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Klippel-Feil-Syndrom

Verfasst von: Heike Kaltofen, Dierk A. Vagts, Uta Emmig und Peter Biro
Klippel-Feil-Syndrom.
Synonyme
KFS, Klippel-Feil-Sequenz, kongenitale Halswirbelfusion, Wirbelkörperfusion
Oberbegriffe
Synostosen, Skelettdeformitäten.
Organe/Organsysteme
Skelettsystem, Wirbelsäule, Rückenmark, Atmungsorgane.
Inzidenz
1:42.000, Gynäkotropie von 65 %.
Ätiologie
Fehlerhafte zervikale Segmentierung während der Frühschwangerschaft. Die genaue Ätiologie ist unbekannt. Auftreten meist sporadisch, aber auch über autosomal rezessiven oder autosomal dominanten Erbgang.
Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Je nach Anzahl und Lokalisation der Synostosen unterscheidet man 3 Typen:
  • Typ I: zervikal und thorakal;
  • Typ II: nur zervikal;
  • Typ III: thorakal und lumbal.
Differenzialdiagnosen: ankylosierende Spondylitis Bechterew, juvenile rheumatoide Arthritis, Fibrodysplasia ossificans progressive, Osteomyelitis, vorausgegangene operative Fusionen von Wirbelkörpern

Symptome

Fusion von 2 oder mehreren Halswirbeln, kurzer Hals, tiefer posteriorer Haaransatz und Bewegungseinschränkung der HWS.
Vergesellschaftet mit
Spinalkanalstenose, Skoliose, andere Skelettanomalien (v. a. Spina bifida, Sprengels Anomalie = kleines, zu hoch angelegtes Schulterblatt), zervikale Myelopathie, Spaltbildungen, renale Dysplasie, VATER-Assoziation, Torticollis, Schwerhörigkeit und kardiale Missbildungen (v. a. Ventrikelseptumdefekt). Intelligenzminderung kommt sehr selten vor.
Therapie
Operative Korrekturen der Skelettanomalien.

Anästhesierelevanz

Einerseits bedeutet die Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule ein höheres Risiko für Schwierigkeiten beim Sichern der Atemwege, andererseits kann auch eine atlantookzipitale Instabilität vorliegen, die zu neurologischen Schäden bei Belastung der HWS (z. B. bei der Laryngoskopie) führen kann.
Spezielle präoperative Abklärung
Bildgebung der HWS, Magnetresonanztomographie.
Wichtiges Monitoring
Atmungsüberwachung (Pulsoxymetrie, Kapnometrie).
Vorgehen
Das Management der Atemwege ist je nach Befund unterschiedlich. Die Häufigkeit schwieriger Intubationen ist niedriger als erwartet, allerdings dennoch höher als in der Normalpopulation (ca. 10 %). Das heißt, dass viele KFS-Patienten normal intubiert werden können, insbesondere bis zum Adoleszentenalter. Wenn eine HWS-Instabilität oder eine zervikale Myelopathie angenommen wird, sollte man auf Atemwegstechniken zurückgreifen, die ohne Retroflexion der HWS auskommen, v. a. die wache oder analgosedierte bzw. anästhesierte fiberoptische Intubation. Häufig wurden auch Larynxmasken erfolgreich eingesetzt.
Je nach Ausprägung der Skelettdeformitäten ist mit einer restriktiven Ventilationsstörung zu rechnen, die ihrerseits vor allem für den unmittelbar postoperativen Verlauf relevant ist.
Rückenmarknahe Regionalanästhesien sind eher kontraindiziert, obwohl einzelne Fallberichte komplikationslose Anwendungen beschreiben. In jedem Fall sollte hierfür zuvor eine radiologische Abklärung der Wirbelsäule in Punktionshöhe erfolgen und die Anlage sonographisch unterstützt durchgeführt werden.
Cave
Lagerungsschäden, schwieriger Atemweg.
Weiterführende Literatur
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