Allgemeinanästhesie
Am häufigsten erhalten ambulante Patienten
Allgemeinanästhesien, auch wenn der Anteil an Regional- und Lokalanästhesien zunimmt [
6].
Die rasche Erholung der Vigilanz und die Vermeidung postoperativer Atemdepression sind bei ambulanten Narkosen von entscheidender Bedeutung.
Deshalb werden möglichst kurzwirksame Medikamente bevorzugt.
Auch die Art der Narkoseführung bietet Möglichkeiten zur Einsparung von Medikamenten und zur Prophylaxe von Komplikationen. Durch Verwendung einer
Larynxmaske (LMA) können
Muskelrelaxanzien eingespart werden. Allerdings ist unter der Kombination von Propofol mit Remifentanil eine Intubation auch ohne oder mit einer sehr geringen Muskelrelaxation möglich (
Cave: größere Verletzungsgefahr!).
Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen gehören zu den häufigsten Ursachen einer verzögerten Entlassung oder Krankenhauseinweisung nach ambulanten Eingriffen [
6,
22,
23]. Deshalb wird eine frühzeitige, bereits prä- oder intraoperative Prophylaxe empfohlen.
Sedierung
Die Sedierung ist nach der
Allgemeinanästhesie bei ambulanten Patienten die zweithäufigste Anästhesiemethode, als alleiniges Verfahren, als Analgosedierung oder in Kombination mit Regional- oder Lokalanästhesien [
6]. Sehr häufig wird Propofol verwendet, oft in Kombination mit Analgetika oder anderen Sedativa.
Die Balance zwischen unerwünschter Wachheit einerseits und Atemdepression oder Verlust der Schutzreflexe andererseits erfordert neben Erfahrung eine große Aufmerksamkeit bei der Kombination und
Titration der Medikamente sowie ein an die speziellen Erfordernisse des Eingriffs angepasstes Vorgehen. Sedierungen müssen in Intubationsbereitschaft erfolgen, mit entsprechender apparativer Ausstattung. Das präoperative Nüchternheitsgebot ist auch hier strikt einzuhalten.
Bei zahnärztlichen und kieferchirurgischen Eingriffen können Speichel, Blut und Spülflüssigkeit in Kombination mit herabgesetzten Schutzreflexen zu Laryngospasmen führen oder aspiriert werden. Deshalb ist bei diesen Operationen, wenn sie länger als wenige Minuten dauern, eine Intubationsnarkose für den Patienten sicherer und für den Operateur komfortabler als die „harmlosere“ Sedierung.
Schmerztherapie
Postoperative Schmerzen gehören zu den häufigsten Ursachen für verzögerte Entlassungen oder ungeplante stationäre Aufnahmen ambulanter Patienten. Die Schmerzintensität ist neben individuellen Faktoren v. a. von der Art, aber auch von der Dauer der Operation abhängig. Eingriffe, die erhebliche Schmerzen und einen hohen Opioidbedarf erwarten lassen, sollten nicht ambulant durchgeführt werden.
Es kann auch nach kleineren Eingriffen zu therapiebedürftigen Schmerzen über mehrere Tage kommen. Für diesen Fall sollte der Patient einen schriftlichen, klar verständlichen, individuellen Therapieplan erhalten. Dieser muss die Art der Medikamente, den Anwendungsmodus, die Dosierungen und die Zeitintervalle umfassen. Der Patient sollte über Wirkungen und typische Nebenwirkungen der Analgetika aufgeklärt werden. Da im Einzelfall der Analgetikabedarf nicht immer genau vorhersehbar ist und weil unerwartet starke Schmerzen auf eine Komplikation hinweisen können, müssen die Patienten wissen, an wen sie sich ggf. wenden können.
Es sollte entweder bereits präoperativ ein Rezept ausgestellt oder bei der Entlassung der Tagesbedarf eines geeigneten Schmerzmittels mitgegeben werden.
Im angloamerikanischen Sprachraum werden mit gutem Erfolg periphere Nervenblockaden in Kathetertechnik ambulant fortgeführt [
23]. Diese Möglichkeit wird derzeit in Deutschland kaum genutzt, könnte aber als effiziente und nebenwirkungsarme Methode in Zukunft auch hier breitere Anwendung finden [
32].
Zur Vermeidung von Atemdepression, Übelkeit,
Schwindel etc. werden
Opioide zurückhaltender eingesetzt als bei stationär durchgeführten Eingriffen. Es muss aber nicht grundsätzlich darauf verzichtet werden.
Niedrigpotente Opioide wie
Tramadol oder Dehydrocodein werden bevorzugt.
Des Schmerzmittelbedarf und damit die systemischen Nebenwirkungen werden durch einen multimodalen Ansatz mit einer Kombination aus Lokal- oder
Regionalanästhesie, Nicht-Opioid-Analgetika und
Opioiden minimiert [
33]. Eine effiziente
Schmerztherapie sollte möglichst frühzeitig, am besten bereits prä- oder intraoperativ, beginnen.
Der postoperative Analgetikabedarf kann durch die Gabe
nichtsteroidaler Antiphlogistika
vor Operationsbeginn oder intraoperativ [34] reduziert werden. Diese verringern die Schwellung im Operationsgebiet und tragen so zu einer kausalen Schmerzreduktion bei. Nichtsteroidale Antiphlogistika können die opioidbedingte Hyperalgesie vermindern, wenn sie rechtzeitig vor Schmerzbeginn (also vor Operationsbeginn) gegeben werden.
Intraoperativ werden NSAID mit starken
Opioiden und, wenn möglich, mit einer Regional- oder Lokalanästhesie kombiniert [
35]. Wenn nach der Entlassung Schmerzen zu erwarten sind, werden Nicht-Opioid-Analgetika nach der Wirkdauer in festen Intervallen verordnet, mit Therapiebeginn vor Abklingen der Lokal- oder
Regionalanästhesie [
20]. Schmerzspitzen werden mit Opioiden abgefangen. Diese werden nach Bedarf titriert, sie sollten nicht „prophylaktisch“ gegeben werden. Der Patient muss wissen, ab welchem Bedarf er Kontakt mit dem Arzt aufnehmen sollte.
Nebenwirkungen der Analgetika sind im häuslichen Umfeld schlechter kontrollierbar als stationär und erfordern daher eine sorgfältige Therapieplanung. Aus Angst vor Komplikationen darf dem Patienten jedoch eine suffiziente
Schmerztherapie nicht vorenthalten werden.
Prophylaxe und Therapie von Übelkeit und Erbrechen
Postoperative Übelkeit und Erbrechen gehören zu den häufigsten Ursachen für eine verzögerte Entlassung sowie für die Unzufriedenheit ambulanter Patienten mit der Anästhesie [
30]. Sehr häufig leiden Patienten in der späteren
postoperativen Phase zu Hause auch dann darunter, wenn sie vor der Entlassung keinerlei Übelkeit verspürt haben [
30]. Das Gefahrenpotenzial dieser Komplikation ist zwar gering, sie wird aber als außerordentlich unangenehm empfunden, zumal die meisten Patienten auf der Heimfahrt im Auto oder zu Hause keine Antiemetika vorrätig haben.
Auch wenn die prophylaktische Gabe von Antiemetika an alle ambulanten Patienten aus ökonomischen Gründen kaum möglich ist, wird sie zumindest bei Risikopatienten empfohlen (Kap.
Postoperative Phase/Aufwachraum).
Auch bei der Prophylaxe und Therapie von Übelkeit und Erbrechen hat sich ein multimodaler Ansatz bewährt [
30,
35], z. B. die intraoperative Gabe von Ondansetron
4 mg + Dexamethason 4 mg bei Erwachsenen bzw. Ondansetron 0,1 mg/kgKG + Dexamethason 0,25 mg/kgKG bei Kindern [34]. Gerade ambulante Patienten profitieren von besonders langwirksamen Antiemetika wie Aprepitant, Palonosetron oder auch transdermalem Scopolamin [36].
Als angenehmer Nebeneffekt senkt bei Kindern Tropisetron
(0,1 mg/kgKG) die Inzidenz von Exzitation nach Sevoflurannarkosen auf nahezu die Hälfte [37]. Antiemetika mit sedierender Nebenwirkung (z. B. Droperidol, Dimenhydrinat) werden im ambulanten Bereich zurückhaltender eingesetzt als stationär.
Luftinsufflation in den Magen kann durch niedrige Beatmungsdrücke bzw. Spontanatmung über eine
Larynxmaske oder einen nichtgeblockten Kindertubus vermieden werden. Auch eine adäquate Flüssigkeitstherapie (z. B. 20 ml/kgKG kristalloide Infusionslösungen) reduziert die Inzidenz von Übelkeit und
Schwindel in den ersten postoperativen 24 h [
10]. Propofol wird nicht nur wegen seiner guten Steuerbarkeit bevorzugt eingesetzt, sondern auch wegen seiner antiemetischen Wirkung.