Skip to main content
DGIM Innere Medizin
Info
Publiziert am: 04.03.2015

Eosinophile Ösophagitits

Verfasst von: Stephan Miehlke
Die eosinophile Ösophagitis ist ein chronisch-entzündliche, antigen-/immunvermittelte Erkrankung der Speiseröhre, die eine eosinophile Infiltration der Ösophagusschleimhaut aufweist und zu ösophagealen Symptomen führt. Andere Ursachen einer ösophagealen Eosinophilie müssen ausgeschlossen sein (z. B. gastroösophageale Refluxkrankheit, Hypereosinophilensyndrom).

Definition

Die eosinophile Ösophagitis ist ein chronisch-entzündliche, antigen-/immunvermittelte Erkrankung der Speiseröhre, die eine eosinophile Infiltration der Ösophagusschleimhaut aufweist und zu ösophagealen Symptomen führt (Liacouras et al. 2011). Andere Ursachen einer ösophagealen Eosinophilie müssen ausgeschlossen sein (z. B. gastroösophageale Refluxkrankheit, Hypereosinophilensyndrom).

Ätiologie und Pathophysiologie

In der Ätiologie der eosinophilen Ösophagitis spielen sowohl Nahrungsallergene als auch Luftallergene eine Rolle. Häufig besteht eine atopische Diathese und verschiedene allergische Komorbiditäten. Möglicherweise spielt auch gastroösophagealer Reflux eine begünstigende Rolle.
Die Erkrankung zeichnet sich durch ein Th2-Zytokinprofil aus. Von zentraler Bedeutung sind die Interleukine 5 und 13, die die Produktion des Chemokinins Eotaxin 3 in der ösophagealen Mukosa stimulieren, was zu einer Rekrutierung von eosinophilen Granulozyten in der Speiseröhrenschleimhaut führt. IL-5 und der Fibroblastenwachstumsfaktor FGF-9 sind an der Fibrosierung und Kollagenablagerung in der Ösophagusschleimhaut beteiligt.

Epidemiologie

Die EoE kann in jedem Alter auftreten, der Krankheitsgipfel liegt zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Es besteht eine Prädominanz für männliche Kaukasier. Die Erkrankung nimmt in ihrer Häufigkeit deutlich zu. Epidemiologische Untersuchungen aus Nordamerika und Zentraleuropa haben kontinuierlich steigende Inzidenzen und Prävalenzraten von 55 bzw. 43 pro 100.000 Einwohner für die Jahre 2005 und 2009 berichtet. Die steigenden Inzidenzen werden u. a. auch durch eine zunehmende Ösophagusbiopsierate erklärt. Es besteht eine Assoziation zu trockenen und kalten Klimazonen sowie eine saisonale Häufung.

Klinik

Die klinische Manifestation hängt vom Patientenalter ab (Straumann et al. 2012). Bei Kinder mit EoE können die Symptome je nach Alter sehr variabel und unspezifisch sein (Nahrungsverweigerung, Gedeihstörung, abdominelle oder thorakale Schmerzen, Übelkeit, Regurgitation, Dysphagie, Anorexie, Schlafstörungen). Bei Jugendlichen und Erwachsenen dominiert die Dysphagie und die Bolusobstruktion als Leitsymptom. Auch retrosternale Schmerzen oder Sodbrennen können auftreten. Im Erwachsenenalter sind die Patienten meist normgewichtig, da die Patienten oft adapative Manöver entwickeln, um Dysphagie zu vermeiden.

Diagnostik

Der erste wesentliche Schritt in der Diagnostik der EoE ist die ÖGD. Die EoE kann sich endoskopisch durch fixierte Ringe, weißes Exsudat, rötliche Längsfurchen, Schleimhautödem, Strikturen oder langstreckige Stenosen manifestieren (Abb. 1). Die einzelnen endoskopische Befunde haben eine niedrige Sensitivität, aber eine hohe Spezifität. Ein neues endoskopisches Klassifikations- und Gradingsystem der EoE soll die Standardisierung und eine bessere Vergleichbarkeit endoskopischer Befunde ermöglichen (Hirano et al. 2013).
Wichtig ist die Entnahme ausreichend vieler, möglichst gezielter Biopsien aus dem distalen und proximalen Ösophagus (mindestens 4–5), um der manchmal fleckförmigen Verteilung des eosinophilen Infiltrats gerecht werden. Histologisch imponiert eine Eosinophilie in den oberen Epithelschichten (Abb. 2a). Typisch sind ebenfalls eosinophile Mikroabszesse (Abb. 2b) sowie eine Basalzonenhyperplasie. Allerdings ist keines dieser Zeichen pathognomonisch. Als diagnostisch bedeutsamer Grenzwert gelten derzeit >15 Eosinophile/HPF).
Eine periphere Eosinophile wird in der Hälfte der Fälle gefunden. Das Gesamt-IgE im Serum ist bei 70 % der Patienten erhöht. Eine allergologische Diagnostik kann nur in seltenen Fällen das verantwortliche Antigen identifizieren und wird daher nicht generell empfohlen.

Differenzialdiagnostik

Die häufigste Differenzialdiagnose ist die gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD), die in manchen Fällen ebenfalls zu einer in der Regel milden ösophagealen Eosinophilie führen kann (Liacouras et al. 2011). Weitere Differenzialdiagnosen sind die eosinophile Gastroenteritis, parasitäre Erkrankungen, infektiöse Ursachen (Herpes, Candida), medikamentös induzierte Ösophagitiden, Autoimmunerkrankungen, Morbus Crohn und hypereosinophile Syndrome.

Therapie

Eine zugelassene Therapie der EoE existiert bislang nicht. Bei Verdacht auf EoE sollte zunächst eine zeitlich begrenzte Therapie (4–8 Wochen) mit einem Protonenpumpeninhibitor (PPI) erfolgen, um eine sog. PPI-responsive ösophageale Eosinophilie abzugrenzen (Abb. 3). Bei Nichtansprechen auf die PPI-Therapie sollte eine topische Therapie mit Glukokortikoiden (Budesonid, Fluticason) erfolgen (Induktionstherapie für 2–3 Wochen, ggf. Erhaltungstherapie niedrigdosiert) (Straumann et al. 2010). Der Stellenwert von Antiallergika, Immunsuppressiva oder Biologika ist bislang nicht gesichert.
Eliminationsdiäten sind bei Kindern und Erwachsenen ebenfalls wirksam, (z. B. 6-Food-Eliminationsdiät: Kuhmilch, Weizen, Soja, Eier, Nüsse, Meeresfrüchte). Bei Erwachsenen scheinen Kuhmilch und Weizen die häufigsten Trigger der Erkrankung zu sein (Gonsalves et al. 2012). Elementardiäten sind bei Kindern mit EoE wirksam, bei Erwachsenen aber praktisch nicht umsetzbar.
Bei steroidrefraktären Strikturen oder Stenosen kann eine endoskopische Dilatation durchgeführt werden.

Verlauf und Prognose

Unbehandelt führt die EoE in einem hohen Prozentsatz zu strukturellen Schädigungen des Ösophagus wie narbige Strikturen oder Stenosen (Schoepfer et al. 2013), die u. U. eine endoskopische Therapie erforderlich machen. Ob die EoE mit einem erhöhten Risiko für Malignome einhergeht, ist bisher mangels fehlender Langzeitbeobachtungen nicht bekannt.
Literatur
Gonsalves N, Yang GY, Doerfler B, Ritz S, Ditto AM, Hirano I (2012) Elimination diet effectively treats eosinophilic esophagitis in adults; food reintroduction identifies causative factors. Gastroenterology 142:1451–1459CrossRefPubMed
Hirano I, Moy N, Heckman MG, Thomas CS, Gonsalves N, Achem SR (2013) Endoscopic assessment of the oesophageal features of eosinophilic oesophagitis: validation of a novel classification and grading system. Gut 62:489–495CrossRefPubMed
Liacouras CA, Furuta GT, Hirano I, Atkins D, Att- wood SE, Bonis PA, Burks AW, Chehade M, Collins MH, Dellon ES, Dohil R, Falk GW, Gonsalves N, Gupta SK, Katzka DA, Lucendo AJ, Markowitz JE, Noel RJ, Odze RD, Putnam PE, Richter JE, Romero Y, Ruchelli E, Sampson HA, Schoepfer A, Shaheen NJ, Sicherer SH, Spechler S, Spergel JM, Straumann A, Wershil BK, Rothenberg ME, Aceves SS (2011) Eosinophilic esophagitis: updated consensus recommendations for children and adults. J Allergy Clin Immunol 128:3–20CrossRefPubMed
Schoepfer AM, Safroneeva E, Bussmann C, Kuchen T, Portmann S, Simon HU, Straumann A (2013) Delay in diagnosis of eosinophilic esophagitis increases risk for stricture formation in a time-dependent manner. Gastroenterology 145:1230–1236, pii: S0016-5085(13)01161-XCrossRefPubMed
Straumann A, Conus S, Degen L, Felder S, Kummer M, Engel H, Bussmann C, Beglinger C, Schoepfer A, Simon HU (2010) Budesonide is effective in adolescent and adult patients with active eosinophilic esophagitis. Gastroenterology 139:1526–1537CrossRefPubMed
Straumann A, Aceves SS, Blanchard C, Collins MH, Furuta GT, Hirano I, Schoepfer AM, Simon D, Simon HU (2012) Pediatric and adult eosinophilic esophagitis: similarities and differences. Allergy 67:477–490CrossRefPubMed