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Die Augenheilkunde
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Publiziert am: 07.08.2024

Andere Sekundärglaukome – Diagnostik und Therapie

Verfasst von: Barbara Cvenkel
Dieses Kapitel umfasst die häufigsten Sekundärglaukome des Erwachsenen außer den Neovaskularisationsglaukomen. Sekundärglaukome sind eine heterogene Gruppe und werden durch verschiedene andere Augenerkrankungen verursacht. Die Behinderung des Kammerwasserabflusses (bei offenem Kammerwinkel oder seltenem Winkelverschluss) mit der Erhöhung des Augeninnendrucks (IOD) ist die Hauptursache der glaukomatösen Optikusneuropathie.

Sekundäre Offenwinkelglaukome durch okuläre Erkrankungen

Pseudoexfoliationsglaukom (PEX-Glaukom)

Definition
Diese Form des Sekundärglaukoms) wird durch eine Überfrachtung der Kammerwassersabflusswege aufgrund der Ablagerung extrazellulären fibrillären Materials verursacht, was zu einem Anstieg des IOD und einer anschließenden glaukomatösen Schädigung des Sehnervs führt.
Pathophysiologie
Das abnormale fibrilläre Material wird häufig im Rahmen der altersbedingten generalisierten Störung der extrazellulären Matrix, des sogenannten Pseudoexfoliationssyndroms (PEX), produziert. Die extrazellulären Materialablagerungen entstehen durch übermäßige Produktion, und diese fibrillären Aggregate sammeln sich im gesamten vorderen Augensegment und im Bindegewebe verschiedener Organsysteme an. Die Fibrillen enthalten überwiegend elastische Faserkomponenten wie Elastin, Fibrillin-1, Fibuline, latente TGF-ß-bindende Proteine und das vernetzende Enzym Lysyloxidase-like 1 (LOXL1) und werden von verschiedenen Epithelzellen und mesenchymalen Zelltypen einschließlich Linsenepithelzellen, Ziliarepithelzellen, Trabekelwerkzellen, Fibroblasten und Muskelzellen produziert (Schlötzer-Schrehardt und Khor 2021).
Epidemiologie/Alter/Geschlecht
Das PEX-Glaukom ist das häufigste Sekundärglaukom, das 25 bis 75 % aller Offenwinkelglaukome ausmacht. Bei Augen mit PEX, aber ohne IOD-Erhöhung, beträgt das 10-Jahres-Risiko für die Entwicklung eines Glaukoms etwa 30 %, bei hypertensiven Augen ist es jedoch doppelt so hoch (Puska 2002). PEX ist unter dem 50. Lebensjahr selten. Die Prävalenz steigt mit dem Alter, und es kann bei 10 bis 20 % der Bevölkerung über 60 Jahren auftreten, aber nur ungefähr 30 % der Augen mit PEX entwickeln im Laufe ihres Lebens ein PEX-Glaukom. Patienten mit bilateralem PEX und unilateralem PEX-Glaukom hatten über einen Zeitraum von 5 Jahren ein Risiko von 21 bis 26 % für die Entwicklung eines Glaukoms am Partnerauge (Hansen und Sellevold 1969). Das PEX-Glaukom wird mit zunehmendem Alter häufiger diagnostiziert und die Prävalenz steigt von 0,6 pro 100.000 bei Personen im Alter von 40 bis 49 Jahren auf 114,3 pro 100.000 bei Personen über 79 Jahren (Karger et al. 2003).
Risikofaktoren
PEX stellt einen Risikofaktor für die Entwicklung eines Offenwinkelglaukoms dar. Durch genomweite Assoziationsstudien (GWAS) wurden sieben Loci identifiziert, die mit einem PEX-Risiko verbunden sind, von denen drei Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNPs) im Lysyloxidase-like-1-Gen (LOXL1) stark mit einem PEX verbunden waren, besonders bei isländischen und schwedischen Patienten (Thorleifsson et al. 2007). Das häufige Auftreten von diesen LOXL1-SNPs bei gesunden Menschen und die umgekehrte Wirkung bei verschiedenen Ethnien weisen hin auf eine Kombinationsrolle von genetischen und nichtgenetischen Risikofaktoren hin. Zum Beispiel können oxidativer Stress und milde Entzündung die Expression von LOXL-1 beeinflussen. Umweltfaktoren, die mit dem PEX-Risiko in Zusammenhang stehen, waren der hohe Konsum koffeinhaltiger Getränke, Rauchen, Alkoholkonsum über einen längeren Zeitraum, UV-Exposition und Beschäftigung im Freien (Tomczyk-Socha et al. 2023).
Klinik
Patienten mit PEX und PEX-Glaukom weisen viele gemeinsame Augenbefunde bei der Spaltlampenuntersuchung auf. Der charakteristischste Befund ist die Ablagerung von weißem, schuppigem Material (Pseudoexfoliationsmaterial) im zentralen und peripheren Bereich der vorderen Linsenoberfläche, getrennt durch einen Streifen klarer Linsenoberfläche ohne Ablagerungen (Abb. 1). Am Pupillarsaum der Iris finden sich Pseudoexfoliationsmaterial mit Pigmentverlust und Pupillarsaumatrophie und Durchleuchtungsdefekte („Mottenfraß-Phänomen“). Eine Pigmentverteilung aufgrund der Pupillenerweiterung kann in der Vorderkammer, auf dem zentralen Hornhautendothel und der Irisoberfläche beobachtet werden. Auf der peripheren Hornhaut unmittelbar vor der Schwalbe-Linie sind häufig pigmentierte Wellenlinien zu beobachten. Ablagerungen von Pseudoexfoliationsmaterial auf den Zonulafasern führen zu Zonulaschwäche, Phakodonesis, Linsensubluxation oder -luxation und können zu einem akuten oder chronischen Verschluss des Kammerwinkels führen.
Bei der Gonioskopie zeigt der Kammerwinkel eine erhöhte und unregelmäßige Trabekelwerk-Pigmentierung. Pigment lagert sich typischerweise auf der Schwalbe-Linie ab oder erscheint als wellenförmige Linie vor der Schwalbe-Linie (Sampaolesi-Linie) (Abb. 2a, b). Die Sampaolesi-Linie muss von der intensiven homogenen Hyperpigmentierung des Kammerwinkels beim Pigmentdispersionssyndrom unterschieden werden. Augen mit PEX-Glaukom weisen eine stärkere Pigmentierung auf als Augen mit PEX ohne Glaukom.
Patienten mit PEX-Glaukom weisen häufiger einen hohen IOD und ein einseitiges Glaukom auf als Patienten mit primärem Offenwinkelglaukom. Bei klinisch einseitigem PEX-Glaukom weist das andere Auge jedoch häufig das klinische Vorhandensein von Pseudoexfoliationsmaterial auf. Elektronenmikroskopisch besteht sogar immer eine beidseitige PEX.
Ophthalmoskopie: Die typischen glaukomatösen Veränderung an der Papille sind ähnlich denen bei primärem Offenwinkelglaukom, häufiger werden diffuse Papillenexkavationen und Randsaumverluste beobachtet.
Differenzialdiagnostik
Primäres Offenwinkelglaukom: Die Diagnose von PEX-Glaukom bei einem Patienten nach der Kataraktextraktion ist schwieriger, da wegen der Entfernung der vorderen Linsenkapsel ein pathognomonisches klinisches Zeichen fehlt.
Pigmentdispersionsglaukom: Es kommt eher vor bei jüngeren Myopen und häufiger bei Männern. Es findet sich kein Pseudoexfoliationsmaterial, dafür Transillumination der mittelperipheren Iris mit radiären Speichen durch Pigmentabtrieb.
Therapie
Die Therapie ist ähnlich der des primären Offenwinkelglaukoms (POWG), um durch die IOD-Senkung eine Progression zu verhindern/zu verlangsamen. Die medikamentöse Therapie und Lasertrabekuloplastik sind wirksam, aber beide können nach einigen Jahren weniger effektiv sein. Bei unilateralem PEX-Glaukom muss das andere Auge aufgrund der hohen Konversionsrate auch regelmäßig untersucht werden.
Verlauf und Prognose
Das Progressionsrisiko ist beim PEX-Glaukom höher als beim primären Offenwinkelglaukom.
Besondere Aspekte
Bei der PEX/beim PEX-Glaukom kommt es aufgrund einer Zonulafaserschwäche zu einem deutlich erhöhten Risiko intraoperativer Komplikationen wie Ruptur der Zonula und Ruptur der hinteren Linsenkapsel. Die Mydriasis ist oft unvollständig, was die Kataraktoperation behindert und verlängert. Auch mehrere Jahre nach einer Kataraktoperation kann eine In-the-Bag-Subluxation der IOL vorkommen.

Pigmentdispersionsglaukom

Definition
Das Pigmentdispersionsglaukom (PDS-Glaukom) ist ein sekundäres Offenwinkelglaukom, welches durch Pigmentdispersion und Pigmentablagerung im vorderen Augensegment und Trabekelmaschenwerk eine Erhöhung des IOD und damit eine glaukomatöse Veränderung der Papille und Nervenfaserschichtverlust verursacht. Mit Pigmentdispersionssyndrom (PDS) wird die meist bilaterale Dispersion von Irispigment bezeichnet, die mit oder ohne erhöhten IOD einhergeht, aber – noch – ohne glaukomatöse Optikusneuropathie.
Pathophysiologie
Pigmentgranula werden durch Reibung zwischen dem Pigmentepithel der Irisrückfläche und Zonulafasern durch die Pupillenbewegungen freigesetzt. Bei Augen mit PDS ist oft eine posteriore Wölbung der Iris mit der Konfiguration eines umgekehrten Pupillarblocks zu beobachten. Die Pigmentkörnchen, die sich in den Winkelstrukturen und im Trabekelmaschenwerk ansammeln und von den Zellen phagozytiert werden, können zu einem verminderten Kammerwasserabfluss mit erhöhtem IOD führen. Es wird vermutet, dass dem PDS/PDS-Glaukom eine angeborene Anomalie der mesodermalen Migration zugrunde liegt, die mit einer hohen Inzidenz von Netzhautdegenerationen und Netzhautrissen/-ablösungen (ungefähr 12 %) bei den Patienten mit PDS zusammenhängt.
Epidemiologie
PDS-Glaukome machen 1 bis 1,5 % aller Glaukome aus. Obwohl PDS bei Männern und Frauen gleich verteilt ist, treten PDS-Glaukome häufiger bei jüngeren, myopen, kaukasischen Männern auf und werden meist zwischen dem 30. und 50. Jahren diagnostiziert (Pang et al. 2023).
Risikofaktoren
PDS und erhöhter IOD sind die Hauptrisikofaktoren für die Entwicklung eines Glaukoms, wohingegen Alter, Myopie und Familienanamnese dies nicht sind. Das lebenslange Risiko einer Umwandlung von PDS in ein Glaukom wird auf 35 bis 50 % geschätzt (Okafor et al. 2017).
Klinik
Symptome: Passageres Verschwommensehen ist häufig durch körperliche Anstrengung, Akkommodation (längeres Lesen) und Pupillenerweiterung durch IOD-Spitzen mit Hornhautödem verursacht.
Spaltlampenbefunde: Pigmentgranula lagern sich am Hornhautendothel (oft als Krukenbergspindel benannt, aber nicht pathognomonisch) (Abb. 3), an Iris, Linsenäquator (Scheie-Streifen oder Zentmayer-Ring), selten an der hinteren Linsenkapsel ab. Bei Retroillumination sind in der mittelperipheren Iris radiäre Speichen durch Pigmentabtrieb zu sehen (Kirchenfenster-Phänomen). Die Vorderkammer ist sehr tief mit Wölbung der peripheren Iris nach hinten. Gonioskopisch ist Trabekelmaschenwerk homogen dunkelbraun, dicht pigmentiert (Abb. 4).
Differenzialdiagnostik
Das PEX-Glaukom ist abzugrenzen, welches aber bei älteren Patienten auftritt. Dabei sind beim PEX-Glaukom die Iris-Transilluminationsdefekte am Pupillarsaum, gonioskopisch irreguläre Pigmentierung des Trabekelmaschenwerks und Pigmentierung vor der Schwalbe-Linie zu sehen.
Augenverletzungen, Uveitis (z. B. Posner-Schlossman-Syndrom), intraokulare Eingriffe können zu Ablagerungen im Kammerwasser, Irisdefekten und erhöhtem IOD führen. Gute Anamnese und gründliche Untersuchung helfen bei der Differenzialdiagnose.
Therapie
Die Therapie des PDS-Glaukoms ist ähnlich der des POWG. Lasertrabekuloplastik und medikamentöse Therapie sind wirksam. Nach einer Lasertrabekuloplastik entstehen oft IOD-Spitzen, weshalb mit niedriger Leistung gelasert werden sollte und danach trotz der prophylaktischen IOD-senkenden Therapie vor und nach Lasereingriff der IOD innerhalb von 1,5 bis 3 h nach der Trabekuloplastik zu messen ist. YAG-Laser-Iridotomie bei PDS mit okulärer Hypertension, die zum Druckausgleich zwischen Vorder- und Hinterkammer beiträgt und die posteriore Wölbung der Iris verringert, verhindert nicht die Konversionsrate in ein PDS-Glaukom (Scott et al. 2011).
Verlauf und Prognose
IOD-Erhöhung und -Spitzen sind häufiger als bei primärem Offenwinkelglaukom.
Besondere Aspekte
Die „Burnout-Phase“ des PDS-Glaukoms tritt typischerweise nach 10 Jahren mit einer Verbesserung des IOD und gonioskopisch mit einer verminderten Pigmentierung auf und kann als Normaldruckglaukom fehldiagnostiziert werden. Bei der Untersuchung sind Iris-Transilluminationsdefekte und eine asymmetrische oder erhöhte Pigmentierung des Kammerwinkels zu sehen.
Die Burnout-Phase des PDS-Glaukoms beruht auf einer altersbedingten Vergrößerung der Linsendicke, welche den Abstand von der Iris zu den Zonulafasern vergrößert und die Freisetzung der Pigmentgranula vermindert.

Uveitisches Glaukom

Definition
Uveitische Glaukome gehen fast immer mit einem erhöhtem IOD her, größere IOD-Schwankungen sind durch Infektion oder nichtinfektiöse Augenentzündungen und im Rahmen systemischer Erkrankungen verursacht. Ein uveitisches Glaukom tritt am häufigsten bei Herpesinfektionen, Posner-Schlossman-Syndrom (Cytomegalovirus – CMV), Fuchs-Uveitis-Syndrom (Heterochromiezyklitis) und juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) auf.
Pathophysiologie
Der Anstieg des IOD bei offenem Kammerwinkel wird durch ein entzündliches Ödem oder Verlegung des Trabekelwerks durch Präzipitate, inflammatorische Zellen und Zelltrümmer (Debris) besonders bei viralen Entzündung verursacht. Seltener wird eine entzündliche Schwellung und Ablösung des Ziliarkörpers mit der Rotation der Ziliarfortsätze nach vorne zu einer Abflachung der Vorderkammer und einem Winkelverschluss mit IOD-Anstieg führen (Sng et al. 2015).
Bei chronischen Entzündungen wird eine Blockade des Kammerwasserabflusses durch Vernarbung des Trabekelwerks oder Schlemm-Kanals, Organisation von Zelltrümmern, irreversiblen Verlust der Trabekelzellen und Bildung von fibrovaskulären Membranen im Kammerwinkel verursacht. Ein sekundärer Winkelverschluss kann sich durch Kammerwinkelsynechien oder bei Seclusio pupillae durch appositionellen Winkelblock entwickeln. Bei disponierten Patienten kann die Therapie mit Kortikosteroiden zum IOD-Anstieg beitragen.
Epidemiologie
Ungefähr 20 % der Uveitis-Patienten entwickeln ein Glaukom (Siddique et al. 2013). Es gibt keine Präferenz für Ethnie, Geschlecht oder Alter. Glaukom ist häufiger bei chronischer als bei akuter Uveitis (Siddique et al. 2013). Die Prävalenz eines erhöhten IOD bei Patienten mit herpetischer Uveitis anterior liegt zwischen 50 und 90 %, während die Prävalenz des Glaukoms bei Augen mit viraler Uveitis auf etwa 13 % geschätzt wird (Sng et al. 2015).
Risikofaktoren
Virale herpetische Infektionen (HSV, VZV, CMV) bei milder Entzündung der Vorderkammer sind oft mit starker IOD-Erhöhung verbunden. Chronischer Uveitisverlauf ist ein wichtiger Risikofaktor für Sekundärglaukom wie bei Fuchs-Uveitis-Syndrom, Pars planitis – intermediärer Uveitis, juveniler idiopathischer Arthritis (JIA).
Klinik
Befunde sind von der Uveitisform und dem Verlauf abhängig. Schmerzen, Rötung, Visusminderung sind typisch. Oft treten bei einigen Formen ausgeprägte IOD-Schwankungen oder periodische Anstiege des IOD auf (z. B. Posner-Schlossman-Syndrom).
Bei der Spaltlampenuntersuchung ist eine Vorderkammerentzündung zu sehen. Der gonioskopische Befund kann vielseitig sein: unauffällig bei offenem Kammerwinkel (Trabekulitis), Präzipitate, Pigmentgranula, feine Blutgefäße, Winkelverschluss durch Synechien oder Apposition.
Differenzialdiagnostik
Steroid-induziertes Glaukom.
Eine allgemeine Anamnese und medizinische Untersuchung sind wichtig, um systemische Ursachen einer Uveitis zu identifizieren.
Therapie
Topische und systemische antiinflammatorische bzw. virushemmende Therapie, welche auf die zugrunde liegende Erkrankung abgestimmt ist.
Topische und systemische drucksenkende Therapie; Prostaglandine können wegen deren entzündlicher Komponente nur bei den Augen mit kontrollierter Entzündung verwendet werden. Als First-Line-Therapie werden daher topische β-Blocker und Karboanhydrase-Hemmer vorgeschlagen. Die Lasertrabekuloplastik ist nicht wirksam und sollte nicht erfolgen. Eine Trabekulektomie ist wegen der größeren Vernarbungstendenz weniger erfolgreich als bei POWG, Glaukom-Drainageimplantate eignen sich dagegen prinzipiell auch bei chronisch entzündlichen Formen.
Verlauf und Prognose
Variiert; akuter oder chronischer Verlauf, abhängig von der Uveitisform und ggf. der systemischen Erkrankung.
Besondere Aspekte
Die OCT-Beurteilung bezüglich glaukomatöser Veränderung der retinalen Nervenfaserschicht (RNFL) sollte bei Uveitis im entzündungsfreien Intervall durchgeführt werden, da eine Ausdünnung der RNFL durch Ödeme im Zusammenhang mit einer aktiven Entzündung maskiert werden kann.

Linsen-induziertes Glaukom (Offenwinkel)

Definition
Beim Linsen-induzierten Offenwinkelglaukom sind die Abflusswege durch Linsenpartikel und Entzündungszellen verlegt (Nche und Amer 2020).
Pathophysiologie
Es besteht eine Entzündungsreaktion (Uveitis) auf Linsenmaterial. Die ausgetretenen Linsenproteine einer maturen oder hypermaturen Katarakt (phakolytisches Glaukom) oder einer durch Traumen oder operativ verletzten Linse werden durch Makrophagen aufgenommen, die dann das Trabekelmaschenwerk blockieren.
Epidemiologie
Über die Inzidenz und Prävalenz wurde kaum berichtet.
Risikofaktoren sind: Linsenkapselverletzung, verbliebene Linsenpartikel nach komplizierter Kataraktoperation, hypermature Katarakt.
Klinik
Einseitiger Schmerz mit Rötung und Visusminderung und erhöhtem IOD.
Spaltlampenuntersuchung: Zeichen einer Linsenverletzung oder hypermature Katarakt, verbliebenes Linsenmaterial nach Kataraktoperation, Vorderkammerentzündung mit oder ohne Hornhautpräzipitate, Tyndall-Phänomen.
Differenzialdiagnostik
Uveitis anderer Ursache: gute Anamnese und Untersuchung sind wichtig.
Therapie
Antiinflammatorische Therapie mit Kataraktoperation und Entfernung von Linsenfragmenten.
Verlauf und Prognose
Erhalt oder Verbesserung der Sehfunktion hängen vom Vorliegen und Schweregrad einer glaukomatösen Optikusneuropathie und der allgemeinen Situation ab.

Glaukom bei intraokularer Hämorrhagie

IOD-Erhöhung kann durch eine akute Blutung in die Vorderkammer oder eine langhaltige Glaskörperblutung verursacht werden.
Große Mengen normaler Erythrozyten (Hyphäma) oder Hämoglobin-beladener Makrophagen (hämolytisches Glaukom) oder degenerierter Erythrozyten (Geisterzellglaukom, „ghost-cell glaucoma“) verlegen das Trabekelmaschenwerk.
Risikofaktoren
Netzhautischämie mit Neovaskularisation (Vaskulitis, Uveitis, Gefäßobstruktion, langandauernde Netzhautablösung), sekundär ohne Ischämie bei verschiedenen Gefäßerkrankungen der Netzhaut (Hämangione), Sichelzellenanämie.
Die drei häufigsten Ursachen für Glaskörperblutung sind proliferative diabetische Retinopathie, hintere Glaskörperablösung mit oder ohne Netzhautriss und Traumata.
Klinik
Akute Visusverschlechterung, nur bei IOD-Anstieg Schmerzen.
Die IOD-Erhöhung entsteht durch größere oder wiederholte Blutungen. Bei hämolytischem Glaukom sind rötliche Zellen im Kammerwasser und eine rot-braune Verfärbung des Trabekelwerks zu beobachten.
Geisterzellen (ausgelaugte Erythrozyten) treten 1 bis 4 Wochen nach einer Glaskörperblutung auf und sind in der Vorderkammer als khakifarbene oder transparente Zellen zu sehen. Bei der Gonioskopie sind Geisterzellen vor allem im unteren Teil des Kammerwinkels nachweisbar.
Therapie
Topische und systemische drucksenkende Medikamente. Bei Patienten mit Sichelzellanämie sollten keine Karboanhydrase-Hemmer (Förderung einer Sichelbildung in der Vorderkammer, die theoretisch den IOD erhöhen könnte) und Brimonidin (Irisischämie) angewendet werden.
Bei unkompliziertem Hyphäma ist eine konservative Therapie mit körperlicher Ruhe, topischen Zykloplegika und Steroiden meist ausreichend.
Bei langanhaltendem hohem IOD und dem Risko der Hornhauteintrübung sollte eine Spülung der Vorderkammer über Parazentese und/oder eine Vitrektomie zur Entfernung der Glaskörperblutung erfolgen.
Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung, welche die intraokuläre Blutung verursacht (Laserbehandlung, Kryotherapie, Vitrektomie, intravitreale Pharmakotherapie – anti-VEGF).

Glaukom bei Netzhautablösung

Die akute Netzhautablösung ist infolge einer reduzierten Kammerwasserproduktion und eines erhöhten Kammerwasserabflusses durch exponiertes Netzhautpigmentepithel oft mit einer Drucksenkung verbunden. Eine IOD-Erhöhung kann dagegen durch Fotorezeptoraußensegmente (Schwartz-Matsuo-Syndrom) in der Vorderkammer ausgelöst werden. Die Ausschwemmung der Fotorezeptoraußensegmente tritt meist bei einer peripheren rhegmatogenen Netzhautablösung an der Glaskörperbasis auf. Die Fotorezeptoraußensegmente im Kammerwasser verlegen dabei den Kammerwasserabfluss und können so langfristig zu einer IOD-Erhöhung führen (Matsuo et al. 1998).
Klinik
IOD-Erhöhung und Schwankungen, Zellen in der Vorderkammer.
Therapie
Die operative Wiederanlage der Netzhautablösung verhindert die Ausschwemmung der Fotorezeptoraußensegmente und der IOD normalisiert sich.

Glaukom durch intraokulare Tumore

Primäre oder sekundäre Tumore im Vorderabschnitt können den Kammerwasserabfluss beeinträchtigen.
Infiltration des Trabekelwerks durch Tumorzellen, tumorbedingte Entzündung, Debris, Blutung oder Pigmentdispersion verlegen das Trabekelwerk. Zudem kann auch ein sekundärer Winkelblock verursacht werden (Abb. 5).
Klinik
Erhöhter IOD, das klinische Bild ist variabel und von Tumor und Glaukom geprägt.
Therapie
Topische und systemische drucksenkende Medikamente, die zur Überbrückung bis zur kausalen Therapie des zugrunde liegenden Tumors (Bestrahlung, Tumorexzision, Enukleation) dienen.

Sekundäres Offenwinkelglaukom bei Augenverletzungen

Glaukom bei Augenverletzungen (Offenwinkelglaukom, Winkelblockglaukom, Winkelverschluss)

Definition
Diese Glaukomform ist durch verschiedene Mechanismen versursacht und kann sowohl mit einem offenen Kammerwinkel als auch mit einem Winkelblock vergesellschaftet sein.
Pathophysiologie
Verletzungen (besonders stumpfe nichtpenetrierende) durch Entzündungen und Vernarbung des Trabekelwerks, Überfrachtung des Trabekelmaschenwerks durch Erythrozyten. Debris, Linsenfragmente verschlechtern den trabekulären Kammerwasserabfluss. Winkelverschluss mit Pupillarblock wird durch anteriore Linsen(sub)luxation oder durch eine vergrößerte, gequollene Linse verursacht.
Risikofaktoren
Das Vorhandensein einer erhöhten Pigmentierung im Augenwinkel, eines erhöhten IOD, eines Hyphäma, einer Linsenverschiebung und eines Kammerwinkelrezessus von mehr als 180 Grad können mit dem Auftreten eines Glaukoms nach den stumpfen nichtpenetrierenden Augenverletzungen assoziiert sein (Sihota et al. 2008) (Abb. 6).
Klinik
Die Befunde richten sich nach der Ursache der Verletzung. In der Akutphase Hyphäma, Iridodialyse.
Therapie
Topische, systemische drucksenkende Medikamente und antiinflammatorische Therapie in der Akutphase, langfristige Senkung des IOD und Kontrolle von Gesichtsfeld und Papille. Bei Progression ist oft eine Glaukomoperation indiziert.
Verlauf und Prognose
Verschieden, abhängig vom Schweregrad und geschädigten Strukturen.
Besondere Aspekte
Ein schmerzloser erhöhter IOD kann noch lange Zeit nach der Verletzung auftreten, deswegen sind eine entsprechende Aufklärung der betroffenen Patienten und regelmäßige Kontrollen notwendig, um erhöhten Augeninnendruck und ggf. Glaukomschaden frühzeitig zu entdecken.

Iatrogenes sekundäres Offenwinkelglaukom

Glaukom bei Steroidtherapie

Definition
Eine IOD-Erhöhung wird durch die Therapie mit topischen, intravitrealen sowie langanhaltenden systemischen Kortikosteroiden, selten aber auch mit kortikosteroidhaltigen Nasensprays, Inhalatoren oder Hautrezepturen induziert (Kiddee et al. 2013).
Pathophysiologie
Kortikosteroide erhöhen den Abflusswiderstand durch eine erhöhte Ablagerung von Proteinen der extrazellulären Matrix als auch durch eine Dysfunktion des Trabekelmaschenwerks als Folge der Migration, vermindern Phagozytose und Kontraktilität von Trabekelzellen (Roberti et al. 2020).
Epidemiologie
Die Prävalenz dieses sekundären Glaukoms ist nicht bekannt. Etwa 33 % der Normalbevölkerung weisen eine moderate Reaktion mit einem IOD-Anstieg (6 bis 15 mmHg) auf, 4 bis 6 % reagieren stark auf Kortikosteroide (IOD-Erhöhung > 15 mmHg). Unter den Patienten mit POWG kommt es bei 46 bis 92 % nach topischen Kortikosteroiden zu einem klinisch signifikanten (starken) IOD-Anstieg.
Risikofaktoren
Das Risiko eines IOD-Anstiegs ist größer bei wirkungsstärkeren lipophilen Kortikosteroiden, bei längerer, häufiger Anwendung und topischer Anwendung.
Ältere Menschen, Kinder und Patienten mit POWG weisen häufiger einen starken IOD-Anstieg nach topischen Steroiden auf (Choi et al. 2020).
Individuelle Unterschiede beim Risiko steroidbedingter IOD-Erhöhungen können auf der unterschiedlichen Expression der zwei Isoformen des Glukokortikoidrezeptors (GR) α und β beruhen, wobei eine höhere Expression der GRβ-Isoform den steroidinduzierten IOD-Anstieg verhindert (Patel et al. 2023).
Klinik
Die IOD-Erhöhung entwickelt sich über 2 bis 6 Wochen nach Beginn der Kortikosteroidtherapie, kann aber auch früher auftreten. Nach Beendigung der Kortikosteroidtherapie geht die IOD-Erhöhung meist im Verlauf von 1 bis 4 Wochen langsam zurück. Nach langfristiger Anwendung (≥ 18 Monate) kann die IOD-Erhöhung auch viel länger anhalten.
Diese Form des sekundären Offenwinkelglaukoms weist keine deutlich anderen klinischen Merkmale als das POWG auf, mit Ausnahme eines oft auffällig hohen IOD.
Differenzialdiagnostik
Patienten mit undiagnostiziertem POWG mit Kortikosteroidtherapie.
Andere sekundäre Offenwinkelglaukome (bei Augenverletzungen, Entzündungsglaukom), die häufig langfristige Kortikosteroidtherapie benötigen.
Therapie
Medikamentöse drucksenkende Therapie. Absetzen der Steroidtherapie oder eine Steroid-sparende Therapie für die zugrunde liegende systemische Erkrankung. Bei der topischen Steroidbehandlung, wenn ein Absetzen nicht möglich ist, Wechsel zu einer niedrigeren Konzentration und einem wirkungsschwächeren Steroid. Gelegentlich hilft nur eine Trabekulektomie.
Verlauf und Prognose
Eine Folge des besonders hohen IOD ist, dass dieses Sekundärglaukom innerhalb kurzer Zeit zu erheblichen Gesichtsfelddefekten führen kann.
Besondere Aspekte
IOD-Monitoring ist nach 2 Wochen und dann 4 bis 6 Wochen für 2 bis 3 Monate nach dem Beginn der Kortikosteroidtherapie empfohlen.

Sekundäres Offenwinkelglaukom nach Augenoperationen oder Laserbehandlung

Definition
Augenoperationen können durch verschiedene Mechanismen eine IOD-Erhöhung hervorrufen: Entzündungsreaktion, Blutung, Pigmentfreisetzung von Trauma oder uvealem Gewebe, Blutung, Silikonöltamponade.
Pathophysiologie
Die IOD-Erhöhung bei offenem Kammerwinkel ist die Folge einer Verminderung des trabekulären Abflusses und ist meist passager. Ursachen sind: zurückgebliebenes Viskoelastikum, entzündlicher Debris, Linsenpartikel, Glaskörper in der Vorderkammer nach Kataraktoperation, Silikonöl in der Vorderkammer. Eine Gasendotamponade mit SF6 bei vitreoretinaler Chirurgie kann einen deutlichen IOD-Anstieg auslösen. Ein akut einsetzender IOD-Anstieg (meist in den ersten 4 h) kommt nach Laserbehandlungen vor (Iridotomie, Lasertrabekuloplastik) und ist in der Regel passager.
Langfristige IOD-Erhöhung kann mit der grundlegenden Ursache (z. B. Verletzung, Netzhautablösung bei proliferativer Retinopathie) für die Augenoperation verbunden sein.
Das Uveitis-Glaukom-Hyphäma (UGH)-Syndrom ist eine heute seltene Komplikation im Zusammenhang mit einer unregelmäßigen Platzierung der IOL, die zu einer Reibung zwischen der IOL und der Iris führt (Accorinti et al. 2022). Dies führt zu Pigmentdispersion, Uveitis, Mikrohyphäma oder Hyphäma, Glaskörperblutungen und zystoidem Makulaödem. IOD-Erhöhung ist durch Verminderung des Abflusses durch Entzündungszellen und Fibrin, die Bildung peripherer vorderer Synechien und ein Geisterzellenglaukom aufgrund einer Glaskörperblutung verursacht.
Risikofaktoren
Diese sind mit der zugrunde liegenden Ursache für die Augenoperation verbunden (Schweregrad der Augenverletzung, Entzündung, Netzhautablösung bei proliferativer Retinopathie).
Klinik
Oft geprägt von den Ursachen der Augenoperation.
Therapie
Topische und systemische drucksenkende Medikamente; antiinflammatorische Therapie.
Die Entfernung des emulsifizierten Silikonöls soll in Betracht gezogen werden, kann aber in vielen Fällen die IOD-Erhöhung nicht beseitigen, da Makrophagen das Silikonöl phagozytieren und im Trabekelwerk verbleiben (Dysfunktion des Trabekelmaschenwerks, Vernarbung). In diesen Fällen sind wirksame Alternativen Glaukom-Drainageimplantate oder zyklodestruktive Verfahren.
Bei UGH-Syndrom kann die Entfernung der IOL erforderlich sein.

Sekundäres Offenwinkelglaukom durch eine extraokuläre Erkrankung

Glaukom durch erhöhten episkleralen Venendruck

Verschiedene orbitale oder systemische Erkrankungen können den episkleralen Venendruck erhöhen und infolgedessen den trabekulären Abfluss beeinträchtigen (Greslechner und Oberacher-Velten 2019). Gemäß der Goldmann-Gleichung besteht zwischen dem IOD und dem episkleralen Venendruck ein direkt proportionales Verhältnis (das heißt, der IOD erhöht sich um 1 mmHg für jedes mmHg des episkleralen Venendruckanstiegs). Die wichtigsten Ursachen des erhöhten episkleralen Venendrucks sind:
  • Idiopatisch (Radius-Maumenee-Syndrom)
  • Episklerale/orbitale Ursachen: Verätzungen, Hämangiome bei Sturge-Weber-Syndrom, endokrine Orbitopathie, orbitale Tumoren, orbitale/intrakranielle arteriovenöse Fisteln
  • Neurologische Erkrankungen: Karotis-Sinus-cavernosus-Fistel, Sinus-cavernosus-Thrombose
  • Systemische Ursachen: Obstruktion der V. cava superior, V. jugularis, Pulmonalvene
Klinik
Die IOD-Erhöhung kann akut mit Schmerzen und Augenrötung einhergehen.
Charakteristische Zeichen des erhöhten episkleralen Venendrucks sind dilatierte, gestaute und geschlängelte episklerale Gefäße (Abb. 7). Gonioskopisch kann ein Reflux von Blut in den Schlemm-Kanal sichtbar sein (Abb. 8). Weitere Veränderungen wie ein (pulsierender) Exophthalmus, Motilitätsstörungen, eine Bindehautchemosis, ein Lymphödem oder Strömungsgeräusche über der Orbita sind charakteristisch für arteriovenöse Fisteln.
Differenzialdiagnostik
DD beinhaltet alle oben gelistete Ursachen. Idiopathisch erhöhter Venendruck ist eine Ausschlussdiagnose, die erst gestellt werden kann, wenn andere – potenziell lebensgefährliche – Ursachen einer sekundären Erhöhung des Venendrucks ausgeschlossen werden konnten.
Therapie
Die Therapie beruht in erster Linie auf der Behandlung der Grunderkrankung.
Topische und systemische drucksenkende Medikamente; Glaukomoperation.
Besondere Aspekte
Eine medikamentöse Drucksenkung ist oft nicht ausreichend möglich. Operative Eingriffe weisen ein erhöhtes Risiko für ein Versagen und Komplikationen auf.

Sekundärer Winkelblock

Die Ätiologie und Pathogenese sind vielfaltig und Befunde variieren und sind von der Grunderkrankung bestimmt. Die sekundären Winkelverschlüsse außer Neovaskularisationsglaukom werden durch den zugrunde liegenden Pathomechanismus unterteilt.

Sekundärer Winkelverschluss mit Pupillarblock

Pathomechanismus
Der sekundäre Pupillarblock drängt die Iris nach vorne und verlegt so den Kammerwinkel. Die folgende Ätiologien können einen absoluten oder relativen Pupillarblock verursachen:
  • Iritis oder Iridozyklitis mit hinteren Synechien, die zu einer Seclusio pupillae mit Iris bombata und einem akuten IOD-Anstieg führen
  • Gequollene, vergrößerte Linse/Katarakt
  • Anteriore Linsenluxation/-subluxation (bei PEX, Trauma)
  • Pupillarblock induziert durch IOL (phake IOL, Vorderkammer-IOL), Vorwölbung des Glaskörpers oder nach intravitrealer Silikonöltamponade bei Aphakie
  • Durch Miosis induzierter Pupillarblock
  • Mikrosphärophakie
Klinische Befunde
  • IOD-Erhöhung, bei akutem IOD-Anstieg Augenrötung, Schmerz
  • Gonioskopie: appositioneller oder synechialer Winkelverschluss
Therapie
Die Therapie wird je nach zugrunde liegendem Entstehungsmechanismus und klinischem Befund empfohlen. Zu topischen und systemischen drucksenkenden Medikamenten, die meistens allein nicht ausreichen, können die folgenden Eingriffe gelistet werden: Nd-Yag periphere Iridotomie oder chirurgische Iridektomie, Linsenextraktion, Vitrektomie, Absetzen von Miotika beim Miotika-induzierten Pupillarblock, Synechiolyse hinterer Synechien, antiinflammatorische topische Therapie (Iritis/Iridozyklitis).

Sekundärer Winkelverschluss mit Traktion ohne Pupillarblock

Iridokorneales endotheliales Syndrom (ICE-Syndrom)

Beim ICE-Syndrom kommt es zu einer fortschreitenden Proliferation von Hornhautendothelzellen mit Membranbildung, die zunehmend die Irisoberfläche und den Kammerwinkel überwachsen. Die Goniosynechien reichen weit nach vorne und zwischen Synechien sind Trabekelbereiche sichtbar (Silva et al. 2018).
Ein Faktor, möglicherweise viral bedingt, regt die Hornhautendothelzellen an, sich zu vermehren und sich wie Epithelzellen zu verhalten. Das ICE-Syndrom ist meist einseitig und kommt häufiger bei jüngeren Frauen vor.
Klinik
Die Diagnose wird anhand typischer Augenbefunde an Hornhaut und Iris gestellt. Je nach Beteiligung des Vorderabschnitts gibt es verschieden Formen des ICE-Syndroms: Hornhautödem (Chandler-Syndrom) (Abb. 9), eine Atrophie des Irisstromas mit Lücken (essenzielle Irisatrophie) (Abb. 10), hernienartige Knötchen auf der Irisoberfläche (Irisnaevus-Syndrom), Verziehung der Pupille mit Ektropium Uveae.
Gonioskopisch weit nach vorne reichende Synechien, welche die Schwalbe-Linie überschreiten.
IOD-Erhöhung (Abb. 11).
Spekularmikroskopie zeigt die ICE-Zellen mit dem typischen Dunkel-Licht-Umkehrmuster. Die Zelloberfläche ist dunkel statt hell, oft mit einem zentralen, hyperreflektiven Zellkern, und die interzellulären Verbindungen sind auch hell statt dunkel. Beim Hornhautödem können die Hornhautendothelzellen nur mit Konfokalmikroskopie dargestellt werden.
Differenzialdiagnose
Axenfeld-Rieger-Anomalie (-Syndrom) ist beidseitig, mit posteriorem Embryotoxon und meist feinen Irissträngen, die aber nicht selbst die IOD-Erhöhung verursachen (sondern die Goniodysgenesis [Fehlentwicklung] des Kammerwinkels) (Abb. 12a, b).
Therapie
Topische und systemische drucksenkende Medikamente sind meistens nicht ausreichend. Filtrierende Operationen mit Antimetaboliten (Mitomycin C) haben nur begrenzten Erfolg, Schlauchimplantate sind wirksamer.

Epithelinvasion und Einwanderung fibrösen Gewebes in die Vorderkammer

Pathomechanismus
Einwanderung fibrösen Gewebes und Überwachsung des Kammerwinkels nach penetrierender Verletzung oder Vorderabschnittschirurgie.
Therapie
Topische und systemische drucksenkende Medikamente sind oft nicht ausreichend. Entfernung des einwandernden Gewebes ist selten vollständig möglich. Schlauchimplantate oder Zyklodestruktion sind wirksamer als filtrierende Operationen.

Sekundärer Winkelverschluss durch posterior-anterioren Schubmechanismus ohne Pupillarblock

Fehlleitung des Kammerwassers („malignes Glaukom“)

Pathomechanismus
Die Fehlleitung des Kammerwassers in den Glaskörper schiebt das Iris-Linsen-Diaphragma nach vorne mit folgender Abflachung der Vorderkammer und Winkelblock mit IOD-Anstieg. Die genaue Pathophysiologie ist noch unklar. Eine veränderte Beziehung zwischen der Linse, Glaskörper und Ziliarkörper kann zu einer Verschiebung des Iris-Linsen-Diaphragma nach vorne führen.
Eine Aderhautaufschwellung und eine Blockade des posterior-anterioren Kammerwasserabflusses in die Hinterkammer führen zur Vorverlegung des Iris-Linsen-Diaphragmas und zum Winkelverschluss.
Epidemiologie
Das maligne Glaukom ist eine seltene Form des sekundären Winkelblocks mit einer Inzidenz von 0,03 % bis 0,06 % nach Kataraktoperation, aber häufiger von 2 bis 4 % nach filtrierender Operation bei Patienten mit primärem Winkelblock (Kaplowitz et al. 2015).
Risikofaktoren
Das Risiko nach chirurgischen Eingriffen (Kataraktoperation, Glaukomoperation, Laserbehandlung) besteht insbesondere bei Augen mit kurzer Achsenlänge (< 21 mm), primärem Winkelblock und einer Anamnese der Fehlleitung des Kammerwassers im Partnerauge.
Klinik
Flache Vorderkammer (zentral und peripher) mit einer Verlagerung des Iris-Linsen (IOL)-Diaphragmas nach vorne, was einen Winkelverschluss mit IOD-Anstieg zur Folge hat (Abb. 13).
Differenzialdiagnose
Abflachung der Vorderkammer mit Winkelverschluss und IOD-Anstieg durch andere Pathomechanismen wie z. B. Entzündung bei Skleritis, Aderhauttumore, medikamenteninduziert.
Therapie
Medikamentöse Therapie: zykloplegische Augentropfen (Atropin oder Zyklopentolat), die den Ziliarkörper vom Linsenäquator wegbewegen, topische und systemische, die Kammerwasserproduktion hemmende Therapie und hyperosmotische Substanzen. Miotika sind kontraindiziert, weil sie zu einer noch stärkeren Annäherung des Ziliarkörper an die Linse führen. Das Ziel der Behandlung besteht darin, das Glaskörpervolumen zu reduzieren, das Iris-Linsen-Diaphragma zu verschieben und die Kammerwasserproduktion zu reduzieren.
Die medikamentöse Therapie bietet oft nur eine vorübergehende Kontrolle und viele Patienten benötigen einen chirurgischen Eingriff. Eine periphere durchgängige Iridektomie sollte vorhanden sein, wenn nicht, sollte diese durchgeführt werden. Beim pseudophaken Auge kann eine Nd:YAG-Laser-Kapsulotomie/Hyaloidotomie versucht werden. Häufig hilft aber nur die Operation. Beim phaken Auge sollte eine Pars-plana-Vitrektomie mit Linsenextraktion, beim pseudophaken Auge eine Zonulo-Hyaloido-Vitrektomie via Vorderkammer durch eine periphere Iridektomie oder auch über die Pars plana durchgeführt werden (AlQahtani et al. 2023).
Eine Zyklofotokoagulation mit Diodenlaser schrumpft die Ziliarfortsätze und kann erwogen werden (Kaplowitz et al. 2015).

Uveale Effusion (Aderhautamotio)

Der Pathomechanismus hängt von der zugrunde liegenden Erkrankung ab:
  • Entzündung bei posteriorer Skleritis
  • Druckanstieg in den Aderhautvenen wie bei Nanophtalmus (Achsenlänge < 19 mm), nach panretinaler Photokoagulation und Buckelchirurgie, bei arteriovenöser Anastomose
  • Aderhaut- und Ziliarkörpertumore
  • Medikamenteninduziert
Therapie
Es sollte immer die zugrunde liegende Erkrankung behandelt werden.

Verschiedene Ursachen des sekundären Winkelverschlusses durch posterior-anterioren Schubmechanismus

  • Iris- und Ziliarkörperzysten
  • Glaskörperraumtamponade (Silikonöl, Gas) nach Pars-plana-Vitrektomie
  • Kongenitale Anomalien, die mit einem sekundären Winkelblockglaukom assoziiert sein können (Mikrokornea, Mikrophthalmus).
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