Die Rate an Komplikation
en bei der Verwendung der direkten Laryngoskopie steigt mit der Anzahl der notwendigen Intubationsversuche und ist außerhalb der elektiven Anästhesie höher. Schwerwiegende oder lebensbedrohliche Komplikationen treten gehäuft bei mehreren Intubation
sversuchen auf. So wurden in einer Studie mit 2833 Patienten bei > 2 (versus ≤ 2) Intubationsversuchen 70 %
Hypoxämien (versus 11,8 %), 22 % Regurgitationen (versus 1,9 %), 13 % pulmonale Aspirationen (versus 0,8 %) und bei 11 % der Patienten ein Herz-Kreislauf-Stillstand (versus 0,8 %) beobachtet (Mort
2007). Faktoren, die mit einer schwierigen direkten Laryngoskopie
einhergehen, sind z. B.
Adipositas mit einem BMI ≥ 35 kg/m
2 (Lundstrøm et al.
2009a,
b) und eine Laryngoskopie ohne neuromuskuläre Blockade (Lundstrøm et al.
2009a,
b). Durch einen forcierten Druck auf die Strukturen des Atemwegs, die bei der
Insertion von Laryngoskop und Endotrachealtubus (ETT) passiert werden müssen, können unterschiedliche Komplikationen verursacht werden. Verletzungen der Lippe (z. B. Lazerationen, Hämatome oder
Ödeme) sind meist mit Verletzungen der Zähne assoziiert und variieren in ihrer Inzidenz zwischen 2,2–25 % (Kriege et al.
2023,
2024; Mourão et al.
2013).
Oftmals sind die oberen Schneidezähne betroffen und das Risiko für eine akzidentielle Verletzung der Zähne ist mit der Anzahl der Intubationsversuche assoziiert (Mourão et al.
2013). Durch unsachgemäße Technik (protrahiertes Hebeln des Laryngoskopspatels und Druck auf die oberen Schneidezähne) treten Zahnschäden bei einer von 4500 Intubationen auf (Warner et al.
1999; Chadwick und Lindsay
1996). Zu beachten gilt, dass Zahnschäden zu etwa 50 % während der Laryngoskopie
und zu 8 % während der Extubation auftreten (Warner et al.
1999). Aus forensischen Gründen soll daher der Zahnstatus sorgfältig im Rahmen der präoperativen anästhesiologischen Vorstellung schriftlich dokumentiert werden.
Eine Schwellung der Zunge durch forcierten Druck (Laryngoskopie- oder ETT-bedingt) kann bei Erwachsenen und Kindern auftreten. Die Makroglossie
resultiert aus einem limitierten venösen und lymphatischen Abfluss der Zunge, einer prolongierten OP-Dauer, einer Veränderung des hydrostatischen Druckes durch die OP-Lagerung (Bauchlagerung oder Trendelenburg Lagerung) sowie durch die Einnahme von Angiotensin-Converting-Enzym-Inhibitoren (Kharasch
1992). Die Inzidenz einer postoperativen Heiserkeit ist zum einen nach einer Intubation höher als bei Verwendung einer Maskenbeatmung oder SGA und zum anderen bei Frauen sowie in der Schilddrüsenchirurgie vermehrt zu beobachten (Kambic und Radsel
1978). Die Rate an Verletzungen der laryngealen Strukturen ist von der Expertise des Anwenders sowie der Klassifizierung des Intubationsvorgangs (schwierig versus leicht) abhängig. In einer Studie mit 1000 untersuchten Patienten wurden bei 6,2 % der Patienten schwere Verletzungen der laryngealen Strukturen (4,5 % Stimmbandhämatome) dokumentiert. Halsschmerzen und Heiserkeit wurden hierbei bis zu 14 Tage postoperativ von den Patienten angegeben (Kambic und Radsel
1978). Tracheobronchiale Traumata resultieren aus einer inadäquaten ETT-Größe oder hohen Cuffdrücken, unsachgemäßer Nutzung eines Führungsstabes oder eines ETT-Wechselkatheters. Bei Überschreiten des kapillären Perfusionsdrucks der Trachea kann es zunächst zu einem inflammationsbedingten Ödem kommen, welches sich später über eine tracheale Ulzeration zur Nekrose entwickeln kann (Kastanos et al.
1983). Nach dem Gesetz von Hagen-Poiseuille erhöht sich der Atemwegswiderstand um den Faktor 4 bei Halbierung des trachealen Durchmessers durch ein Ödem. Kinder unter drei Jahren sind hierbei gehäuft von dieser pathophysiologischen Veränderung betroffen (Jordon et al.
1970). Barotraumata sind nicht direkt assoziiert mit der direkten Laryngoskopie, vielmehr mit einer druckbedingten Überdehnung der intrapulmonalen Strukturen durch eine High-Flow Insufflation (Jetventilation). Manipulationen an dem Unterkiefer (z. B.
Esmarch-Handgriff) und die direkte Laryngoskopie übertragen sich vom Kraftaufwand her auf die Halswirbelsäule. So konnte in einer Studie mit 150 Patienten mit instabiler Halswirbelkörperfraktur bei 1,3 % der Patienten ein neues neurologisches Defizit nach
endotrachealer Intubation dokumentiert werden (Ghafoor et al.
2005). In einer Closed-Claims-Analyse von 1541 Haftungsfällen konnte aufgezeigt werden, dass bei 18 % der Patienten eine ösophageale Intubation vorlag (Caplan et al.
1990a,
b). In einer aktuellen Studie konnte wiederum eine ösophageale Intubation bei 7/500 (1,4 %) festgestellt werden (Kriege et al.
2024). Die kürzlich erschienene PUMA-Leitlinie
(Project for Universal Management of Airways) stellt ein Konsensuspapier von verschiedenen Atemwegsgesellschaften zur Vermeidung einer unerkannten ösophagealen Intubation dar (Chrimes et al.
2022). Hier wird der hohe Stellenwert der kapnografischen Lagekontrolle des ETT klar aufgezeigt. Weiterhin sind die hämodynamischen Einflüsse der Laryngoskopie zu beachten, da eine Stimulation der afferenten Bahnen des
Nervus vagus sowie des
Nervus glossopharyngeus an der Epiglottis und in der infraglottischen Region eine sympathoadrenerge Reaktion auslösen. Hierdurch wird eine Serumkatecholamin-assoziierte Tachykardie,
Hypertonie, Arrhythmie und ein Bronchospasmus ausgelöst oder gar verstärkt (Lakhe et al.
2021). Begünstigende Faktoren sind mehrere Intubationsversuche mit einer prolongierten Laryngoskopiezeit sowie eine unzureichend tiefe Anästhesie (Bedford
1998). Interessanterweise wurden in einer Studie bei 20 % der Patienten eine relevante Tachykardie und Hypertonien bei der Extubation beobachtet (Bidwai et al.
1979).