Zugänge zum Hüftgelenk: Transfemoraler Zugang zum Hüftgelenk
Verfasst von: Michael Wagner
Über den transfemoralen Zugang lassen sich Femurkomponenten über eine posterolaterale oder gegebenenfalls anterolaterale Eröffnung des proximalen Femurs leicht revidieren. Voraussetzung ist, dass die Fixation des Revisionsimplantates distal der Osteotomie in stabilem Knochen erfolgt. Der Zugang sollte möglichst kurz sein, typischerweise wird er bei ausgedehnten Osteolysen mit schlechter Knochenqualität durchgeführt.
Der transfemorale Zugang ist seit über 30 Jahren ein etablierter Zugang zur Revision von Hüftendoprothesen. Soll ein Femurrevisionsschaft distal des geschädigten Knochenlagers verankert werden, kann die Entfernung des Implantates, des Knochenzementes und des Granulationsgewebes durch diesen Zugang wesentlich vereinfacht werden (Abb. 1a, b). Der Zugang gewährt eine gute, übersichtliche Darstellung des geschädigten alten Implantatlagers. Besonders bei ausgedehnten Osteolysen, periprothetischen Frakturen oder festsitzenden makrostrukturierten Prothesenschäften empfiehlt sich dieser Zugang (Barrack 2004; Blackley und Rorabeck 2000; Daniel et al. 2012; Fink 2020; Fink et al. 2007; Glassman 2004; Taylor und Rorabeck 1999; Toms et al. 2006; Valle und Paprosky 2003; Wronka et al. 2020). Er ist in zahlreichen Modifikationen beschrieben (Blackley und Rorabeck 2000; Daniel et al. 2012; Fink 2020; Fink et al. 2007; Wagner 1989; Wagner und Wagner 1994, 1999). Das Femur wird über eine dorsolaterale oder anterolaterale Osteotomie geöffnet. Der osteotomierte Knochendeckel bleibt im Weichteilverbund, dadurch wird die Durchblutung des osteotomierten Knochens erhalten. Vielfach ist eine rasche Heilung der Osteotomie und ein knöcherner Wiederaufbau der Osteolysen zu beobachten (Wagner und Wagner 1994, 1999).
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Der transfemorale Zugang erfordert eine präzise präoperative Planung, gegebenenfalls in mehreren Varianten.
Der transfemorale Zugang sollte möglichst kurz sein, die Weichteilstrukturen müssen erhalten bleiben, insbesondere der Verbund zwischen M. vastus lateralis und M. glutaeus medius sollte nicht durchtrennt werden. Bei besonders festsitzenden makrostrukturierten Prothesen muss er gelegentlich nach distal erweitert werden. Der transfemorale Zugang sollte mit Cerclagen oder sehr festem Nahtmaterial wieder verschlossen werden. Da der Revisionsschaft distal des geschwächten Knochens fest verankert ist, kann der Patient das operierte Bein meistens rasch voll belasten. Ein transfemoraler Zugang sollte so kurz wie möglich sein, um nicht unnötig lange Revisionsschäfte zu implantieren. Die Länge der Osteotomie ist unverzichtbarer Teil der präoperativen Planung. Der Abstand von der Spitze des Trochanter major zur Osteotomie wird in die Planungszeichnung eingetragen. Bei nicht exakter Planung der Osteotomie verliert der Operateur möglicherweise die Kontrolle über die Beinlänge. Bei einer periprothetischen Femurfraktur bietet es sich oft an, die Fraktur in einen transfemoralen Zugang zu konvertieren.
Technik
Eine erweiterte Trochanterosteotomie oder ein transfemoraler Zugang sind prinzipiell über einen anterolateralen bzw. lateralen Zugang oder über einen posterolateralen Zugang möglich. Favorisiert wird in der Literatur eindeutig der posterolaterale Zugang. Grund dafür ist, das beim direkt lateralen Zugang der Vastus lateralis im Regelfall in der Mitte zu spalten ist, was prinzipiell als nachteilig für die postoperativen Funktion angesehen wird.
Grundprinzip ist der Erhalt des Abduktormechanismus im Verbund mit dem Vastus lateralis auch nach durchgeführter Osteotomie bei unbedingtem Erhalt der Integrität des Trochanter major.
Der Knochendeckel sollte in der Planung etwa das laterale Drittel bis maximal die Hälfte des Femurschaftes umfassen, da ansonsten eine Frakturgefahr gegeben ist. Auf die entsprechende Längenbestimmung wurde oben hingewiesen.
Nach der Inzision, welche im Regelfall leicht posterior des Femurs verläuft, wird die Faszie exponiert und durchtrennt. Eine mögliche Verbindung zwischen Faszie und M. glutaeus medius ist vorsichtig stumpf oder scharf zu durchtrennen. Nachfolgend wird der hintere Rand des M. gluteus medius identifiziert und nach ventral weggehalten. Sofern vorhanden ist die Insertion der Sehne des M. piriformis zu identifizieren. Die geplante Osteotomie erfolgt unter Erhalt des Ansatzes des M. piriformis. Durch Palpation kann die Lage des N. ischiadicus sicher bestimmt werden.
Anschließend erfolgt die Präparation der Weichteile, beginnend mit einer posterolateralen Kapsulotomie, welche lateral des Ansatzes des M. piriformes am hinteren Rand des großen Trochanters entlang nach distal anterior der Linia aspera erfolgt. Nach Exposition der Weichteile und Weghalten derselben wird dann die Osteotomie mit dem Elektrokauter markiert. Dies erfolgt wie ausgeführt leicht anterior der Linia aspera, wobei das Fragment des großen Trochanters unbedingt zu erhalten ist. Die geplanten „Ecken“ des Knochendeckels werden mit einem 3,2-mm-Bohrer markiert, die Osteotomie erfolgt dann von vorn nach hinten.
Bei dünnen Schaftimplantaten ist es möglich über diesen Zugang auch die ventrale Kortikalis zu durchtrennen oder so zu schwächen, dass der Knochendeckel angehoben werden kann.
Ist dies nicht möglich, so existieren 2 Alternativen, nachdem die transverse Osteotomie erfolgt ist:
1.
Die Schwächung der vorderen Kortikalis erfolgt mit multiplen 2-mm-Bohrungen entlang des geplanten Osteotomieverlaufs.
2.
Von der transversalen Osteotomie aufwärts wird mit einem dünnen Lambotte-Meißel (8 mm oder 10 mm) mindestens 1 cm nach proximal parallel zur hinteren Osteotomie an der Stelle gemeißelt, die die geplante vordere Begrenzung des Knochendeckels ist. In nahezu allen Fällen ist dies ausreichend, da die dann weiter proximal liegende knöcherne Struktur entlang dieser Sollbruchstelle bricht.
Es sei noch einmal hervorgehoben, dass insbesondere die transverse Osteotomie, die im Regelfall mit einem dünnen Sägeblatt erfolgt, der besonderen Sorgfalt bedarf.
Die Präparation „runder Ecken“ mit einem Bohrer ist unbedingt zu empfehlen.
Auch für die transversale Osteotomie ist die Schwächung des Knochens durch multiple Bohrungen entlang der Osteotomie sinnvoll, da in diesem Bereich die höchste Wahrscheinlichkeit für eine Fraktur besteht.
Nachdem kontrolliert ist, dass alle Osteotomien bis in den Markraum bzw. auf das einliegende Implantat reichen, wird mit 2 breiten Meißeln schrittweise der Knochendeckel angehoben. Dies erfolgt von posterior nach anterior. Ist dafür ein zu großer Kraftaufwand notwendig, ist dies zu stoppen und die Osteotomien sind nochmals zu kontrollieren bzw. zu vervollständigen. Der Knochendeckel wird dann mit 2 stumpfen Hohmann-Haken nach ventral weggehalten.
Beim Verschluss des Knochendeckels ist auf eine möglichst optimale Positionierung zu achten. Sollte der Verschluss nicht vollständig möglich sein, ist der vollständige Kontakt entlang der posterioren Osteotomie notwendig.
Die Konturierung des großen Trochanters mittels einer Hochgeschwindigkeitsfräse ist nahezu immer zu empfehlen, um eine anatomische Adaptation zu erreichen.
Ist das Knochenfragment sehr weich, kann ein zusätzliches Strut-Graft zur Fixation verwendet werden. Für die Fixation können Doppeldrahtcerclagen, Titanbänder oder Kabel verwendet werden, wobei sich die Auswahl im Wesentlichen nach der Festigkeit des Knochendeckels richtet.
Im Normalfall sind Doppeldrahtcerclagen die beste Alternative. Zum Schutz des N. ischiadicus wird in der Literatur das Umführen des Femurs mit den Instrumenten zur Anlage der Cerclage von posterior nach anterior empfohlen.
Fazit für die Praxis
Der transfemorale Zugang ermöglicht eine schnelle Entfernung der alten Femurkomponente, bei guter Übersichtlichkeit ein radikales Debridement und eine präzise Präparation des Knochenlagers für die feste distale Verankerung des Revisionsimplantates. Der intraoperative Wechsel von einem endofemoralen zu einem transfemoralen Zugang sollte wegen der erhöhten Luxationswahrscheinlichkeit und wegen des damit verbundenen Zeitverlustes vermieden werden. Meistens lässt sich die Indikation zum transfemoralen Zugang schon bei der präoperativen Planung stellen.
Literatur
Barrack RL (2004) Preoperative planning for revision total hip arthroplasty. Clin Orthop Relat Res 420:32–38CrossRef
Blackley HR, Rorabeck CH (2000) Extensile exposures for revision hip arthroplasty. Clin Orthop Relat Res 381:77–87CrossRef
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Fink B (2020) The transfemoral approach for controlled removal of well-fixed femoral stems in hip revision surgery. Clin Orthop Trauma 11(1):33–37CrossRef
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Valle CJ, Paprosky WG (2003) Classification and an algorithmic approach to the reconstruction of femoral deficiency in revision total hip arthroplasty. J Bone Joint Surg Am 85-A Suppl 4:1–6CrossRefPubMed
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Wagner M, Wagner H (1999) Der transfemorale Zugang zum Hüftgelenk. Oper Orthop Traumatol 10:260–276CrossRef
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