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Andrologie
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Publiziert am: 06.08.2022 Bitte beachten Sie v.a. beim therapeutischen Vorgehen das Erscheinungsdatum des Beitrags.

Störungen der Spermato- und Spermiogenese

Verfasst von: Hans-Christian Schuppe, Margot J. Wyrwoll, Daniela Fietz und Frank Tüttelmann
Einer Infertilität des Mannes liegen häufig anlagebedingte oder erworbene Störungen der Spermato- und Spermiogenese zugrunde; entsprechende Einschränkungen der Ejakulatqualität reichen von einer Oligo- bzw. Oligoasthenoteratozoospermie (OAT) bis zur nicht-obstruktiven Azoospermie (NOA). Während die Ätiologie der OAT in vielen Fällen unklar bleibt, erlaubt die Korrelation histopathologischer Befunde mit zyto- bzw. molekulargenetischen Veränderungen eine zunehmend genauere Differenzialdiagnose der NOA. Mit Verfahren des Next-Generation-Sequencing wurden bereits über 200 Gene identifiziert, die mit Spermatogenesestörungen wie z. B. Spermatogenesearrest oder Sertoli-cell-only-Phänotyp assoziiert sind. Auch bei spezifischen strukturellen Spermiendefekten, die Ausdruck von Spermiogenesestörungen und zumeist bereits lichtmikroskopisch zu erkennen sind, lassen sich monogenetische Ursachen identifizieren. Kausale Therapieoptionen bestehen bei genetisch bedingten Störungen der Spermato- bzw. Spermiogenese nicht.

Einführung

Der Überbegriff Spermatogenese umfasst den gesamten Prozess der Keimzellbildung in den Tubuli seminiferi des Hodens, von den Spermatogonien bis zu reifen Spermien. Er beinhaltet die Proliferation und Differenzierung der Spermatogonien, die meiotischen Reifeteilungen der Spermatozyten sowie die Transformation der haploiden runden Spermatiden zu Spermatozooen (Fietz und Bergmann 2017) (Kap. „Physiologie der Hodenfunktion“). Letztere wird als Spermiogenese bezeichnet und umfasst den Zeitraum von der zweiten Reifeteilung bis zur Freisetzung der ausdifferenzierten Spermatiden in das Lumen der Keimtubuli (Spermiation). Störungen dieses komplexen biologischen Systems sind häufig die Ursache für eine Subfertilität bzw. Infertilität des Mannes. Es finden sich Einschränkungen der Ejakulatqualität, die von einer Oligo-(Astheno-Terato-)zoospermie bis zur nicht-obstruktiven Azoospermie als gravierendster Form reichen (Colpi et al. 2018; Jungwirth et al. 2019; Toth et al. 2019; Schlegel et al. 2021a). Die Ätiologie derartiger Störungen der männlichen Fertilität bleibt in vielen Fällen unklar. Der Einsatz von molekulargenetischen Untersuchungsmethoden wie der Exom-Sequenzierung (Whole Exome Sequencing, WES) hebt die andrologische Diagnostik auf eine neue Ebene und hilft dabei, die genetischen Grundlagen spezifischer struktureller und/oder funktioneller Defekte der Spermatogenese bzw. der Spermien aufzudecken (Krenz et al. 2020; Houston et al. 2021). Bezüglich der verschiedenen Methoden, mit denen zyto- und molekulargenetische Veränderungen nachgewiesen werden können, wird auf das Kap. „Zyto- und molekulargenetische Untersuchungen“ verwiesen.

Oligoasthenoteratozoospermie

Fertilitätsstörungen des Mannes gehen in den meisten Fällen mit Einschränkungen der Ejakulatqualität einher, d. h. einer Verminderung der Spermienkonzentration bzw. -gesamtzahl (Oligozoospermie), einer herabgesetzten Motilität (Asthenozoospermie) oder einem erhöhten Anteil pathomorpher Spermien (Teratozoospermie) (WHO 2010; Kap. „Untersuchung des Ejakulates“). Die genannten Befunde können isoliert auftreten, bei vielen Patienten mit einem pathologischen Spermiogramm liegen jedoch kombinierte Störungen vor. In andrologischen Spezialsprechstunden beträgt die Prävalenz einer Oligoasthenoteratozoospermie (OAT) ca. 50 %, bei 30 % der Patienten findet sich eine hochgradige OAT mit weniger als 5 × 106 Spermien pro ml (Tüttelmann et al. 2018).
Allein aus der Ejakulatuntersuchung resultierende Laborbefunde wie zum Beispiel die Oligoasthenoteratozoospermie – auch als „OAT-Syndrom“ bezeichnet – haben lediglich deskriptiven Charakter und stellen streng genommen keine Diagnosen dar.

Ätiopathogenese

Die möglichen Ursachen einer Oligozoospermie bzw. OAT sind vielfältig (Jungwirth et al. 2019): Nach ihrer Lokalisation lassen sich Störungen des übergeordneten Hypothalamus-Hypophysen-Systems, Beeinträchtigungen der Spermatogenese infolge einer direkten Hodenschädigung, post-testikuläre Störungen sowie Androgenrezeptor- und Enzymdefekte unterscheiden (Tab. 1; Kap. „Nosologie andrologischer Krankheitsbilder“). Darüber hinaus sind primär nicht die Reproduktionsorgane betreffende Erkrankungen und die Einwirkung exogener Noxen zu berücksichtigen (Kap. „Hypogonadismus und Infertilität bei systmischen Erkrankungen“ und Kap. „Umwelt- und arbeitsplatzbedingte Einflüsse auf die männliche Fertilität“). Angesichts der fortschreitenden Identifizierung genetischer Veränderungen im Zusammenhang mit einer Infertilität des Mannes wurde auch eine Einteilung in genetische und nicht-genetisch bedingte Ursachen vorgeschlagen (Tournaye et al. 2017).
Tab. 1
Mögliche Ursachen einer Oligozoospermie*
Diagnostische Einteilung
Krankheitsbilder (Beispiele)
 
Anlagebedingt
Erworben
Primäre Testesschäden
Deletionen des Y-Chromosoms (AZFc)
Klinefelter-Syndrom (Mosaikformen)
Anorchie (unilateral)
Infektionen/Entzündung (Orchitis)
Trauma, Torsion
Exogene Noxen (Genussgifte, Pharmaka, Berufsstoffe/Umweltchemikalien, physikalische Faktoren)
Sekundäre Testesschäden (hypothalamisch-hypophysäre Störungen)
Kongenitaler hypogonadotroper Hypogonadismus, Kallmann-Syndrom (partieller GnRH- bzw. Gonadotropinmangel)
Hypopituitarismus
Hypopituitarismus (Tumoren, Traumata, Ischämie/Hämorrhagie, Infektionen)
Exogene Noxen (Pharmaka u. a.)
Gemischte Störungen der Hodenfunktion
 
Allgemeinerkrankungen (Hämochromatose, chronische Niereninsuffizienz, Lebererkrankungen, Adipositas u. a.)
Posttestikuläre Störungen
 
Infektionen/Entzündung (Epididymitis, Prostatitis, Prostato-Vesikulitis)
Emissions-/Ejakulationsstörung (z. B. partielle retrograde Ejakulation)
Störungen der Androgenwirkung
Androgenrezeptordefekt, Androgen-Insensitivität (minimal bzw. partiell)
 
*in der Mehrzahl der Fälle kombinierte Befunde im Sinne einer Oligoasthenoteratozoospermie
Zu den häufigsten Ursachen männlicher Fertilitätsstörungen – und demzufolge auch der OAT – zählen Lageanomalien der Hoden, Infektionen und Entzündungen im Genitaltrakt sowie Varikozelen (Tüttelmann und Nieschlag 2009; Olesen et al. 2017). Nicht selten liegt jedoch eine komplexe, multifaktorielle Ätiopathogenese zugrunde, die eine diagnostische Einordnung erschwert. In mindestens 1/3 der Fälle werden Fertilitätsstörungen beim Mann als idiopathisch eingestuft, für den klinischen Endpunkt der Oligozoospermie reichen diese Angaben sogar bis zu 75 % (Olesen et al. 2017; Punab et al. 2017; Tüttelmann et al. 2018).

Klinik und Diagnostik

Die Mehrzahl der Patienten, die sich wegen eines unerfüllten Kinderwunsches zur andrologischen Diagnostik vorstellen, ist beschwerdefrei. Richtungweisende Symptome und klinische Befunde können jedoch im Zusammenhang mit den in Tab. 1 aufgeführten Krankheitsbildern auftreten (siehe jeweilige spezifische Kapitel in Sektion IV). Für die Identifizierung und diagnostische Einordnung möglicher Ursachen einer OAT sind deshalb allgemeine und spezielle andrologische Anamnese sowie eine körperliche Untersuchung unverzichtbar (Colpi et al. 2018; Toth et al. 2019; Schlegel et al. 2021a) (Kap. „Anamnese und körperliche Untersuchung“).
Neben den oben genannten häufigen Ursachen einer OAT, wie z. B. einem Hodenhochstand in der Vorgeschichte, sollte auf die Einnahme von Medikamenten, ggf. auch eine solche ohne medizinische Indikation, Genussgifte und andere Lebensstil-bezogene Faktoren sowie potenzielle Noxen am Arbeitsplatz geachtet werden (Semet et al. 2017; Köhn und Schuppe 2021). Ebenso sollte nach fieberhaften Erkrankungen, die dem Untersuchungszeitpunkt ca. 3–6 Monate vorausgingen, gefragt werden.
Die endokrinologische Basisdiagnostik zur differenzialdiagnostischen Einordnung einer OAT umfasst die Bestimmung von FSH, LH und Testosteron im Serum und ist insbesondere bei Verdacht auf einen Hypogonadismus unverzichtbar (Colpi et al. 2018). Bei Androgenmangel-Symptomen sollte ein erweiterter Hormonstatus mit Prolaktin, Östradiol und Sexualhormon-bindendem Globulin (SHBG; für die Berechnung des freien Testosterons aus Gesamttestosteron und SHBG) erfolgen, ggf. sind darüber hinaus hormonelle Stimulationstests erforderlich (Kap. „Endokrine Labordiagnostik“).
Von zentraler Bedeutung für die Diagnose einer OAT ist naturgemäß die Untersuchung des Ejakulates, das einen komplexen Spiegel verschiedener Funktionen des männlichen Reproduktionssystems und ihrer Störungen darstellt (Colpi et al. 2018; WHO 2021) (Kap. „Untersuchung des Ejakulates“ und Kap. „Spermienqualität u. Spermienfunktionsteste“). Die Variablen des Spermiogramms wie Spermienkonzentration/-gesamtzahl, Motilität und Morphologie müssen allerdings als Surrogat-Parameter für die Beurteilung der männlichen Fertilität betrachtet werden; pathologische Ergebnisse sind nicht spezifisch für zugrunde liegende Erkrankungen bzw. Fertilitätsstörungen. In manchen Fällen kann jedoch bereits die Analyse der Spermienmorphologie Hinweise auf besondere qualitative Störungen der Spermatogenese geben (Coutton et al. 2015) (siehe Abschn. 4).
In Abhängigkeit vom Schweregrad einer OAT ist eine humangenetische Diagnostik und ggf. Beratung angezeigt (Toth et al. 2019). Die Prävalenz von Chromosomenanomalien ist bei infertilen Männern im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhöht; sie liegt bei einer Spermienkonzentration unter 5 × 106/ml bei ca. 5 % und steigt bei einer Azoospermie auf 10–15 % (Krausz und Riera-Escamilla 2018). Bei einer Spermienkonzentration unter 5 × 106/ml bzw. einer Spermiengesamtzahl unter 10 × 106 sollte deshalb eine Chromosomenanalyse (Karyotypisierung) zur Erfassung numerischer oder struktureller Aberrationen erfolgen. Darüber hinaus können mit Hilfe molekulargenetischer Analysen Deletionen des Y-Chromosoms (Azoospermiefaktor, AZF; hier Region AZFc betroffen) als Ursache einer hochgradigen OAT gesichert werden (Krausz et al. 2014; Toth et al. 2019) (Kap. „Zyto- und molekulargenetische Untersuchungen“).

Therapie

Ebenso wie die Diagnosestellung erfordert die Prüfung von Therapieoptionen bei einer OAT eine möglichst exakte nosologische Einordnung der zugrunde liegenden Fertilitätsstörung(en). Zu den einer kausalen medikamentösen Be handlung zugänglichen Krankheitsbildern zählen die verschiedenen Formen des hypogonadotropen Hypogonadismus und der Hyperprolaktinämie, ebenso Infektionen und Entzündungen des männlichen Genitaltrakts (Kap. „Infektionen und Entzündungen der ableitenden Samenwege und akzessorischen Geschlechtsdrüsen“ und Kap. „Therapie des sekundären Hypogonadismus“). Besondere Aufmerksamkeit muss auch Allgemeinerkrankungen einschließlich Lebensstil-bezogener Krankheitsbilder wie der Adipositas gelten, die mit einer Beeinträchtigung der reproduktiven Gesundheit einhergehen (Colpi et al. 2018; Toth et al. 2019; Schlegel et al. 2021a) (Kap. „Hypogonadismus und Infertilität bei systemischen Erkrankungen“). Die Einleitung, Optimierung bzw. Umstellung einer Therapie, möglichst unter Vermeidung potenziell fertilitätsschädigender Pharmaka, kann zu einer Verbesserung der Ejakulatqualität und damit der Chancen für eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege beitragen. Gleiches gilt für die Erfolgsaussichten assistierter Reproduktionsverfahren (ART), einschließlich der Möglichkeit eines „Downgrading“ (Kap. „Assistierte Reproduktion“). Die Beratung von Patienten mit OAT zielt auch auf die Vermeidung relevanter exogener Noxen sowie die Korrektur von Lifestyle-Faktoren ab, die in jeder Behandlungssituation als potenzielle Ursache oder Ko-Faktoren einer OAT berücksichtigt werden sollten (Köhn und Schuppe 2021).
Wird eine Varikozele als (Haupt-) Ursache einer OAT diagnostiziert, kommt eine operative Behandlung mittels Ligatur bzw. Mikrodissektion oder Sklerosierung in Betracht (Kap. „Operative Therapien in der Andrologie“). Eine Hodenbiopsie zur testikulären Spermienextraktion (TESE, Mikro-TESE) ist dagegen nur in Ausnahmefällen indiziert, beispielsweise bei therapierefraktärer Nekrozoospermie oder eine für die Durchführung einer IVF/ICSI zu geringe Spermienzahl und – qualität im Ejakulat (Kryptozoospermie) (Tournaye et al. 1996; Alkandari et al. 2021). Bei strukturellen Spermiendefekten, die durch einen vollständigen Verlust der Motilität bei erhaltener Vitalität gekennzeichnet sind, besteht dagegen keine Indikation zur operativen Spermiengewinnung (siehe Abschn. 4).
Problematisch ist die Frage nach Behandlungsmöglichkeiten bei Patienten mit idiopathischer OAT. Es liegen zwar Studienergebnisse und Empfehlungen für eine pathophysiologisch begründete Pharmakotherapie mit FSH, Antiöstrogenen, Aromatasehemmern und Antioxidanzien vor, der Evidenzgrad wird jedoch insgesamt als gering eingestuft (Colpi et al. 2018; Haidl et al. 2019). Therapieversuche bei idiopathischer OAT sind aufgrund der fehlenden nosologischen Einordnung per definitionem als empirisch anzusehen (Kap. „Therapieversuche bei idiopathischer Infertilität“).

Nicht-obstruktive Azoospermie: Störungen der Spermatogenese

Sertoli-cell-only-Phänotyp

Der Sertoli-cell-only-Phänotyp (SCO) (häufig auch als Syndrom“ bezeichnet, was dem Begriff im eigentlichen Sinne nicht entspricht) ist histopathologisch durch das Fehlen der Keimzellen in den Tubuli seminiferi charakterisiert, wobei das Phänomen sämtliche Samenkanälchen betreffen oder fokal auftreten kann (Bergmann 2006; McLachlan et al. 2007) (Kap. „Biopsie und Histologie des Hodens“).
Es handelt sich nicht um eine nosologische Einheit, sondern um ein heterogenes Krankheitsbild, das sowohl kongenitale als auch erworbene Formen umfasst. Der Erstbeschreibung durch Del Castillo et al. (1947) folgend wird das kongenitale komplette SCO-Pattern auch als Germinal- bzw. Keimzellaplasie bezeichnet, bei dem die Biopsien ausschließlich SCO-Tubuli zeigen. Bei dem kongenitalen oder primären SCO bleibt die Migration der primordialen Keimzellen aus ungeklärten Gründen aus, die Histologie der Sertoli-Zellen erscheint unreif (siehe Kap. „Physiologie der Hodenfunktion“). Im Gegensatz dazu kommt es beim sekundären SCO aufgrund unterschiedlicher Ursachen (vgl. Tab. 1) zu einem späteren Keimzellverlust. Hier ist die Morphologie der Sertoli-Zellen matur und die Keimtubuli zeigen deutliche Anzeichen einer Hyalinisierung (Nistal und Paniagua 1997; Anniballo et al. 2000). Zu den bekannten genetischen Ursachen des SCO zählen Deletionen im langen Arm des Y-Chromosoms (Krausz et al. 2014) (siehe Abschn. 3.5). Ebenso wie die Oligozoospermie kann das SCO-Pattern auch durch verschiedene endogene und exogene Schädigungen, wie Lageanomalien der Testes, Infektionen und Entzündungen, sowie chemische oder physikalische Noxen, hervorgerufen werden (siehe Tab. 1). Auf molekularer Ebene wird eine gestörte Genexpression der Sertoli-Zellen im Zusammenhang mit der Entstehung des SCO vermutet (Paduch et al. 2019). Auch eine Leydigzellfunktionsstörung, die bei einer testikulären Dysgenesie beobachtet werden kann, wird als Ursache für einen SCO-Phänotyp beschrieben, zum Beispiel durch eine Funktionsstörung der Enzyme CYP19A1 und CYP17A1 (Adamczewska et al. 2020; Lardone et al. 2017, 2018).
Ein SCO ist die häufigste Ursache einer nicht-obstruktiven Azoospermie (NOA), deren Prävalenz in der allgemeinen männlichen Bevölkerung auf 1 % geschätzt und in andrologischen Sprechstunden mit bis zu 10 % angegeben wird (Olesen et al. 2017; Tournaye et al. 2017).

Spermatogenesearrest

Der Spermatogenesearrest ist ebenso wie der SCO-Phänotyp ein histopathologisch definiertes Krankheitsbild (Bergmann 2006; McLachlan et al. 2007) (Kap. „Biopsie und Histologie des Hodens“). Die Unterbrechung der Ausreifung der Spermatogonien zu reifen Spermien kann auf unterschiedlichen Stufen der Spermatogenese auftreten und sowohl homogen in beiden Hoden als auch heterogen ausgeprägt sein. Die Ursachen können entweder primär genetisch determiniert sein oder auf sekundäre Einflussfaktoren zurückgehen. Zu den genetischen Ursachen zählen chromosomale Anomalien wie z. B. balancierte Translokationen sowie Deletionen des Y-Chromosoms (Toth et al. 2019; Krausz et al. 2020). Mit Hilfe einer erweiterten genetischen Diagnostik mittels Exom- bzw. Gesamtgenom-Sequenzierung, lassen sich bei einem Teil der Patienten mit NOA monogenetische Ursachen für einen prä-meiotischen oder meiotischen Arrest der Spermatogenese identifizieren (Houston et al. 2021) (s. Abschn. 3.5). Ein erworbener Spermatogenesearrest kann im Zusammenhang mit Allgemeinerkrankungen stehen, darüber hinaus kommen ebenso wie bei der Oligozoospermie gonadotoxische oder andere Faktoren als Ursache in Betracht (Tournaye et al. 2017) (vgl. Tab. 1).

Klinik

Wie oben für Patienten mit OAT dargestellt, können Anamnese und klinische Befunde Hinweise auf mögliche Ursachen eines SCO liefern. Zu beachten sind in diesem Zusammenhang die mit einer primären Hodenschädigung einhergehenden Krankheitsbilder und Faktoren sowie Allgemein- und Systemerkrankungen (siehe Tab. 1 und jeweilige spezifische Kapitel in Sektion IV). Vom Leitsymptom Infertilität abgesehen ist die Mehrzahl der Patienten mit SCO jedoch beschwerdefrei.
Während ein komplettes SCO-Pattern immer mit einer Azoospermie einhergeht, können die Ejakulatbefunde bei fokalen Formen von einer Azoospermie bis zur OAT unterschiedlichen Ausmaßes reichen. Das Hodenvolumen ist bei der Mehrzahl der Patienten mit SCO vermindert, kann aber auch im unteren Normbereich liegen. Die FSH-Werte sind in der Regel erhöht, wobei die Serumspiegel positiv mit dem Schweregrad der Spermatogenese-Schädigung korrelieren (Bergmann et al. 1994; Tüttelmann et al. 2011). Durch die gleichzeitige Bestimmung von Inhibin B, das als Sekretionsprodukt der Sertoli-Zellen negativ mit dem Ausmaß der Keimepithelschädigung korreliert, kann die diagnostische Sicherheit erhöht werden (von Eckardstein et al. 1999; Zhu et al. 2019). Weder Inhibin B allein noch die Kombination mit FSH erlauben jedoch eine sichere Vorhersage über das Vorhandensein einer fokal erhaltenen Spermatogenese bis zu elongierten Spermatiden und damit die Erfolgsaussichten einer testikulären Spermienextraktion (TESE). Die Testosteronproduktion in den Leydig-Zellen des Hodens kann ungestört sein; neben den verschiedenen Formen eines primären oder gemischten Hypogonadismus (siehe Tab. 1) muss im Zusammenhang mit einer Infertilität des Mannes mit einem erhöhten Risiko für hypogonadale Testosteronspiegel gerechnet werden (Bobjer et al. 2016; Corona et al. 2020; Ferlin et al. 2021).
Die abgesehen von ihrer Infertilität asymptomatischen Patienten mit einem vollständigen Arrest der Spermatogenese weisen immer eine Azoospermie auf. Bei inhomogenen bzw. partiellen Formen eines Spermatogenesearrests kann auch eine OAT vorkommen, die zumeist hochgradig ausgeprägt ist (Tüttelmann et al. 2018) (siehe Abschn. 2). Hodenvolumina sowie FSH- und Inhibin B-Serumspiegel liegen bei der Mehrzahl der betroffenen Patienten im Normbereich (Olesen et al. 2017). Im Unterschied zur obstruktiven Azoospermie finden sich auch normale Werte für die biochemischen Marker der sekretorischen Funktion der akzessorischen Drüsen sowie des Nebenhodens im Ejakulat (Tüttelmann et al. 2011; WHO 2021). Die Differenzialdiagnose zwischen Spermatogenesearrest und hodennah gelegenen Obstruktionen der Samenwege kann letztlich allerdings häufig nur anhand einer Hodenbiopsie erfolgen.

Histopathologie

Die histologische Beurteilung von Hodenbiopsien erlaubt die genaue Differenzierung von Spermatogenesestörungen, die in der äußerst heterogenen Patientengruppe mit einer NOA von der Hypospermatogenese mit Zeichen der Desorganisation des Keimepithels und verminderter Anzahl elongierter Spermatiden in den Tubuli seminiferi bis zu Spermatogenesearrest und komplettem SCO reichen (Bergmann 2006) (Abb. 1; Kap. „Biopsie und Histologie des Hodens“). Eine ätiologische Einordnung von Testesschäden anhand dieser deskriptiven histopathologischen Endpunkte ist allerdings nicht möglich.
Abb. 1
Histopathologische Befunde bei Spermatogenesestörungen mit definierten genetischen Ursachen. A-C) Patienten mit Varianten des DMRT1-Gens Sertoli-cell-only-Phänotyp mit einzelner verbliebener Spermatogonie (→) (A); prä-meiotischer Arrest (Stufe der Spermatogonien) (B); komplette Tubulusatrophie („Tubulusschatten“) mit Leydig-Zellhyperplasie (C); D-E) Patienten mit meiotischem Arrest bei Gen-Varianten in SHOC1 (D) und M1AP (E); F) Patient mit AZFc-Deletion des Y-Chromosoms und erhaltener Spermatogenese bis zu einzelnen elongierten Spermatiden (Ο) (Hämatoxylin-Eosin; Primärvergrößerung x40)
In ca. 1/3 der Fälle sind die histopathologischen Befunde bei NOA heterogen, sowohl innerhalb eines Hodens als auch seitenabhängig (McLachlan et al. 2007). Dies ist nicht nur diagnostisch bedeutsam, sondern vor allem für das therapeutische Ziel von Hodenbiopsien bei NOA, einer TESE, relevant. Dementsprechend sollten grundsätzlich beide Hoden biopsiert und jeweils Gewebsproben an verschiedenen Stellen entnommen werden (Kap. „Biopsie und Histologie des Hodens“). Der Histologie kommt hierbei der größte prognostische Stellenwert im Hinblick auf eine erfolgreiche TESE und anschließende ICSI zu (Schulze et al. 1999; Tüttelmann et al. 2011; Jungwirth et al. 2019).
Mit einer Prävalenz von über 30 % stellt der SCO-Phänotyp die häufigste histopathologische Diagnose bei NOA dar; für das komplette, bilaterale SCO-Bild wird eine Häufigkeit von ca. 15 % angegeben (McLachlan et al. 2007; Schuppe et al. 2022). Bei den anlagebedingten oder präpuberal erworbenen Formen weisen die Tubuli seminiferi verminderte Durchmesser auf; neben reifen Sertoli-Zellen finden sich nicht selten Tubuli mit immaturen Sertoli-Zellen, bis hin zu sog. unreifen Keimsträngen ohne Tubuluslumen (Nistal und Paniagua 1997; Anniballo et al. 2000; McLachlan et al. 2007) (Kap. „Biopsie und Histologie des Hodens“). Die Lamina propria der Tubuli ist bei einem sekundären SCO verdickt, im Interstitium besteht meist eine Leydig-Zell-Hyperplasie und Zunahme von Makrophagen und Mastzellen, letztere auch in enger Assoziation zur Lamina propria (Meineke et al. 2000; Frungieri et al. 2002; Hauptman et al. 2021).
Die Definition des fokalen oder partiellen SCO ist dagegen nicht einheitlich; in einem variablen Prozentsatz der Tubuli seminferi finden sich noch Keimzellen, teilweise bis zu elongierten Spermatiden. Allerdings ist die Spermatogenese auch in den betreffenden Tubuli meist quantitativ und/oder qualitativ stark beeinträchtigt, sodass bei der Mehrzahl der Patienten eine Azoospermie besteht (Bergmann 2006) (Kap. „Biopsie und Histologie des Hodens“). Bei dem heterogenen fokalen SCO können Tubulusdurchmesser und pathologische Veränderungen der Lamina propria erheblich variieren, auch vollständig atrophierte Tubuli, sog. Tubulusschatten, und interstitielle Fibrose kommen vor. Reife Sertoli-Zellen in Tubuli mit erhaltenem Lumen zeigen meist eine hochprismatische Anordnung mit regulären triangulären Zellkernen und zentralem Nucleolus; eine ausgeprägte Vakuolisierung des Zytoplasmas wird als Zeichen der Involution oder Dedifferenzierung aufgefasst (Nistal und Paniagua 1997; Brehm et al. 2006). SCO-Tubuli mit stark abgeflachten Sertoli-Zellen können mit anderen Zeichen einer geringgradigen testikulären Entzündung einhergehen (Schuppe und Bergmann 2013) (Kap. „Orchitis“).
Auch die histopathologischen Befunde bei einem Arrest der Spermatogenese können sehr unterschiedlich sein. Eine Einordnung erfolgt anhand der Ebene, auf der die Spermatogenese arretiert ist, also der Stufe der Spermatogonien (prä-meiotischer Arrest), der primären oder sekundären Spermatozyten (meiotischer Arrest) oder der runden Spermatiden (Fietz und Bergmann 2017) (Abb. 1). Neben einem homogen in beiden Hoden gleichermaßen ausgeprägten Spermatogenesearrest kommen sehr heterogen ausgeprägte, auch seitendifferente Formen vor, einschließlich residualer Tubuli mit qualitativ erhaltener Spermatogenese bis zu einzelnen elongierten Spermatiden (McLachlan et al. 2007). Im Zusammenhang mit den genannten Störungen der Spermatogenese können ebenso wie im alternden Hoden multinukleäre Spermatogonien bzw. Spermatozyten beobachtet werden (Holstein et al. 1988). Bei Spermatogenesearrest finden sich vermehrt sogenannte Riesen- oder Megalospermatozyten; diese übergroßen primären Spermatozyten entstehen durch eine Asynapsis der Chromosomen während der Prophase I und führen somit zu einer defekten Meiose (Holstein et al. 1988; Johannisson et al. 2003). Die Angaben zur Prävalenz von Spermatogenesearresten reichen in der Literatur bis zu 30 % der Hodenbiopsiebefunde; in einer eigenen Patienten-Kohorte mit einer NOA betrug sie 7 % (Schuppe et al. 2022). Am häufigsten ist ein Spermatogenesearrest auf Stufe der primären Spermatozyten zu beobachten.

Genetische Ursachen

Die häufigste genetische Ursache für eine Spermatogenesestörung, die überwiegend in einer NOA resultiert, ist das Klinefelter-Syndrom, eine numerische Chromosomenveränderung (Karyotyp 47,XXY; Kap. „Klinefelter-Syndrom, 47,XYY-Syndrom“). Bei 10–15 % der azoospermen Männer wird ein Klinefelter-Syndrom diagnostiziert. Weitere chromosomale Ursachen für Spermatogenesestörungen sind: Y-Isochromosom, Y-Ringchromosom, 46,XX-Karyotyp, der meist durch die Translokation der SRY-Region bedingt ist, oder balancierte chromosomale Translokationen (Kap. „XX-Mann“ und Kap. „Strukturelle Chromosomenanomalien“). Bei letzteren kann die Ejakulatqualität stark variieren und von einer Azoospermie bis zur Normozoospermie reichen. Ähnlich variabel ist der testikuläre Phänotyp bei Männern mit balancierter Translokation, sodass sowohl ein SCO-Phänotyp, als auch meiotischer Arrest der Spermatogenese, Hypospermatogenese oder normale Spermatogenese möglich sind (Krausz und Riera-Escamilla 2018) (Kap. „Biopsie und Histologie des Hodens“).
Die zweithäufigste genetische Ursache für Spermatogenesestörungen sind Mikrodeletionen der sogenannten „Azoospermie-Faktoren“ (AZF) auf dem langen Arm des Y-Chromosoms (Kap. „Strukturelle Chromosomenanomalien“). Mikrodeletionen der AZF-Regionen finden sich, je nach Selektionskriterien und Population, bei 2–10 % aller Männer mit NOA (Krausz et al. 2014). Hierbei werden die drei Regionen AZFa, AZFb und AZFc unterschieden. Bei Patienten mit einer kompletten AZFa-Deletion findet sich nahezu ausnahmslos ein SCO-Phänotyp. Der testikuläre Phänotyp bei Männern mit kompletter AZFb-Deletion kann ein SCO oder Meiose-Arrest sein. Im Gegensatz dazu variiert der testikuläre Phänotyp bei Männern mit kompletter AZFc-Deletion und kann sowohl in einem SCO, Meiose-Arrest oder einer Hypospermatogenese resultieren. Auch eine schwere Oligozoospermie oder Kryptozoospermie sind bei Männern mit kompletter AZFc-Deletion möglich (Krausz et al. 2014).
Durch die Forschung und technischen Entwicklungen, insbesondere die Einführung der Methode des Next-Generation-Sequencing (NGS), wurden inzwischen über 200 Gene beschrieben, die mit Spermatogenesestörungen assoziiert sind (Houston et al. 2021). Für die meisten dieser Gene gibt es bislang allerdings nur eine geringe klinische Evidenz, sodass eine Untersuchung vieler dieser Gene in der Diagnostik noch nicht sinnvoll ist. Das Evidenzlevel zeigt an, wie sicher es ist, dass krankheitsrelevante Varianten (Mutationen) in einem Gen mit einem bestimmten Phänotyp assoziiert sind. Zur Bestimmung der Evidenz, wird meist die Klassifikation nach ClinGen genutzt (Riggs et al. 2020). Ausreichend Evidenz gibt es basierend auf einer aktuellen Übersicht (Houston et al. 2021) dafür, dass die Gene NR5A1, WT1, DMRT1, FANCA und USP26 mit einem SCO assoziiert sind. Die Gene AR, NR5A1, APOA1, CDC14A und FSHR sind mit einem prä-meiotischen Arrest assoziiert, wohingegen die Gene AR, M1AP, TEX11, FANCM, MEI1, SYCP3, TEX15, CDC14A, DMRT1, FSHR, STAG3, TEX14 und XRCC2 mit einem Arrest auf Stufe der Spermatozyten assoziiert sind. Die Bewertung der nachgewiesenen Varianten erfolgt nach den American College of Medical Genetics and Genomics-Association for Molecular Pathology (ACMG-AMP)-Kriterien und basiert meist ausschließlich auf in silico Vorhersagen (Preston et al. 2022). Eine Übersicht der mit Spermato- und Spermiogenesestörungen assoziierten Gene und der damit verbundenen Phänotypen findet sich in Tab. 2.
Tab. 2
Auswahl mit Spermato- und Spermiogenesestörungen assoziierter Gene und der damit verbundenen Phänotypen [adaptiert nach Houston et al. (2021) und eigenen Daten]
Phänotyp
Gen
NOA: Sertoli-cell-only-Phänotyp
DMRT1, FANCA, NR5A1, USP26, WT1
NOA: Prä-meiotischer Arrest
AR, CDC14A, NR5A1
NOA: Meiose-Arrest
ADAD2, AR, CDC14A, DMRT1, FANCM, GCNA, MEI1, M1AP, MSH4, MSH5, RAD21L1, RNF212, SHOC1, SPO11, STAG3, SYCE1, SYCP2, SYCP3, TERB1, TERB2, TEX11, TEX14, TEX15, XRCC2
Makrozoospermie
AURKC
Globozoospermie
DPY19L2
Acephale Spermien
PMFBPI, SUN5, TSGA10
Mittelstück- und Flagellumdefekte
(Multiple morphological abnormalities of the sperm flagella; MMAF)
ARMC2, CCDC39, CCDC40, CDC14A, CEP290, CFAP43, CFAP44, CFAP65, CFAP69, CFAP91, CFAP251, DNAAF2, DNAAF4, DNAAF6, DNAH1, DNAH17, FSIP2, MNS1, LRRC6, PMFBP1, QRICH2, RSPH3, SEPTIN12, SPEF2, TTC29
NOA: Nicht-obstruktive Azoospermie
In vielen Fällen ist eine klare Genotyp-Phänotyp-Korrelation noch nicht möglich. So wurden beispielsweise krankheitsrelevante Varianten (Mutationen) im TEX15-Gen sowohl als ursächlich für einen SCO-Phänotyp und Meiose-Arrest (Okutman et al. 2015) als auch für eine Kryptozoospermie (Wang et al. 2018) beschrieben. Varianten im M1AP-Gen können sowohl mit einer Azoospermie aufgrund eines kompletten bilateralen Meiose-Arrests als auch mit einer Kryptozoospermie assoziiert sein (Wyrwoll et al. 2020). Ein sehr breites phänotypisches Spektrum ist mit Varianten im NR5A1-Gen assoziiert, da sowohl schwere Phänotypen wie eine Gonadendysgenesie (46,XY differences in sex development, DSD) oder Funktionsstörungen der Nebenniere möglich sind, aber auch eine isolierte Infertilität mit Azoospermie aufgrund eines SCO auftreten kann (Domenice et al. 2016). In allen Fällen ist noch nicht abschließend geklärt, ob die Variation der Phänotypen durch das Zusammenspiel mehrerer Gene (di- oder oligo-gen wie u. a. beim kongenitalen hypogonadotropen Hypogonadismus bekannt, s. Kap. „Hypogonadotroper Hypogonadismus und Kallmann-Syndrom“), oder durch die Art der Varianten in dem jeweiligen Gen bedingt ist (schwerer/milder Einfluss auf die Gen-Expression/das Protein).
Die meisten der oben genannten Gene folgen einem autosomal-rezessiven Erbgang (Houston et al. 2021). Allerdings wurden auch Gene beschrieben, die autosomal-dominant, wie DMRT1 und NR5A1 oder X-chromosomal, wie AR, TEX11 oder USP26, vererbt werden. Auch Neumutationen kommen als Ursache in Betracht, wobei zum Nachweis die Untersuchung beider Elternteile erforderlich ist (Oud et al. 2022).
Durch den Nachweis von krankheitsrelevanten Varianten in einem der oben genannten Gene können die Chancen für eine testikuläre Spermienextraktion (TESE) abgeschätzt werden. Daher empfiehlt es sich, die genetische Diagnostik vor der Hodenbiopsie durchzuführen. Obwohl die Patienten-Fallzahlen pro Gen noch gering sind und somit derzeit keine definitiven Aussagen erlauben, muss bei Nachweis von sicher krankheitsrelevanten Varianten in den meisten der oben genannten Gene, von sehr geringen Chancen für eine erfolgreiche Hodenbiopsie ausgegangen werden. Einzig bei Patienten mit Varianten in M1AP, TEX15 und ZMYND15 wurde der Gewinn von Spermien durch eine Hodenbiopsie beschrieben (Wyrwoll et al. 2022). Die Erfolgsaussichten für eine ICSI bei Verwendung dieser Spermien sind ebenfalls noch unklar.
Aufgrund der Heterogenität von Spermatogenesestörungen, ist eine Gen-Panel-Diagnostik empfehlenswert. Mit dieser können viele Gene gleichzeitig untersucht werden. Idealerweise erfolgt eine „virtuelle“ Panel-Diagnostik auf Basis einer Exom-Analyse. Dies ermöglicht bei unauffälligem Befund die Re-Evaluierung der Daten nach einiger Zeit hinsichtlich dann neuer Gene. Nach der aktuellen AWMF-Leitlinie kann bei Verdacht auf eine monogene Form der Spermatogenesestörung eine molekulargenetische Analyse erfolgen, wobei es keine Vorgaben zu den zu untersuchenden Genen gibt (Toth et al. 2019). Dies wird sich in der Zukunft durch systematische Untersuchung und genetische Analyse größerer Patientenkohorten mit Spermatogenesestörungen ändern.

Therapie

Kausale medikamentöse Therapieoptionen im Sinne einer Verbesserung der Spermatogenese bestehen weder bei einem (kompletten) SCO noch einem prä-meiotischen oder meiotischen Spermatogenesearrest. Eine Spermatogenese bzw. Maturation unreifer Keimzellen in vitro ist bisher nicht möglich (Kap. „Fertilitätsprotektion (Kryokonservierung menschlicher Spermien und von Hodengewebe, gonadale Stammzellen)“). Unter Berücksichtigung der oben dargestellten genetischen Befunde mit infauster Prognose verbleibt als symptomatischer Therapieansatz lediglich eine multi-lokuläre beidseitige Hodenbiopsie/TESE mit dem Ziel einer IVF/ICSI unter Verwendung testikulärer Spermien.
Ebenso wie bei einer OAT sollte bei der präoperativen Versorgung von Patienten mit NOA auf die Elimination maßgeblicher exogener Noxen einschließlich Lifestyle-Faktoren und die Behandlung relevanter Allgemeinerkrankungen geachtet werden (siehe Abschn. 2.3).
Der Nachweis von Infektionen und/oder Entzündungen im Genitaltrakt rechtfertigt eine antibiotische und/oder anti-inflammatorische Behandlung vor einer operativen Spermiengewinnung (Kap. „Infektionen und Entzündungen der ableitenden Samenwege und akzessorischen Geschlechtsdrüsen“). Um eine Stimulation der evtl. noch vorhandenen residualen Spermatogenese zu erreichen und so die Chancen für eine erfolgreiche TESE zu erhöhen, wurde die Gabe von Antiöstrogenen oder anderen Pharmaka wie Aromatasehemmern, humanem Choriongonadotropin (HCG) und FSH bei NOA vorgeschlagen (Caroppo und Colpi 2021). Allgemeine Empfehlungen für eine präoperative Anwendung der Präparate vor einer geplanten Hodenbiopsie/TESE werden derzeit jedoch nicht gegeben (Schlegel et al. 2021b). Eine Behandlung ist als Heilversuch (off-label-Therapie) einzustufen, auch mit unerwünschten Effekten auf die Spermatogenese muss gerechnet werden (Fietz et al. 2020).
Mit Hilfe einer präoperativen Gen-Panel-Diagnostik wie oben dargestellt können frustrane medikamentöse und operative Therapiemaßnahmen zukünftig vermieden werden.

Spezifische strukturelle Spermiendefekte: Störungen der Spermiogenese

Die Analyse gefärbter Ejakulat-Ausstrichpräparaten zeigt bereits bei fertilen Männern ein „buntes“ Bild, d. h. eine erhebliche morphologische Variabilität der Spermien. Normal geformte Spermien nach sog. strikten Kriterien machen hierbei nur einen relativ kleinen Anteil aus (WHO 2021) (Kap. „Untersuchung des Ejakulates“). Andererseits spiegeln Ausprägung und Häufigkeit bestimmter Formstörungen der Spermien Schäden der Spermato- und Spermiogenese im Hoden, aber auch Störungen der Nebenhodenfunktion wider (Haidl und Schuppe 2006). Bei einigen Patienten weist die Mehrzahl der untersuchten Spermien gleichförmige strukturelle Defekte im Bereich der Kopfsegmente und/oder Flagella auf, die bereits lichtmikroskopisch zu erkennen sind (Abb. 2). Eine genauere ultrastrukturelle Charakterisierung derartiger systematischer Formstörungen erlaubt die Elektronenmikroskopie (Dadoune 1988; Holstein et al. 1988; Chemes und Rawe 2003). Für verschiedene spezifische Defekte konnten inzwischen monogenetische Ursachen identifiziert werden (Coutton et al. 2015; Houston et al. 2021) (Tab. 2; Abb. 3).
Abb. 2
Spezifische strukturelle Spermiendefekte. A, A′) Normalbefund; B, B′) Makrozoospermie; C, C′) Globozoospermie; D, D′) acephale Spermien („pinheads“); E, E′) Mittelstück- und Flagellumdefekte bei primärer ciliärer Dyskinesie (PCD); F, F′) rudimentäre Flagella („stump tail“) (Ausstrichpräparate nach Shorr-Färbung; Primärvergrößerung x100)

Makrozoospermie

Eine besondere Form der Teratozoospermie ist die Makrozoospermie, bei der ausschließlich pathomorphe Spermien mit zu großen, amorphen Kopfsegmenten, abnormalen Mittelstücken und multiplen Flagella im Ejakulat zu finden sind, in der Literatur auch als „Large headed multi-flagellar spermatozoa bezeichnet (Abb. 2B, B′). Bei der Mehrzahl der Patienten geht das vollständige Fehlen normal geformter Spermien mit einer Verminderung der Spermienkonzentration und -motilität (OAT) einher. Ultrastrukturelle Untersuchungen zeigten ein im Durchschnitt 3-fach erhöhtes Kernvolumen sowie 3,6 Flagella je Kopfsegment (Escalier 1983). Mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung lässt sich eine entsprechend hohe Rate polyploider bzw. aneuploider Spermien belegen (Coutton et al. 2015).
Die Beobachtung einer familiären Häufung der Makrozoospermie im nordafrikanischen Raum legte eine genetische Ursache nahe. Es konnten homozygote Mutationen im Aurora-Kinase C (AURKC)-Gen identifiziert werden, wobei unter den Varianten im AURKC-Gen die Deletion c.144delC als sogenannte „Founder-Mutation“ mit ca. 85 % den größten Anteil ausmacht (Dieterich et al. 2007; Ben Khelifa et al. 2012). Die Entstehung des Phänotyps der Makrozoospermie wird auf eine gestörte chromosomale Segregation und Zytokinese während der Meiose zurückgeführt, an der die primär im Hoden exprimierte Aurora-Kinase C (AURKC) beteiligt ist (Coutton et al. 2015). Eine Aufteilung der tetraploiden Spermatozyten zu haploiden Spermien bleibt aus, die „verschmolzenen“ Kopfsegmente bilden Megaloformen mit multiplen Flagella. Diese meist polyploiden Spermien eignen sich nicht für eine assistierte Fertilisation mittels ICSI (Chelli et al. 2010).

Globozoospermie

Bei der Globozoospermie handelt es sich um eine seltene Störung der Spermiogenese, bei der die charakteristische Gestaltänderung des Spermatidenkerns unterbleibt und die ejakulierten Spermien eine kugelrunde Kopfform ohne Akrosom zeigen (Schirren et al. 1971; Dam et al. 2007) (Abb. 2C, C′). Es finden sich partielle und komplette Formen der Globozoospermie; bei der letztgenannten weisen sämtliche Spermien den monomorphen Defekt auf (Coutton et al. 2015). Elektronenmikroskopisch abzugrenzen ist die sog. Pseudo-Globozoospermie, bei der rund erscheinende Spermienköpfe mit regelrechter Akrosomanlage von residualem Zytoplasma umgeben sind.
Der Globozoospermie liegt eine Störung der komplexen Biogenese des Akrosoms aus pro-akrosomalen Vesikeln zugrunde, die vorwiegend aus dem Golgi-Apparat stammen, fusionieren und mit der Spermatidenkernmembran interagieren (Pleuger et al. 2020). Die fehlerhaft gebildeten Akrosombläschen werden von den umgebenden Sertoli-Zellen aufgenommen.
Familiäres Auftreten der Globozoospermie und die Etablierung von Knockout-Maus-Modellen mit ähnlichem Phänotyp sprachen bereits früh für eine genetische Grundlage. Inzwischen wurden Mutationen in einer ganzen Reihe von Genen beschrieben, die an der Akrosombildung beteiligte Proteine kodieren (Coutton et al. 2015). In über 70 % der Fälle wurden Varianten (vor allem Deletionen) im DPY19L2-Gen als Ursache einer Globozoospermie identifiziert, darüber hinaus Mutationen im SPATA16-Gen (Dam et al. 2007; Elinati et al. 2012; Oud et al. 2020).
Patienten mit einer kompletten Globozoospermie weisen meist eine normale oder subnormale Spermienkonzentration und erhaltene Motilität auf; die Spermien können jedoch aufgrund der fehlenden Akrosomstrukturen und -enzyme nicht mit der Eizelle interagieren, d. h. eine Fertilisierung unter natürlichen Bedingungen ist unmöglich (Dam et al. 2007). Die bei einer Globozoospermie beobachtete erhöhte Rate von Spermien mit fragmentierter DNA wird als Folge einer gestörten Chromatinkondensation mit pathologischer Histon-Protamin-Ratio angesehen (Dam et al. 2007; Faja et al. 2021).

Acephale Spermien

Acephale, meist gut bewegliche Spermien werden bei der Klassifikation der Spermienmorphologie in der Praxis als sog. Pinheads bezeichnet (WHO 2010) (Kap. „Untersuchung des Ejakulates“) (Abb. 2D, D′). Derartige pathologische Formen lassen sich vereinzelt in Ejakulaten fertiler Männer beobachten; bei Fertilitätsstörungen kann ihr Anteil über 10 % der Spermien betragen. Selten treten acephale Spermien als vorherrschender Phänotyp im Sinne eines monosymptomatischen Defektgeschehens auf, das auch als „Dekapitationssyndrom“ bezeichnet wurde (Haidl und Schuppe 2006). Ursache ist eine defekte Verbindung zwischen Kopfsegment und Halsregion während der Spermatidendifferenzierung. Ultrastrukturelle Untersuchungen zeigten entweder eine fehlende Anheftung des Capitulums als Teil des Verbindungsstücks an die sog. Basalplatte in der Implantationsgrube am distalen Ende des Nukleus oder eine Dissoziation des proximalen und distalen Zentriols (Chemes und Rawe 2003).
Molekulare Details des komplexen Verbindungsapparats zwischen Spermienkopf und Flagellum unter Beteiligung verschiedener Proteine wie SUN5 und PMFBP1 wurden kürzlich in einem Knockout-Maus-Modell untersucht (Zhang et al. 2021). Beim Menschen können Varianten in den Genen PMFBPI, SUN5 sowie TSGA10 ebenfalls einen Phänotyp mit acephalen Spermien verursachen (Houston et al. 2021).

Mittelstück- und Flagellumdefekte

Viele Patienten mit monogenen Formen der Spermiogenesestörungen weisen eine Kombination aus Astheno- und Teratozoospermie auf, die aus strukturellen Defekten der Spermien im Bereich des Mittelstücks und des Flagellums resultiert (Chemes und Rawe 2003). Ein normaler Spermienschwanz besitzt neun Mikrotubuli-Paare, die konzentrisch um ein zentrales Paar angeordnet sind (9+2). Die Tubuli eines jeden Paares sind untereinander und speichenartig mit den zentralen Tubuli durch Dyneinarme verbunden sowie nach außen im Bereich des Mittel- und Hauptstücks von Mantelfasern und einer fibrösen Hülle umgeben (s. Kap. „Physiologie der Spermienreifung u. Fertilisierung“ und Kap. „Untersuchung des Ejakulates“; Abb. 3). Sämtliche Einzelstrukturen dieses komplexen Aufbaus, in den über 1000 Proteine involviert sind, können von Defekten und einem entsprechenden Funktionsverlust betroffen sein. Diese werden auch unter dem Begriff Multiple morphological abnormalities of the sperm flagella“ (MMAF) zusammengefasst (Coutton et al. 2015). Der phänotypisch heterogenen Gruppe der Mittelstück- und Flagellumdefekte ist die Beobachtung einer stark eingeschränkten bis vollständig fehlenden Motilität der Spermien bei normal erhaltener Vitalität gemeinsam. Es finden sich Kaliberschwankungen und Membranschäden mit Unterbrechungen der regulären Mittelstück- und Flagellumstrukturen (Abb. 2E, E′); hierzu gehören auch Defizienz oder vollständiges Fehlen der im Mittelstück lokalisierten Mitochondrien. Darüber hinaus zeigen sich pathologische Veränderungen der Länge der Flagella, von fehlenden Endstücken bis zu schwersten Entwicklungsstörungen der Spermien, die aufgrund einer Dysplasie der fibrösen Hülle in einer rudimentären Anlage des Flagellums resultieren (short bzw. stump tail syndrome) (Stalf et al. 1995; Chemes und Rawe 2003) (Abb. 2F, F′).
Abb. 3
Schematischer Aufbau eines Spermiums mit Querschnittsdarstellung. Die Funktion der von mit Astheno- oder Teratozoospermie assoziierten Genen kodierten Proteine sind gekennzeichnet; zu den Genen, die an der Akrosombildung beteiligte Proteine kodieren, gehören DPY19L2 u. a. (siehe Tab. 2)
Fehlen die Dyneinarme, die die Mikrotubuli miteinander verbinden, besteht eine vollständige Immotilität der Spermien. Weist der Patient neben der Asthenoteratozoospermie auch einen abnormen Zilienschlag in Nase und Lunge auf, die mit Sekrettransportstörungen, Atemwegsinfektionen und Bronchiektasen einhergehen, spricht man von einer primären ciliären Dyskinesie (PCD), früher auch als Syndrom der immotilen Zilien bezeichnet (Afzelius et al. 1975; Chemes und Rawe 2003; Sironen et al. 2020). Eine Unterform dieses seltenen Krankheitsbildes ist das Kartagener Syndrom, bei dem sich zusätzlich zu den genannten Symptomen ein Situs inversus findet (Kartagener 1935). Neben Anomalien der Dyneinarme können bei der PCD auch andere ultrastrukturelle Defekte des Spermienaxonems auftreten (Coutton et al. 2015). Genannt sei hier das 9 + 0-Syndrom, das durch ein Fehlen des zentral angelegten Mikrotubuli-Paares gekennzeichnet ist (Baccetti et al. 1979).
Familienstudien lieferten frühe Hinweise darauf, dass eine PCD einschließlich des Kartagener-Syndroms genetisch bedingt ist; die Störung wird in den meisten Fällen autosomal-rezessiv vererbt. So wurden für Dynein-Proteine kodierende Gene wie DNAH1 (dynein axonemal heavy chain I) mit der PCD in Verbindung gebracht und Mutationen in diesen Genen beschrieben (Coutton et al. 2015). Einige der Gene, die mit einem MMAF-Phänotyp assoziiert sind, werden außer im Hoden auch in anderen Organen exprimiert. Das Fehlen des jeweiligen Proteins kann neben dem Schlag des Flagellums wie oben beschrieben auch den Zilienschlag in Nase und Lungen beeinträchtigen. Inzwischen wurden diverse Gene als mit MMAF assoziiert beschrieben (Houston et al. 2021) (Tab. 2). Die Funktion einiger dieser Gene ist in Abb. 3 dargestellt.

Klinik und Diagnostik

Leitsymptom struktureller Spermiendefekte ist die Infertilität, die auch Teil eines syndromalen Krankheitsbildes wie der PCD sein kann. Bei Patienten mit einem MMAF-Phänotyp empfiehlt es sich deshalb, bei der Anamneseerhebung gezielt nach Beschwerden infolge einer Rhinitis, Sinusitis, Otitis media, rezidivierender bzw. chronischer Bronchitis und Pneumonien zu fragen. Sind bereits Bronchiektasen oder ein Situs inversus bekannt, kann dies ebenfalls wegweisend sein.
Die klinisch-andrologischen Befunde wie Hodenvolumina und basaler Hormonstatus sind bei Patienten mit spezifischen strukturellen Spermiendefekten infolge von Spermiogenese-Störungen meist unauffällig. Bei Verdacht auf ein Kartagener-Syndrom sollte eine Thoraxübersichtsaufnahme veranlasst werden.
Zentrales Element der Diagnostik ist die Ejakulatuntersuchung einschließlich einer exakten Analyse gefärbter Ausstrichpräparate (WHO 2021) (Kap. „Untersuchung des Ejakulates“). Spermiogramme zeigen typischerweise eine Teratozoospermie bzw. Asthenoteratozoospermie, teilweise auch mit einer Oligozoospermie kombiniert (Coutton et al. 2015). Zur Differenzierung zwischen immotilen und toten Spermien im Ejakulat eignet sich der Eosin-Test. Bei der Beurteilung der Spermienmorphologie lassen sich die oben dargestellten monosymptomatischen Defekte bereits lichtmikroskopisch gut erkennen (Abb. 2). Die detaillierte ultrastrukturelle Charakterisierung von Defekten, insbesondere bei MMAF, ist elektronenmikroskopischen Untersuchungen vorbehalten.
Zunehmende diagnostische Bedeutung erlangt die genetische Diagnostik (siehe Kap. „Zyto- und molekulargenetische Untersuchungen“). Im Gegensatz zu Spermatogenesestörungen finden sich bei Patienten mit Störungen der Spermiogenese in der Regel keine zytogenetischen Auffälligkeiten. Stattdessen sind mittlerweile über 30 Gene bekannt, die mit morphologischen Auffälligkeiten von Spermien assoziiert sind (Houston et al. 2021) (Tab. 2; Abb. 3). In diesem Fall ist die genaue Phänotypisierung der Spermiendefekte umso wichtiger, da sie die Möglichkeit bietet, gezielt Gene zu untersuchen, die hiermit assoziiert sind.
Bei Spermiogenesestörungen mit entsprechendem Verdacht auf eine monogene Ursache der männlichen Infertilität kann gemäß der aktuellen AWMF-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie vor einer reproduktionsmedizinischen Behandlung eine molekulargenetische Analyse erfolgen (Toth et al. 2019). Vorgaben zu den zu untersuchenden Genen gibt es derzeit nicht. Ebenso wie bei den oben dargestellten Spermatogenesestörungen empfiehlt sich bei Patienten mit MMAF-Phänotyp aufgrund der Heterogenität eine Exom-basierte Panel-Diagnostik (siehe Abschn. 3.4).

Therapie

Eine kausale Therapie steht bei den hier aufgeführten strukturellen Spermiendefekten nicht zur Verfügung. Mit Ausnahme der Makrozoospermie verbleibt als symptomatischer Behandlungsansatz lediglich eine assistierte Fertilisation mittels IVF/ICSI (Kap. „Assistierte Reproduktion“). Bei einer kompletten Globozoospermie bestehen allerdings ohne artifizielle Eizellaktivierung praktisch keine Aussichten auf Erfolg und auch unter Verwendung von Calcium-Ionophor oder anderen Aktivatoren bleiben die Fertilisierungsraten nach ICSI gering (Chansel-Debordeaux et al. 2015). Auch bei Patienten mit immotilen Zilien kann eine IVF/ICSI durchgeführt werden; zur Identifizierung und Auswahl vitaler Spermien bei absoluter Immotilität eignen sich ein modifizierter HOS-Test oder eine Laser-gestützte Aktivierung der Membranreagibilität (WHO 2021; Nordhoff 2015). Über die Geburt so gezeugter gesunder Kinder wurde berichtet (Gerber et al. 2008; Jayasena und Sironen 2021). Ebenso wurden Schwangerschaften nach IVF/ICSI bei Patienten mit SUN5-Mutationen und überwiegend acephalen Spermien beobachtet, wobei motile Spermien mit pathomorpher, aber erhaltener Kopf-Halsverbindung eingesetzt wurden (Fang et al. 2018).

Zusammenfassung

  • Leitsymptom von Spermato- und Spermiogenesestörungen ist die Infertilität; entsprechende Einschränkungen der Ejakulatqualität betroffener Männer reichen von einer Oligo-(Astheno-Terato-)zoospermie bis zur nicht-obstruktiven Azoospermie.
  • Zu den vielfältigen Ursachen einer Oligoasthenoteratozoospermie zählen hypothalamisch-hypophysäre Störungen der endokrinen Regulation, direkte Hodenschädigungen sowie post-testikuläre Störungen, die jeweils anlage bedingt oder erworben sein können.
  • Häufig bleibt die Ätiologie männlicher Fertilitätsstörungen allerdings unklar.
  • Bei nicht-obstruktiver Azoospermie erlaubt die Hodenhistologie eine genaue Differenzierung zugrunde liegender Spermatogenesestörungen, zu deren gravierendsten Formen Spermatogenesearrest und Sertoli-cell-only-Phänotyp gehören.
  • Strukturelle Spermiendefekte spiegeln Störungen der Spermiogenese wider und lassen sich lichtmikroskopisch anhand gefärbter Ejakulat-Ausstrichpräparate diagnostizieren; besondere Aufmerksamkeit gilt spezifischen, bei der Mehrzahl der Spermien auftretenden Defekten.
  • Eine zunehmende Bedeutung kommt der genetischen Diagnostik zu; mithilfe molekulargenetischer Untersuchungsmethoden wie der Exom-Sequenzierung können krankheitsrelevante Varianten (Mutationen) mit Spermatogenesestörungen bzw. spezifischen Spermiendefekten assoziierter Gene identifiziert werden.
  • Bei nicht-obstruktiver Azoospermie aufgrund eines Spermatogenesearrests oder eines kompletten SCO-Phänotyps bestehen keine kausalen Therapieoptionen; frustrane symptomatische Therapiemaßnahmen wie multi-lokuläre Hodenbiopsien (TESE) lassen sich durch eine präoperative Gen-Panel-Diagnostik zukünftig vermeiden.
  • Bei systematischen strukturellen Spermiendefekten mit Ausnahme der Makrozoospermie verbleibt als symptomatischer Behandlungsansatz lediglich eine assistierte Fertilisation mittels IVF/ICSI.
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