Allgemeines
Der geriatrische Patient definiert sich durch hohes Alter als Risikofaktor für aktuelle oder chronifizierende Erkrankungen, durch bereits bestehende Multimorbidität mit diversen Interaktionen, die Funktion, Fähigkeit und Teilhabe im alltäglichen Leben, somit
Lebensqualität aktuell und perspektivisch bedrohen. Es handelt sich im klassischen Sinne um eine Interaktion von ICD (
International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) Erkrankungen und ICF (
International Classification of Functioning, Disability and Health) Funktions, Fähigkeits- und Teilhabeeinschränkungen.
Es ist Aufgabe des geriatrischen Teams (GER T), diesen komplexen Bereich bezüglich seiner aktuellen und perspektivischen Relevanz zu erfassen und hieraus ein patientenorientiertes und auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Therapieregime zu entwickeln. Es bedient sich hierzu des geriatrischen Assessments als hinweisgebendes, strukturierendes und evaluierendes Instrument.
Das GER T besteht zunächst einmal aus einem Kernteam, einem erweiterten Team, in dem die Zusammenarbeit unerlässlich ist, sowie letztendlich aus zwingend weiteren Kooperationspartnern:
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GER T zwingende Kooperationspartner
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Angehörige und Vertrauenspersonen der Patienten
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Konsiliarärzte
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ambulant tätige Haus- und Fachärzte
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Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen
Das Kernteam muss in der
Geriatrie eine hohe personelle Kontinuität aufweisen. Die Literatur (Ellis et al.
2011) zeigt die Überlegenheit der Tätigkeit eines geriatrischen Teams auf einer geriatrischen Station in kontinuierlicher Zusammenarbeit gegenüber der Tätigkeit eines geriatrischen Teams für Einzelpatienten auf allgemeinen Stationen des Krankenhauses. Für das Kernteam gilt, dass insgesamt ein sehr hoher geriatriespezifischer Qualifikationsstandard bestehen muss und die einzelnen Teammitglieder die eigene Qualifikationen sowie die Qualifikationen der anderen Teammitglieder konkret ein- und wertschätzen müssen.
Teamleitung
Das geriatrische Team steht prinzipiell unter einer Teamleitung. Die Teamleitung liegt per Definition des OPS zur Erreichung der geriatrischen Komplexpauschale, aber auch aus Verantwortlichkeitsgründen, bei dem bestqualifizierten Arzt des Teams. Dieser muss die Qualifikation
Geriatrie als Schwerpunktbildung oder Zusatzqualifikation aufweisen.
Für große Therapeutenteams (>15 VK) hat sich die Implementation einer Therapeutischen Teamleitung (TTL) bewährt.
Therapieplankonferenzen
Regelhafte Therapieplankonferenzen (TK) mit Beteiligung aller Berufsgruppen des GER T und Berücksichtigung ihrer Wahrnehmungen und Vorschläge sind entscheidend für die Entscheidungsfindung. Diese zielbezogenen Festlegungen müssen zusätzlich die Wahrnehmung des Patienten in der konkreten Situation sowie seine Wünsche und Vorstellungen einschließen. Wünsche und Vorstellungen von im Alltag mit dem Patienten zusammenlebenden oder regelhaft unterstützenden Angehörigen oder Bezugspersonen sind zu berücksichtigen, um eine Nachhaltigkeit des Behandlungsergebnisses zu gewährleisten. Alle Festlegungen der TK sind zu dokumentieren.
Kernteam
Ärztlicher Dienst
Basisqualifikation
Die Basisqualifikation des ärztlichen Dienstes ist regelhaft die Approbation sowie eine abgeschlossene Facharztweiterbildung oder für nachgeordnete Ärzte die laufende Weiterbildung in einem zum Schwerpunkt/zur ZWB(Zusatzweiterbildung)-Geriatrie qualifiziendem Gebiet.
Das im Studium erlangte Basiswissen über
Geriatrie variiert deutschland- und europaweit erheblich. In Deutschland ist eine Ausbildung im Rahmen des Querschnittfachs 7 (Medizin des Alters und des alternden Menschen) vorgeschrieben. Die Inhalte hierzu sind jedoch wenig spezifiziert, so dass erfahrungsgemäß die hier vermittelten Ausbildungsanteile wenig Einheitlichkeit ergeben.
Bezüglich der vermittelten Inhalte im Rahmen der Facharztweiterbildung gibt es ebenfalls erhebliche Variationen, je nach zuständigem Kammerbezirk in Deutschland. Praktisch alle Gebiete fordern im Rahmen der Weiterbildung zum Facharzt Grundkenntnisse über spezielle Probleme des älteren Menschen im jeweiligen Fachgebiet. Diese beinhalten jedoch typischerweise nicht den umfassenden Ansatz der
Geriatrie.
In Deutschland sind, abhängig von der jeweiligen Ärztekammer, folgende Basisqualifikationen (Facharztstatus) für die
Geriatrie anerkannt: Innere Medizin, Allgemeinmedizin, Neurologie, Physikalische und Rehabilitative Medizin sowie Psychiatrie. Europaweit und nach europäischen Empfehlungen zur Weiterbildung gilt eine basis-curriculare Weiterbildung im Bereich Innere Medizin über 3 Jahre als zwingende Voraussetzung zur Spezialisierung in Geriatrie (
www.uemsgeriatricmedicine.org). Diese Empfehlung begründet sich durch die Tatsache, dass im Rahmen der Multimorbidität stets internistische Fragestellungen und internistische Krankheitsbilder den Schwerpunkt darstellen. Neurodegenerative Erkrankungen sowie neurovaskuläre Symptomatiken sind hierbei i. d. R. „nur“ Folgeerscheinungen einer generellen Gefäßerkrankung des Patienten, die über die zerebral-vaskuläre Problematik immer auch Zusatzaspekte von mikro- oder makrovaskulären Begleit- oder Grunderkrankungen aufweisen.
Bei Patienten mit Sturzfolgeproblemen (Frakturen u. ä.) ist als geriatrische Grundlage stets das Sturzphänomen zu sehen und daher zwingend geriatrisch zu behandeln.
Internistisch-geriatrischer Sachverstand ist für ein geriatrisches Team unerlässlich. Für die geriatrischen Rehabilitation (stationäre Leistungserbringung § 111 SGB V) ist die Qualifikation Innere Medizin für den Leiter der Klinik bzw. seinen Stellvertreter als Strukturstandard vorgeschrieben.
Schwerpunktbildung, Zusatzweiterbildungen
Im deutschen Weiterbildungsrecht ist die Einstufung der
Geriatrie bezüglich des Bedarfes an spezifischer Weiterbildungszeit uneinheitlich geregelt. Dies variiert zwischen 18 und 36 Monaten. In der europäischen Rahmenempfehlung ist die Tendenz zur 36-monatigen Weiterbildung, aufbauend auf eine 36-monatige internistische, basis-curriculare Weiterbildung, erkennbar.
Die 36-monatige Weiterbildung führt zur
Schwerpunktbezeichnung Geriatrie innerhalb der Inneren Medizin (Facharzt für Innere Medizin / Geriatrie) und wird aktuell in den Ärztekammern Brandenburg, Berlin und Sachsen-Anhalt entsprechend im Weiterbildungsrecht ausgewiesen.
Die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin und des Berufsverbandes Deutscher Internisten zielen für zukünftige Änderungen der Musterweiterbildungsordnung auf Bundesebene auf die 36-monatige Weiterbildung mit Schwerpunktstruktur innerhalb der Inneren Medizin (s. oben) hin.
Die
Zusatzweiterbildung, fußend auf der, in der 2. Hälfte der 90er-Jahre eingeführten fakultativen Weiterbildung Klinische
Geriatrie, ist mittlerweile in allen Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern als Zusatzweiterbildung (spezielle Weiterbildung) Geriatrie (klinische Geriatrie) etabliert. Die Weiterbildungszeit beträgt 18 Monate und wird mit einer Prüfung vor einer Prüfungskommission Geriatrie abgeschlossen.
Spezifische Fortbildungen
Seit Ende der 90er-Jahre existiert ein strukturiertes Fortbildungsangebot „Ambulante geriatrische Rehabilitation“ mit einem Stundenumfang von 120 h Theorie und einer Hospitation. Diese wurde gemeinsam vom damaligen Hausärzteverband und der Deutschen Gesellschaft für
Geriatrie entwickelt.
Abgeleitet aus diesem Konzept ist mittlerweile von der
Bundesärztekammer und der Deutschen Gesellschaft für
Geriatrie ein 60-h-Kompaktseminar „Geriatrische Versorgung“ entwickelt worden und wird seit 2013 als von Landesärztekammern zertifizierte Fortbildung angeboten.
Für nachgeordnete Ärzte (Weiterbildungsassisstenten) ist die Basisweiterbildung „Zercur“ als Teambasisfortbildung etabliert (Bundesverband Gewriatrie;
www.bv-geriatrie.de).
Besonderheiten
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Die Leitung des geriatrischen Teams und die Behandlungsleitung in der
Geriatrie obliegen entsprechend OPS 8–550 dem Geriater. Er ist in dieser Beziehung prinzipiell fachlich weisungsungebunden. Von daher ist der Einsatz als Chefarzt, Leitender Arzt oder (Bereichs-)Leitender Oberarzt unabdingbar. In der Sondersituation einer sehr kleinen Einheit mit einem Leitendem Geriater als „Stationsarzt“ muss die fachliche Weisungsunabhängigkeit sichergestellt sein. Die Weisungsbefugnis des Teamleiters in das Gesamtteam hinein ist somit unmissverständlich gegeben. Organisatorische Zuständigkeiten im Bereich Pflege oder therapeutischem Team sind hiervon unbenommen, ebenso die kammerrechtliche Sonderstellung der Psychologie.
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Der Einsatz des Geriaters in zentralen
Notaufnahmen zur frühzeitigen, gezielten Platzierung von Patienten in den richtigen Fachabteilungen, z. B. unter Zuhilfenahme eines Geriatrie-Scores (wie ISAR o. ä.), gilt mittlerweile als medizinisch wie ökonomisch sinnvolle Maßnahme.
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Für den Bereich der geriatrischen Rehabilitation nach § 111 SGV V (Versorgungsvertrag) ist der geriatriespezifische Hintergrund (Facharztäquivalent für Geriatrie) heute Strukturstandard und muss nachgewiesen werden. Für den Bereich der Akutversorgung und Frührehabilitation (§ 109 bzw. 39 SGB V) gilt für geriatrische Kliniken der internistische
Facharztstandard; in Sonderfällen wie Neurogeriatrie oder der Gerontopsychiatrie ist der neurologische oder psychiatrische Facharztstandard zwingend. Für spezifisch geriatrische Fragestellungen ist eine geriatrische (mindestens telefonische) Rufbereitschaft empfehlenswert.
Personalbedarfsempfehlungen
Eine diskussionsfrei festgeschriebene Personalbedarfsempfehlung für den ärztlichen Dienst in der
Geriatrie gibt es ebenso wenig wie in allen anderen ärztlichen Bereichen. Der Bundesverband Geriatrie hat eine Berechnungsempfehlung entsprechend gängiger Anhaltszahlen zur Personalbedarfsermittlung zur Verfügung gestellt und diese in zahlreichen Mitgliedseinrichtungen evaluiert. Hierbei muss zwingend neben Arztbindungszeiten durch Aufnahme- und Entlassungsuntersuchungen, tägliche Visiten, Teamkonferenzen, Konsiliarleistungen und Funktionsuntersuchungen auch der besondere Bedarf an Patienten- und
Angehörigengesprächen berücksichtigt werden. Diese sind in der Geriatrie regelhaft im Rahmen der gemeinsamen Festlegung von Entlassungszielen mit Patienten und Angehörigen anzunehmen, ebenso und zusätzlich, wenn die Ziele eine Veränderung der bisherigen Lebensumstände (z. B. erhebliche Pflegeabhängigkeit im häuslichen Bereich, Übersiedlung in ein betreutes Wohnen oder eine vollstationäre Pflege) erforderlich machen.
Pflege
Basisqualifikation
Die Basisqualifikation der Pflege stellt regelhaft die dreijährig examinierte Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger bzw. 3-jährig examinierte Altenpflegerin dar. Beide Berufsgruppen haben bei aktuell noch etwas unterschiedlichen Ausbildungsplänen spezifische Vorteile für die
Geriatrie anzubieten. Der Mix zwischen Gesundheits- und Krankenpflege sowie Altenpflege sollte entsprechend den Erfordernissen der Klinik vor Ort gewählt werden.
Weiterbildungen (staatlich anerkannt)
Anerkannte Fortbildungen im Hinblick auf Hinblick
Geriatrie, die eine spezifische Einstufung analog zu Anästhesiefachpflege oder ähnlichem nach sich ziehen, sind nach Versuchen innerhalb der Geriatrie in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts leider sämtlich eingestellt worden. Es gibt in keinem Land der Bundesrepublik eine entsprechende staatlich anerkannte Weiterbildung, die sich speziell mit der Geriatrie befasst.
Spezifische Fortbildungen
Nach OPS 8–550 ist ab 01.01.2015 (Auslaufen der Übergangsfrist) ist für stationäre (und entsprechend teilstationäre) Einrichtungen der
Geriatrie der Einsatz mindestens einer Pflegefachkraft mit strukturierter curricularen Zusatzqualifikation mit einem Stundenumfang von mindestens 180 h sowie mindestens 6-monatiger Berufserfahrung in der Geriatrie vorgeschrieben,
Für alle Pflegekräfte in der
Geriatrie ist die Basisweiterbildung „Zercur“ als Teambasisfortbildung zu empfehlen.
Besonderheiten
Für die spezifische Pflege in der
Geriatrie ist ein 24-h-Konzept mit aktivierend-therapeutischem Ansatz zwingend. Es sollte daher in die Pflegekonzepte integriert sein. ATP-G ist auch zwingend im Rahmen der Strukturstandards für die geriatrische Rehabilitation nach § 111 SGB V (Versorgungsvertrag). Für die Wahrnehmung des therapeutischen Auftrages innerhalb des geriatrischen Teams ist es besonders wichtig, die Pflege gezielt mit therapeutisch-aktivierenden Aspekten auch für den Patienten offensichtlich zu beauftragen. Dies betrifft z. B. gezielte Mobilisationsaspekte auf Station zu festgelegten, Pflegestruktur orientierten Zeiten (z. B. begleitend zu Mahlzeiten).
Die Pflege stellt auch die wichtigste Berufsgruppe zur Evaluierung von Therapiezwischenzielen dar. Sie kann und muss beurteilen, inwieweit der Patient das in der Therapie Erlernte auch tatsächlich in den Alltag auf Station umsetzt. Dies gibt wichtige Hinweise auf potenzielle, bisher nicht erkannte interagierende Erkrankungen (Angst, Depression, Kommunikationsstörungen, Angehörige als „confounder“ o. ä.).
Personalbedarfsempfehlungen
Für die Pflege in der
Geriatrie sollte analog zu den anderen Abteilungen des Krankenhauses bzw. der Rehabilitationseinrichtung die Pflegeminutenerfassung z. B. nach PPR erfolgen.
Ein zusätzlicher Personalbedarf ergibt sich durch den typischerweise weit überproportional hohen Anteil an Patienten der sog. Pflegestufe A4, d. h. den Ausweis von hochaufwändiger Pflege bei Erwachsenen (PKMS-E).
Physiotherapie, Physikalische Therapie
Die Basisqualifikation zur Physiotherapie sollte heute regelhaft die 3-jährige Ausbildung zum Physiotherapeuten mit staatlichem Abschluss darstellen. Dies darf jedoch nicht zu einer Vernachlässigung physikalisch-therapeutischer Maßnahmen gegenüber funktioneller Therapie führen.
Zusatzweiterbildungen
Eine Zusatzweiterbildung „Physiotherapie in der Geriatrie“ wird von der Physioakademie und einigen Landesverbänden von Physio Deutschland mit einer Stundenzahl von 10 UE als berufsbegleitende Qualifikation angeboten. Darüber hinaus ist die Basisweiterbildung „Zercur“ als Teambasisfortbildung etabliert (Bundesverband Geriatrie).
Spezifische Fortbildungen
Spezifische, in der
Geriatrie häufig benötigte Fortbildungen betreffen insbesondere den Bereich der Behandlung auf neurophysiologischer Basis (z. B. Bobath, Perfetti); darüber hinaus auch:
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PNF (Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation)
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Kraniosakrale Therapie
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Gerätegestützte Krankengymnastik
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KPE-Komplexe physikalische Entstauungstherapie
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Elektro-/Thermotherapie
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Sturzprävention
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Beckenbodentraining
Die Fortbildungen müssendurch Basiskenntnisse wie Gangschulung, Gleichgewichtstraining und allgemeine Krankengymnastik ergänzt werden.
Spezielle fachliche Therapieoptionen liegen im Muskelaufbau allgemein, Förderung von Kraft, Ausdauer und Balance, Rumpfstabilisation und der Bewegungsanbahnung. Hilfsmittelberatung und -anpassung sowie der Gesamtbereich „Physikalische Therapie“ mit Elektro-, Thermo- und
Schmerztherapie, Massagen und Ausstreichungen und allgemeine Gesundheitsberatung ergänzen das Berufsbild.
Im stationären wir teilstationären Bereich hat die Physiotherapie auch die Erhebung von Teilen des Assessments als zentrale Aufgabe.
Ergotherapie
Die Basisqualifikation zur Ergotherapie muss heute regelhaft die 3-jährige Ausbildung zum Ergotherapeuten mit staatlichem Abschluss darstellen
Zusatzweiterbildungen
Eine spezifische Zusatzweiterbildung „Geriatrie“ wird nicht angeboten. Allerdings ist im Rahmen der Ausbildung neben dem Bereich „Psychiatrie“ und dem Bereich „Pädiatrie“ der Bereich „Geriatrie“ eine der typischen Schwerpunkte innerhalb der Ergotherapieausbildung.
Spezifische Fortbildungen
Spezifische, in der
Geriatrie häufig benötigte Fortbildungen betreffen insbesondere den Bereich der Behandlung auf neurophysiologischer Basis (z. B. Bobath, Perfetti, Spiegeltherapie), darüber hinaus:
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PRPP (Perception, Recall, Plan, Perform)
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HODT (Handlungsorientierte Diagnostik und Therapie bei neuropsychischen Störungen)
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F.O.T.T. (Facio-Orale Trakt Therapie)
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Kinästhetik
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Spezielle Fortbildung für Parkinson-Patienten (Plus – und Minus-Symptomatik)
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Spezielle Fortbildung für Krankheitsbilder aus dem Bereich der Kognition (Stimmung und Gedächtnis)
Der klassische Bereich der „Beschäftigungstherapie“ mit Basteln, Malen und Ähnlichem tritt weitgehend in den Hintergrund. Relevant sind dagegen Überprüfung und Therapie im Bereich von erweiterten Alltagsaktivitäten (Kochen, Kommunikation, Alltagsabläufe wie Anziehen und Waschen, spezifisch erforderliche komplexe Handlungsabläufe, auch im Umgang mit Hilfsmitteln, Wohnraumanpassung sowie Hilfsmittelberatung und feinmotorischen Übungen speziell im Bereich der oberen Extremität, aber auch der unteren Extremität sowie Sensibilitätstraining insgesamt).
Logopädie, Fazioorale Therapie
Basisqualifikation
Staatliche Anerkennung als Logopädin. Es müssen die Bereiche „Mundmotorik“, „Schluckfähigkeit“ und „Sprachstörungen“ sicher beherrscht werden. Diesen umfassenden Ansatz von Logopäden können klinische Linguisten oder Sprachheiltherapeuten oft nicht sicherstellen.
Zusatzweiterbildung
Eine spezielle Zusatzweiterbildung „Geriatrie“ liegt nicht vor.
Spezifische Fortbildungen
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Für Aphasiediagnostik und -behandlung
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PACE (Promoting Aphasics Communicative Effectiveness)
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MoDaK (Modalitätenaktivierung in der Aphasietherapie)
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NAT (Neurolinguiistische Aphasietherapie)
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VAT (Visual Aktion Therapy)
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MIT (Melodische Intonationstherapie)
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Besonderheiten
Logopäden müssen mit Aufnahme des Patienten, insbesondere für schluckgestörte Patienten ein klares Basis-Screening und eine sichere Kennzeichnung während des gesamten Aufenthaltes sicherstellen. Inwieweit die Übernahme von Leistungen der Logopädie, insbesondere im Bereich „Schlucktraining“ und „Essbegleitung“ für Wochenenden delegiert werden kann, bleibt dem Einzelfall vorbehalten.
Psychologie
Die Basisqualifikation besteht in dem Diplomabschluss „Psychologie“ (mittlerweile Master-Abschluss Psychologie).
(Zusatz-)Weiterbildungen
Im Vordergrund der Diskussion wird hier typischerweise die
Neuropsychologie gehandelt. Für die Qualifikation zum Neuropsychologie ist eine strukturierte, curriculare Weitebildung entsprechend GNP (
Gesellschaft für Neuropsychologie) erforderlich. Die Weiterbildung wird mit einer Postgraduierten Qualifikation abgeschlossen. Diese Qualifikation ist herausragend wichtig, um neuropsychologische Diagnostik, ggf. auch Einleitung neuropsychologisch basierter Therapien durchzuführen.
Häufig wird jedoch übersehen, dass gerade in der
Geriatrie die
Neuropsychologie lediglich eine Facette der Anforderungen an die Psychologie darstellt. Ein wichtiger, zweiter Anteil ist die klassische „klinische Psychologie“ mit der Option zur sofortigen Gesprächsintervention in Krisensituationen. Die Relevanz der Suizidgefährdung, gerade bei der geriatrischen Depression im hohe Alter darf in keinem Falle unterschätzt werden. Lebenseinschneidende Ereignisse sind in der Geriatrie häufig und müssen adäquat behandelt werden.
Von daher ist neben der aktuell im Vordergrund stehenden
Neuropsychologie die Klinische Psychologie als zwingende Qualifikation bei Psychologen, zumindest bei Leitenden einem Psychologen großer Einrichtungen der
Geriatrie unbedingt zu fordern.
Spezifische Fortbildungen
Die speziellen Fortbildungen richten sich nach der Klientel der geriatrischen Abteilungen/Kliniken. Gerade in Abteilungen, die die Gesamtpalette von Prävention bis hin zur Palliation anbieten, sind die Traumaberatung, aber auch die Trauerarbeit und die spezielle Fortbildung für Palliativmedizin wichtig.
Besonderheiten
Die enge Zusammenarbeit mit einer psychiatrischen Klinik und das eventuelle Einschalten eines psychiatrischen Konsiliararztes sind nicht vergleichbar mit einer treamintegrierten Psychologie, da hier eine deutliche weitere „Schwelle“ überschritten wird. Der Psychologe innerhalb des Teams führt nicht zu einer Einleitung einer „Psychiatriekarriere“.
Weitere Aspekte
Bei organisatorischer Integration der Psychologie in ein geriatrisches Team, ggf. mit Eingliederung unter einer Teamleitung, sind die Besonderheiten der Psychologie bezüglich ihrer Berufsordnung zu berücksichtigen.
Die Zuordnung zum Ärztlichen Dienst ist für Träger potenziell verlockend, da die Idee kommen könnte, den Psychologen durch einen psychosomatisch oder neurologisch/psychiatrisch geschulten Arzt zu ersetzen. Hiermit würde dem geriatrischen Team jedoch eine entscheidende Wissens- und Qualifikationskomponente verloren gehen. Sofern sich ein Facharzt mit Qualifikation Gerontopsychiatrie im Ärzteteam der Abteilung befindet, ist eine gezielte Aufgabenverteilung sinnvoll.
Sozialdienst
Basisqualifikation
Studienabschluss (FH) als Dipl. Sozialpädagoge, Dipl. Sozialarbeiter.
Zusatzweiterbildung
Keine spezifische Zusatzweiterbildung
Geriatrie bekannt.
Spezifische Fortbildungen
Es sind spezifische Kenntnissen zur Anwendung von Regelungen aus dem SGB V (Gesetzliche Krankenversicherung), SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen), SGB XI (Soziale Pflegeversicherung), SGB XII (Sozialhilfe) und SGB XIII (Bundesversorgungsgesetz) erforderlich.
Weitere Aspekte
Die Absprache zwischen ärztlichem Dienst und Sozialdienst ist besonders eng und vertrauensvoll zu gestalten, da hier erhebliche gegenseitige Unterstützungsmöglichkeit gerade bei
Angehörigengesprächen und Ähnlichem bestehen. In vielen Fällen ist auch ein gemeinsames oder unmittelbar aufeinander folgendes Gespräch zwischen ärztlichem Dienst (medizinische Fragen) und Sozialdienst (Überleitungsfragen) angezeigt.
Erweitertes Team
Ernährungsberatung
Die Ernährungsberatung ist grundsätzlich ein wichtiger Kooperationspartner für das geriatrische Team. Es ist wichtig, in der Kooperation von Logopädie und Ernährungsberatung in Absprache mit der Pflege und dem ärztlichem Dienst ein klares Konzept für verschiedene Kostformen, insbesondere bei schluckgestörten Patienten zu entwickeln.
Bei zahlreichen geriatrischen Patienten ist darüber hinaus eine individuelle Anpassung der Ernährungsform erforderlich, um einer drohenden Mangelernährung entgegen zu wirken, z. B. die Nahrung bei beginnender
Sarkopenie bzw.
Frailty auf entsprechende Proteinempfehlungen für hochaltrige Patienten und anzupassen.
Zur Wahrnehmung hinreichender Ernährung ist eine Nährstoffangabe der Kostformen tagesgleich wichtig, nur so können Mangelprobleme zeitnah behoben werden.
In keinem Falle sollte die Ernährungsberatung innerhalb der
Geriatrie als „Diätberatung“ verstanden werden. Typische Diätempfehlungen (z. B. Restriktionen von Kochsalz, Fetten oder Flüssigkeitsmengen) haben in der Regel in der Geriatrie keinerlei Stellenwert, ebenso wenig die auch in der Diabetologie mittlerweile mit großem Vorbehalt gesehene Einstellung nach BE für Diabetiker.
Als Qualifikation für die Ernährungsberatung ist ein entsprechender Abschluss als Ökotrophologin erforderlich.
Klinikseelsorge
Die Klinikseelsorge muss, gerade in der
Geriatrie, zwei Bereiche vorrangig bedienen: Rituale und Kommunikation. Gerade für ältere Patienten sind Ritualen häufig wichtig, inkl. „überkonfessioneller“ Gottesdienste, Kommunionfeiern; Krankensalbung u. ä.
Zum zweiten ist die Seelsorge im Bereich der
Geriatrie ein entscheidend wichtiger Gesprächspartner für Patienten in Grenzsituationen. Dies betrifft nicht nur den Bereich der Palliation, sondern auch die Situation entscheidender Veränderungen der Lebensumstände, z. B. Übersiedlung in ein Pflegeheim, Versterben von Altersgenossen und Ähnliches.
Darüber hinaus fördert die Seelsorge eine Sensibilität für Spiritualität über die eigene Konfession hinaus und unterstützt bei ethischen Fragestellungen.
Orthopädietechnik
Orthopädietechniker sind wichtige Berater für das geriatrische Team. Sie können und müssen gemeinsam mit Therapeuten Ärzten Indikationen für hochindividuelle
Hilfsmittel stellen und entsprechend Hilfsmittelverzeichnis genau spezifizieren. Hierbei muss sichergestellt sein, dass trotz enger Zusammenarbeit kein Anschein eines „Verordnungsautomatismus“ eintreten darf.
Ehrenamtlicher Besuchsdienst, Demenzbegleiter, Hospizbegleiter
Wie in allen Klinikbereichen trägt der ehrenamtliche Besuchsdienst, sei er als „Grüne Damen“, als Gemeindebesuchsdienst oder als ÖKH (Ökomenische Krankenhaushilfe) organisiert, entscheidend zum Wohlbefinden von Patienten bei. Sie ersetzen genau den Anteil von „zusätzlicher“ Ansprache, die Patienten bei immer kürzer werdenden Verweildauern und tendenzieller Personalknappheit zugute kommen. Dieser ehrenamtliche Besuchsdienst muss, ggf. durch gezielte Fortbildung auf die Besonderheiten geriatrischer Patienten eingestellt sein.
Insbesondere für Demenzbereiche sind Demenzbegleiter mit curricularer Fortbildung sehr willkommene Unterstützer für das geriatrische Team. Im Bereich geriatrischer Palliativmedizin sind ehrenamtliche Hospizbegleiter unerlässlich.
Wichtige Kooperationspartner des Kernteams
Konsiliarärzte
Die
Geriatrie ist aufgrund der Multimorbidität der Patienten immer wieder auf die spezielle Expertise anderer Fachbereiche angewiesen. Deshalb ist eine enge Zusammenarbeit mit Konsiliarärzten praktisch aller anderer Gebiete bzw. anderer Schwerpunkte der Inneren Medizin erforderlich. Hierbei ist aber in der Geriatrie im besonderen Maße zu berücksichtigen, dass die Empfehlung von Konsiliarärzten tatsächlich „nur“ einen Empfehlungscharakter hat. Vor einer Umsetzung ist stets die Interaktion medikamentöser oder nichtmedikamentöser Empfehlungen mit anderen bestehenden besprochen und veranlasst medikamentösen und nichtmedikamentösen Maßnahmen zu berücksichtigen. Interventionsvorschläge müssen darüber hinaus mit den Patienten intensiv und unter spezifisch-geriatrischen Aspekten berücksichtigt werden. Je routinemäßiger und regelhaft mit demselben Konsiliararzt eines Fachbereiches zusammen gearbeitet wird, desto eher entsteht ein gegenseitiger Wissenstransfer. Von daher ist eine feste Zuordnung von Konsiliarärzten für die Geriatrie im Rahmen einer Krankenhausstruktur empfehlenswert.
Angehörige
Angehörige stellen für Patienten in der Regel einen wichtigen Stabilisationsfaktor während des stationären Aufenthaltes, aber auch im Nachgang dar. Aus diesem Grund sind Angehörige, sofern dies vom Patienten entsprechend autorisiert ist, wichtige Gesprächspartner für die Ärzte, und das gesamte Kernteam. Bei dem Einbezug Angehöriger im Rahmen von Zielvereinbarung und Entlassungsplanung muss jedoch beachtet werden, dass grundsätzlich der Wunsch und Wille des Patienten erste Priorität hat und
Angehörigengespräche in keinem Fall dem Patienten signalisiert dürfen, dass seine Meinung nachrangig betrachtet wird oder er nicht erster Ansprechpartner für alle seine Gesundheitsbelange ist.
Für alle ethischen Überlegungen empfiehlt die
Bundesärztekammer den Einbezug von Angehörigen, sofern dies ohne Zeitverzögerung möglich ist. Dies bezieht sich natürlich nur auf Angehörige, die einen besonders engen Kontakt zum Patienten haben.
Es ist richtig und zulässig, insbesondere bei einer Großzahl von Angehörigen, diese zu bitten, einen Gesprächspartner, der seinerseits vom Patienten bestätigt werden sollte, auszuwählen, um hier nicht unendliche Gesprächsführungen durchführen zu müssen.
Hausärzte, Fachärzte
Der enge Kontakt zu einweisenden/weiterbehandelnden Haus- und Fachärzte ist gerade bei Patienten mit Mehrfacherkrankungen außerordentlich wichtig. Dies betrifft den immer sensiblen Teil der grundlegenden Änderungen von Medikation oder die Situation, in der aus geriatrischer Sicht bisherige Therapieregime grundlegend überdacht werden müssen.
Auch bei Fragen der dauerhaften Antikoagulation und Ähnlichem ist es sinnvoll, den Hausarzt als den zuvor und zukünftig für die Behandlung Verantwortlichen rechtzeitig mit einzubeziehen.
Die besondere Wertschätzung für Haus- und Fachärzte zeigt sich in der zeitgerechten Erstellung des
Arztbriefes. Dieser sollte heutzutage bei Entlassung mitgegeben werden, in der endgültigen Form sollte der Brief möglichst kurzfristig nach Entlassung vorliegen.
Selbsthilfegruppen
Der enge Kontakt zu Selbsthilfegruppen aus dem Team heraus, aber auch der immer wieder zu erfolgende Verweis auf geeignete Selbsthilfegruppen durch das Team kann die Nachhaltigkeit von Behandlungen erheblich stärken. Typische Beispiele hierfür sind Inkontinenzselbsthilfegruppen, Demenzselbsthilfegruppen, Parkinson-Selbsthilfegruppen und Ähnliches.
Das geriatrische Team sollte als Berater, aber auch für Vorträge und Ähnliches, für Selbsthilfegruppen regelhaft zur Verfügung stehen.
Teamarbeit
Ein geriatrisches Team ist nicht durch die Tatsache, dass verschiedene Berufsgruppen an demselben Patienten arbeiten (Multidisziplinarität), bereits ein Team. Interdisziplinäre Teamarbeit statt multidisziplinärem Vorgehen bedeutet klare Festlegung:
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Einheitliche Dokumentation
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Strukturierte Absprachen zu Therapiepfaden
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Klare verbindliche Entscheidungen
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Definition von und leben mit Überschneidungen von Kompetenzen
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Einheitliche Sprachregelung zu Therapiezielen und -ergebnissen
Zwingend geklärt werden muss in einem Team, in dem viele auch eigenverantwortliche Berufsgruppen tätig sind, wie mit dem Thema „berufliche Schweigepflicht“ auch gegenüber Teammitgliedern umgegangen werden kann, wie viel gesagt werden kann, wie viel nicht gesagt werden darf.
Dafür erlangen wir durch eine echte Teamarbeit statt multidisziplinärer Arbeit deutlich mehr Fachwissen, mehr an Erfahrung und mehr an Angeboten, ein Mehr an Individuen mit ihren persönlichen Möglichkeiten, ein deutliches Mehr an Sicherheit für den Patienten durch gut erfolgte Absprachen. Bei guten Synergieeffekten ist auch unter dem Strich ein Mehr an Zeit erreichbar. Das Team muss regelhafte, strukturierte Teambesprechungen durchführen und dokumentieren, mit Ziel- und Zeitdefinitionen als Zielplanung, zur Motivationsmöglichkeit und zur Evaluation.
Eine wichtige Aufgabe von Teammitgliedern ist es, die gemeinsam getroffenen Entscheidungen auch mitzutragen und zu akzeptieren, dass Teamarbeit auch und besonders in der
Geriatrie mit seinen multiplen Problemen, immer ein intensives Zuhören, aber letztendlich eine klare Entscheidung der Teamleitung bedeutet.