Einleitung
Eine Stenose der Trikuspidalklappe ist eine seltene Erkrankung. Insbesondere bei der hochgradigen Stenose ist das klinische Bild durch das Einstromhindernis vor dem rechten Ventrikel gekennzeichnet, sodass bei den oft multimorbiden Patienten das führende Bild einer
Rechtsherzinsuffizienz besteht. Meist tritt die Trikuspidalklappenstenose nicht isoliert, sondern in Kombination mit einer Insuffizienz der Klappensegel auf, was die Diagnose und Therapiestrategie zusätzlich erschweren kann.
Pathophysiologie
Eine intakte Klappenfunktion ist für die Aufrechterhaltung des rechtsventrikulären Schlagvolumens von hoher Bedeutung. Der Trikuspidalklappenapparat ist Teil des rechtsventrikulären Einflusstrakts und besteht aus dem Trikuspidalklappenannulus, den 3 Klappensegeln (anterior, septal und posterior), den Chordae tendineae und den 3 Papillarmuskeln.
Die gesunde Trikuspidalklappe weist eine Klappenöffnungsfläche von 6–10 cm
2 auf, hämodynamische Auswirkungen sind ab einer Stenosierung von <2,5 cm
2 zu erwarten. Von einer hämodynamisch und klinisch relevanten Stenosierung ist ab einer Fläche von <2,0 cm
2 und einem mittleren transvalvulären Druckgradienten von ≥5 mmHg auszugehen (Baumgartner et al.
2009,
2017).
Die Trikuspidalklappenstenose tritt entweder als angeborenes oder als erworbenes Klappenvitium auf.
Im Erwachsenenalter ist die rheumatischen Herzerkrankung die häufigste Ursache der Trikuspidalklappenstenose (Kitchin und Turner
1964; Otto und Bonow
2014). Mögliche kongenitale Ursachen sind dagegen eine Rarität und umfassen einen hypoplastischen Annulus, verkürzte Chordae, hypoplastische Klappensegel, fusionierte Kommissuren oder eine sog. „parachute“ Deformität, bei der alle Chordae an einem einzigen Papillarmuskel ansetzen (Gatzoulis et al.
2011).
Bei einer rheumatischen Herzerkrankung ist die Trikuspidalklappe meist nicht isoliert betroffen, sondern typischerweise mit einer
Mitralstenose assoziiert (Waller et al.
1995). Zunehmend wichtiger werden erworbene Trikuspidalstenosen aufgrund degenerierter oder (teil-)thrombosierter chirurgischer Klappenprothesen (Patel et al.
1996; Ribeiro et al.
1990) oder bei Klappenverletzungen nach
Schrittmacherimplantation (Hagers et al.
2000; Heaven et al.
2000). Auch ein Karzinoidsyndrom oder eine bakterielle
Endokarditis mit großen, obstruierenden Vegetationen können eine Trikuspidalklappenstenose verursachen (Pellikka et al.
1993; Waller et al.
1995). Des Weiteren wurden mit einem
Morbus Whipple, einem
Morbus Fabry oder einem systemischen
Lupus erythematodes assoziierte Fälle beschrieben (Waller et al.
1995).
Epidemiologie
Die Trikuspidalklappenstenose ist eine insgesamt sehr seltene Erkrankung (Waller et al.
1995). Bei 363 Patienten, bei denen ein chirurgischer Trikuspidalklappenersatz durchgeführt wurde, wiesen präoperativ 74 % eine reine Insuffizienz, 23 % ein kombiniertes Vitium und 2 % eine isolierte Stenose auf (Hauck et al.
1988). Die Trikuspidalklappenstenose ist meist durch eine rheumatische Herzerkrankung bedingt. Es wird davon ausgegangen, dass die rheumatische Herzerkrankung für 90 % aller Trikuspidalklappenstenosen verantwortlich ist, umgekehrt aber eine Trikuspidalklappenstenose in nur 3–5 % aller Patienten mit einer rheumatischen Herzkrankheit beobachtet wird (Kitchin und Turner
1964; Otto und Bonow
2014; Waller et al.
1995). Das rheumatische
Fieber hat innerhalb der letzten Jahrzehnte in industrialisierten Ländern deutlich abgenommen. So wurden in einer Studie postinflammatorische Klappenveränderungen in 80 % der Patienten nachgewiesen, die zwischen 1963 und 1967 einen Trikuspidalklappenersatz erhielten, aber nur noch in 24 % der Patienten, die zwischen 1983 und 1987 operiert wurden (Hauck et al.
1988).
Klinik
Im Gegensatz zur kongenitalen Trikuspidalklappeninsuffizienz, die häufig erst im späteren Lebensalter zu Symptomen führt, wird die kongenitale Trikuspidalklappenstenose meist in früher Kindheit symptomatisch und therapiebedürftig. Eine
erworbene Trikuspidalklappenstenose entwickelt sich schleichend über Jahrzehnte, und Beschwerden sind ab einer Klappenöffnungsfläche von <2,0 cm
2 zu erwarten. Da die Trikuspidalklappenstenose meist mit Erkrankungen der Mitral- oder Aortenklappe vergesellschaftet ist, sind klinisch meist die linksseitigen Herzklappenerkrankungen führend.
Die Trikuspidalklappenstenose führt durch eine Behinderung der Füllung des rechten Herzens in der Diastole zu Zeichen der rechtsventrikulären Stauung und meist auch – bedingt durch ein vermindertes rechtsventrikuläres Schlag- und Herzzeitvolumen – zu einer Leistungsminderung. Im Rahmen der rechtsventrikulären Stauung treten Beinödeme,
Aszites, Hepatomegalie und eine Halsvenenstauung auf. Bei persistierendem Foramen ovale oder atrialem Septumdefekt kann es aufgrund des erhöhten rechtsatrialen Drucks zu einem Rechts-Links-Shunt mit konsekutiver Zyanose kommen.
Vorhofflimmern tritt bei 50 % aller Patienten mit einer Trikuspidalklappenstenose auf.
Diagnostik
In der klinischen Untersuchung imponieren Zeichen der rechtsventrikulären Stauung. Auskultatorisch zeigt sich typischerweise ein tieffrequentes, durch Inspiration verstärktes Diastolikum mit Punctum
maximum im 4. oder 5. Interkostalraum links parasterna, gegebenenfalls kann zusätzlich ein Trikuspidalklappenöffnungston auskultiert werden (Bousvaros und Stubington
1964). Elektrokardiographisch fallen eine hohe P-Welle als Ausdruck der rechtsatrialen Vergrößerung und Zeichen der Rechtsherzhypertrophie auf (Kitchin und Turner
1964). Im Thorax-Röntgenbild kann eine rechtsatriale Dilatation zur Darstellung kommen.
Die Echokardiografie spielt in der Diagnostik von Trikuspidalklappenerkrankungen eine zentrale Rolle. In der Echokardiografie können die Anatomie der Trikuspidalklappe beurteilt und der Schweregrad der Stenose bestimmt werden. Obwohl kein allgemein gültiges Gradierungssystem der Trikuspidalklappenstenose besteht, wird bei einem mittleren transvalvulären Druckgradienten von ≥5 mmHg und einer Druckhalbwertszeit von ≥190 ms von einer relevanten Trikuspidalklappenstenose ausgegangen (Baumgartner et al.
2009,
2017). Bei der rheumatischen Herzerkrankung werden typischerweise diffuse Verdickungen der Klappensegel, eine Fusion der Kommissuren sowie eine Fusion und Verkürzung der Chordae tendineae beobachtet (Gatzoulis et al.
2011).
Beim Karzinoidsyndrom entstehen an der Trikuspidalklappe und im rechten Ventrikel endokardiale Karzinoidplaques, die Klappensegel sind meist rigide und in einer halb geöffneten Position fixiert (Pellikka et al.
1993). Häufig ist bei diesem Krankheitsbild auch die Pulmonalklappe mit betroffen (Gatzoulis et al.
2011; Pellikka et al.
1993). Die Echokardiografie erlaubt zusätzlich zur Beurteilung der Trikuspidalklappe eine Beurteilung der Größe des rechten Vorhofes sowie der Größe und Funktion des rechten Ventrikels.
Ergänzend kann zur weiterführenden Diagnostik eine Rechtsherzkatheteruntersuchung durchgeführt werden. Hierbei kann der transvalvuläre Druckgradient direkt gemessen werden. In der Vorhofdruckkurve fallen bei Patienten mit schwerer Trikuspidalklappenstenose eine prominente a-Welle und ein vermindertes oder fehlendes y-Tal auf.
Differenzialdiagnostik
Von der kongenitalen Trikuspidalklappenstenose muss differenzialdiagnostisch das Cor triatriatum dexter abgegrenzt werden (Mackman et al.
2015). Dieses entsteht durch eine persistierende rechtsvenöse Klappe, die den rechten Vorhof in einen proximalen und einen distalen Anteil unterteilt. Des Weiteren muss bei einer rechtsventrikulären Einflussstauung an ein rechtsatrial metastasierender Tumor wie beispielsweise ein
Nierenzellkarzinom, ein Myxom oder ein rechtsatrialer Thrombus gedacht werden (Gatzoulis et al.
2011).