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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 12.05.2015

Hamartomatöse Polyposissyndrome

Verfasst von: Karsten Schulmann, Christian Pox und Wolff Schmiegel
Zu den hamartomatösen Polyposis-Syndromen zählen das Peutz-Jeghers-Syndrom (PJS), die familiäre juvenile Polyposis (FJP) und das Cowden-Syndrom. Kennzeichnend ist die vermehrte Anzahl von Polypen im Gastrointestinaltrakt. Den Syndromen gemein ist ein erhöhtes Karzinomrisiko, weshalb der Karzinomfrüherkennung eine besondere Bedeutung zukommt. Die Betreuung der Patienten sollte aufgrund der Seltenheit der Erkrankungen in Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Zentrum erfolgen.

Einleitung

Die hamartomatösen Polyposis-Syndrome (Peutz-Jeghers-Syndrom [PJS], familiäre juvenile Polyposis [FJP] und Cowden-Syndrom) sind eine Gruppe von sehr seltenen hereditären Tumordispositions-Syndromen mit Gemeinsamkeiten, aber auch zahlreichen distinkten Unterschieden. Aufgrund der zahlreichen Unterschiede der Erkrankungen werden diese hier nacheinander getrennt dargestellt. Die hamartomatösen Polyposis-Syndrome sind von den deutlich häufigeren adenomatösen Polyposis-Syndromen (familiäre adenomatöse Polyposis [FAP], attenuierte familiäre adenomatöse Polyposis [AFAP] und MUTYH-assoziierte Polyposis [MAP]) abzugrenzen.

Peutz-Jeghers-Syndrom

Definition

Kennzeichnend für das seltene autosomal-dominant vererbte Krankheitsbild ist das Auftreten von charakteristischen Polypen des Gastrointestinaltraktes und Pigmentflecken auf Lippen- und Wangenschleimhaut. Peutz-Jeghers-(PJ-)Polypen weisen eine spezifische Histologie mit einer baumartig verzweigten Muscularis propria auf. Die Epithelkompenente der Polypen weist in der Mehrzahl der Fälle keine Dysplasiezeichen auf.
Die Diagnose kann klinisch gestellt werden bei
  • zwei oder mehr PJ-Polypen oder
  • ein oder mehr PJ-Polypen und mukokutane Pigmentationen oder
  • ein oder mehr PJ-Polypen und positive Familienanamnese.
Weiterhin muss die Diagnose bei Nachweis einer pathogenen STK11-Keimbahnmutation gestellt werden.

Pathophysiologie

Ursächlich sind Keimbahnmutationen im STK11-Gen. STK11 kodiert für eine Serin-Threonin-Kinase, die wichtig für die Regulation der Zellteilung und Differenzierung ist. Eine ältere Bezeichnung des STK11-Gens ist LKB1. Keimbahnmutationen lassen sich mit modernen Techniken in über 90 % aller klinisch definierten Patienten nachweisen.

Epidemiologie

Das Peutz-Jeghers-Syndrom ist eine sehr seltene Erkrankung. Die Prävalenz wird auf etwa 1:50.000–1:200.000 Geburten geschätzt. Die Erkrankung wird autosomal-dominant vererbt und betrifft daher beide Geschlechter. In 20–40 % der Patienten lässt sich keine positive Familienanamnese erheben. Die Erkrankung manifestiert sich meist bereits im Kindes- und Jugendlichenalter durch die Entwicklung von gastrointestinalen Polypen (40 % vor dem 10. Lebensjahr; 80 % vor dem 20. Lebensjahr). Ab dem 30. Lebensjahr ist das Risiko für verschiedene intestinale und extraintestinale Malignome deutlich erhöht.

Klinik

Polypen
Die Polypen entwickeln sich am häufigsten im Dünndarm, daneben aber auch im Magen und Dickdarm. Die Dünndarmpolypen können zur Invagination mit kolikartigen Schmerzen bis hin zum akuten Abdomen aufgrund eines Ileus führen. Daneben besteht häufig eine chronische Blutungsanämie mit entsprechender Reduktion der körperlichen Leistungsfähigkeit. Die Symptomatik manifestiert sich meist in etwa 40 % der Patienten bereits in der ersten und bei zu 80 % der Patienten bis zum Ende der zweiten Lebensdekade. Polypen können sich selten auch im HNO- und Urogenitaltrakt sowie in den Gallenwegen entwickeln.
Pigmentflecke
Die Pigmentflecken sind im Lippenrot und perioral akzentuiert, können bei Geburt noch fehlen oder sind milder ausgeprägt, werden jedoch meist im Kindesalter gut sichtbar. Sie können auch an den Akren oder intraoral an den Schleimhäuten auftreten. Im Laufe des Lebens verblassen sie oft und sind kaum noch wahrnehmbar. Den Pigmentflecken per se kommt kein Krankheitswert zu. Sie sollten jedoch immer ein Trigger sein, hinsichtlich eines Peutz-Jeghers-Syndroms zu untersuchen.
Tumorrisiko
Peutz-Jeghers-Patienten haben ein deutlich erhöhtes Karzinomrisiko. Bis zum 70. Lebensjahr entwickeln 80–90 % der Patienten einen bösartigen Tumor. Im Vordergrund stehen vor allem ab dem 40. Lebensjahr Karzinome des Gastrointestinaltraktes und der Mamma (Lebenszeitrisiko für Mammakarzinome 50 %, Kolonkarzinome 40 %, Pankreaskarzinome 10 %). Weiterhin treten Dünndarm- und Magenkarzinome, seltener auch hepatobiliäre Tumoren auf. Das Risiko für gynäkologische Tumoren liegt bei 15–20 %. Ein weiterer charakteristischer Befund ist das Auftreten von Keimleistentumoren mit anulären Tubuli in den Ovarien. Diese Tumoren können bei betroffenen Mädchen zur Pubertas praecox führen. Ebenso können hormonaktive Hodentumoren bei männlichen Anlageträgern zu einer Pseudopubertas praecox führen.

Diagnostik

Früherkennungsprogramme sind aufgrund der Seltenheit nicht evidenzbasiert. Eine Empfehlung unseres Zentrums, die den Empfehlungen der John-Hopkins-Universität ähnelt, findet sich in Tab. 1. Das optimale Verfahren für die Dünndarmdiagnostik ist derzeit noch unklar. An vielen Zentren wird primär eine Kapselendoskopie und MR-Sellink-Untersuchung durchgeführt. Bei Auffälligkeiten besteht dann, je nach Lokalisation von Polypen, die Möglichkeit einer Push-Enteroskopie oder Doppel-Ballon-Enteroskopie (DBE). Die früher häufig erforderliche intraoperative Endoskopie ist durch die Einführung der DBE deutlich seltener erforderlich. Ab dem 8.–10. Lebensjahr sollte eine Ösophagogastroduodenoskopie erfolgen. Ab dem 18. Lebensjahr sollte eine jährliche gynäkologische Vorsorge und Koloskopie und ab dem 25. Lebensjahr eine jährliche Pankreas- und Brustkrebsfrüherkennung erfolgen. Hier erscheint eine Endosonographie und CA19-9-Bestimmung sowie eine Mammasonographie oder -MRT sinnvoll. Eine Mammographie ist in dieser Altersgruppe mit sehr dichtem Drüsenparenchym initial nicht hilfreich, sondern erst im Verlauf indiziert. Die Betreuung von Peutz-Jeghers-Patienten sollte aufgrund der Seltenheit der Erkrankung in Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Zentrum erfolgen.
Tab. 1
Krebsfrüherkennungsprogramm für Patienten mit Peutz-Jeghers-Syndrom am Zentrum für Familiären Darmkrebs Bochum
Alter
(Jahre)
Intervall
(Jahre)
Organsystem
Untersuchungen für männliche Patienten
Untersuchungen für weibliche Patienten
0–12
Hoden
Anamnese und Untersuchung; Augenmerk auf Hoden und Routinelabor (Blutbild, Ferritin)
Hodensonographie
Anamnese und Untersuchung; Augenmerk auf Routinelabor (Blutbild, Ferritin)
>10
2–3
Oberer Gastrointestinaltrakt
Ösophagogastroduodenoskopie und Dünndarmuntersuchung (Videokapselendoskopie und MRT-Sellink)
>12
2–3
Unterer Gastrointestinaltrakt
Koloskopie
>20
1
Zervix
 
Gynäkologische Untersuchung mit PAP-Abstrich
>25
1
Pankreas
Endosonographie und CA19-9
CT-Abdomen und/oder MRCP, ggf. ERCP bei unklaren Befunden
>25*
Siehe rechte Spalte
Brust, Ovar
 
Brusttastuntersuchung alle 6 Monate
Mammographie jährlich (MRT jährlich, Sonographie der Mamma jährlich)
Transvaginale Sonographie und CA-125 jährlich
ERCP endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie, MRCP Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie
* Mammakarzinomfrüherkennung sollte bei frühem Manifestationsalter in der Familie früher beginnen

Differenzialdignostik

Die Differenzialdiagnose umfasst in erster Linie die anderen hereditären hamartomatösen Polyposis-Syndrome (juvenile Polyposis, Cowden-Syndrom) sowie die nicht hereditären Polyposis-Syndrome (v. a. Cronkhite-Canda-Syndrom). Die Abgrenzung zur familiären adenomatösen Polyposis ist in aller Regel einfach.
Wegweisend sind die Lippenpigmente, der charakteristische histologische Polypenbefund, der gegebenenfalls bei unklaren Zuordnungen auch durch eine Referenzpathologie erhoben werden sollte, und die Polypenverteilung (prädominant im Dünndarm).

Therapie

Bei der Therapie muss zwischen der Behandlung bzw. Prophylaxe von polypenbedingten Komplikationen und der Früherkennung von Karzinomen unterschieden werden.
Die endoskopische Früherkennung im jugendlichen Alter hat das Hauptziel, Notfälle wie z. B. durch Invagination hervorgerufene Darmischämien oder einen Ileus durch Obstruktion zu reduzieren. Zu diesem Zwecke sollten Polypen >15 mm entfernt werden. Dieses gelingt durch die Weiterentwicklung der endoskopischen Methoden wie der Push-Enteroskopie, aber vor allem auch der Doppel-Ballon-Enteroskopie zunehmend häufiger ohne chirurgische Eingriffe. In Einzelfällen kann eine Minilaparatomie mit Enterotomie und intraoperativer Endoskopie erforderlich sein.
Ab dem 25. Lebensjahr stellt die Karzinomfrüherkennung die Hauptindikation dar, wenngleich auch dann polypenbedingte intestinale Komplikationen auftreten. Die Therapie bei Nachweis eines Malignoms orientiert sich an der Therapie sporadischer Tumoren. Eine Ausnahme stellt das Mammakarzinom dar. Hier kann analog den Familien mit BRCA-Mutationen eine prophylaktische bilaterale Mastektomie diskutiert werden. Eine prophylaktische Kolektomie oder Gastrektomie kann bei endoskopisch nicht beherrschbarer Polyposis in Einzelfällen indiziert sein.
In Tiermodellen und Einzelfallbeschreibungen sind COX2- und mTOR-Inhibitoren erfolgversprechend. Belastbare klinische Studien und vor allem Konzepte zu klinisch relevanten Endpunkten in einer pädiatrischen Patientenpopulation liegen bisher nicht vor.

Verlauf und Prognose

Das Peutz-Jeghers-Syndrom ist eine seltene Erkrankung. Viele Ärzte haben daher keine oder nur sehr eingeschränkte Erfahrung mit der Erkrankung, und die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Zentrum erscheint daher bei dieser Erkrankung besonders wichtig. Das standardisierte Mortalitätsrisiko ist im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich erhöht. Zudem ist in der Vergangenheit bei den Patienten mit multiplen Laparatomien und Dünndarmresektionen auch eine erhebliche Morbidität zu beklagen gewesen.

Familiäre juvenile Polyposis

Definition

Die juvenile Polyposis kann klinisch diagnostiziert werden, wenn
  • mindestens fünf juvenile Polypen bei einem Patienten vorliegen oder
  • extrakolonische juvenile Polypen vorliegen oder
  • ein Polyp bei positiver Familienanamnese vorliegt.
Weiterhin muss die Diagnose bei Nachweis einer pathogenen SMAD4- oder BMPR1A-Keimbahnmutation gestellt werden.

Pathophysiologie

Ursächlich sind Keimbahnmutationen im SMAD4- und BMPR1A-Gen. Mutationsnachweise in einem dieser beiden Gene gelingen derzeit in je etwa 30 % der Fälle. Wahrscheinlich führen Mutationen in bislang nicht identifizierten Genen ebenfalls zum Auftreten einer juvenilen Polyposis. Ein Kandidiatengen ist das Endoglingen, in dem bei SMAD4-negativen und BMPR1a-negativen Patienten Keimbahnmutationen nachgewiesen worden sind. Mutationen im PTEN-Gen sind berichtet worden, aber die Reevaluation dieser Fälle hat in der Mehrzahl der Fälle zu der Diagnose eines Cowden-Syndroms geführt.

Epidemiologie

Die juvenile Polyposis ist eine sehr seltene Erkrankung. Die Inzidenz wird auf 1:100.000 geschätzt. Die Erkrankung wird autosomal-dominant vererbt und betrifft daher beide Geschlechter gleichermaßen. Die Familienanamnese ist nur in 50–75 % der Patienten positiv. Die Erkrankung manifestiert sich meist bereits im Kindes- und Jugendlichenalter durch die Entwicklung von gastrointestinalen Polypen. Ab dem 30. Lebensjahr ist das Risiko für verschiedene gastrointestinale Malignome erhöht.

Klinik

Polypen sind hauptsächlich im Kolon und Rektum lokalisiert (>95 %). Ein Magen- und Dünndarmbefall sind deutlich seltener (13 % bzw. 6 %). Juvenile Polypen sind in der Regel gestielt, weich, lobuliert und haben eine vulnerable Oberfläche mit häufigen Kontaktblutungen in der Endoskopie. Klinisch stehen bei den Patienten eine chronische Blutungsanämie und eine exsudative Enteropathie (Hypalbuminämie, Ödeme) sowie eine damit verbundene Entwicklungsverzögerung und Mangelernährung im Vordergrund. Gelegentlich kommt es zu einem peranalen Polypenprolaps. Bei 10–15 % der Patienten liegen zusätzlich angeborene Anomalien (v. a. kardiale Vitien, atrioventrikuläre Fisteln, renale Fehlbildungen) vor. Bezüglich des Alters bei Erstdiagnose besteht eine breite Schwankungsbreite vom Neugeborenalter bis ins mittlere bis hohe Erwachsenenalter hinein.
Das Lebenszeitrisiko für die Entwicklung eines Kolorektalkarzinoms beträgt 35–68 %. Kolorektalkarzinome werden im Mittel im Alter von 34 Jahren diagnostiziert. Zusätzlich besteht ein erhöhtes Risiko für Magenkarzinome. Das Lebenszeitrisiko für Magenkarzinome wird mit ca. 20 % beziffert. Daneben ist möglicherweise das Risiko für Pankreas- und Dünndarmkarzinome erhöht.
Es bestehen klare Genotyp-Phänotyp-Beziehungen: Patienten mit einer SMAD4-Keimbahnmutation haben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Magenpolypen und Magenkarzinomen sowie für eine hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie (Morbus Osler-Rendu-Weber).

Diagnostik

Das Vorsorgeprogramm sollte risikoadaptiert anhand der in der Familie aufgetretenen Erkrankungen und deren klinischen Erscheinungsbild erarbeitet werden. Wesentlich sind regelmäßige Koloskopien, Ösophagogastroduodenoskopien und Untersuchungen des Dünndarms, z. B. mit MR-Sellink und/oder Videokapselendoskopie ab dem 15. Lebensjahr in zwei- bis dreijährlichen Intervallen. Bei Nachweis von Polypen sind jährliche Intervalle in der Regel empfehlenswert. Laborchemisch ist eine Eisenmangelanämie und ggf. eine Hypalbuminämie durch enteralen Eiweißverlust von Interesse.

Differenzialdiagnostik

Die Differenzialdiagnose umfasst in erster Linie die anderen hereditären hamartomatösen Polyposis-Syndrome (Peutz-Jeghers-Syndrom, Cowden-Syndrom) sowie die nicht hereditären Polyposis-Syndrome (v. a. Cronkhite-Canda-Syndrom). Die Abgrenzung zur familiären adenomatösen Polyposis ist in aller Regel einfach. Wegweisend ist die charakteristische Histologie der Polypen. Die korrekte Diagnose juveniler Polypen kann aufgrund morphologischer Ähnlichkeiten mit hyperplastischen Polypen sowie lymphozytären Infiltraten und dysplastischen Anteilen schwierig sein: In einem nennenswerten Teil der genetisch gesicherten Fälle wird die juvenile Polyposis initial als Colitis ulcerosa oder hyperplastische Polyposis fehlgedeutet. Im Zweifelsfall sollte deshalb die Zweitbegutachtung der histologischen Präparate durch einen gastroenterologisch versierten Pathologen angestrebt werden.

Therapie

Eine prophylaktische Kolektomie oder Gastrektomie kann bei endoskopisch nicht beherrschbarer Polyposis indiziert sein. Zur Chemoprävention gibt es keine Daten.

Verlauf und Prognose

Die juvenile Polyposis ist eine seltene Erkrankung. Viele Ärzte haben daher keine oder nur sehr eingeschränkte Erfahrung mit der Erkrankung, und die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Zentrum erscheint sinnvoll.

Cowden-Syndrom

Definition

Das Cowden-Syndrom (CS) ist eine sehr seltene autosomal-dominant vererbte Erkrankung, die charakterisiert ist durch das Auftreten von fazialen Trichilemmomen, einer oralen Papillomatose, hyperkeratotischen Hautveränderungen, einer Glykogenakanthose des Ösophagus und hamartomatösen Polypen im Gastrointestinaltrakt.
Das Bannayan-Riley-Ruvalcaba-Syndrom wird als Variante des Cowden-Syndroms betrachtet. Beide Syndrome sind mit Keimbahnmutationen des PTEN-Gens assoziiert und werden unter der Bezeichnung PTEN-Hamartom-Tumor-Syndrom (PHTS) zusammengefasst.

Pathophysiologie

Ursächlich sind Keimbahnmutationen im PTEN-Suppressorgen. Mutationen lassen sich in 80 % aller Patienten, die die klinischen Kriterien erfüllen, nachweisen.

Epidemiologie

Das Cowden-Syndrom ist eine sehr seltene Erkrankung. Die Prävalenz wird auf etwa 1:100.000 bis 1:1.000.000 geschätzt. Die Erkrankung wird autosomal-dominant vererbt.

Klinik

Polypen im Rahmen des Cowden-Syndroms sind am häufigsten im Magen, Kolon und Ösophagus lokalisiert, können aber prinzipiell überall im Gastrointestinaltrakt auftreten. Histologisch kommen juvenile Polypen, Lipome, inflammatorische Polypen, Ganglioneurome und lymphatische Hyperplasien vor. Charakteristisch sind Polypen, die juvenilen Polypen ähneln, aber neuronale Strukturen enthalten. Assoziiert sind auch fibrozystische Mammaerkrankungen und eine Struma multinodosa.
Das Lebenszeitrisiko für Mammakarzinome beträgt etwa 50 %, das Risiko für Schilddrüsenkarzinome beträgt etwa 10–20 %. Das Risiko für kolorektale Karzinome scheint nach neueren Daten mit einem Lebenszeitrisiko von 28 % ebenfalls erhöht zu sein. Weiterhin wurden erhöhte Risiken für Karzinome des Endometriums und der Nieren sowie für Melanome beschrieben.

Diagnostik

Die Diagnostik umfasst endoskopische Untersuchungen des Gastrointestinaltraktes, sonographische Untersuchungen der Schilddrüse, Abdomen und der Brust und ein MRT der Mamma. Weiterhin sind dermatologische und gynäkologische Vorstellungen indiziert. Intervalle von Kontrolluntersuchungen sind bisher nicht klar definiert, sollten sich aber bezüglich des häufigsten Tumors – des Mammakarzinoms – an den Empfehlungen für hereditäre Mammakarzinome bei BRCA-Mutationsträgern orientieren.

Differenzialdiagnostik

Die Differenzialdiagnose umfasst in erster Linie die anderen hereditären hamartomatösen Polyposis-Syndrome (Peutz-Jeghers-Syndrom, juveniles Polyposis-Syndrom) sowie die nicht hereditären Polyposis-Syndrome (v. a. Cronkhite-Canda-Syndrom). Die Histologie der Polypen ist wegweisend. Im Zweifelsfall sollte die Zweitbegutachtung der histologischen Präparate durch einen gastroenterologisch versierten Pathologen angestrebt werden.

Therapie

Bei Karzinomen wird eine Therapie analog zu den sporadischen Tumoren des jeweiligen Organs empfohlen. Zur Chemoprävention gibt es keine Daten.

Verlauf und Prognose

Das Cowden-Syndrom ist eine seltene Erkrankung. Viele Ärzte haben daher keine oder nur sehr eingeschränkte Erfahrung mit der Erkrankung und die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Zentrum erscheint sinnvoll.
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