolle. So versucht man, durch biokompatible Oberflächenbeschichtungen, etwa mit Hydroxylapatit, das Anwachsen des Wirtsknochens zu erleichtern.

Stielform

Wie die Oberflächenstruktur wurde auch die Form des Prothesenstiels optimiert. Ziel war es zum einen, eine primärstabile Verankerung zu erreichen und zum anderen, eine weitgehend physiologische Krafteinleitung zu erzielen. Bereits 1970 ersetzte M. Müller die bestehende gerade Stielform durch eine gebogene, die über einen Kragen verfügte (Abb. 18). So sollte die Auflagefläche der Prothese vergrößert werden, um eine bessere Krafteinleitung zu erzielen. Weller übernahm dieses Konzept und stellte 1978 den Stiel in biomechanisch optimierter Form vor. Zweymüller entwickelte 1980 einen Prothesenstiel aus Titan mit distaler Press-Fit-Verankerung (Abb. 19). Zunächst wurde Polyethylen als Fertigungsmaterial für eine zugehörige konische Schraubpfanne verwendet, das sich allerdings aufgrund seiner großen Elastizität und der Oberfläche, die keine Möglichkeit der Osteointegration bietet, nicht durchsetzen konnte und durch eine Metallschale ersetzt wurde (Zweymüller et al. 1995). 1983 dann führte Spotorno eine elastische Spreizpfanne und einen geraden Prothesenstiel ein, der sich durch ein konisches Design auszeichnet. Die daraus resultierende proximale Krafteinleitung soll eine periprothetische Knochenatrophie verringern (Spotorno et al. 1993) (Abb. 20).

Elastizität

Die aseptische Prothesenlockerung durch ausbleibende Sekundärstabilität hat ihre Ursache zum einen in einer für die Osteointegration ungeeigneten Prothesenoberfläche, zum anderen in den unterschiedlichen Elastizitätsmodulen von Prothese und Knochen. Vor diesem Hintergrund entwickelte Morscher 1974 den ersten isoelastischen Prothesenstiel. Dabei handelte es sich um einem metallarmierten elastischen Polyazetalstiel, der zusammen mit einer sphärischen Polyethylenpfanne mit Verankerungszapfen verwendet wurde (Morscher und Dick 1983). Aufgrund materialtechnischer Schwierigkeiten und mangelnder Knochenintegration erbrachte der Prothesenstiel nicht den erhofften Erfolg.

Knochensparende Prothesen

Um eine weitgehend physiologische Krafteinleitung in das proximale Femur zu gewährleisten, Knochensubstanz zu schonen und somit jüngere Patienten endoprothetisch versorgen zu können, wurden in der Folgezeit zahlreiche verschiedene Prothesentypen entwickelt. Huggler konzipierte 1976 die Druckscheiben-Prothese. Die Druckscheibe, die auf den Schenkelhals gesteckt wird, weist eine zentrale Öffnung auf, durch die ein Dorn mit einem Konus für den Prothesenkopf geführt wird. Der Dorn wiederum wird mit einer Lasche an der äußeren Femurkortikalis befestigt (Huggler 1995) (Abb. 21). Dadurch wird eine Krafteinleitung auf die starke mediale Femurkortikalis erreicht. Klinisch wurden allerdings an der Prothesen-Knochengrenze Probleme mit Knochenresorption und Lockerung sowie Schmerzen an der lateralen Lasche beobachtet.

Oberflächenersatz

Zur knochensparenden Implantation und Wiederherstellung der Biomechanik wurde schon in den 1950er-Jahren die Idee der Interpositionsarthroplastik weiterverfolgt. So experimentierte Charnley initial mit dünnwandigen Teflonkappen, die er beidseitig auf dem gerundeten Hüftkopf und im Azetabulum platzierte (Charnley 1961). Doch nach anfänglicher Schmerzfreiheit und guter Beweglichkeit kam es zu Abrieb und Implantatbruch. In den 1960er-Jahren berichtete Müller (Müller und Boltzy 1968) von zementfrei implantierten Metallkappen und -pfannen, die jedoch einen hohen Reibungswiderstand zeigten und bald lockerten. 1970 implantierte Gerard in Frankreich dann eine Doppelkappe aus Metall, die theoretisch sowohl Bewegungen zwischen den Komponenten als auch zwischen den Komponenten und dem Knochen erlaubte. Doch auch dieses Konzept erbrachte nicht den erhofften klinischen Durchbruch und man übernahm das erfolgreiche Prinzip der Zementverankerung aus der Totalendoprothetik.
Paltrinieri verwendete 1971 Knochenzement zur Fixation einer Polyethylenpfanne und einer Metallkappe. Nach kurzfristig erfolgversprechenden klinischen Ergebnissen stieg die Revisionsrate jedoch an. Die umgekehrte Idee verfolgten Freeman in England (Freeman et al. 1975) und Furuya in Japan (Furuya et al. 1978) mit Metallpfannen und Polyethylenkappen, die jedoch schon nach kurzer Zeit starken Abrieb und Implantatversagen zeigten (Abb. 22). So wechselten Wagner (Wagner 1978) und Amstutz (Amstutz et al. 1986) wieder zu mit Knochenzement fixieren Metallkappen und Polyethylenpfannen (Abb. 23). Kurz- und mittelfristig waren die klinischen Resultate ermutigend, langfristig traten aber Revisionsraten bis zu 50 % auf. Ursachen waren der starke Abrieb der dünnwandigen Polyethylenpfannen mit folgender Bildung von Fremdkörpergranulomen und Osteolysen sowie die Osteonekrose des Femurkopfes. Nach diesen Erfahrungen verfolgte erst McMinn Anfang der 1990er-Jahre die Entwicklung des Oberflächenersatzes weiter und griff die Idee der abriebarmen Metall-Metall-Gleitpaarung wieder auf. Er entwickelte eine Metallkappe, die mit einem zentralen Stift im Schenkelhals auf dem Femurkopf fixiert wird und mit einer zementfrei implantierten Metallpfanne artikuliert (McMinn et al. 1996) (Abb. 24). Da McMinn über gute mittel- und langfristige klinische Ergebnisse berichtete fand der Oberflächenersatz in den folgenden Jahren weltweite Anwendung. Die ungünstige Head-to-Neck-Ratio führte jedoch häufig zur Impingementproblemen und Revisionen. Zusammen mit der geringen Toleranz bei der Positionierung und dem gehäuften Auftreten abriebbedingter Pseudotumoren sowie der Kobalt- und Chrom-Thematik allgemein, hat die Popularität und Verwendung jedoch deutlich abgenommen und wird nur noch in wenigen Zentren für ein enges Patientenkollektiv vorgenommen.

Kurzschaftprothesen

Moderne Kurzschaftprothesen basieren auf dem Prinzip der intramedullären Drei-Punkt-Verankerung im proximalen Femur bei sparsamer Knochenresektion und proximaler Krafteinleitung (Abb. 25). Die neueste Generation dieser Schäfte ist kalkargeführt und ermöglicht über die entsprechende Resektion sowie über verschiedene Varus/Valgus-Varianten die individuelle Rekonstruktion der Anatomie. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit der gewebeschonenden Implantation. Die gebogene Form ermöglicht das Einbringen der Schäfte auch über minimalinvasive Zugänge, welche eine schnelle Mobilisation der Patienten ermöglichen.
Die knochensparende Resektion kann bei einer etwaigen Revision den Wechsel auf metaphysär verankernde Standardschäfte ermöglichen. Studien dazu stehen jedoch aus.
Literatur
Amstutz HC, Dorey FJ, O’Carroll PF (1986) THARIES resurfacing arthroplasty. Clin Orthop 213:92–113CrossRef
Axhausen G (1908) Die histologischen und klinischen Gesetze der freien Osteoplastik. Langenbecks Arch klin Chir 88:23
Barton RJ (1827) On the treatment of anchylosis by the formation of artificial joints. North Am Med Surg J 8:279
Biesalski K (1910) Heterologe Gelenktransplantationen. Verh dtsch Ges Orthop Chir 27:426
Blauth W, Donner K (1979) Zur Geschichte der Arthroplastik. Z Orthop Ihre Grenzgeb 117(6):997–1006
Buchholz HW (1973) Das künstliche Hüftgelenk Modell St. Georg. In: Cotta HK, Schulitz P (Hrsg) Der totale Hüftgelenkersatz. Thieme Verlag, Stuttgart, S 81–92
Buchmann P (1908) Behandlung knöcherner Ellenbogengelenksankylosen mittels Überpflanzung von ganzen Gelenken. Zbl Chir 35:582
Charnley J (1979) Low friction arthroplasty of the hip. Springer, Berlin/Heidelberg/New YorkCrossRef
Charnley J (1981) Anchorage of the femoral head prothesis to the shaft of the femur. J Bone Joint Surg B 63:1426
Charnley JC (1961) Arthroplasty of the hip: a new operation. Lancet 1:1129–1132CrossRef
Deutschländer K (1912) Über Kniegelenksplastik. Verh dtsch Ges Orthop Chir 11:381
Freeman MAR, Swanson SAV, Day WH et al (1975) Conservative total replacement of the hip. J Bone Joint Surg 57B:114
Furuya K, Tsuchiya M, Kawachi S (1978) Socket-cup arthroplasty. Clin Orthop 134:41–44
Gluck T (1891) Referat über die durch das moderne chirurgische Experiment gewonnenen positiven Resultate, betreffend die Naht und den Ersatz von Defekten höherer Gewebe, sowie über die Verwendung resorbierbarer und lebendiger Tampons in der Chirurgie. Arch Klin Chir 41:189–239
Haboush EJ (1953) A new operation for athroplasty of the hip based on biomechanics, photoelasticity, fast-setting dental acrylic and other considerations. Bull Hosp Joint Dis 14:242–277
Halder AM, Stiehler M, Günther KP (2012) Historie und Epidemiologie. In: Claes L, Kirschner P, Perka C, Rudert M (Hrsg) AE-Manual der Endoprothetik. Springer, Berlin/Heidelberg. https://​doi.​org/​10.​1007/​978-3-642-14646-6_​1CrossRef
Heine B (1931) Über subperiostale Gelenkresectionen. Von Gräfe und Walther’s J Chir 4 Comptes rendus 24(4)
Helferich H (1894) Ein neues Verfahren zur Heilung der knöchernen Kiefergelenksankylose. Verh dtsch Ges Chir 89:504
Henssge EJ, Grundei H, Etspuler R, Koller W, Fink K (1985) Die anatomisch angepaßte Endoprothese des proximalen Femurendes. Z Orthop Ihre Grenzgeb 123:821–828CrossRef
Huggler AH (1995) Jakob HAC Die Entwicklung der Druckscheibenprothese (DSP). In: Morscher EW (Hrsg) Endoprothetik. Springer, Berlin/Heidelberg/New York/Tokyo, S 267–278CrossRef
Judet R (1975) Totale Hüftendoprothesen aus Porometall ohne Zementverankerung. Z Orthop 113:828–829
Judet R, Judet J (1950) The use of an artificial femoral head for arthroplasty of the hip joint. J. Bone Joint Surg 32B:166CrossRef
Lexer E (1908) Freie Knochenplastik, Gelenksteifigkeit, Gelenktransplantation. Arch Klin Chir 86:939
Lord G, Bancel P (1983) The madreporic cementless total hip arthroplasty. Clin Orthop 176:67–76CrossRef
McKee GK (1951) Artifical hip joint. Bone Joint Surg J 33B:465
McKee GK, Watson-Farrar J (1966) Replacement of athritic hips by the McKee – Farrar prosthesis. J Bone Joint Surg 48B:245–259CrossRef
McMinn DJW, Treacy RBC, Lin K et al (1996) Metal-on-metal surface replacement of the hip: experience with the McMinn prosthesis. Clin Orthop 329S:89–98CrossRef
Merle d’Aubigné R, Postel M (1954) Functional results of hip arthroplasty with acrylic prosthesis. J Bone Joint Surg 36-A:451–475CrossRef
Mittelmeier H (1974) Zementlose Verankerung von Endoprothesen nach dem Tragrippenprinzip. Z Orthop 112:27–33
Mittelmeier H (1984) Hüftgelenkersatz bei jungen Menschen. Z Orthop 122:20–26CrossRef
Mittelmeier H, Singer L (1956) Anatomische und histopathologische Untersuchungen von Arthroplastikgelenken mit Plexiglasendoprothesen. Arch Orthop Unfallchir 48:519CrossRef
Moore AT (1952) Metal hip joint: a new selflocking vitallium prosthesis. South Med J 45:1015–1019CrossRef
Moore AT, Bohlmann HR (1943) Metal hip joint – a case report. Bone Joint Surg 25A:688–692
Morscher E, Dick W (1983) Cementless fixation of isoelastic hip endoprostheses manufactured from plastic materials. Clin Orthop 176:77–87
Müller ME (1970) Total hip prosthesis. Clin Orthop 72:46–68
Müller ME, Boltzy X (1968) Artificial hip joints made from Protasul. Bull Assoc Study Probl Internal Fixation 1–5
Nicoladoni C (1900) Ersatz des Daumengliedes durch die 2. Zehe. Arch klin Chir 61:606
Reimers TC (1970) Zur geschichtlichen Entwicklung gelenkplastischer Eingriffe. Chir Plast Reconstr 7:2
Ring PA (1968) Complete replacement arthroplasty of the hip by the ring prosthesis. J Bone Joint Surg 50B:720–731CrossRef
Sayre LA (1855) Exsection of the head of femur and removal of the acetabulum from M coxarius, with pelvetric covery N. J Journal Med 8:70
Siwash KM (1968) Alloplasty of the hip joint, a labratory a clinical study. Medical Press Moskau:80–86
Smith-Petersen MN (1939) Arthroplasty of the Hip. J Bone Joint Surg 21:269–288
Spotorno L, Romagnoli S, Ivaldo N, Grappiolo G, Bibbiani E, Blaha DJ, Guen TA (1993) The CLS system. Theoretical concept and results. Acta Orthop Belg 59(Suppl 1):144–148
Syme J (1831) Treatise on the excision of diseased joints. Edinburgh
Verneuil AS (1863) Affection articulare genou. Arch Med 1863:284
Wagner H (1978) Surface replacement arthroplasty of the hip. Clin Orthop 134:102–130
Weber BG (1970) Die Rotations – Totalendoprothese des Hüftgelenkes. Z Orthop 107:304
Weber BG (1995) Der „Weber“ – Schaft und die Hochdruckzementiertechnik. In: Morscher EW (Hrsg) Endoprothetik. Springer, Berlin/Heidelberg/New York/Tokyo, S 221–228
White C (1770) Cases in surgery, with remarks. Part the first by Charles White to which is added, an essay on the ligature of arteries by Aikin J London, for Johnston W
Wiles P (1957) The surgery of osteoarthritic hip. Br J Surg 18:488–497
Willert H, Puls P (1972) Die Reaktion des Knochens auf Knochenzement bei der Alloarthroplastik der Hüfte. Arch Orthop Unfallchir 72:33–71CrossRef
Zweymüller K, Lintner F, Böhm G (1995) Die Entwicklung der zementfreien Hüftendoprothese von 1979–1994. In: Morscher EW (Hrsg) Endoprothetik. Springer, Berlin/Heidelberg/New York/Tokyo, S 333–350CrossRef