Einführung und Klassifizierung der Hauterscheinungen bei Patienten mit monoklonalen Gammopathien
Hypergammaglobulinämien
beruhen auf einer pathologisch gesteigerten Produktion von γ-Globulinen. Hierfür gibt es zwei wesentliche Ursachen. Bei der monoklonalen
Gammopathie liegt eine klonale B-Lymphozytenexpansion mit einer homogenen monoklonalen (M) Immunglobulinproduktion vor. Erkrankungen, die mit diesem Typ einer klonalen Proliferation verbunden sind, waren auch als Plasmazelldyskrasien, Immunglobulinopathien
und Dysproteinämien bezeichnet worden. Im Gegensatz dazu besteht eine polyklonale Gammopathie aus einer Vielzahl veränderter
Immunglobuline, die durch verschiedene stimulierte
B-Lymphozyten produziert werden. Meist erfolgt dies im Rahmen einer Grunderkrankung, wie
Lupus erythematodes,
rheumatoide Arthritis,
Sarkoidose oder
Sjögren-Syndrom. Chronische Infektionen wie
Hepatitis C, Acrodermatitis chronica atrophicans mit wiederholter Antigenstimulation können zu einem ähnlichen Bild führen. Die klinischen Manifestationen polyklonaler Gammopathien sind meist heterogen.
Diese zwei verschiedenen Konstellationen unterscheiden sich auch in der Serumelektrophorese. Bei der monoklonalen
Gammopathie wandern die identischen Proteine in einem engen Bereich, sodass ein spitzer Gipfel meist im γ-, β- oder α-2-Globulin-Bereich erscheint. Eine polyklonale Gammopathie führt zu einer breitbasigen Vergrößerung des γ-Bereichs. Höhere Mengen an γ-Globulinen erscheinen normalerweise mit einer polyklonalen Gammopathie und können in der monoklonalen Form auch fehlen.
Manchmal sind die überschießend produzierten
Immunglobuline biologisch aktiv und können beispielsweise zur Erythrozytenschädigung oder Mastzellaktivierung führen. Sie können alteriert sein, wenn zum Beispiel inkomplette Immunglobuline vorliegen. Dies geschieht, wenn niedermolekulare Leichtketten (
Bence-Jones-Proteine)
oder schwere Ketten produziert werden. Etwa die Hälfte der Patienten mit monoklonaler
Gammopathie scheidet auch niedermolekulare Leichtketten mit dem
Urin aus.
Deshalb wird zum Nachweis und zur Charakterisierung einer
Gammopathie eine Protein- und Immunelektrophorese von
Serum und
Urin durchgeführt. Dabei kann der Leicht- und Schwerkettentyp identifiziert werden und eine Zuordnung zu einer IgG-, IgM-, IgA-, IgE- oder IgD-assoziierten Gammopathie ist möglich. Weiterhin wird auch eine Immunglobulinquantifizierung durchgeführt. Das Krankheitsspektrum variiert mit den verschiedenen
Immunglobulinen oder Leicht-/Schwerkettentypen. Auch die
Bence-Jones-Proteine können am besten über die Elektrophorese identifiziert werden. Sehr nützlich ist auch die Bestimmung der
freien
Leicht
ketten (FLK) Kappa (K) und Lambda (L), insbesondere bei Verdacht auf Leichtketten- oder Nonsekretorisches Myelom, Amyloidose, und der light chain deposition disease (Randall-Syndrom (Randall et al
1976)). Unter normalen Umständen ist das Produktionsverhältnis K/L 2/1. Da aber die Leichtketten von den Nieren entsorgt werden und die FLK K kleiner ist als die FLK L, wird diese 3-mal schneller von der Niere filtriert. Deshalb liegt das Normalverhältnis K/L im Blut zwischen 0,26 und 1,65.
Monoklonale
Gammopathien können bei Patienten mit nosologisch klar definierten Krankheitsbildern auftreten:
Eine monoklonale
Gammopathie findet sich aber auch häufig bei Patienten, bei denen die klonale B-Lymphozyten- oder Plasmazellproliferation nicht morphologisch oder histopathologisch nachweisbar ist: Man spricht dann von monoklonaler Gammopathie ungewisser Signifikanz (MGUS). MGUS wird durch 3 Kriterien definiert:
1.
Monoklonales Protein im
Serum <3 g/dl,
Bei solchen Patienten, ebenso wie bei Patienten mit klinischen Symptomen einschließlich Hauterscheinungen mit Assoziation zu
Gammopathie, ist eine Verlaufskontrolle erforderlich. Es muss auf die mögliche Entwicklung eines multiplen Myeloms und anderer hämatologischer maligner Erkrankungen geachtet werden.
Hier soll das Konzept der
monoklonalen Gammopathie mit kutaner Signifikanz (MGKS) eingeführt werden (Lipsker
2017). Einige dermatologische Krankheitsbilder sind stark mit einer monoklonalen
Gammopathie assoziiert, ob diese nun im Rahmen einer nosologisch definierten Entität oder einer MGUS auftritt. Sehr oft ist in diesen Fällen der maligne Klon so klein, dass er sich weder histologisch noch morphologisch nachweisen lässt. In diesen Fällen sind die klinischen Erscheinungen die direkte Konsequenz des malignen Klons, oft sogar direkt die der monoklonalen Gammopathie, sei es durch Ablagerung oder biologische Aktivität. Diese Krankheitsbilder sind relevant und oft aus dermatologischen Gründen therapiebedürftig: Aus Analogie zur monoklonalen Gammopathie mit renaler Signifikanz scheint es deshalb angebracht, diese Krankheitsbilder als monoklonale Gammopathie mit kutaner Signifikanz zu bezeichnen.
Deshalb wird eine aus klinischer und physiopathologischer Sicht relevante Klassifikation der MGKS vorgeschlagen. Ausgeschlossen sind davon alle kutanen direkt sichtbaren Plasmazellproliferationen wie zum Beispiel das kutane Plasmozytom. Die nachfolgend genannten Mechanismen können zu Hauterscheinungen führen.