Grundlagen des Hüftgelenkersatzes: Tribologie des Hüftgelenkersatzes Keramik
Verfasst von: Claude Rieker
Tribologie beinhaltet den Verschleiß, die Reibung und die Schmierung zweier sich gegeneinander bewegender Körper. Diese drei Aspekte spielen bei Gelenkpaarungen eine wichtige Rolle für den Langzeiterfolg von Hüfttotalendoprothesen. In diesem Kapitel wird ein aktueller Überblick über die verwendeten Gelenkpaarungen gegeben.
Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Tribologie von Hüfttotalprothesen und gibt einen aktuellen Überblick über Gelenkpaarungen.
Die Tribologie ist die Wissenschaft vom Verschleiß, der Reibung und der Schmierung zweier sich gegeneinander bewegender Körper.
Basierend auf dem Konzept der Partikelkrankheit, das in den 1970er-Jahren von Willert und Semlitsch eingehend untersucht wurde (Willert und Semlitsch 1977), ist es von entscheidender Bedeutung, die Produktion von Verschleißpartikeln so weit wie möglich zu minimieren.
In diesem Kapitel werden die tribologische Geschichte der Hüftprothesen und die verschiedenen Gelenkpaarungen, die seit den frühen 1960er-Jahren verwendet werden, vorgestellt. Die Eigenschaften und Einschränkungen dieser verschiedenen Paarungen werden auf pragmatische und praktische Weise erläutert.
Historische Entwicklung
Bei der Entwicklung von Hüftprothesen wurde zu Beginn versucht dem Durchmesser des natürlichen Femurkopfes so nahe wie möglich zu kommen, um eine gute Gelenkstabilität und einen guten Bewegungsumfang zu erreichen. Die ersten von britischen und schweizer Orthopäden (McKee, Ring, Scales, Huggler und Müller) Ende der 1950er- und Anfang der 1960er-Jahre entwickelten Gelenkpaarungen waren meist Metall-Metall-Paarungen mit Kopfdurchmessern zwischen 32 und 42 mm (Amstutz und Grigoris 1996; Abb. 1).
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Erste Versuche mit Kunststoffen in Frankreich und England erfolgten ebenfalls mit großen Durchmessern (Mumenthaler 1992). Die Gebrüder Judet entwickelten 1946 eine Prothese aus Polymethylmethacrylat (PMMA) mit einem kurzen Schaft und einem anatomischen Kopfdurchmesser. Auch Sir John Charnley imitierte 1958 mit seiner Doppelpfanne aus Polytetrafluorethylen (PTFE) den Durchmesser des natürlichen Gelenkkopfes (Waugh 1990). Da diese Doppelpfanne schon nach kurzer Zeit unbefriedigende Ergebnisse zeigte, verwendete Charnley in seinem zweiten Versuch einen Austin-Moore- oder Thompson-Schaft (Kopfdurchmesser: 41 mm), kombiniert mit einer PTFE-Pfannenkomponente, die mit Knochenzement verankert wurde. Um Reibung zu vermeiden, reduzierte Charnley den Artikulationsdurchmesser schrittweise auf 0,875 Zoll (22,23 mm). Diese Lösung erwies sich kurzfristig als vielversprechend, versagte aber nach weniger als 3 Jahren aufgrund von PTFE-Abrieb (Waugh 1990).
Die Entwicklung von UHMWPE (Ultra High Molecular Weight Polyethylene) in Deutschland durch die Ruhrchemie AG führte zu einer höheren Abriebfestigkeit der Artikulationsflächen und ermöglichte 1962 die Einführung der Low Friction Arthroplasty nach Charnley, wie in Abb. 2 dargestellt.
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Diese beiden Hüftprothesen (Metall-Metall-Gleitpaarung mit großem Durchmesser und Metall-Polyethylen-Gleitpaarung mit kleinem Durchmesser) wurden beide in den späten 1960er-Jahren auf den Markt gebracht. Mitte der 1970er-Jahre wurden jedoch die Metall-Metall-Gleitpaarungen mit großem Durchmesser aufgrund des anfänglichen Erfolgs mit den reibungsarmen Prothesen von Charnley und der damals aufkommenden Zweifel an Metall-Metall-Paarungen als Prothesentyp langsam aufgegeben (Amstutz und Grigoris 1996):
Frühzeitiges Versagen durch mangelnde Präzision bei der Herstellung (höheres Reibmoment, wenn der Gelenkspalt zu klein ist/massiver Metallabrieb, wenn der Gelenkspalt zu groß ist),
mögliche Bedenken hinsichtlich der Karzinogenese,
allergische Reaktion auf Metalle,
mögliche Stressabschirmung (Stress-shielding) um die Azetabulumkomponente.
Nachdem die Metall-Metall-Gelenke Ende der 1970er-Jahre vollständig vom Markt verschwunden waren, wurden Metall-Polyethylen-Paarungen die allgemein verwendeten Artikulationspartner für Hüfttotalendoprothesen.
Gelenke mit herkömmlichem Polyethylen
Charnleys Low-Friction-Konzept bestand aus einem Monoblock-Schaft mit einem Kopf von 22,225 mm aus rostfreiem Stahl 316L (DIN 1.4435 – ISO 5832-1) und einer zementierten Pfanne aus Polyethylen.
Aufgrund seiner mechanischen Einschränkungen wurde 316L-Edelstahl in den 1970er- und 1980er-Jahren zunehmend entweder durch gegossene oder geschmiedete Kobalt-Chrom-Legierungen (ISO 5832-4 – ISO 5832-12) oder durch einen rostfreien Stahl mit hohem Stickstoffgehalt (ISO 5832-9) ersetzt [5].
Basierend auf dem mathematischen Verschleißmodell von Archard (Archard 1953) mit Q = kW/H (Q: gesamtes Verschleißvolumen pro bewegter Streckeneinheit; k: Verschleißkoeffizient [adhäsiv oder abrasiv]; W: normale Last; H: Härte der weichsten Berührungsfläche [Polyethylen]) zeigt sich, dass die (adhäsive) Verschleißfestigkeit von Polyethylen bei glatten Oberflächen nicht entscheidend von der Härte des Kopfes beeinflusst wird. Wird jedoch die Oberfläche des Metallkopfes zerkratzt (ungewollter Kontakt mit einem Instrument/Elektrokauter während der Operation, abrasive Partikel [Knochenzement, Keramikpartikel] innerhalb des Gelenks), erhöhen die Rillen der zerkratzten Oberfläche den abrasiven Verschleißkoeffizienten stark und damit auch die Verschleißrate der Artikulation (Carli et al. 2018). Daher verringert eine höhere Härte des Kopfes die Wahrscheinlichkeit schädlicher Rillen auf der Kopfoberfläche deutlich.
In dem Bestreben, den Polyethylen-Abrieb durch zerkratzte Metallköpfe auf ein Minimum zu reduzieren, wurden Anfang der 1970er-Jahre zunächst von einem Hersteller technischer Keramik Keramikköpfe aus Aluminiumoxid (Al2O3) mit einer hohen Härte entwickelt (Ceraver AG, Tarbes, Frankreich).
Zunächst wurden diese Aluminiumoxidköpfe nur in Kombination mit Pfannen verwendet, die ebenfalls aus Aluminiumoxid hergestellt wurden (Boutin 2000). Nach der Entwicklung der modularen Konus-Steckverbindung durch Sulzer (Winterthur, Schweiz) in Zusammenarbeit mit Feldmühle-CeramTec in Plochingen (Baden-Württemberg, Deutschland) erfolgte die erste Implantation einer Aluminiumoxid-Polyethylen-Paarung 1974 am selben Tag (Semlitsch et al. 1977) bei Schreiber in der Balgrist Klinik (Zürich, Schweiz) und bei Müller am Insel Spital (Bern, Schweiz). Aufgrund zahlreicher Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Korngröße und Porosität von Aluminiumoxidkeramiken war die In-vivo-Frakturrate dieser Aluminiumoxidkeramikköpfe inakzeptabel hoch und führte in den frühen 1980er-Jahren zur Entwicklung von Zirkoniumdioxid (ZrO2) (Cales 2000). Diese beiden Keramikköpfe (Aluminiumoxid und Zirkoniumdioxid) waren 20 Jahre lang auf dem Markt. Aufgrund eines Problems im Sinterprozess, von dem mehrere Chargen von Zirkoniumdioxidköpfen des größten Herstellers im Jahr 2001 (Norton Desmarquest AG) in Evreux (Eure, Frankreich) betroffen waren, sind Zirkoniumdioxidköpfe im Folgenden jedoch praktisch vom orthopädischen Markt verschwunden. Gleichzeitig wurden bei den in der Orthopädie eingesetzten Aluminiumoxidkeramiken deutliche qualitative Verbesserungen erzielt. Die HIP-Fertigung (heißisostatisches Pressen), die Lasermarkierung und die 100-prozentige Prüfung aller Köpfe führten zu einer Reduzierung der registrierten klinischen Frakturen moderner Aluminiumoxidköpfe auf etwa 1:1000 (Howard et al. 2017).
Die Entwicklung einer neuen Kompositkeramik (ZTA, Zirconia Toughened Alumina) in den frühen 2000er-Jahren (Biolox Delta, CeramTec, Plochingen, Deutschland), die eine 70-prozentige Verbesserung der Biegefestigkeit aufweist (Kuntz 2006), hauptsächlich aufgrund einer kleineren Korngröße bei gleichzeitiger Beibehaltung einer hohen Härte (Hv >1900), resultierte in einer weiteren signifikanten Reduzierung der Kopfbrüche auf einen Wert im Bereich von 1:10.000 (Howard et al. 2017).
Die Qualität von konventionellem Polyethylen wurde in den 1980er- und 1990er-Jahren durch die folgenden Modifikationen verbessert:
Eliminierung des Kalziumstearats, das dem Pulver des Rohpolyethylens zum Schutz der Werkzeuge vor Korrosion im Herstellungsprozess zugesetzt wurde. Diese Eliminierung führte zu einem homogenen Polyethylen mit verbesserten Verschleißeigenschaften (Schmidt und Hamilton 1996).
Verbesserung des Formpressverfahrens, Beseitigung von Schmelzfehlern und Verbesserung der Verschleißeigenschaften (Poggie et al. 1998).
Sterilisation durch ionisierende Strahlung in einer inerten Umgebung. Dadurch wird das Oxidationspotenzial von Polyethylen minimiert und die Oxidation und Versprödung in vivo deutlich reduziert (Streicher 1989).
Das Abriebvolumen von Gelenken aus herkömmlichem Polyethylen wurde von einer Vielzahl von Autoren untersucht. Viele Autoren stimmten mit der historischen Analyse von Semlitsch (Semlitsch und Willert 1997) aus den 1990er-Jahren überein, die folgende Schlussfolgerungen zog:
Bei Metall-Polyethylen-Artikulationen liegt der ermittelte Penetrationsgrad in 80 % der Fälle zwischen 50 und 300 μm pro Jahr. Für Metall-Polyethylen-Paarungen wird allgemein ein Mittelwert von 200 μm pro Jahr angenommen.
Für Keramik-Polyethylen-Artikulationen liegt die ermittelte Penetrationsrate in 100 % der Fälle zwischen 20 und 200 μm pro Jahr. Für Keramik-Polyethylen-Paarungen wird allgemein ein Mittelwert von 100 μm pro Jahr angenommen.
Die sehr unterschiedlichen Ergebnisse lassen sich durch zahlreiche Faktoren erklären. Sie können z. B. von der Qualität des herkömmlichen Polyethylens, seiner Oxidation, der Aktivität des Patienten, dem Gewicht des Patienten, der biologischen Reaktion des Patienten auf Abriebpartikel und der Position/Ausrichtung der prothetischen Komponenten abhängen.
Paarungen mit hochvernetztem Polyethylen
Auf die Bemühungen, den Verschleiß von Polyethylen durch die Einführung von Keramikköpfen zu reduzieren, folgten in den späten 1970er- und frühen 1980er-Jahren zahlreiche Versuche, herkömmliche Polyethylene physikalisch oder chemisch zu modifizieren, um ihre tatsächliche Verschleißfestigkeit zu verbessern. Zwei der Hauptbestrebungen waren:
Faserverstärkte Polyethylene: Ein Beispiel hierfür war das von Zimmer Ende der 1970er-Jahre entwickelte sog. Poly Two, das auf der Einführung von kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff basierte. Obwohl dieses Material eine erhöhte Kriechfestigkeit aufwies, war der Verbund zwischen Matrix und Fasern nicht ausreichend, um erfolgreiche klinische Ergebnisse zu gewährleisten, da sich die Kohlenstofffasern in vivo freisetzten (Dannenmaier et al. 1985).
Polyethylene mit erhöhter Kristallinität: Ein Beispiel dieser Bestrebung war das in den 1980er-Jahren von DuPont/DePuy entwickelte sog. Hylamer. Dieser Polyethylen hatte hervorragende mechanische Eigenschaften, aber seine klinischen Ergebnisse waren aufgrund der geringen Oxidationsbeständigkeit schlecht (Norton et al. 2002).
Leider führten diese modifizierten Polyethylene nicht zu einer Verbesserung des Verschleißverhaltens.
Der Durchbruch für die verbesserte Verschleißfestigkeit von Polyethylen kam mit der Entwicklung von hochvernetztem Polyethylen Mitte der 1990er-Jahre (McKellop et al. 1999).
Die Vernetzung von Polyethylen ist ein Prozess, bei dem durch Bestrahlung (mittels Gamma- oder Elektronenstrahl) chemische Bindungen zwischen benachbarten Polyethylenketten erzeugt werden. Dadurch entsteht eine verbesserte dreidimensionale Struktur mit einer deutlich höheren Verschleißfestigkeit, indem der Verschleißkoeffizient in der Archard-Gleichung deutlich gesenkt wird. Diese höhere Verschleißfestigkeit wurde von zahlreichen Gruppen durch Screening-Tests und Hüft-Simulator-Studien untermauert (McKellop et al. 1999; Muratoglu et al. 2001).
Seit Ende der 1990er-Jahre sind verschiedene Typen von hochvernetztem Polyethylen kommerziell verfügbar. Meta-Analyse-Studien, die herkömmliche (Gamma-Sterilisation in Sauerstoffatmosphäre) oder konventionelle (Gamma-Sterilisation in inerter Atmosphäre) Polyethylene mit hochvernetzten Polyethylenen verglichen (Kurtz et al. 2011; Callary et al. 2015; Shi et al. 2021), zeigten eine signifikante Reduzierung der Kopfpenetration zugunsten der hochvernetzten Polyethylene.
Die signifikante Reduktion der Kopfpenetration hat auch zu einer signifikanten Reduktion von Osteolysen rund um Hüfttotalprothesen beigetragen (Bragdon et al. 2012) und als Konsequenz zu einer niedrigeren Langzeitrevisionsrate für hochvernetzte im Vergleich zu konventionellen Polyethylenen geführt, was die Registerdaten weltweit bestätigen (Australian Orthopaedic Association – National Joint Replacement Registry 2020a).
Trotz der zu beobachtenden Effekte in den Registern ist es nicht möglich, diese hochvernetzten Polyethylene endgültig als eine globale Kategorie zu betrachten, da alle Polyethylene ihre eigenen Spezifikationen haben (Molekulargewicht, Bestrahlungsdosis, Art der Bestrahlung, Wärmebehandlung usw.). Die klinischen Ergebnisse einer spezifischen Marke können daher nicht auf eine andere spezifische Marke übertragen werden (Davis et al. 2020). Heutzutage sind die Paarungen, die diese hochvernetzten Polyethylene verwenden, die am häufigsten verwendeten Paarungen weltweit.
Da in diesen hochvernetzten Polyethylenen eine minimale Oxidation festgestellt wurde (Dion et al. 2015), wurde eine neue Generation hochvernetzter Polyethylene mit der Beigabe eines Antioxidationsmittels, typischerweise Vitamin E (Alpha-Tocopherol), entwickelt. Auch hier werden verschiedene Technologien (Blending, Infusion) für die Einführung des Antioxidationsmittels in dem Polyethylen verwendet. Die dotierten hochvernetzten Polyethylene können daher ebenfalls nicht als eine einzige Technologie betrachtet werden, jede Marke hat ihre eigene Spezifität. Kurzfristige positive klinische Ergebnisse der dotierten Polyethylene sind sowohl in der Literatur (Galea et al. 2019) als auch im australischen Prothesenregister (Australian Orthopaedic Association – National Joint Replacement Registry 2020 – Table HT33 2020b) verfügbar. Sie sind den klinischen Ergebnissen von nichtdotierten hochvernetzten Polyethylenen grundsätzlich gleichwertig.
Metall-Metall-Paarungen
Basierend auf den hervorragenden Ergebnissen einiger Metall-Metall-Prothesen der 1. Generation wurden Anfang der 1980er-Jahre Versuche unternommen, Metall-Metall-Paarungen neu zu bewerten. Dies führte zur Entwicklung einer Metall-Metall-Artikulation der 2. Generation (Metasul, zunächst hergestellt von Sulzer Medica, jetzt Zimmer Biomet), die 1988 von Weber in der Schweiz eingeführt wurde (Weber und Rieker 2002), wie in Abb. 3 dargestellt. Diese Metall-Metall-Gleitpaarung hatte einen kleinen Durchmesser (28 mm oder 32 mm), ein geringes Abriebverhalten und dokumentiert gute klinische Langzeitergebnisse (Lass et al. 2014).
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Die positiven Ergebnisse dieser speziellen Metall-Metall-Gleitpaarung mit kleinem Durchmesser führten zur Entwicklung großer Metall-Metall-Gleitpaarungen, die zunächst für Resurfacing-Implantate (typisches Beispiel: BHR von Smith and Nephew) und anschließend auch für konventionelle Hüfttotalendoprothesen verwendet wurden. Diese Entwicklung wurde durch ein besseres Verständnis des Schmierverhaltens von Metall-Metall-Paarungen möglich. Es konnte gezeigt werden, dass eine enge Kontrolle der Gelenkgeometrie (Durchmesser, Spiel, Deckelbogen, Sphärizität und Rauheit) eine Flüssigkeitsfilmschmierung für diese großen Metall-Metall-Gleitpaarungen ermöglichen kann (Dowson und Jin 2005). Da diese großen Metall-Metall-Artikulationen auch eine gute Stabilität und einen guten Bewegungsumfang ermöglichen, erreichten entsprechende Prothesenmodelle in vielen europäischen Märkten und in den Vereinigten Staaten in den späten 2000er-Jahren einen großen Marktanteil (mehr als 30 %).
Die großen Metall-Metall-Artikulationen haben jedoch nur dann ein erfolgreiches Verschleißverhalten, wenn die Flüssigkeitsfilmschmierung aufrechterhalten wird. Geht die Flüssigkeitsfilmschmierung aus irgendwelchen Gründen in signifikantem Umfang verloren, können der Verschleiß und die Reibung der Paarung deutlich höher sein, was zu möglichen unerwünschten Reaktionen auf metallische Partikel und mögliche frühzeitige Revisionen führt (Van Der Straeten 2017). Aus diesen Gründen wurden Metall-Metall-Gleitpaarungen Mitte der 2010er-Jahre fast vollständig aufgegeben, mit der bemerkenswerten Ausnahme von Metall-Metall-Resurfacing-Implantaten, die immer noch eine der besten Optionen für junge männliche Patienten sind (Van Der Straeten 2020). Ein gutes Beispiel dafür ist der schottische Tennisspieler Sir Andy Murray, der im Januar 2019 ein Metall-auf-Metall-Resurfacing-Implantat erhielt.
Keramik-Keramik-Paarungen
Die erste Aluminiumoxid-Aluminiumoxid-Paarung wurde im April 1970 von Boutin in Pau (Pyrénées-Atlantiques, Frankreich) implantiert (Boutin 2000). In der Folge entwickelten verschiedene europäische Gruppen in den späten 1970er- und frühen 1980er-Jahren Aluminiumoxid-Aluminiumoxid-Paarungen. Aufgrund der hohen Anzahl von In-vivo-Frakturen dieser historischen Keramik-Keramik-Paarungen wurden diese Paarungen zunächst nur sparsam eingesetzt. Aufgrund der oben beschriebenen Verbesserungen erlebten Aluminiumoxid-Aluminiumoxid-Paarungen in den 1990er-Jahren jedoch einen erneuten Aufschwung.
Auch wenn die technischen Verbesserungen an Aluminiumoxidkomponenten das Risiko eines Bruchs verringert haben, waren die Frakturen der modernen Aluminiumoxid-Aluminiumoxid-Paarungen beständig ihre größte Einschränkung. Eine Fraktur ist immer eine schwerwiegende Komplikation, da die Aluminiumoxidpartikel bei einem Revisionsverfahren nicht vollständig entfernt werden können und somit als Abrasivkörper zwischen die revidierten Gelenkflächen gelangen können (Kempf und Semlitsch 1990).
Die oben beschriebene Entwicklung der neuen ZTA Keramik Biolox Delta (CeramTec, Abb. 4) in den frühen 2000er-Jahren reduzierte das Risiko dieser katastrophalen Frakturen deutlich (Howard et al. 2017) und führte zu einer Wiederbelebung der Keramik-Keramik-Paarungen.
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Die folgenden Empfehlungen sollten im Falle einer Revision aufgrund einer Fraktur einer Keramikkomponente berücksichtigt werden:
komplette Revision aller beschädigten Komponenten (Kopf, Schaft und/oder Einsatz),
massives Débridement und Synovektomie, um alle Keramikpartikel so weit wie möglich zu entfernen.
Eine Keramik-Keramik-Paarung ist definitiv die beste tribologische Option. Als 2. Option könnte auch eine Keramik-Polyethylen-Paarung verwendet werden.
Cave
Nach einer Fraktur eines Keramikimplantats (Kopf oder Liner) darf aufgrund des drohenden exorbitanten Verschleißes in Folge von Keramiksplittern niemals ein Metallkopf verwendet werden.
Mehrere Hersteller haben heute Keramik-Keramik-Paarungen im Programm, die auch bei extrem jungen Patienten gute klinische Ergebnisse zeigen (Lee et al. 2019). Analysen von explantierten Keramik-Keramik-Gleitpaarungen zeigen einen geringen volumetrischen Abrieb.
Trunnionitis
Das Phänomen der Korrosion an modularen Konusverbindungen (Trunnionitis) ist seit Jahrzehnten bekannt und wurde in den letzten 5 Jahren aufgrund von erstmals Ende der 2000er-Jahre beobachteten klinischen Problemen erneut untersucht. Basierend auf 2 aktuellen Meta-Analysen der Literatur (Rieker und Wahl 2020; Morlock et al. 2020) ist die Trunnionitis mit einer synergistischen Kombination von Faktoren verbunden, die mit der Prothese, dem Patienten und dem Chirurgen zusammenhängen. Bei der Trunnionitis handelt es sich hauptsächlich um ein Reibkorrosionsphänomen, ausgelöst von Mikrobewegungen an der Schnittstelle zwischen Schaft und Kopf.
Tipp
Der einfachste Weg für den Chirurgen, diese Mikrobewegungen so klein wie möglich zu halten, ist sicherzustellen, dass die Schnittstelle sauber und trocken ist und die Konusverbindung mit einer hohen Einschlagkraft gefügt wird (Mueller et al. 2021).
Fazit für die Praxis
Basierend auf den vorgestellten tribologischen Eigenschaften der verschiedenen Gleitpaarungen ist die Paarung Keramikkopf mit hochvernetztem Polyethylen-Inlay sehr wahrscheinlich der beste Kompromiss (Abb. 5). Diese Lösung bietet einen extrem geringen Verschleiß, minimiert das Risiko von Trunnionitis und ist relativ unempfindlich gegenüber suboptimalen Pfannenpositionen (Inklination/Anteversion).
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