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Hereditäre Epidermolysen

Verfasst von: Cristina Has
Der Begriff „hereditäre Epidermolysis bullosa“ (EB) umfasst klinisch sowie genetisch heterogene Erkrankungen, die mit Blasen der Haut und der hautnahen Schleimhäute nach minimalen Traumen einhergehen. Der klinische Schweregrad reicht von schweren Subtypen mit extremer Hautfragilität, disseminierten Blasen und Wunden bis zu milden Subtypen mit Blasen erst nach ausgeprägter mechanischer Belastung. Die Inzidenz für die gesamte Erkrankungsgruppe wurde auf etwa 1 pro 50.000 Geburten geschätzt. In Deutschland weisen die Daten des EB-Netzwerks auf eine Inzidenz von 1 von 25.000 Geburten hin (www.netzwerk-eb.de). Ursächlich für die hereditäre EB sind Mutationen in Genen, die für Proteine kodieren, die in der epidermalen oder dermoepidermalen Adhäsion eine Rolle spielen. Die revidierte Klassifikation der EB umfasst fünf Ebenen: die Blasenbildungsebene, den klinischen Phänotyp, den Erbmodus, die relative Expression des betroffenen Proteins und die krankheitsverursachende Mutation.

Epidermolysis bullosa – Übersicht

Der Begriff „hereditäre Epidermolysis bullosa“ (EB) umfasst klinisch sowie genetisch heterogene Erkrankungen, die mit Blasen der Haut und der hautnahen Schleimhäute nach minimalen Traumen einhergehen. Der klinische Schweregrad reicht von schweren Subtypen mit extremer Hautfragilität, disseminierten Blasen und Wunden bis zu milden Subtypen mit Blasen erst nach ausgeprägter mechanischer Belastung.
Die EB stellt eine Gruppe von seltenen Genodermatosen dar, die weltweit vorkommen. Die Inzidenz für die gesamte Erkrankungsgruppe wurde auf etwa 1 pro 50.000 Geburten geschätzt. In Deutschland weisen die Daten des EB-Netzwerks auf eine Inzidenz von 1 in 25.000 Geburten hin (www.netzwerk-eb.de).
Äthiopathogenese
Ursächlich für die hereditäre EB sind Mutationen in 19 Genen, die für Proteine kodieren, die in der epidermalen oder dermoepidermalen Adhäsion eine Rolle spielen. Die mechanische Stabilität der Keratinozyten innerhalb der Epidermis ist durch Zell-Zell-Adhäsionen, in erster Linie der Desmosomen, sowie durch das Keratin-Zytoskelett gewährleistet. Die Verankerung der Epidermis an der Dermis ist durch die dermoepidermale Junktionszone, eine spezialisierte Basalmembranstruktur, gesichert. Sie besteht aus komplexen multimolekularen Netzwerken – den Hemidesmosomen, fokalen Adhäsionen, Verankerungsfilamenten, der Basalmembran und den Verankerungsfibrillen (Abb. 1). Da die entsprechenden Strukturproteine sowohl in der Haut als auch in Schleimhäuten oder anderen Organen wie Muskeln, Lunge oder Nieren exprimiert sind, kommt es bei distinkten Subtypen der EB zu extrakutanen Manifestationen. Im Allgemeinen zeigen Genotyp-Phänotyp-Korrelationen, dass das Fehlen eines Proteins wie Kollagen VII oder Laminin 332 zu einem schweren Krankheitsbild führt. In manchen Fällen zeigt sich, dass die „krankheitsverursachenden“ Mutationen nicht allein das volle klinische Bild erklären können, sondern Umwelteinflüsse oder modifizierende genetische Faktoren eine Rolle spielen.
Klassifikation
Die mehrmals revidierte Klassifikation der EB entwickelte sich parallel zur Aufklärung der molekularen Pathogenese der Erkrankungen und der Identifikation neuer seltener Formen der genetisch bedingten Hautfragilität. Die Einteilung der EB erfolgt anhand der Blasenbildungsebene in vier Typen: EB simplex, EB junctionalis, EB dystrophica und Kindler-Syndrom (Abb. 1; Tab. 1).
Tab. 1
Blasenbildungsebenen, betroffene Strukturen und Proteine bei Epidermolysis bullosa
EB Typ
Blasenbildungsebene
Betroffene Struktur
Betroffene Proteine (Gene)
EB simplex
Intraepidermal
  
In den basalen Keratinozyten
Keratinfilamente
Hemidesmosom
Keratin 5 und 14 (KRT5, KRT14)
Kelch like member 24 (KLHL24)
Plektin (PLEC), BPAG1e (DST), Exophilin 5 (EXPH5)
In der gesamten Epidermis
Desmosom
Desmoplakin (DSP), Plakophilin 1 (PKP1), Plakoglobin (JUP)
Subkorneal
?
Transglutaminase 5 (TGM5)
EB junctionalis
Junktional
  
In der Lamina lucida der Basalmembran
Hemidesmosom
Kollagen XVII (COL17A1),
Integrin α6β4 (ITGA6, ITGB4)
Verankerungsfilamente
Laminin 332 (LAMA3, LAMB3, LAMC2)
Fokale Adhäsionen
Integrin α3 (ITGA3)
EB dystrophica
Dermal
  
Unterhalb der Lamina densa in der oberen papillären Dermis
Verankerungsfibrillen
Kollagen VII (COL7A1)
Kindler-Syndrom
Variabel
  
Intraepidermal in den basalen Keratinozyten, junktional oder dermal
Fokale Adhäsionen
Kindlin-1 (FERMT1)
Weiterhin werden anhand klinischer (Schweregrad), genetischer (autosomal-dominanter oder -rezessiver Erbgang) und molekularer Kriterien (betroffenes Protein und Gen) mehr als 30 EB-Subtypen unterschieden. Im Jahr 2014 wurde eine neue Konsensusklassifikation eingeführt, die sogenannte Onion-skin-Klassifikation, die an jeden EB-Betroffenen angepasst werden kann. Sie umfasst fünf Ebenen: die Blasenbildungsebene, den klinischen Phänotyp, den Erbmodus, die relative Expression des betroffenen Proteins und die krankheitsverursachende Mutation (Abb. 2). Somit werden sowohl klinische als auch molekulare Kriterien in die EB-Klassifikation mit einbezogen.
Bis auf das Kindler-Syndrom und die EB simplex Ogna sollten für EB keine Eponyme angewendet werden. Stattdessen wird eine Einteilung nach dem klinischen Schweregrad in generalisiert schwer, generalisiert intermediär oder lokalisiert empfohlen (siehe Übersicht). Die Klassifikation bleibt komplex und für Nichtspezialisten schwer durchschaubar, auch weil für jeden Typen unterschiedliche Kriterien angewendet werden.
Subtypen der Epidermolysis bullosa
Die EB-Typen EB simplex, EB junctionalis, EB dystrophica und Kindler-Syndrom umfassen folgende Subtypen:
EB simplex:
  • Suprabasal:
    • Akrales Peeling-Skin-Syndrom
    • EB simplex superficialis
    • Hautfragilitätssyndrome:
      • Hautfragilität-Wollhaar-Palmoplantarkeratosen, Desmoplakin-Defizienz
      • Hautfragilität-Wollhaar-Palmoplantarkeratosen, Plakoglobin-Defizienz
      • Hautfragilität – Ektodermales Dysplasie-Syndrom
    • Akantholytische EB
  • Basal:
    • Autosomal-dominant:
      • Lokalisiert
      • Generalisiert schwer
      • Generalisiert intermediär
      • Mit „mottled“-Pigmentierung
      • Typ Ogna
      • Mit KLHL24-Mutationen
    • Autosomal-rezessiv
    • Mit Muskeldystrophie
EB junctionalis:
  • Generalisiert:
    • Generalisiert schwer
    • Generalisiert intermediär
    • Late onset
    • Mit Lungen- und Nierenbeteiligung
  • Lokalisiert:
    • Lokalisiert akral
    • Inversa
    • LOC-Syndrom
EB dystrophica:
  • Autosomal-dominant:
    • Generalisiert
    • Akral
    • Prätibial
    • Pruriginosa
    • „Nails only“
    • Bullöse Dermolyse des Neugeborenen
  • Autosomal-rezessiv:
    • Generalisiert schwer
    • Generalisiert intermediär
    • Inversa
    • Lokalisiert
    • Prätibial
    • Pruriginosa
    • Centripetalis
    • Bullöse Dermolyse des Neugeborenen
Kindler-Syndrom
Klinik
Das klinische Bild ist vom EB-Typ und -Subtyp abhängig sowie von der zugrunde liegenden Mutation und Funktionalität des betroffenen Proteins. Eine Übersicht der klinischen Manifestationen bei EB ist in Tab. 2 dargestellt. EB geht in erster Reihe mit der Fragilität der Haut und hautnahen Schleimhäuten einher – mit Blasen, Erosionen, Krusten oder Wunden. Die Heilung erfolgt mit Entstehung von Hypo- oder Hyperpigmentierung, Hautatrophie, Milien oder Narben. Aplasia cutis an den unteren Extremitäten kann bei Geburt auftreten und ist nicht pathognomonisch für einen der EB-Typen. Milien kommen in der Regel bei der EB dystrophica, aber auch bei anderen EB-Typen vor. EB-Nävi treten ebenfalls bei allen Formen der EB auf. An den Handinnenflächen und Fußsohlen entstehen Hyperkeratosen, insbesondere bei der EB simplex und junctionalis. Die Nägel können dystroph verändert sein, als Pachyonychie oder Hypoplasie, oder nach wiederholter Traumatisierung verloren gehen. Die Haare sind typischerweise bei Hautfragilitätssyndromen mit Defekten der desmosomalen Proteine und bei EB junctionalis mit Kollagen-XVII-Mutationen betroffen, während bei der EB dystrophica eine narbige Alopezie entstehen kann. Die Schleimhautbeteiligung ist bei der EB dystrophica und beim Kindler-Syndrom besonders ausgeprägt.
Tab. 2
Übersicht der wichtigsten klinischen Manifestationen bei EB
Manifestation
EB simplex
EB junctionalis
EB dystrophica
Kindler-Syndrom
Blasen
Bei basalen Subtypen +++
+++
+++
+
Oberflächliche Erosionen/Peeling
Bei suprabasalen Subtypen +++
Nichtheilende Wunden
+++
++
-
Hautatrophie
++
+
+++
Hypo-/Hyperpigmentierung
++
+
+
+++
Photosensitivität
++
Plattenepithelkarzinome
+
+
+++
+++
EB-Nävi
++
++
+
+
Palmoplantarkeratosen
+++
+
++
Adermatoglyphie +++
Narben
+
+++
Pseudosyndaktilien/Kontrakturen der Hände/Füße
+++
++
Nageldystrophien/
Nagelverlust
++
+++
+++
+
Alopezie
++
++
Verlust der Körperbehaarung
Augenbeteiligung
++
++
++
Mundschleimhautbeteiligung
+
++
+++
+++
Zahnbeteiligung
Bei Hautfragilitätssyndromen +
+++
+++
++
Ösophagusbeteiligung
+++
++
Gastrointestinale Beteiligung
Pylorusatresie bei EB simplex mit Pylorusatresie +++
Pylorusatresie bei EB junctionalis mit Pylorusatresie +++
Enteritis ++
Kolitis +
Urogenitalbeteiligung
++
+
++
Nierenbeteiligung
Nephrotisches Syndrom bei EB mit Lungen- und Nierenbeteiligung+++
Sekundär +
Lungenbeteiligung
++
Bei der EB mit Lungen und Nierenbeteiligung
Muskeldystrophie
Bei EB simplex mit Muskeldystrophie +++
Sekundär +
Herzbeteiligung
Bei Hautfragilitätsyndromen +
Sekundär +
– kommt in der Regel nicht vor; + kann vorkommen; ++ kommt häufig vor; +++ kommt immer vor und ist stark ausgeprägt.
Spezifische Manifestationen und die EB-Subtypen, bei denen sie auftreten, sind angegeben.
Eine extrakutane Organbeteiligung kann primär im Rahmen der Erkrankung oder im Rahmen der sekundären Komplikationen auftreten.
Spontane Rückmutationen, die Keimbahnmutationen reparieren und zu einem Rückmutationsmosaizismus führen, wurden bei Patienten mit alle EB-Formen beschrieben.
Diagnostisches Vorgehen
Die Verdachtsdiagnose EB wird klinisch aufgrund der chronischen rekurrenten Blasenbildung gestellt, sobald andere Ursachen ausgeschlossen wurden (Tab. 3). Die Histopathologie sowie mikrobiologische oder serologische Laboruntersuchungen ermöglichen die Diagnose erworbener blasenbildender Erkrankungen.
Tab. 3
Differenzialdiagnosen der Epidermolysis bullosa
Krankheitsgruppe
Erkrankung
Diagnosestellung
Hereditäre und kongenitale Erkrankungen
Epidermolytische Ichthyosen
Acrodermatitis entheropathica
Klinische Manifestationen, Verlauf, Histopathologie, biochemische und molekulargenetische Untersuchungen
Infektionen
Herpesinfektionen
Bullöses Impetigo
Vesikulopustulöse Kandidose
Begleitsymptome, mikrobiologische Abstriche
Bullöses Pemphigoid
Pemphigus
Lineare IgA-Dermatose
EB acquisita
Beginn, Begleitsymptome, Immundiagnostik
Andere erworbene Erkrankungen/Ursachen
Bullöse Mastozytose
Saugblasen bei Neugeborenen
Artefakte
Klinischer Kontext, Histopathologie
Das klinische Bild und der Verlauf sowie die sekundären Manifestationen wie Vernarbung, Alopezie, Zahnanomalien, Nagelanomalien geben meist Hinweise zur Bestimmung des EB-Typs und -Subtyps. Beim Neugeborenen oder Kleinkind ist die Erkennung des EB-Typs/-Subtyps aufgrund der klinischen Untersuchung oft schwierig. Bei spätem Beginn der Blasen im Kindes- oder Erwachsenenalter sollten andere Erkrankungen mit Blasen ausgeschlossen werden, bevor aufwendige molekulargenetische Untersuchungen in die Wege geleitet werden.
Die Familienanamnese hilft bei der Bestimmung des Erbgangs. Bei den dominanten Subtypen der EB simplex und dystrophica treten die Mutationen oft de novo auf.
Für eine genaue Diagnose, Prognose und genetische Beratung der Familie ist in jedem Fall eine Mutationsanalyse notwendig. Bei EB dystrophica oder Kindler-Syndrom sind die Kandidatengene bekannt, COL7A1 bzw. FERMT1, und können bei klinischem Verdacht unmittelbar analysiert werden. Aufgrund der hohen genetischen Heterogenität kann das betroffene Protein und Gen im Falle der EB simplex oder EB junctionalis in der Regel nicht erkannt werden. Hochdurchsatz-Sequenzierungsmethoden beispielsweise in Form von EB-Gen-Panelen sind in solchen Fällen indiziert.
Das Immunfluoreszenz-Mapping anhand einer Hautbiopsie ist ein komplementäres diagnostisches Verfahren. Es ermöglicht die schnelle Bestimmung des EB-Typs und -Subtyps innerhalb weniger Tage, was entscheidend bei Neugeborenen ist. Außerdem spiegelt es die Folgen der Mutation im Gewebe des Patienten wider, zum Beispiel das Fehlen oder die Reduktion der Proteinexpression, und gibt somit wichtige Hinweise auf den biologischen Phänotyp. Diese Informationen sind ausschlaggebend für die Prognose sowie die Aufklärung ungewöhnlicher Mutationskonstellationen oder Genotyp-Phänotyp-Korrelationen.
Mutationsanalysen
Die molekulargenetische Mutationsanalyse liefert die endgültige präzise Diagnose und ist für die pränatale Diagnostik, die Genträgeranalyse und die genetische Beratung unerlässlich. Die EB weist eine große molekulare Heterogenität auf, bisher wurden über 1500 Mutationen in 19 Genen beschrieben. Die eingesetzten analytischen Methoden reichen von Kandidatengen-, Gen-Panel-, Whole-Exome-Sequenzierung bis hin zu Gen-Dosis-Analysen. Die Genotyp-Phänotyp-Korrelationen bei EB sind komplex, es gelten jedoch einige Grundprinzipien: So spricht der fehlende Nachweis von Proteinen für Nullmutationen in den entsprechenden Genen und für schwere Krankheitsbilder.
Immunfluoreszenz-Mapping
Die lichtmikroskopische Histologie kann eine intraepidermale Blasenbildung nachweisen, jedoch eine junktionale von einer dermalen Blase nicht unterscheiden. Die Immunfluoreszenzfärbung ermöglicht eine schnelle Bestimmung der Spaltbildungsebene und des betroffenen Proteins. Für die Diagnostik sind Hautbiopsien aus frischen Blasen oder aus klinisch nicht befallener Haut geeignet. Um eine mikroskopische Blasenbildung zu induzieren, sollte die Haut vor der Probenentnahme gerieben werden. In dieser Untersuchung werden Gefrierschnitte einer Hautbiopsie mit spezifischen Antikörpern gegen Strukturproteine der Haut und der dermoepidermalen Junktionszone markiert. Aus der Verteilung der Markerantikörper am Blasenboden oder Blasendach kann die Spaltebene bestimmt werden. Ein abnormales Färbungsmuster kann auf das Kandidatengen hinweisen.
Elektronenmikroskopie
In seltenen Fällen mit unklaren molekularen Befunden kann eine elektronenmikroskopische Diagnostik (EM) eingesetzt werden. Mit dieser Methode können betroffene Strukturen und die Spaltbildungsebene genau beurteilt werden (Abb. 1; Tab. 1).
Differenzialdiagnosen
Blasenbildung kann im Rahmen erworbener Erkrankungen wie Infektionen oder Autoimmunkrankheiten vorkommen. Außerdem kann sich eine Blasenbildung im Verlauf anderer genetischer Hauterkrankungen manifestieren, beispielsweise bei den epidermolytischen Ichthyosen, bei Incontinentia pigmenti, Acrodermatitis enteropathica oder Porphyrien (Tab. 3). Die Histopathologie sowie mikrobiologische, serologische oder laborchemische Laboruntersuchungen ermöglichen den Ausschluss von Differenzialdiagnosen oder Komplikationen.
Therapie
Es gibt bisher keine effiziente Heilung der Hautfragilität bei EB. Da die EB in der Allgemeinpraxis nur selten angetroffen wird, ist es empfehlenswert, in allen Phasen der Diagnostik und Betreuung spezialisierte EB-Zentren als Ansprechpartner sowohl für Patienten als auch für betreuende Ärzte aufzusuchen. Das Management ist vom Schweregrad der EB abhängig. Die milden lokalisierten und die Subtypen des intermediären Schweregrades werden durch die Hautärzte beziehungsweise von Haus- und Kinderärzten betreut. Bei den Subtypen mit sekundären systemischen oder extrakutanen Manifestationen ist ein multidisziplinäres Management notwendig unter Miteinbeziehung verschiedener Spezialisten, angepasst an den spezifischen Bedarf jedes Patienten. Eine molekulargenetische Untersuchung und die entsprechende humangenetische Beratung sollten frühzeitig in die Wege geleitet werden.
Richtlinien zur Behandlung der EB sind durch die internationale Zusammenarbeit der Experten im Gebiet der EB erstellt worden und online zugänglich auf der Internetseite von Debra International (s. Literatur).
Symptomatische Therapien
Die lokalen Therapiemaßnahmen für die Haut beruhen auf dem Vermeiden mechanischer Belastung und einer sorgfältigen Hautpflege und Hygiene. Neue Blasen werden aufgestochen und ohne Entfernung des Blasendachs entleert, gefolgt von Desinfektion der Umgebung. Die regelmäßige Rückfettung der Haut kann den Juckreiz vermeiden und als Folge das Kratzen und die Bildung von neuen Blasen reduzieren. Klebende Verbandsmaterialien wie Haftpflaster sind zu meiden und stattdessen leicht haftende Wundauflagen zu nutzen, die auch für schwierige Wundlokalisationen sehr gut geeignet sind. Epithelialisierungsfördernde Cremes können angewendet werden, während topische Antibiotika nur selten bei Sekundärinfektionen indiziert sind. Topische Steroide sind bei Ekzematisierung und Juckreiz sowie bei hypergranulierenden nichtheilenden Wunden wirksam. Insbesondere bei Patienten mit Kindler-Syndrom sollte konsequenter Sonnenschutz empfohlen werden.
Blasen, Hyperkeratosen und Hyperhidrosen an den Füßen können sehr schmerzhaft sein und die Patienten (insbesondere mit EB simplex und junctionalis) in den alltäglichen Tätigkeiten beeinträchtigen. Hilfreich können folgende Maßnahmen sein: angepasste weiche Schuhe, Schutz der Druckstellen durch Schaumverbände, regelmäßige Fußbäder (mit Zusatz von Desinfektionsmitteln oder Tannolact), harnstoffhaltige Cremes und schließlich antihydrotische Mittel (Iontophorese).
Da Patienten mit EB dystrophica und Kindler-Syndrom ein erhöhtes Risiko hinsichtlich aggressiver Plattenepithelkarzinome aufweisen, werden Krebsvorsorgeuntersuchungen empfohlen: Bei Patienten mit EB dystrophica schwer generalisiert ab dem 10. Lebensjahr alle 3–6 Monate; bei den anderen Subtypen und beim Kindler-Syndrom ab dem 20. Lebensjahr alle 6–12 Monate. Aufgrund der Wund- und Narbensituation sind die Karzinome bei diesen Patienten klinisch schwer zu diagnostizieren. Verdächtige Läsionen sind:
  • Wunden mit verzögerter Heilung,
  • Wunden, die schnell wachsen oder hypergranulieren,
  • tiefe ausgestanzte Ulzera,
  • hyperkeratotische Areale,
  • Wunden mit ungewöhnlichen Schmerzgefühlen.
Mapping-Biopsien sollten durchgeführt werden, um Plattenepithelkarzinome frühzeitig zu diagnostizieren und zu behandeln. Nach der Diagnose eines Karzinoms erfolgen die entsprechenden Nachsorgeuntersuchungen.
Multidisziplinäres Management
Patienten mit schweren generalisierten Subtypen der EB müssen multidisziplinär betreut werden. Die involvierten Spezialitäten werden an jeden Fall angepasst.
Bei schweren EB-Subtypen wird eine engmaschige ärztliche Betreuung empfohlen, um die Entwicklung, das Wachstum, eventuelle Mangelzustände oder Komplikationen zu monitorisieren. Bereits in den ersten Lebensjahren können die Kinder aufgrund schwieriger Nahrungsaufnahme durch Blasen im Mundbereich oder Schluckbeschwerden, aber auch aufgrund großflächiger Wunden untergewichtig und anämisch werden. Deshalb ist eine optimierte Ernährung ein wichtiger Bestandteil der proaktiven Behandlung bei schweren Subtypen der EB. Um ein normales Wachstum und eine gute Wundheilung zu ermöglichen, wird eine hyperkalorische Diät empfohlen, reich an Proteinen, Fasern, Mineralien und Vitaminen. Bei Schleimhautfragilität muss eine weiche oder passierte Kost in Betracht gezogen werden. Eine perkutane Magensonde (PEG-Sonde) zur Verabreichung der Zusatzernährung kann das Wachstum und die Entwicklung der Kinder mit schweren Subtypen positiv beeinflussen.
Neben einer sorgfältigen Mund- und Zahnhygiene sind frühe und regelmäßige Zahnarztkontrollen und -behandlungen insbesondere bei Patienten mit EB junctionalis und dystrophica und beim Kindler-Syndrom unabdingbar, da der Erhalt der Zähne für die Nahrungsaufnahme unerlässlich ist.
Sobald vernarbende Komplikationen in Form von Kontrakturen, Pseudosyndaktilien oder Strikturen eintreten, werden operative Maßnahmen eingesetzt. Da der Vernarbungsprozess kontinuierlich und progressiv ist, sind Rezidiven nicht zu vermeiden. Das Ziel der handchirurgischen Behandlung der Vernarbungen bei Patienten mit EB dystrophica schwer generalisiert ist, die Greiffunktion der Hände und somit eine gewisse Selbstständigkeit der Patienten so lange wie möglich zu erhalten. Ösophagusdilatationen können die Schluckbeschwerden lindern; wegen der hohen Rezidivrate kann ebenfalls die Anlage einer perkutanen Magensonde erwogen werden.
Die Erhaltung der Beweglichkeit der Patienten mit schweren EB-Subtypen, die durch Schmerzen und Narben beeinträchtigt sind, kann durch Krankengymnastik und Physiotherapie unterstützt werden. Schließlich ist die psychosoziale Betreuung der Patienten mit EB und deren Familien ein wichtiger Bestandteil des Managements. Bei EB ist nicht nur das physische Leiden groß, sondern auch die psychische Belastung der gesamten Familie. Zusätzlich ist die Integration der Betroffenen im Kindergarten, in der Schule und später im Berufsleben oft eine Herausforderung. Patientenselbsthilfegruppen können ebenfalls eine wertvolle Unterstützung bieten.
Humangenetische Beratung und Pränataldiagnostik
Die molekulargenetische Analyse sollte allen Betroffenen und deren Familien so früh wie möglich angeboten werden. Die Ergebnisse, deren Bedeutung und das Wiederholungsrisiko der Erkrankung sollten im Rahmen von genetischen Beratungen erläutert sowie die Pränataldiagnostik oder eine Präimplantationsdiagnostik den Familien mit schweren EBSubtypen angeboten werden.
Perspektiven für Molekular- und Zelltherapien
In den letzten Jahren haben sich die Möglichkeiten für molekulare und Zelltherapien für genetische Erkrankungen der Haut rasant entwickelt. Pilotprojekte haben gezeigt, dass Gentherapie, RNA-basierte Therapien, verschiedene Zelltherapien, Proteintherapie sowie die Behandlung mit sogenannten kleinen Molekülen prinzipiell sinnvoll sind.
Die Ex-vivo-Gentherapie ist in klinischen Studien bei EB junctionalis und dystrophica im Einsatz. Das Prinzip besteht darin, epidermale Stammzellen mit retroviralen Vektoren mit normalen Genen zu behandeln, zu Keratinozytentransplantaten zu kultivieren und auf die Haut des Patienten zu transplantieren. Für die EB dystrophica befinden sich die Zelltherapie mit Knochenmarktransplantation, Fibroblasten und mesenchymalen Stammzellen sowie antifibrotische Therapien mit kleinen Molekülen bereits in klinischen Studien.

Epidermolysis bullosa simplex

Die EB simplex umfasst heterogene Erkrankungen mit intraepidermaler Spaltbildung und Heilung der Erosionen, in der Regel ohne Narbenbildung. Am häufigsten wird die EB simplex durch Defekte der Keratinfilamente der basalen Keratinozyten verursacht. Seltene Subtypen werden durch Anomalien von desmosomalen oder hemidesmosomalen Proteinen hervorgerufen.

Suprabasale Epidermolysis bullosa simplex

Akrales Peeling-Skin-Syndrom (Hacham-Zadeh und Holubar 1985)

OMIM 270300
AR
6p21.33
TGM5
Transglutaminase 5
Ätiopathogenese
Das akrale Peeling-Skin-Syndrom ist eine autosomal-rezessive Erkrankung, verursacht durch Mutationen des Gens für Transglutaminase 5. Mehr als 70 % der Patienten tragen die rekurrente Mutation in sich. Die Immunoreaktivität für Transglutaminase 5 ist meistens erhalten, die enzymatische Aktivität aber reduziert. Transglutaminase 5 ist eine γ-Glutamyltransferase, die bei der Vernetzung der Proteine der Zellhülle beteiligt ist. Einzelne Fälle mit Mutationen im Gen für Cystatin A wurden berichtet.
Histopathologie
Der Spalt ist oberflächlich unterhalb der Hornschicht und kann als artifiziell betrachtet werden.
Klinik und Verlauf
Der Beginn liegt in den ersten Lebensjahren mit oberflächlichen Blasen an Handflächen und Füßen sowie Exazerbation nach Kontakt mit Wasser. Das Bild wird oft als EB simplex vom lokalisierten Subtyp falsch diagnostiziert. Die Blasenbildung geht mit dem Alter zurück und wird durch ein Schälen der Haut an den Streckseiten der Hände und Füße ersetzt (Abb. 3).

Ektodermale Dysplasie – Hautfragilitätssyndrom (Mcgrath et al. 1997)

OMIM 604536
AR
1q32.1
PKP1
Plakophilin 1
Synonym
McGrath-Syndrom
Ätiopathogenese
Diese seltene autosomal-rezessive Erkrankung wird durch Mutationen des Plakophilin-1-Gens verursacht, die zu einem Funktionsverlust dieses desmosomalen Proteins führen. Die Immunoreaktivität für Plakophilin 1 ist stark reduziert oder fehlend.
Histopathologie
Eine HE-Färbung zeigt Hyperkeratose und Akanthose mit Verbreitung der interzellulären Räume innerhalb des Stratum spinosum. Die EM weist eine reduzierte Anzahl und Größe der Desmosomen und eine Spaltungsebene innerhalb der intrazellulären desmosomalen Plaques auf.
Klinik und Verlauf
Bereits bei der Geburt ist die Haut fragil. Blasen sind selten, jedoch sind oberflächliche Erosionen und Krusten charakteristisch. Später treten assoziierte Manifestationen auf, die für die klinische Diagnose wegweisend sind: Nageldystrophien, Hypotrichose, Wollhaare, Palmoplantarkeratosen mit schmerzhaften Rissen, periorale Fissuren, Blepharitis und schmerzhafte perianale Fissuren, die zur Obstipation führen.

Hautfragilitätssyndrome mit Wollhaaren und Palmoplantarkeratosen (Whittock et al. 2002; Winik et al. 2009; Cabral et al. 2010)

OMIM 607655
AR
6p24.3, 17q21.2
DSP, JUP
Desmoplakin, Plakoglobin
Synonym
Skin fragility-woolly hair syndrome
Ätiopathogenese
Mutationen in den Genen für die desmosomalen Proteine Desmoplakin und Plakoglobin verursachen ein Spektrum von Phänotypen mit Beteiligung der Haut, Haare und des Myokardes. Die Genotyp-Phänotyp-Korrelationen sind komplex und nicht vollständig untersucht. Bei diesen Hautfragilitätssyndromen ist eine partielle Expression und Funktion der entsprechenden Proteine als Folge von Kombinationen von Nonsense- und Missense-Mutationen vorausgesetzt. Die Immunfluoreszenzfärbung zeigt anstatt der normalen Färbung an der Zellperipherie ein überwiegend intrazelluläres Signal für Desmoplakin im Falle von Desmoplakin-Defekten, oder eine starke Reduktion der Färbung für Plakoglobin im Falle von Plakoglobin-Defekten.
Histopathologie
Bei den Fällen mit Desmoplakin-Defekten zeigt die EM Akantholyse in allen epidermalen Schichten, fokale Ablösung der Desmosome, reduzierte Anzahl der Desmosome und perinukleare Akkumulation der Keratinfilamente. Bei den Fällen mit Plakoglobin-Mutationen sind die EM-Befunde sehr ähnlich mit Akantholyse überwiegend im Stratum spinosum, hypoplastischen Desmosomen mit reduzierter Insertion der Keratinfilamente.
Klinik und Verlauf
Der Beginn der Manifestationen liegt bei der Geburt oder kurz danach. Die Patienten weisen Hautfragilität auf mit Blasen und Erosionen periorifiziell und akral betont. Die Kopfhaare sind wollig, spärlich oder fehlen; Augenbrauen, Wimpern und Körperbehaarung sind ebenfalls spärlich. Progressiv kommt es zur Bildung von Palmoplantarkeratosen mit schmerzhaften Rissen und von Nageldystrophien. Eine assoziierte Kardiomyopathie wurde bei einem Patienten mit Plakoglobin-Mutationen im jungen Alter diagnostiziert.

Akantholytische Epidermolysis bullosa (Jonkman et al. 2005; Pigors et al. 2011)

OMIM 609638
AR
6p24.3, 17q21.2
DSD, JUP
Desmoplakin, Plakoglobin
Ätiopathogenese
Biallelische Mutationen in den Genen für Desmoplakin oder Plakoglobin wurden bei Patienten mit diesem schweren EB-Subtyp beschrieben. Sie führen zum Fehlen oder zum Funktionsverlust dieser essenziellen Bestandteile der inneren Plaques der Desmosome. Immunfärbungen weisen auf das fehlende Protein in der Haut der Patienten hin.
Histopathologie
Eine HE-Färbung zeigt suprabasale Spaltung in der Epidermis, Spongiose und Akantholyse. Die EM zeigt das Fehlen der Verankerung der Keratinfilamente in den inneren desmosomalen Plaques und reduzierte Desmosome.
Klinik und Verlauf
Es besteht ab der Geburt eine ausgeprägte Fragilität der Haut und der Schleimhäute. Diese führt in den ersten Lebenstagen zu Erosionen auf 90 % der Körperoberfläche. Bei allen bislang beschriebenen Fällen kam es zum Tod innerhalb der ersten Lebenswochen aufgrund von Infektionen, Flüssigkeit- und Proteinverlust. Zusätzliche Merkmale sind eine Alopezie und das Fehlen der Nägel.

Basale Epidermolysis bullosa simplex

Basale autosomal-dominante Epidermolysis bullosa simplex (Köbner 1886; Weber 1926; Cockayne 1938; Dowling und Meara 1954; Gedde-Dahl 1971; He et al. 2016; Lin et al. 2016)

OMIM 131760, 131900, 131800, 131950, 617294
AD
12q13.13, 17q21.2, 8q24.3, 3q27.1
KRT5, KRT14, PLEC, KLHL24
Keratin 5, Keratin 14, Plektin, Kelch like protein member 24
Synonyme
EB simplex Weber-Cockayne, Dowling-Meara oder Köbner, Epidermolysis bullosa simplex generalized with scarring and hair loss (EBSSH)
Ätiopathogenese
Die in der klinischen Praxis am häufigsten auftretenden EB-simplex-Subtypen werden durch Mutationen in den Genen für Keratin 5 oder 14 verursacht. Keratin 5 und 14 sind Zytoskelettkomponenten, die miteinander Heterodimere bilden und so zur mechanischen Stabilität der Keratinozyten beitragen. Die meisten KRT5- oder KRT14-Mutationen führen zum Austausch von Aminosäuren, die für die Bildung und Stabilität der Heterodimere wichtig sind. Die Lokalisation der betroffenen Aminosäure innerhalb der verschiedenen Domänen des Keratin-Moleküls korreliert mit dem Phänotyp. Die Genotyp-Phänotyp-Korrelationen sind komplex: semidominante Mutationen, Mutationen mit inkompletter Penetranz sowie Kombinationen von Mutationen in beiden Genen wurden beschrieben.
Eine distinkte monoallelische Mutation im PLEC-Gen, die zu einem Aminosäurenaustausch führt, p.R2000W, und die Proteolyse der Isoform 1a auslöst, ist die Ursache der seltenen EB simplex Typ Ogna. Das Immunfluoreszenz-Mapping weist eine Verminderung der Immunoreaktivität mit Antikörper gegen die Rod-Domäne von Plektin. Plektin ist ein Protein der Plakin-Proteinfamilie, das als Ankerprotein der inneren hemidesmosomalen Plaque fungiert und sowohl mit dem Keratin- als auch mit dem Aktinzytoskelett interagiert.
Ein neuer EB simplex-Subtyp wird durch Mutationen im Startcodon des Gens KLHL24 verursacht. KLHL24 kodiert für ein Protein der Kelch-Familie und spielt eine Rolle bei der Regulation des Abbaus der Keratinmoleküle.
Histopathologie
Bei Patienten mit EB simplex und generalisierter Blasen ist der Spalt innerhalb der basalen Keratinozyten unterhalb der Kerne zu finden. Bei über 60 % der Fälle mit lokalisiertem Befall ist die Fragilität der Haut gering, Blasen können sogar nach heftigem Reiben der Haut nicht induziert werden. Die bei EM erkennbare Verklumpung des Keratinzytoskeletts ist typisch für die EB simplex generalisiert schwer. Bei der EB simplex Typ Ogna erfolgt die Spaltung innerhalb der basalen Keratinozyten in der Ebene oberhalb der Hemidesmosomen. KLHL24-Mutationen führen zur Blasenbildung am basalen Pol der basalen Keratinozyten.
Klinik und Verlauf
Aufgrund der Klinik werden mehrere Subtypen unterschieden (s. oben: Übersicht). Allerdings ist die Abgrenzung in der Praxis nicht immer eindeutig. Generell erfolgt mit zunehmendem Alter eine Besserung der Krankheitsmanifestationen.
Die lokalisierte EB simplex (Synonym Weber-Cockayne) ist der häufigste EB-Subtyp, der wahrscheinlich unterdiagnostiziert bleibt. Die traumainduzierte Blasenbildung an den Händen und Füßen beginnt in der Kindheit oder Jugend. Eine Hyperhidrose der Füße und Palmoplantarkeratosen können auftreten. Die Prognose ist gut und die Patienten benötigen selten medizinische Behandlung, sind aber in den alltäglichen Aktivitäten beeinträchtigt.
Die generalisierte schwere EB simplex (Synonym Dowling-Meara) manifestiert sich ab Geburt durch generalisierte, ausgeprägte Blasen, typisch mit herpetiform gruppierten Bläschen am Stamm und an den proximalen Extremitäten (Abb. 4). Häufig sind die Schleimhäute betroffen. Der perinatale Verlauf kann durch Infektionen und Wachstumsverzögerung verkompliziert werden und kann auch letal sein. Mit zunehmendem Alter entwickeln sich schmerzhafte Palmoplantarkeratosen und Nageldystrophien.
Die generalisierte intermediäre EB simplex (Synonym Köbner) beginnt bei der Geburt oder in den ersten Lebenswochen mit einer durch mechanische Belastung und Wärme induzierten generalisierten Blasenbildung. Plantarkeratosen, Hyperhidrose, Nageldystrophie und gelegentliche Beteiligung der Mund- und Nasenschleimhaut gehören zum Krankheitsbild, das sich mit zunehmendem Alter der Patienten bessert.
Die EB simplex mit „mottled pigmentation“ ist ein sehr seltener Subtyp, der mit generalisierter Blasenbildung, Nageldystrophien und einer fleckigen Pigmentierung der Haut einhergeht.
Die EB simplex Typ Ogna manifestiert sich mit akraler oder disseminierter Blasenbildung und Nageldystrophie.
Die EB simplex mit KLHL24 -Mutationen beginnt bei Geburt mit Erosionen an den Extremitäten. Die Heilung erfolgt mit atrophen Narben und Hypopigmentierungen. Im Verlauf geht die Tendenz zur Blasenbildung zurück, es kommt zu Nageldystrophien und einer diffusen Alopezie.

Basale autosomal-rezessive Epidermolysis bullosa simplex (Fine et al. 1989; Gostyńska et al. 2015; Groves et al. 2010; McGrath et al. 2012)

OMIM 601001, 615425, 615028
AR
17q21.2, 8q24.3, 6p12.1, 11q22.3
KRT14, PLEC, DST, EXPH5
Keratin 14, Plektin, BPAG1e, Exophilin 5
Ätiopathogenese
Die autosomal-rezessive EB simplex ist genetisch heterogen.
  • Biallelische KRT14-Mutationen wurden überwiegend in konsanguinen Familien berichtet. Sie führen zu vorzeitigem Abbruch der Translation und zum Fehlen der Expression von Keratin 14.
  • Eine distinkte homozygote Nonsense-Mutation, die die PLEC-Isoform 1a betrifft, wurde in einer einzigen konsanguinen Familie beschrieben.
  • Nullmutationen im DST-Gen, das für die Isoformen des bullösen Pemphigoid-Antigens 1 (BPAG1) kodiert, wurden überwiegend in konsanguinen Familien aus Kuwait identifiziert.
  • Biallelische Mutationen in einem neuen Gen, EXPH5, das für ein Rab-interagierendes, GTPase-Effektor-Protein kodiert, wurden bislang in einzelnen Familien beschrieben.
Sowohl Plektin als auch BPAG1e sind Bestandteile der inneren Plaque der Hemidesmosome, verankern die Keratinfilamente an die Zellmembran und weisen mehrere Isoformen auf. Die meisten Mutationen sind Nonsense-Mutationen, die zum Fehlen der Immunoreaktivität der entsprechenden Proteine führen.
Histopathologie
Bei Patienten mit KRT14-Mutationen liegt der Spalt innerhalb der basalen Keratinozyten. Bei PLEC- oder DST-Mutationen erfolgt die Spaltung innerhalb der basalen Keratinozyten in der Ebene der Hemidesmosomen. Hypoplastische Hemidesmosome in der EM sprechen für Defekte dieser hemidesmosomalen Proteine. EXPH5-Mutationen wurden mit Aggregation und Unterbrechung der Keratinfilamente assoziiert und mit einer perinuklearen Akkumulation von Vesikeln.
Klinik und Verlauf
Die Zahl der in der Literatur beschriebenen Fälle mit autosomal-rezessiven EB simplex ist klein und der langfristige Verlauf der Subtypen, die in den letzten Jahren beschrieben wurden, ist noch nicht charakterisiert.
  • Biallelische KRT14-Mutationen führen zu generalisierten Blasen und einer ausgeprägten Hautfragilität. Orale, anale und urogenitale Schleimhäute können betroffen sein. Die Heilung geht ohne Narbenbildung, aber mit Hypopigmentierung einher.
  • Eine einzige Familie mit autosomal-rezessiven EB simplex mit Mutationen der PLEC-Isoform 1a, mit zwei betroffenen Schwestern wurde bislang in der Literatur beschrieben. Die Blasen begannen in der frühen Kindheit an den Füßen und wurden generalisiert in der Adoleszenz. Die Heilung erfolgte mit Narben und Hyperpigmentierung. Weitere Manifestationen waren fokale plantare Hyperkeratosen und dystrophe Nägel.
  • Das Fehlen von BPAG1e führt zu einer milden, akral betonten Hautfragilität.
  • Mutationen, die zum Verlust von Exophilin 5 führen, wurden bei Patienten mit milder Hautfragilität identifiziert. Ein Verlauf mit „motteled“-Pigmentierung wurde kürzlich berichtet.

Basale Epidermolysis bullosa simplex mit Muskeldystrophie und Pylorusatresie (Niemi et al. 1988)

OMIM 226670
AR
8q24.3
PLEC
Plektin
Ätiopathogenese
Mutationen im Gen für das hemidesmosomale Protein Plektin verursachen unterschiedliche seltene autosomal-rezessiv vererbte Krankheitsbilder. Die Expression von Plektin ist stark vermindert oder fehlend als Folge von trunkierenden oder Nullmutationen. Plektin ist ein großes Ankerprotein mit mehreren Isoformen, was zu einer hohen Komplexität der Genotyp-Phänotyp-Korrelationen führt.
Histopathologie
Die Spaltung erfolgt innerhalb der basalen Keratinozyten in der Ebene der Hemidesmosomen.
Klinik und Verlauf
Die EB simplex mit Muskeldystrophie ist durch generalisierte Blasen seit Geburt sowie der Entwicklung einer Muskeldystrophie im Schulalter gekennzeichnet. Außerdem gehören Schleimhautläsionen, Palmoplantarkeratosen und Nageldystrophien zum Krankheitsbild. Der Verlauf ist durch die Muskeldystrophie letal.
Bei der EB simplex mit Pylorusatresie ist eine schwerwiegende generalisierte Blasenbildung, vergesellschaftet mit einer Pylorusatresie und letalem Verlauf.
Die Assoziation von EB, Muskeldystrophie und Pylorusatresie wurde ebenfalls beschrieben.

Epidermolysis bullosa junctionalis

Epidermolysis bullosa junctionalis generalisiert schwer (Herlitz 1935)

OMIM 226700
AR
18q11.2, 1q32.2, 1q25.3
LAMA3, LAMB3, LAMC2
Laminin α3, Laminin β3, Laminin γ2
Synonyme
EB junctionalis Herlitz, EB junctionalis letalis
Ätiopathogenese
Der genetische Hintergrund der generalisierten. schweren EB junctionalis sind biallelische Mutationen in den Genen für die Laminin-332-Ketten (LAMA3, LAMB3, LAMC2). Die fehlende Färbung von Laminin 332 weist auf Mutationen in einem der kodierenden Gene hin, wobei die häufigsten im LAMB3-Gen vorkommen. Laminin-332 ist ein Hauptbestandteil der Basalmembran und bildet die Verankerungsfilamente in der Lamina lucida.
Histopathologie
Die Spaltung der Haut erfolgt innerhalb der Lamina lucida der Basalmembran (Abb. 1). Die EM kann eine reduzierte Anzahl und Größe oder das Fehlen der Hemidesmosomen zeigen.
Klinik und Verlauf
Die EB junctionalis ist einer der schwersten EB-Subtypen mit einem letalen Verlauf meist innerhalb der ersten 2 Lebensjahre. Die Erkrankung beginnt bei der Geburt mit massiven Blasen der Haut und der Schleimhäute. Charakteristisch sind nicht abheilende Wunden und Granulationsgewebe an den Fingerspitzen, perioral, am Rücken oder im Gesäßbereich (Abb. 5). Das Wachstum ist verzögert und der Allgemeinzustand wird durch Flüssigkeits- und Proteinverluste sowie Superinfektionen verschlechtert.

Epidermolysis bullosa junctionalis generalisiert intermediär (Hashimoto et al. 1976; Hintner und Wolff 1982)

OMIM 226650
AR
18q11.2, 1q32.2, 1q25.3, 10q24.3-q25.1
LAMA3, LAMB3, LAMC2, COL17A1
Laminin α3, Laminin β3, Laminin γ2, Kollagen XVII
Synonyme
EB junctionalis non-Herlitz, EB junctionalis andere, Generalized atrophic benign epidermolysis bullosa (GABEB)
Ätiopathogenese
Der genetische Hintergrund der generalisierten, intermediären EB junctionalis sind biallelische Mutationen in den Genen für die Laminin-332-Ketten oder für Kollagen XVII. Die reduzierte Färbung von Laminin-332 weist auf Kombinationen von Missense- oder Spleiß-Mutationen in einem der kodierenden Gene hin. Die meisten Mutationen im Kollagen-XVII-Gen führen zum vorzeitigen Abbruch der Translation und zum Fehlen des Proteins.
Histopathologie
Die Spaltung der Haut erfolgt innerhalb der Lamina lucida der Basalmembran (Abb. 1). Die EM kann eine reduzierte Anzahl und Größe der Hemidesmosome zeigen.
Klinik und Verlauf
Die EB junctionalis generalisiert intermediär beginnt bei der Geburt mit generalisierten Blasen. Die Lebenserwartung ist grundsätzlich nicht beschränkt. Die Abheilung erfolgt mit Hautatrophie und Dyspigmentierung; chronische nichtheilende Wunden können im Verlauf auftreten (Abb. 6). Die Zähne weisen Schmelzdefekte auf und die Nägel sind dystroph oder sie fehlen. Bei Patienten mit Mutationen des Kollagen-XVII-Gens ist eine frühe, anfänglich parietale und später totale vernarbende Alopezie ein typisches Merkmal (Abb. 6).

Epidermolysis bullosa junctionalis lokalisiert

OMIM 245560
AR
18q11.2, 1q32.2, 1q25.3, 10q24.3-q25.1, 17q25.4
LAMA3, LAMB3, LAMC2, COL17A1, ITGB4
Laminin α3, Laminin β3, Laminin γ2, Kollagen XVII, Integrin β4
Ätiopathogenese
Der genetische Hintergrund der lokalisierten EB junctionalis ist heterogen. Biallelische Mutationen in den Genen für die Laminin-332-Ketten, für Kollagen XVII oder für die Integrin-β4-Untereinheit können ursächlich sein. Biallelische Mutationen der Isoform LAMA3A sind die Ursache für das Laryngo-onycho-kutane-(LOC-)Syndrom. Die reduzierte Immunfärbung der entsprechenden Proteine deutet auf das betroffene Gen hin.
Histopathologie
Die Spaltung der Haut erfolgt innerhalb der Lamina lucida der Basalmembran (Abb. 1).
Klinik und Verlauf
Die lokalisierte EB junctionalis beginnt bei Geburt oder später mit lokalisierten Blasen. Drei klinische Entitäten werden unterschieden:
  • lokalisiert akral (Prädilektionsstellen sind die Extremitäten),
  • inversa (Prädilektionsstellen sind die Beugen) und
  • das LOC-Syndrom.
Weitere Manifestationen sind Schmelzdefekte der Zähne und Nageldystrophien. In Fällen mit Laminin-332-Mutationen treten mit dem Alter nichtheilende hypergranulierende Wunden auf. Beim LOC-Syndrom treten keine Blasen auf, jedoch Erosionen und exzessives Granulationsgewebe. Neben den anderen Manifestationen sind Läsionen der Bindehaut und Larynxbeteiligung mit Heiserkeit und möglicher Asphyxie typisch.

Epidermolysis bullosa junctionalis mit Pylorusatresie (El Shafie et al. 1979; Vidal et al. 1995)

OMIM 226730
AR
2q31.1, 17q25.4
ITGA6, ITGB4
Integrin α6β4
Ätiopathogenese
Der genetische Hintergrund sind biallelische Mutationen in den Genen für die Integrin-α6β4-Untereinheiten. Das Spektrum der Mutationen ist breit: Nullmutationen sind mit einem schweren Krankheitsbild assoziiert, während Missense- oder trunkierende Mutationen mit Restexpression verbunden sind und milderer Ausprägung der Manifestationen. Am häufigsten finden sich krankheitsverursachende Mutationen im ITGB4-Gen. Die reduzierte oder fehlende Immunfärbung der entsprechenden Untereinheit deutet auf das betroffene Gen hin.
Histopathologie
Die Spaltung der Haut erfolgt innerhalb der Lamina lucida der Basalmembran (Abb. 1).
Klinik und Verlauf
Es ist ein seltener Subtyp, der mit massiven Blasen der Haut und der Schleimhäute sowie einer Pylorusatresie einhergeht. Diese muss in den ersten Lebenstagen chirurgisch saniert werden. Die perinatale Letalität ist hoch. Wenn die Kinder überleben, kann sich die Haut stabilisieren und im weiteren Krankheitsverlauf geringe, mechanisch induzierbare Blasenbildung zeigen. Bei einem Teil der Patienten ist die Schleimhaut des unteren Harntrakts mit schmerzhaften Blasen und Strikturen betroffen. Nägel und Zähne sind ebenfalls betroffen.

Epidermolysis bullosa junctionalis mit Lungen- und Nierenbeteiligung (Has et al. 2012)

OMIM 614748
AR
17q21.33
ITGA3
Integrin α3
Ätiopathogenese
EB junctionalis mit Lungen- und Nierenbeteiligung ist eine sehr seltene autosomal-rezessive Multisystemerkrankung, verursacht durch Mutationen im Gen für die Integrin-α3-Untereinheit. Die fehlende Immunfärbung für Integrin α3 ist diagnostisch wegweisend. Integrin α3 bildet Heterodimere mit β1 in fokalen Adhäsionen in basalen Keratinozyten, aber auch in alveolaren Epithelzellen und Podozyten.
Histopathologie
Die Spaltung der Haut erfolgt innerhalb der Lamina lucida der Basalmembran (Abb. 1).
Klinik und Verlauf
Die betroffenen Kinder weisen in den ersten Lebenstagen oder Wochen eine respiratorische Symptomatik auf, die durch eine interstitielle Lungenerkrankung verursacht wird. Sie sind sauerstoffabhängig und entwickeln wiederholt respiratorische Infekte. Ein kongenitales nephrotisches Syndrom wurde bei allen bislang beschriebenen Patienten berichtet, mit oder ohne Nierenversagen oder assoziierten Nierenmalformationen. Bei diesem schweren Krankheitsbild steht die Hautfragilität meistens im Hintergrund, ist aber für die Diagnosestellung wegweisend. Der Verlauf aller bekannten Fälle war aufgrund der Lungenbeteiligung innerhalb der ersten 2 Lebensjahre letal.

Epidermolysis bullosa dystrophica (Hallopeau 1896; Siemens 1921; Pasini 1928; Touraine 1942)

OMIM 131750, 226600
AD, AR
3p21.31
COL7A1
Kollagen VII
Ätiopathogenese
Alle Formen der EB dystrophica werden durch Mutationen im Kollagen-VII-Gen, COL7A1, verursacht. Kollagen VII ist der Hauptbestandteil der Verankerungsfibrillen in der papillären Dermis gleich unterhalb der Basalmembran. Das Fehlen von Kollagen VII deutet auf Nullmutationen im COL7A1-Gen hin und damit auf ein schwer generalisiertes Krankheitsbild. Verschiedene Kombinationen von Missense- und Nullmutationen führen zu einer reduzierten Expression eines mutierten Kollagen-VII-Proteins. Die Mutationen sind über das gesamte Gen verteilt und es sind nur wenige rekurrierende Mutationen bekannt. Bei der autosomal-dominanten EB dystrophica sind Aminosäuresubstitutionen in der triplehelikalen Domäne des Kollagens VII gehäuft. Die Immunreaktivität für Kollagen VII kann normal, reduziert oder fehlend sein.
Histopathologie
Der Spalt liegt unterhalb der Lamina densa der Basalmembran. Die Verankerungsfibrillen sind normal, reduziert oder sie fehlen.
Klinik und Verlauf
Es werden zahlreiche klinische Subtypen beschrieben (s. oben, Übersicht). Das Spektrum reicht von schweren Krankheitsbildern mit mutilierender Vernarbung, Komplikationen und hohem Risiko für Plattenepithelkarzinom bis hin zu milder akraler Hautfragilität oder Nageldystrophien. Bei den intermediären und milden Subtypen kann der Erbgang dominant, aber auch rezessiv sein.
Die dominante EB dystrophica beginnt im Säuglingsalter oder in der früher Kindheit und ist durch Blasen mit Vernarbung, Milien und Nagelbeteiligung gekennzeichnet. Die Hautfragilität ist selten schwer und in den meisten Fällen akral beschränkt. Es gibt sogar Familien, bei denen die Nageldystrophie die einzige Manifestation ist. Schleimhautbefall kommt selten vor.
Die rezessive EB dystrophica schwer generalisiert ist einer der schwersten EB-Subtypen und führt zu Invalidität und eingeschränkter Lebenserwartung. Das Krankheitsbild beginnt bei der Geburt mit generalisierten Blasen, die mit Milien- und Narbenbildung abheilen. Bereits in der Kindheit führt die Vernarbung der Hände und Füße zu Pseudosyndaktylien, Nagelverlust und Mutilationen (Abb. 7). Der Schleimhautbefall in Mund, Larynx, Pharynx und Ösophagus verursacht Schluckbeschwerden. Im Verlauf entstehen Ösophagusstrikturen. Schmerzhafte perianale Blasen und Erosionen führen zu Obstipation. Diese Symptome erschweren die Nahrungsaufnahme und verursachen zusätzlich Proteinverlust, Anämie und Wachstumsstörungen. Im weiteren Verlauf entstehen chronische Wunden insbesondere an Stellen wiederholter mechanischen Belastung der Haut (Abb. 8). Es besteht ein erhöhtes Risiko für Hautkarzinome ab dem 10. Lebensjahr.
Die rezessive EB dystrophica vom Typ generalisiert intermediär manifestiert sich mit generalisierten Blasen bei Geburt. Im Verlauf kommt es überwiegend zu mechanisch induzierten Blasen, Vernarbung, Pseudosyndaktylie und Kontrakturen, aber nicht zu Mutilationen. Nageldystrophie und -verlust, Schleimhautbefall und Zahndystrophie sind häufig.

Kindler-Syndrom (Kindler 1954)

OMIM 173650
AR
20p12.3
FERMT1
Kindlin-1
Ätiopathogenese
Das Kindler-Syndrom ist eine autosomal-rezessiv vererbte Dermatose, die durch FERMT1-Mutationen verursacht wird. Das FERMT1-Gen kodiert für Kindlin-1, ein Bestandteil der fokalen Adhäsionen in Epithelzellen.
Histopathologie
Die HE-Färbung kann Hyperkeratose, epidermale Atrophie und Vakuolisierung der basalen Keratinozyten zeigen sowie Melanophagen und Kolloidkörperchen in der papillären Dermis. Die EM zeigt variable Spaltbildungsebenen: innerhalb der basalen Keratinozyten, in der Lamina lucida oder in der Lamina densa. Reduplikationen und fokale Unterbrechungen der Lamina densa sind charakteristisch.
Klinik und Verlauf
Das Kindler-Syndrom ist durch kongenitale akrale Blasenbildung, progressive generalisierte Poikilodermie und Photosensitivität charakterisiert. Bei der Geburt ist das Krankheitsbild von anderen EB-Formen nicht zu unterscheiden. Ab dem 2. Lebensjahr ist die Atrophie an den Rückseiten der Hände ein typisches Merkmal. Blasenbildung und Hautfragilität lassen im Verlauf der Jahre nach. Mit zunehmendem Alter treten Trockenheit, Schuppung, Hautatrophie sowie Hypo- und Hyperpigmentierungen auf (Abb. 9). Die Schleimhäute sind ebenfalls betroffen, mit früher und schwerer Periodontitis, mit Ösophagus- und Urethra-Strikturen, Kolitis und Augenbeteiligung. Ab dem jungen Erwachsenenalter weisen die Patienten ein erhöhtes Risiko für aggressiv verlaufende Plattenepithelkarzinome auf.
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