Allgemeine Maßnahmen
Die Behandlung der alkoholischen Lebererkrankung orientiert sich im Wesentlichen am Stadium der Erkrankung und den damit verbundenen Komplikationen. Über allem steht jedoch die Alkoholabstinenz, die über alle Stadien hinweg die aus prognostischer Sicht mit Abstand wichtigste Intervention darstellt. Verschiedene Studien konnten zeigen, dass frühe Stadien wie eine isolierte Fettleber, leichte
Fibrose oder auch milde alkoholische Hepatitis infolge einer lebenslangen Alkoholkarenz reversibel sein können. Auch bei Patienten mit
Leberzirrhose lässt sich durch eine Alkoholkarenz der weitere Verlauf häufig stabilisieren. Im Gegensatz dazu zeigen Patienten mit fortgesetztem Alkoholkonsum einen progredienten Verlauf mit einer wesentlich schlechteren Prognose.
Eine Malnutrition und damit verbundener Mangel bestimmter
Vitamine und
Spurenelemente (
Folsäure, Thiamin,
Zink,
Vitamin D, Vitamin B
6 etc.) ist bei Patienten mit fortgeschrittener alkoholbedingter Lebererkrankung häufig zu finden und sollte ausgeglichen werden.
Das Management von Komplikationen wie das Auftreten von
Aszites, einer
hepatischen Enzephalopathie oder einer Ösophagusvarizenblutung unterscheidet sich prinzipiell nicht von dem von Patienten mit anderer Ätiologie. Bei terminaler
Leberzirrhose bleibt häufig nur die Lebertransplanation als letzte Behandlungsmaßnahme, wobei der Nachweis einer 6-monatigen Alkoholkarenz eine Voraussetzung ist.
Behandlung der schweren alkoholischen Hepatitis
Patienten mit schwerer alkoholischer Hepatitis sind durch eine erheblich eingeschränkte Kurz- und Langzeitprognose gekennzeichnet: Die 1-Monats-Überlebensrate liegt durchschnittlich bei ca. 65 %, insgesamt überleben nur 30 % die nächsten 6 Monate. Daher wurden in der Vergangenheit verschiedene Scores entwickelt, um Patienten mit einem schweren Verlauf frühzeitig zu identifizieren (Tab.
3). Der am meisten verwendete Score ist der sog. Maddrey-Score, der als Variablen die Prothrombinzeit und das Serumbilirubin des Patienten einschließt. Ein Wert >32 ist gleichbedeutend mit einem schweren Verlauf und mit einer 1-Monats-Mortalität von 30–50 % assoziiert.
Tab. 3
Verschiedene Prognosescores bei alkoholischer Hepatitis
Maddrey Discriminant Function | | Score >32 |
Glasgow alcoholic hepatitis Score | | Score >9 |
| | MELD >21 |
ABIC-Score | Alter, Bilirubin, INR, Kreatinin | Score >9,0 „high risk“ |
Verschiedene Studien und
Metaanalysen haben den Erfolg einer Behandlung mit
Glukokortikoiden im Falle einer schweren alkoholischen Hepatitis untersucht– mit zum Teil divergenten Ergebnissen. Nach der aktuellen Datenlage scheinen nur Patienten mit einem schweren Verlauf (Maddrey-Score >32 oder
hepatische Enzephalopathie) von einer Behandlung zu profitieren (1-Monats-Überleben 80 vs. 65 %). Patienten mit einem Maddrey-Score <32 sollten im Gegensatz dazu aufgrund fehlender Evidenz nicht mit Glukokortikoiden behandelt werden. Ein übliches Behandlungschema für den Fall einer Therapieindikation ist die Gabe von Prednisolon 40 mg über 4 Wochen und mit nachfolgender Reduktion über 2–4 Wochen.
Da jedoch nur circa zwei Drittel der behandelten Patienten auch auf die Behandlung ansprechen und eine langfristige Behandlung mit
Glukokortikoiden aufgrund des darunter erhöhten Infektionsrisikos nicht unproblematisch ist, wurde in der Vergangenheit ein Score entwickelt, der das Ansprechen nach 7 Tagen Therapie voraussagt (sog. Lille-Modell). Patienten mit einem Wert >0,45 wiesen in der Studie trotz Behandlung mit Glukokortikoiden eine unverändert schlechte Prognose auf, die sich von der unbehandelter Patienten nicht unterschied (6-Monats-Überleben 25–30 %). Eine Fortführung der Behandlung wird in diesen Fällen daher nicht empfohlen.
Eine mögliche Alternative bei Kontraindikationen für eine Therapie mit
Glukokortikoiden stellt die Behandlung mit
Pentoxifyllin dar. Die Evidenz dazu ist jedoch spärlich. Patienten mit schwerer alkoholischer Hepatitis und einem Maddrey-Score >32 zeigten in der bislang einzigen publizierten randomisierten, placebokontrollierten Studie eine signifikant verbesserte 6-Monats-Überlebensrate (24 % vs. 46 %). Der Überlebensvorteil in dieser Studie war primär auf eine geringere Inzidenz eines hepatorenalen Syndroms im Behandlungsarm zurückzuführen.
Hingegen scheint ein frühzeitiger Wechsel auf
Pentoxifyllin bei zuvor mit
Glukokortikoiden behandelten Patienten, die nach dem Lille-Modell als Nonresponder klassifiziert werden, nicht zu einer Verbesserung der Prognose zu führen.
Ebenso konnte für die Kombinationsbehandlung mit
Pentoxifyllin und
Glukokortikoiden im Vergleich zur Monotherapie mit Glukokortikoiden in einer kürzlich publizierten belgisch-franzöischen Multicenter-Studie kein Überlebensvorteil aufgezeigt werden (6-Monats-Überleben in beiden Armen ca. 69 %).
Möglichweise profitieren die Patienten jedoch von einer Behandlung mit
Glukokortikoiden und Acetylcystein (ACC). Patienten mit einer solchen Kombinationstherapie wiesen in einer Studie im Vergleich zu Patienten mit Glukokortikoidmonotherapie eine niedrigere 1-Monats-Mortalitätsrate auf (8 % vs. 24 %, p = 0,006). Ein hepatorenales Syndrom als Todesursache war im Kombinationsarm deutlich seltener. Das 6-Monats-Überleben, der primäre Studienendpunkt, unterschied sich zwischen beiden Gruppen jedoch nicht signifikant.
Für andere Therapien, wie z. B. der Einsatz von TNF-Inhibitoren, konnte in der Vergangenheit kein Überlebensvorteil nachgewiesen werden.
Das Management von Patienten mit schwerer alkoholischer Hepatitis sollte auch immer ein Screening auf eine bestehende Infektion beinhalten, die in bis zu 25 % der Fälle bei Diagnosestellung vorliegt. Häufigster Fokus ist demnach eine spontan bakterielle
Peritonitis, gefolgt von pulmonalen Infektionen und
Harnwegsinfektionen. Darüber hinaus wurde bei Patienten mit schwerer alkoholischer Hepatitis, die mit
Glukokortikoiden behandelt wurden, auch eine Häufung invasiver
Aspergillosen beschrieben.
Zusammenfassend haben Patienten mit schwerer alkoholischer Hepatitis eine schlechte Prognose. Nur ein Teil der Patienten scheint von einer spezifischen Therapie zu profitieren. Eine
Lebertransplantation kommt für die Patienten aufgrund der meist bestehenden
Alkoholabhängigkeit nicht in Frage.
Kürzlich konnte eine Studiengruppe aus Frankreich nachweisen, dass hochselektionierte Patienten mit einer schweren alkoholischen Hepatitis (Maddrey-Score >32) und mit einem fehlenden Ansprechen auf eine Behandlung mit
Glukokortikoiden (Lille-Score >0,45) von einer frühzeitigen
Lebertransplantation profitieren (6-Monats-Überleben 77 % vs. 23 %, p < 0,001). Voraussetzung für eine Transplantation war ein stabiles soziales Umfeld und die Evaluation durch verschiedene Instanzen (Familie, Psychiater, Hepatologen, Internisten). 12 % der Patienten konsumierten im Posttransplantverlauf wieder Alkohol. Häufigste Todesursache nach Transplantation waren Infektionen, insbesondere invasive
Aspergillosen. Die Studie wurde national und international kritisch diskutiert. Aufgrund des zunehmenden Organsmangels ist eine Ausweitung der Empfängerkriterien auf Patienten mit schwerer, therapierefraktärer alkoholischer Hepatitis aktuell nicht in Sicht.
Verlauf und Prognose
Die individuelle Prognose von Patienten mit alkoholbedingter Lebererkrankung wird v. a. durch die Schwere der Erkrankung und mögliche Komplikationen beeinflusst. Eine Alkoholkarenz verbessert die Prognose, insbesondere in frühen Stadien, da hier noch von einer Reversibilität der histologischen Veränderung auszugehen ist. Chronischer Alkoholkonsum oberhalb der oben angeführten Grenzen führt in >90 % der Fälle zur Ausbildung einer Steatosis hepatis. Bei fortgesetztem Konsum entwickelt sich nach im Schnitt 10 Jahren bei 10 % eine
Leberzirrhose. 10–35 % der Patienten mit Alkoholabusus und Fettleber entwickeln im natürlichen Verlauf eine alkoholische Hepatitis, die in ca. 50 % der Fälle zur Ausbildung einer Leberzirrhose führt.
Auch die Langzeitprognose der alkoholischen
Leberzirrhose wird wesentlich durch das Einhalten einer Alkoholabstinenz beeinflusst. Kompensierte Patienten mit Alkoholabstinenz weisen 5-Jahres-Überlebensraten (5-JÜR) bis zu 80–90 % auf. Bei fortgesetztem Alkoholkonsum liegt die 5-JÜR jedoch unter 70 %. Dekompensierte Zirrhosepatienten weisen eine signifikant schlechtere Prognose auf, insbesondere bei fortgesetzten Alkoholkonsum liegt die 5-JÜR bei nur noch <30 %. 3–10 % der Patienten mit Leberzirrhose entwickeln im Verlauf ein
hepatozelluläres Karzinom.