Nekrosenabtragung und Hautdeckung
Patienten, die für eine Nekrektomie
vorgesehen sind, befinden sich häufig in einem hämodynamisch und respiratorisch instabilen Zustand. Da das auf dem Boden der Nekrosen sich entwickelnde „systemic inflamatory response syndrome“ (
SIRS) Ursache dieser instabilen Situation ist, müssen diese Patienten trotz ihres schlechten Zustands operiert werden. Der Transport in den Operationstrakt ist sorgfältig zu planen. Für beatmungspflichtige Patienten sollte während des Transports und im Operationstrakt das auf der Intensivstation angewandte, differenzierte Beatmungsmuster ohne Unterbrechung fortgesetzt werden können. Gleiches gilt für vasoaktive Substanzen, die der Patient zur Kreislaufunterstützung erhält.
Brandverletzte weisen eine Resistenz gegenüber nichtdepolarisierenden
Muskelrelaxanzien auf, vermutlich in Folge einer Zunahme der Acetylcholinrezeptoren am Muskel. Hieraus ergibt sich ein 2- bis 5-fach höherer Bedarf [
38].
Gleichzeitig liegt beim Verbrannten eine verminderte Aktivität der Plasmacholinesterase vor. Dies erklärt, warum Mivacurium im Gegensatz zu anderen nichtdepolarisierenden
Muskelrelaxanzien in normaler Dosis den gewünschten Effekt aufweist.
Es existieren keine Empfehlungen hinsichtlich der Wahl der Anästhetika. Als Folge der reduzierten Plasmaeiweißkonzentration ist die freie Medikamentenfraktion im
Plasma erhöht. Medikamente müssen daher nach Wirkung appliziert werden.
Der Blutverlust bei operativer Nekroseabtragung kann erheblich sein. Voraussetzung für eine suffiziente Infusions- und Transfusionstherapie sind 2 großlumige Venenverweilkanülen, die notfalls auch in verbranntem Areal gelegt werden können. Zusätzlich müssen bei umfangreichen Eingriffen ein zentralvenöser sowie ein
arterieller Katheter vorhanden sein. Zur Reduktion des Blutverlusts werden vom Operateur gelegentlich mit Adrenalin getränkte Kompressen verwendet. Eingriffe an den Extremitäten können in Blutsperre durchgeführt werden, es kann aber nach Öffnen der Blutsperre zu erheblichen Blutverlusten kommen. Es ist eine ausreichende Anzahl an Blutprodukten bereitzustellen. Aufgrund der potenziellen Keimbesiedelung der Brandwunden kommt eine intraoperative maschinelle Autotransfusion nicht in Betracht.
Die Gerinnung ist häufig beeinträchtigt. Beim Schwerbrandverletzten muss deshalb eine engmaschige Kontrolle der Gerinnungsparameter erfolgen und frühzeitig (ggf. präoperativ), mit der Gabe von „fresh frozen plasma“ und ggf. auch von Thrombozytenkonzentraten begonnen werden. Zu beachten ist auch ein ausreichender Kalziumspiegel.
Der ungünstige Einfluss der
Hypothermie auf Gerinnung und postoperatives Kältezitten („shivering“
) erfordert alle Maßnahmen zur Verhinderung des Auskühlens.
Hierzu gehören eine Raumtemperatur von mind. 28 °C bei 55 % Luftfeuchtigkeit, eine effektive Anwärmung der verabreichten Flüssigkeiten sowie die konvektive Wärmezufuhr, sofern diese vom Ausmaß der Verbrennung und Lokalisation des Operationsgebiets vertretbar ist.
Aufgrund der durch große Eingriffe verursachten Bakteriämie
mit Aktivierung der Mediatorenkaskade kommt es häufig postoperativ zu einer Verschlechterung der respiratorischen Situation. Ein unruhiger oder zitternder Patient kann das Operationsergebnis gefährden. Hypertensive Perioden begünstigen das Unterbluten der Hauttransplantate und verschlechtern damit deren Einheilung. Die Indikation zur postoperativen Nachbeatmung ist deshalb großzügig zu stellen. Zur Prophylaxe des Kältezitterns oder hypertensiver Phasen sollte vor der Narkoseausleitung und Extubation Clonidin
verabreicht werden. Darüber hinaus muss frühzeitig eine suffiziente
Schmerztherapie mit
Opioiden eingeleitet werden. Kommt es hierunter zu einer Hypotension, ist dieses ein deutlicher Hinweis auf eine
Hypovolämie.
Verbandswechsel und Bäder
Bei einer geschlossenen Verbrennungsbehandlung werden Verbandwechsel häufig auf der Verbrennungsstation durchgeführt. Diese sind schmerzhaft. Beim nichtanalgosedierten, spontanatmenden Patienten haben sich zur Analgosedierung
bewährt [
39]:
Hierbei sollte stets Sauerstoff über eine
Maske verabreicht werden sowie ein Pulsoxymeter zur Überwachung angeschlossen sein. Das gesamte Notfallinstrumentarium muss vorhanden sein.
Das sog. „Narkosebad“, bei welchem der Patient über einer großen Wanne abgeduscht und lockere Nekrosen abgetragen werden, erfordert häufig eine
Allgemeinanästhesie. Um die enterale Ernährung aufgrund der wiederholten Eingriffe (Operation, Verbandswechsel, Bad) nicht zu lange zu unterbrechen, sollte die
Nüchternheit auf den minimalen, vertretbaren Zeitraum beschränkt werden.
Regionalanästhesie bei Verbrennungen
Grundsätzlich können weniger ausgedehnte Verbrennungen an Extremitäten auch in
Regionalanästhesie operiert werden. Bei ausgedehnten Verbrennungen im Bereich der unteren Körperhälfte (Genitalregion, Gesäß, untere Extremitäten) kann einPeriduralkatheter
auch zur kontinuierlichen
Schmerztherapie sinnvoll sein. Er sollte allerdings nicht durch verbranntes Hautareal gelegt werden.