Symptome
Die Leitsymptome des Syndroms im engeren Sinne sind: Mikrogenie, Mandibulahypoplasie, Glossoptose (Retroglossie) und Gaumenspalte. Zusätzlich gehören dazu Mikroglossie, hoher (gotischer) Gaumen, Doppelkinn. Schwere Atem- und Schluckstörungen, Orthopnoe,
Schnarchen, Schlafapnoe, Mundatmung, Dystrophie als Folgeerscheinung der Dysphagie,
gastroösophagealer Reflux, Aspirationspneumonien.
Ausprägung sehr variabel. Die Symptomatik bessert sich mit zunehmendem Lebensalter.
Anästhesierelevanz
Typische operative Eingriffe sind Unterkieferdistraktionen, Zungenfixierung an der Lippe, Tracheotomie im Säuglingsalter, Gastrostomie.
Die aufgrund der Gesichtsmalformationen drohende obere Atemwegsobstruktion sowie eine erheblich erschwerte Laryngoskopie und Intubation sind die Hauptprobleme bei dieser Erkrankung. Die Zunge kann normal groß sein, aufgrund des Missverhältnisses zum hypoplastischen Unterkiefer erscheint sie trotzdem zu voluminös (Pseudomakroglossie). Mit zunehmendem Alter verbessert sich die Intubierbarkeit durch Wachstum des Unterkiefers. Oft haben die Kinder schadhafte Zähne, die ihrerseits Indikation für zahnärztliche Eingriffe in Anästhesie sind.
Vorgehen
Eine vagolytische Prämedikation erscheint sinnvoll, ebenso die prophylaktische Gabe von
Natrium citricum oder H2-Rezeptorenblockern. Für die Intubation selbst sind alle Vorkehrungen zu treffen, dass bei Problemen eine ausreichende Oxygenation gewährleistet werden kann (verschiedene Spatel, Guedel- und Wendl-Tuben,
Larynxmasken). Vor der Einleitung ausgiebig präoxygenieren.
Die Maskenbeatmung ist häufig erschwert, unter Einsatz eines oro- oder nasopharyngealen Tubus oft zu verbessern. Primär wird die fiberoptische Intubation empfohlen. Nach Einlegen der Larynxmaske (die bei dieser Malformation relativ leicht gehen soll) kann sekundär ein geeigneter Endotrachealtubus unter fiberoptischer Kontrolle in die Trachea eingeführt werden. Im Rahmen dieser „erleichterten“ fiberoptischen Technik ist es nicht unbedingt nötig, die Larynxmaske wieder zu entfernen, allerdings ist es ratsam, den Cuff zu entleeren. Ist eine nasale Intubation aus operativen Gründen erforderlich, empfiehlt sich eine
nasotracheale Intubation über eine Endoskopiemaske. Darüber hinaus kommen versuchsweise auch videooptisch erweiterte Techniken in Frage wie die Intubation mit dem Videolaryngoskop oder dem Videostilett, welche jedoch im Säuglingsalter bei ca. 25 % dieser Patienten nicht erfolgreich sind. Während der Anästhesieeinleitung sollte der Operateur für eine Koniotomiebereitschaft anwesend sein, da die
Allgemeinanästhesie die obere Atemwegsobstruktion verstärken kann. Bei Säuglingen wurde auch die erfolgreiche wache Einführung der Larynxmaske vor der Gabe von Anästhetika berichtet, wobei im Anschluss fiberoptisch durch die Larynxmaske intubiert werden konnte.
Zur fiberoptischen Intubation, die beim Säugling und Kleinkind durch einen erfahrenen Anästhesisten erfolgen sollte, kommen eine ganze Reihe von alternativen Verfahren in Frage. Dazu gehören: Blind nasale, retrograde, konventionelle direkte Intubation, direkte Laryngoskopie mit retromolarem Zugang bei akzentuierter Retroflexion der HWS, Bullard-Laryngoskop, Upsherscope oder Atemwegssicherungstechniken, die ohne Endotrachealtubus auskommen, wie die Larynxmaske. Sehr erfahrene Anästhesisten können mit einem geeigneten biegbaren Mandrin via paraglossalem Zugang intubieren.
Eine
Allgemeinanästhesie kann „per inhalationem“ in halbsitzender Position eingeleitet werden, danach Rückenlage mit prononcierter Retroflexion der HWS (Schulterunterlegung). Nach erfolgreicher Intubation sollte der Magen über eine Sonde abgesaugt werden, da unter der vorangegangenen, ggf. schwierigen Maskenbeatmung sich Beatmungsgas im Magen angesammelt haben könnte.
Bei der Extubation erneute Gefahr von respiratorischen Problemen, insbesondere bei einer manipulationsbedingten Schwellung von Zunge und Larynx. Dies kann bis zu 36 Stunden nach der Operation vorkommen. Die Offenhaltung des Atemwegs mit einem nasopharyngealen Tubus kann nützlich sein. Bauchlage vermindert eine durch Zurückfallen der Zunge bedingte Atemwegsverlegung.
Eine längerdauernde postoperative Überwachung und Nachbeatmung können bei Relaxansüberhang und bis zur Wiederkehr der Schutzreflexe angebracht sein. Dies gilt vor allem bei Säuglingen mit gelegentlicher Schlafapnoe.
Eine Ketaminanästhesie bei erhaltener Spontanatmung und nicht gesicherten Atemwegen ist gefährlich wegen der Tendenz der Zunge, auf die Glottis zurückzufallen und einen Atemstillstand auszulösen.