Im Vergleich zu auf natürlichem Weg entstandenen Kindern haben Kinder aus IVF-Schwangerschaften eine 1,6- bis 2,8-fach höhere Rate an
Frühgeburten und niedrigem Geburtsgewicht
19. Was die Fehlbildungen
betrifft, so haben Paare die mittels IVF schwanger wurden keine höhere Fehlbildungsrate als Paare die mehr als 12 Monate brauchten, um spontan eine Schwangerschaft zu erreichen. Eine australische Studie zeigte, dass bei spontaner Konzeption Mütter über 40 mehr Fehlbildungen hatten als Mütter nach IVF/
ICSI (Davies et al.
2017).
20 Dies kann an der vermehrten Inanspruchnahme von
Präimplantationsdiagnostik und
Pränataldiagnostik bei Paaren mit
assistierter Reproduktion liegen. Das relative Risiko auf schwere Fehlbildungen nach IVF/ART gegenüber spontaner Konzeption war über die letzten 20 Jahre konstant, es lag bei 2,9 % bei spontan konzipierten Schwangerschaften und bei 3,4 % bei ART. In beiden Gruppen hat die Detektion von Fehlbildungen zugenommen, dies liegt an der besseren Diagnostik und Dokumentation (Henningsen et al.
2018).
21 Bei ART/IVF-Schwangerschaften kommt es zu einer erhöhten Inzidenz von imprinting disorders
: Dazu gehören das Beckwith-Wiedemann-Syndrom, das
Angelman-Syndrom, das
Prader-Willi-Syndrom und das Silver-Russell-Syndrom (Cortessis et al.
2018).
22 Diese Syndrome sind ausgesprochen selten, kommen aber bei assistierter Reproduktion häufiger vor. Unter den Herzfehlern ist es vor allem die Fallot’sche Tetralogie, die bei ART-Schwangerschaften häufiger beobachtet wird. In einer Studie der Epikard-Gruppe zeigte sich, dass Neugeborene mit Herzfehler nach IVF/ART ein deutlich erhöhtes Risiko auf Frühgeburtlichkeit haben und sie somit einem doppelten Risiko ausgesetzt sind (Tararbit et al.
2013).
23 Insgesamt gilt es also, die kardiale Gesundheit von mittels ART entstandenen Kindern langfristig im Auge zu behalten. Große dänische epidemiologische Studien, bei denen die mittlere Reife-Prüfung an den Schulen mit dem Konzeptionsmodus korreliert wurde, zeigte keinen Unterschied zwischen spontan, mittels IVF/ART und mittels
Kryokonservierung entstandenen Kindern (Spangmose et al.
2017).
24 In Anbetracht der Tatsache, dass die ersten mittels IVF entstandenen Personen gerade erst das 40. Lebensjahr überschritten haben, ist es immer noch möglich, dass zu einem späteren Zeitpunkt subtile epigenetische Veränderungen an den Embryonen vor der Implantation zu einem negativen Effekt führen. Nach den bisherigen Daten zu den Millionen mittels assistierter Reproduktion entstandenen Kindern und Erwachsenen wäre eine solche Entwicklung unwahrscheinlich, aber ist nicht völlig ausgeschlossen.
Bei 106.000 Kindern, die in Großbritannien mittels ART/IVF entstanden waren, wurden in den ersten 15 Lebensjahren 110 Tumoren erwartet, es wurden 108 diagnostiziert. Es wurden in der Gruppe sechs
Hepatoblastome beschrieben (Williams et al.
2013).
25 Bei Kindern die mittels Donor-Sperma und Donor-Oozyten entstanden waren, wurden 14,4 Tumoren erwartet, es wurden 12 Tumore diagnostiziert, davon waren zwei Hepatoblastome. Eine große australische Studie fand eine leicht erhöhte Präeklampsierate bei mittels ART schwanger gewordenen Frauen, wobei dies hauptsächlich auf die in dieser Gruppe auch in Australien erhöhte Mehrlingsrate zurückgeführt wurde (Wang et al.
2016).
26 IVF/ART-Schwangere haben ein markanteres Risikoprofil als die idealisierte gesunde 24-jährige Zweitgebärende, die 3 Monate nach Absetzen der Pille spontan schwanger wird. Entsprechende Modifikationen des Lebensstils im Zuge der Fertilitätsbehandlung, genaue Überwachung der Schwangerschaft und
Pränataldiagnostik sowie gezielte Vermeidung von Situationen, die zu einer
Frühgeburt führen können, ermöglichen Frauen nach
assistierter Reproduktion eine nahezu idente Schwangerschaft wie jene von Frauen, die spontan schwanger wurden.