Verfasst von: Christian van Oterendorp und Sebastian Bemme
Die akute Ischämie des Sehnervs ist einer der Hauptgründe für eine plötzliche schmerzlose Erblindung. Man unterscheidet die anteriore und die sehr seltene posteriore ischämische Optikusneuropathie (AION und PION). Die AION ist bedingt durch eine Hypoxie des Sehnervenkopfes und stellt sich funduskopisch im akuten Stadium als Schwellung und im Verlauf als Atrophie der Papille dar. Die Diagnose einer ischämischen Optikusneuropathie erfordert die sofortige diagnostische Abklärung, ob eine arteriitische Genese infolge einer Riesenzellarteriitis vorliegt. Bei klinischem Verdacht auf eine arteriitische Genese ist eine umgehende Kortikosteroidgabe erforderlich, da sonst eine Erblindung des zweiten Auges droht. Trotz Identifikation zahlreicher Risikofaktoren ist der genaue Pathomechanismus der nichtarteriitischen AION bisher unbekannt. Eine gesicherte Therapie gibt es für sie nicht.
Die AION ist eine akut einsetzende, am Auge schmerzlose, degenerative Neuropathie des vorderen Sehnervs, die primär retinale Ganglienzellen und ihre Axone schädigt. Das Ausmaß der morphologischen und funktionellen Schädigung ist hoch variabel.
Man unterscheidet eine arteriitische AION (aAION), die als akute Ischämie des vorderen Sehnervs in Folge einer Riesenzellarteriitis entsteht, von einer nichtarteriitischen AION (nAION), deren Pathogenese unbekannt ist.
In ihrem klinischen Erscheinungsbild ist die AION sehr charakteristisch: Eine plötzlich einsetzende, in der Regel einseitige, schmerzlose Sehminderung, die funduskopisch von einer Papillenschwellung (vollständig oder sektoriell) begleitet wird und die nach wenigen Wochen in eine vollständige oder partielle Atrophie des betroffenen Sehnervs übergeht.
Das klinische Erscheinungsbild täuscht allerdings mehr Gemeinsamkeit von arteriitischer und nichtarteriitischer AION vor, als tatsächlich vorhanden ist: Es muss eher als gemeinsame pathophysiologische Endstrecke zweier unterschiedlicher Erkrankungen gesehen werden. Im Hinblick auf die Unterschiede in der Therapie ist eine frühzeitige Zuordnung der AION zu einer der beiden Diagnosen essenziell, um eine vollständige Erblindung zu verhindern.
Die posteriore ischämische Optikusneuropathie (PION) ist das weiter hinten im Sehnerv liegende Äquivalent zur AION und letztendlich eine Ausschlussdiagnose.
Pathophysiologie
Bei der arteriitischen AION ist eine Ischämie im Bereich der kurzen posterioren Ziliararterien (PCA) als auslösendes Ereignis gesichert (Hayreh 2009). Bei der nichtarteriitischen AION wird eine Ischämie an gleicher Stelle vermutet.
Ein Auslöser kann aber bei der nichtarteriitischen AION nicht sicher benannt werden. Bei der PION, welche ebenfalls arteriitisch oder nichtarteriitisch sein kann, betrifft die Ischämie den retrolaminären intraorbitalen, intrakanalikulären oder den intrakraniellen Teil des Sehnervs, welcher indirekt von Gefäßästen der A. ophthalmica oder anderen Arterienästen des Chiasma opticum versorgt wird.
Die arterielle Gefäßversorgung des Sehnervenkopfs erfolgt aus den kurzen PCA, meist zwei, seltener drei oder vier Gefäße (zu Details siehe Abb. 1). Das Ausmaß der Ischämie und sichtbaren Schwellung der Papille richtet sich nach der Anzahl der betroffenen PCA und der Größe ihres exklusiven Versorgungsgebiets.
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Arteriitische AION
Ursache der aAION ist eine thrombotische Okklusion der kurzen posterioren Ziliararterien (PCA) infolge einer entzündlichen Verdickung der Gefäßwand. Aufgrund der thrombotischen Okklusion der PCA bei arteriitischer Genese ist die Papillenischämie bei der aAION im Vergleich zur nAION häufig ausgeprägter und erklärt damit auch die nachfolgend aufgeführten Unterschiede beider Entitäten hinsichtlich der ophthalmologischen Befunde. Aus der gemeinsamen vaskulären Blutversorgung der Papille und der peripapillären Chorioidea erklärt sich das gleichzeitige Auftreten von chorioidalen und zilioretinalen Gefäßverschlüssen bei aAION bei Okklusion der PCA (Hayreh 2009), während man dies bei nAION kaum beobachtet.
Hauptursache der aAION ist die Riesenzellarteriitis (RZA), in sehr seltenen Fällen kann eine aAION auch bei anderen Vaskulitiden, z. B. bei Polyarteriitis nodosa, Granulomatose mit Polyangiitis oder mikroskopischer Polyangiitis, auftreten (Haugeberg et al. 1997; Hamidou et al. 2003). Die RZA ist eine granulomatöse Vaskulitis, die vorrangig die mittelgroßen und großen Arterien befällt. Bei den meisten Patienten mit RZA liegt ein kraniales Befallmuster vor, wobei häufig die A. temporalis, A. occipitalis, A. ophthalmica, Aa. ciliares posteriores und die A. vertebralis betroffen sind. Daneben kann die RZA als Großgefäßvaskulitis die A. subclavia, A. axillaris und die Aorta befallen.
Es kommt zu einer entzündlichen Infiltration der gesamten Arterienwand, wobei sich das Immungeschehen hauptsächlich in der Tunica adventitia abspielt. T-Lymphozyten (CD4+) wandern über die Vasa vasorum in die Tunica adventitia ein, expandieren klonal und rekrutieren über Interferon γ Makrophagen (Weyand und Goronzy 2003). Makrophagen führen zu einer granulomatösen Entzündung der Arterienwand. Typisch, aber nicht immer zu finden, sind fusionierte Makrophagen, sog. Riesenzellen. In der Tunica adventitia produzieren die Makrophagen proinflammatorische Zytokine, wie Interleukin (IL)-1 und IL-6. In der Tunica media führen die Makrophagen über Matrixmetalloproteinasen und oxidativen Stress zu einer Schädigung der glatten Gefäßmuskulatur und einer Fragmentation der Membrana elastica interna. Gleichzeitig induzieren die Makrophagen über Wachstumsfaktoren (VEGF, PDGF) eine Hyperplasie der Tunica intima, die schließlich zur Gefäßokklusion führt. Parallel zur Gefäßschädigung kommt es bei RZA zu einer ausgeprägten systemischen Entzündung. IL-6, das hauptsächlich von zirkulierenden Monozyten abgegeben wird, führt zur Produktion von Akute-Phase-Proteinen in der Leber (Weyand und Goronzy 2003).
Nichtarteriitische AION
Auch bei der nichtarteriitischen AION finden sich in pathologischen Präparaten Zeichen einer schweren, akuten Ischämie (Koagulationsnekrose, initial azellulär, später Invasion von Makrophagen). In der Folge wird das Sehnervgewebe atroph und teils von kavernösen Strukturen durchsetzt (Knox et al. 2000; Patel und Margo 2017). Abgesehen von sehr seltenen Fällen massiven Aufkommens embolischen Materials (z. B. orbitale Mukormykose) finden sich keine Hinweise auf eine embolische Ursache (Knox et al. 2000).
Die nAION ist pathogenetisch kein „Schlaganfall des Sehnervs“.
Basierend auf den spärlichen Fakten hat sich die Theorie einer akuten vaskulären Dysregulation etabliert, welche zur temporären Ischämie und ggf. nachfolgenden Reperfusionsschädigung im Bereich der posterioren Ziliararterien führt. Tiermodelle an Ratten und Primaten, die diesen Zustand durch gezielte phototoxische Schädigung der Gefäßversorgung des vorderen Sehnervs imitieren, erzeugen einen der nAION ähnlichen Phänotyp (Bernstein et al. 2011). Sie liefern uns – unter dem Vorbehalt eines auf Hypothesen basierenden Modells – Anhaltspunkte für die Geschehnisse, die in Folge der akuten Ischämie auftreten und welche das Ausmaß der Ganglienzellschädigung maßgeblich mitbestimmen. Diese Ereignisse betreffen im Wesentlichen zwei Schauplätze: 1) die Axone der retinalen Ganglienzellen und 2) die umgebenden Gliazellen, deren Reaktion das Geschehen moduliert. Die Mehrheit der unmittelbar betroffenen Ganglienzellaxone wird in der akuten Phase lokal irreversibel geschädigt. Vom Ort der Schädigung breitet sich eine axonale Degeneration bis zum Ganglienzellkörper in der Netzhaut aus und induziert dort einen überwiegend apoptotischen Zelltod (Levin und Louhab 1996). Die nur mittelbar betroffenen Axone dagegen werden in unterschiedlichem Maße gestresst und in ihrer Funktion beeinträchtigt. Sie werden entweder zu einem späteren Zeitpunkt degenerieren (und mit ihnen der Zellkörper in der Retina) oder sie erholen sich und überleben längerfristig. Inwiefern dieses Überleben von einer funktionellen Erholung begleitet wird, hängt maßgeblich vom Grad der Schädigung der umliegenden Gliazellen ab, – v. a. der Oligodendrozyten, welche die Myelinscheide der Ganglienzellaxone produzieren.
Die axonale Umgebung des betroffenen Sehnervenbereichs ist in der frühen Phase der ersten Stunden von einem hohen Maß an oxidativem Stress und einem Zusammenbruch der Blut-Hirn-Schranke betroffen. Dies führt in den nachfolgenden Tagen zu einer Invasion von Monozyten und Makrophagen und später zu einer Aktivierung von Mikroglia. Ob diese Gliaaktivierung das Geschehen eher zum Guten oder zum Schlechten beeinflusst ist zurzeit noch unklar. Nach mehreren Wochen setzt schließlich die oben erwähnte Degeneration der Oligodendrozyten ein, welche die davon betroffenen, überlebenden Ganglienzellen funktionsgemindert und vulnerabel zurücklässt.
Epidemiologie
Die AION ist nach dem Glaukom die zweithäufigste degenerative Erkrankung des Sehnervs. Die nichtarteriitische AION ist mit ca. 85 % der Fälle deutlich häufiger als die arteritiische AION.
Die nAION hat bei den Über-50-Jährigen eine jährliche Inzidenz von ca. 2–10/100.000 (Johnson und Arnold 1994; Hattenhauer et al. 1997; Pfizer CT.gov 2011). N-AION-Patienten sind bei Erstmanifestation im Mittel etwa 60 Jahre alt, wobei durchaus auch Menschen im jungen Erwachsenenalter betroffen sein können (Pfizer CT.gov 2011; Cestari et al. 2016).
Die arteriitische AION bzw. die Riesenzellarteriitis (RZA) tritt ab etwa dem 50. Lebensjahr auf, – in der Mehrzahl betrifft sie aber Patienten im weiter fortgeschrittenen Senium: Die Betroffenen sind meist in der 8. Lebensdekade oder älter (Hayreh et al. 1998). Die jährliche Inzidenz der RZA steigt von ca. 2/100.000 in der 6. Lebensdekade auf ca. 45/100.000 in der 9. Lebensdekade (Bengtsson und Malmvall 1981; Machado et al. 1988).
Die posteriore ischämische Optikusneuropathie (PION) tritt noch deutlich seltener auf. Daten zur Inzidenz fehlen.
Risikofaktoren
Arteriitische AION
Neben dem Alter als Hauptrisikofaktor hat das Geschlecht und die ethnischen Herkunft Einfluss auf die Inzidenz der RZA. Frauen sind mindestens 2- bis 3-mal so häufig betroffen wie Männer (Hayreh et al. 1998; Gonzalez-Gay et al. 2009). Die jährlichen Inzidenzraten sind bei Patienten skandinavischer Abstammung ab dem 50. Lebensjahr mit bis zu 30/100.000 am höchsten und bei Patienten afrikanischer, arabischer oder asiatischer Abstammung wesentlich niedriger (Gonzalez-Gay et al. 2009). Als weitere Risikofaktoren der RZA werden Umweltfaktoren, genetische Faktoren, verschiedene Infektionen (u. a. Herpes zoster), Tabakrauchen, ein geringer BMI, eine frühe Menopause und eine Unterfunktion der Nebennierenrinde diskutiert (Larsson et al. 2006; Narváez et al. 2006; Lester et al. 2016; Rhee et al. 2017; England et al. 2017; Brennan et al. 2018).
Bei ca. 2/3 aller Patienten mit RZA kommt es zu einer Augenbeteiligung mit einem Risiko für eine komplette Erblindung des betroffenen Auges von mind. 8 % trotz Behandlung (Hayreh et al. 1998; Yates et al. 2017). Die aAION ist mit über 80 % die häufigste okuläre Manifestation bei RZA (Hayreh et al. 1998). Seltener treten ein Zentralarterienverschluss, ein zilioretinaler Arterienverschluss, eine PION oder eine okuläre Ischämie im Rahmen einer RZA auf (Hayreh et al. 1998). Als Risikofaktoren für eine okuläre Beteiligung mit permanentem Sehverlust bei RZA wurden vorhergehende transiente Sehstörungen, Thrombozytose und vaskuläre Komorbiditäten (PAVK, Apoplex) identifiziert (Liozon et al. 2016; Yates et al. 2017).
Nichtarteriitische AION
Die unklare Pathogenese und die Abwesenheit einer wirksamen Therapie haben die Suche nach Risikofaktoren für die nichtarteriitische AION angetrieben. So wurde eine ganze Reihe von Faktoren identifiziert. Sie lassen sich gruppieren nach globalen (meist direkt oder indirekt kardiovaskulär-assoziierten) Faktoren und augenspezifischen Faktoren, welche vermutlich eine ungünstige anatomische Konstellation mit hohem Risiko für lokale Durchblutungsstörungen repräsentieren. Tab. 1 listet die etablierten Risikofaktoren auf. Für die PION gelten die globalen Faktoren vermutlich ebenso, nicht aber die Risikofaktoren am Auge (Hayreh 2004).
Tab. 1
Risikofaktoren für die Entstehung einer nichtarteriitischen AION. Die Ergebnisse der publizierten Studien sind teils widersprüchlich. Eingang in diese Tabelle haben die Risikofaktoren gefunden, die in der Mehrzahl der Publikationen genannt wurden bzw. für die Evidenz aus größeren epidemiologischen Studien besteht.
Basierend auf Daten einer umfangreichen epidemiologischen Studie. Alle Bestandteile des MetS waren auch einzeln signifikante Risikofaktoren. Hauptsächlich risikoerhöhend wirkten aber: Hypertriglyzeridämie, Hypoalphalipoproteinämie und Hyperglykämie
Perioperativ bei Herz-Gefäß-Chirurgie und Wirbelsäulenchirurgie
Die genauen Ursachen sind unklar. In diesem Zusammenhang häufiger beidseitig als einseitig auftretend. Die Inzidenzen sind für beide Operationsgebiete in den letzten 20–30 Jahren aber signifikant gesunken. Änderungen der Anästhesieführung (u. a. Stabilität des Blutdrucks und Hämatokrits) und der OP-Lagerung werden als mögliche Ursachen dieser positiven Entwicklung vermutet
Lee et al. 2006; Rubin et al. 2016; Assawakawintip et al. 2021
Eine nächtliche arterielle Hypotonie wird weit verbreitet als Risikofaktor bzw. Auslöser des akuten Ereignisses angesehen. Die Studienergebnisse sind jedoch teils widersprüchlich.
Weiterhin: Hypotonie/Anämie während einer Dialyse oder bei traumabedingtem Schock. Bei diesen externen Auslösern tritt die nAION häufiger als sonst simultan beidseitig auf
Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (Sildenafil u. a.) und Interferon α
PDE-5-Inhibition: Schwierige Einschätzung des Risikos, da Grunderkrankungen mit mikrovaskulären Zirkulationsstörungen ein Risikofaktor für erektile Dysfunktionund nAION sind. Zudem werden die Medikamente nur unregelmäßig eingenommen. Metaanalysen zeigen keinen gesicherten Zusammenhang, aufgrund der erheblichen Unschärfe der Datenlage kann die von einzelnen Studien gefundene geringe Risikoerhöhung aber nicht ausgeschlossen werden.
Interferon α: Basierend auf zahlreichen Fallberichten könnte ein Zusammenhang bestehen. Aufgrund der zunehmend seltener werdenden Anwendung vermutlich bald nicht mehr relevant
Papille mit kleiner oder fehlender Exkavation („crowded disc“)
Ein in mehreren Studien klar belegter Risikofaktor. Für eine kleine Papillenfläche ist die Studienlage weniger eindeutig. Ein geringer vertikaler Papillendurchmesser ist kein signifikanter Risikofaktor
Beck et al. 1987; Saito et al. 2008; Chan et al. 2009
Drusenpapille
Circa 50 % aller nAION-PatientInnen < 50 Jahre haben eine Drusenpapille
Welches Ereignis letztlich die akute Ischämie unmittelbar auslöst, ist unklar. Am weitesten verbreitet ist die Vorstellung einer (nächtlichen) arteriellen Hypotonie, ggf. in Verbindung mit einer gestörten Autoregulation (Hayreh 2009).
Klinik und Diagnostik
Die AION, unabhängig von ihrer Genese, manifestiert sich mit einer akut auftretenden, ein- oder beidseitigen Papillenschwellung, begleitet von einer schmerzlosen Sehverschlechterung (bis zum Sehverlust). Das akute Ereignis setzt eine unumkehrbare Degeneration des betroffenen Sehnervenabschnitts in Gang, die in einer sektoriellen oder vollständigen Papillenatrophie endet. Die damit einhergehende Beeinträchtigung des peripheren und/oder zentralen Sehens bleibt weitgehend bestehen.
Das klinische Bild der PION ist gleich, allerdings ohne sichtbare Schwellung der Papille. Das typische Erscheinungsbild der gedrängten Papille („crowded disc“) als Risikofaktor fehlt ebenfalls.
Arteriitische AION und Riesenzellarteriitis
Klinik der arteriitischen AION
Die aAION geht häufig mit einer schweren Visusminderung des betroffenen Auges einher, die meist irreversibel ist. Der Visus beträgt bei ca. der Hälfte aller Patienten mit aAION initial höchstens Fingerzählen (Hayreh et al. 1998).
Typisch für die aAION sind vorausgehende transiente Sehstörungen.
Eine Amaurosis fugax wird von ca. einem Drittel der aAION-Patienten berichtet (Hayreh et al. 1998). Seltener sind Augenschmerzen, Doppelbilder und visuelle Phänomene. Im Gegensatz zur nAION ist der Gesichtsfeldausfall bei der aAION oft stärker ausgeprägt bis hin zur kompletten Erblindung des Auges. Die funduskopische Präsentation einer AION kann bereits den Verdacht auf eine arteriitische Genese lenken.
Neben der für die AION charakteristischen Papillenschwellung ist bei ca. der Hälfte aller Patienten mit aAION initial zusätzlich eine blasse bis „kalkweiße“ Verfärbung der Papille zu beobachten (Abb. 2), allerdings kaum bei Patienten mit nAION (Hayreh 1990).
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Daher ist eine blasse Papillenschwellung hochverdächtig auf eine aAION, wobei eine hyperämische Papillenschwellung die arteriitische Genese nicht ausschließt (Hayreh 2009). Bei aAION sind meist nur wenige Randblutungen, hingegen häufig vereinzelte Cotton-Wool-Spots zu beobachten (Hayreh et al. 1998). In 20 % der Fälle geht die aAION mit chorioidalen Gefäßverschlüssen einher, die in der Fluoreszein-Angiografie als Füllungsdefekt sichtbar werden. Die Kombination einer AION mit einem zilioretinalen Gefäßverschluss ist hochverdächtig auf eine arteriitische Genese (Abb. 2) (Hayreh 2009). Die im Verlauf eintretende Optikusatrophie geht bei arteriitischer Genese häufiger mit einer vermehrten Papillenexkavation einher, ähnlich einer glaukomatösen Papillenschädigung.
Klinik und Diagnostik der Riesenzellarteriitis
Die Anamnese ist wegweisend für den Verdacht auf eine arteriitische Genese der AION.
Patienten mit einer RZA berichten über meist neu aufgetretene, persistierende Kopfschmerzen v. a. im Bereich der Schläfen (Hellmich et al. 2020). Eine Kiefer- und/oder Zungen-Claudicatio, die mit krampfartigen Schmerzen beim Kauen und Schlucken einhergeht, wird von ca. der Hälfte aller Patienten mit RZA beschrieben und ist eines ihrer spezifischsten Symptome (Hunder et al. 1990; Smetana und Shmerling 2002). Zusätzlich kann eine Hyperästhesie der Kopfhaut, z. B. beim Kämmen, auftreten. Gewichtsverlust, Abgeschlagenheit, subfebrile Temperaturen und Nachtschweiß sind typische Allgemeinsymptome als Ausdruck der systemischen Entzündung. Myalgie der proximalen Extremitäten und Nackensteifigkeit können auf eine Polymyalgia rheumatica (PMR) hinweisen, die bei ca. der Hälfte der Patienten mit RZA auftritt. Bei ca. einem Fünftel der Patienten mit okulärer Beteiligung verursacht die RZA keine systemischen Symptome und wird dann als okkulte RZA bezeichnet.
Da die RZA häufig die Temporalarterien betrifft, ist die Inspektion und Palpation der Temporalarterie bei Patienten mit AION obligat.
Typische Veränderungen bei RZA sind Verdickung, Berührungsempfindlichkeit, tastbare Verhärtung und Pulslosigkeit der Arteria temporalis (Tab. 2) (Smetana und Shmerling 2002). Einerseits betrifft die RZA nicht ausschließlich und auch nicht immer die Temporalarterien, andererseits kann es selten auch im Rahmen anderer Vaskulitiden zu einer Beteiligung kommen. Daher dürfen die Begriffe RZA und Arteriitis temporalis nicht synonym verwendet werden (Lamprecht 2012).
Tab. 2
Typische Symptome und klinische Befunde der Riesenzellarteriitis (RZA) nach EULAR-Empfehlungen 2018. (Hellmich et al. 2020)
Symptome
Klinische Zeichen
• Neu aufgetretene, persistierende, lokalisierte Kopfschmerzen, oft in der Schläfenregion
• Kiefer- und/oder Zungen-Claudicatio
• Schmerzhafte und/oder verdickte Temporalarterien mit oder ohne Pulslosigkeit
Im Rahmen der systemischen Entzündung kommt es bei Patienten mit RZA zum Anstieg der Entzündungsparameter im Blut.
Daher ist bei jedem Patienten mit AION die Bestimmung der Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und des C-reaktiven Proteins (CRP) obligat.
Beide Parameter sind nicht spezifisch für eine RZA, da sie auch im Rahmen anderer Erkrankungen erhöht sein können (Infektionen, Tumoren). BSG und CRP in Kombination besitzen eine Sensitivität von 99 %, und bei Patienten mit klinischem Verdacht auf RZA eine Spezifität von ca. 97 % (Hayreh et al. 1997; Parikh et al. 2006). Eine stark erhöhte BSG (≥ 50 mm/h) ist hochverdächtig auf eine RZA. Eine normwertige BSG macht eine RZA zwar unwahrscheinlich (Smetana und Shmerling 2002), schließt sie aber keinesfalls aus. Daher sollte auch bei normalen Entzündungswerten eine RZA weiter diagnostisch abgeklärt werden, wenn das klinische Bild die RZA wahrscheinlich macht. Neben BSG und CRP zählen Fibrinogen und die α2-Globuline im klinischen Alltag zu den wichtigen Parametern der Labordiagnostik, da sie die Verdachtsdiagnose RZA untermauern können. Das Blutbild kann hilfreich sein, da die RZA häufig mit einer Anämie, Thrombozytose und Leukozytose einhergeht.
Bei klinischem Verdacht auf eine RZA ist eine Diagnosesicherung mittels Bildgebung oder Histologie erforderlich, darf aber die umgehende Therapieeinleitung nicht verzögern.
Goldstandard zum Nachweis einer RZA ist die Biopsie und histologische Untersuchung der A. temporalis. Ein negatives Biopsieergebnis schließt eine RZA nicht aus, da sie in ca. 10–25 % der Fälle aufgrund des segmentalen Befalls falsch negativ ausfällt (Ness et al. 2013). Daher sollte das entnommene Arterienbiopsat mindestens 1 cm lang sein und histologisch segmentweise untersucht werden (Mukhtyar et al. 2009). Ein Nachweis der RZA mittels Temporalisbiopsie ist bis zu 14 Tage nach Therapiebeginn möglich (Ness et al. 2013). Nach neuster Empfehlung der Fachgesellschaften ist eine Biopsie der Temporalarterie zur Diagnosesicherung nur dann noch erforderlich, wenn in der Bildgebung die RZA nicht sicher nachgewiesen werden kann (Hellmich et al. 2020).
Bei Vorliegen von mind. 3 von 5 Klassifikationskriterien des American College of Rheumatology (Alter über 50 Jahre, neu aufgetretene lokalisierte Kopfschmerzen, druckschmerzhafte Verdickung oder reduzierte Pulsation der Temporalarterie, beschleunigte BSG ≥ 50 mm in der 1. Stunde und abnorme Histologie der Temporalarterie) ist eine RZA wahrscheinlich. Da bei weniger als 3 positiven Kriterien eine RZA nicht ausgeschlossen ist, dürfen die Klassifikationskriterien nicht als Diagnosekriterien missverstanden werden (Hunder et al. 1990), können aber in der klinischen Praxis hilfreich sein.
Zur Diagnosesicherung der RZA hat sich in den letzten Jahren zunehmend die bildgebende Diagnostik als Alternative zur Biopsie der Temporalarterie etabliert. Untersuchungsmodalitäten umfassen Farbduplex-Sonografie, Magnetresonanztomografie (MRT), Computertomografie (CT) und Positronenemissionstomografie (PET) in Kombination mit der CT (PET/CT) (Bley et al. 2006). In der Farbduplex-Sonografie stellt sich das entzündliche Wandödem bei RZA als echoarmer Saum um das farbcodierte Restlumen dar (Halo-Zeichen). Zusätzlich können Stenosen und Gefäßverschlüsse dargestellt werden (Bley et al. 2006). Aufgrund der Nichtinvasivität, Kosteneffektivität und hohen Spezifität wird die Farbduplex-Sonografie der Temporalarterien und der Axillen mittlerweile auch in den Empfehlungen der Fachgesellschaften vor der Temporalarterienbiopsie präferiert (Dejaco et al. 2018). Der Nachweis einer RZA ist auch mittels hochauflösender MRT der oberflächlichen Kopfarterien möglich (Bley et al. 2006; Dejaco et al. 2018). Die MRT kann alternativ zur Farbduplex-Sonografie durchgeführt werden, da beide Untersuchungsmethoden eine annähernd gleiche Sensitivität von ca. 70 % und Spezifität von über 90 % aufweisen (Bley et al. 2008; Duftner et al. 2018). Den Nachteilen einer geringeren Verfügbarkeit und eines höheren Kostenfaktors steht der Vorteil gegenüber, in der MRT zusätzlich die Aorta, die Aortenäste und die intrakraniellen Kopfarterien hinsichtlich einer Beteiligung beurteilen zu können (Dejaco et al. 2018).
Als weitere Bildgebungsmodalitäten zur Diagnostik einer RZA stehen die Computertomografie (CT), die CT-Angiografie (CTA) und die Positronenemissionstomografie (PET) unter Verwendung des Tracers 18F-Fluoro-2-deoxy-D-Glukose in Kombination mit der CT (PET/CT) zur Verfügung. CT, CTA und PET/CT sind v. a. hilfreich bei der Darstellung von Wandveränderung bzw. zum Nachweis einer Entzündung extrakranieller Gefäße, werden jedoch zur Beurteilung der Kopfarterien nicht empfohlen (Bley et al. 2006; Dejaco et al. 2018).
Nichtarteriitische AION
Die nAION manifestiert sich plötzlich, ohne Prodromi und ohne begleitenden Schmerz. Typischerweise wird in den frühen Morgenstunden beim Aufwachen ein Skotom bemerkt, welches oft horizontal begrenzt ist (Ischemic Optic Neuropathy Decompression Trial Study Group 1996) Funduskopisch imponiert eine Papillenschwellung, häufig mit streifigen Blutungen, die im Gegensatz zur aAION eher nicht von einer Blässe der Papille begleitet wird (Abb. 2 rechts und 3). Ihr Ausmaß ist variabel und kann von einer sektoriellen bis zur vollständigen Schwellung reichen. Aufgrund der oft unscharfen Grenze zwischen betroffenen und gesunden Papillenbereichen erscheint die Nervenfaserschwellung häufiger diffus als sektoriell (ca. 3/4 der Fälle in der IONDT-Studie);
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Der betroffene Papillenbereich ist oft besser in einer OCT der Nervenfaserschicht als Schwellung abgrenzbar (Abb. 3).
Die Dicke der makulären Ganglienzellschicht in der OCT (bzw. der Ganglienzellkomplexe aus Ganglienzellschicht und innerer plexiformer Schicht) erscheint in der sehr frühen Phase noch unverändert (Jiang et al. 2021). Eine OCT-Angiografie des peripapillären oberflächlichen Kapillarnetzes („radial peripapillary capillaries“) zeigt häufig eine Perfusionsminderung. Der betroffene Papillensektor und der Sektor der Perfusionsminderung müssen aber nicht kongruent sein (Sönmez et al. 2022). Fluoreszenzangiografisch ist eine Füllungsverzögerung in der Papille (gesamt oder sektoriell) charakteristisch, gelegentlich begleitet von einem Füllungsdefekt der Choroidea, der sich in den kommenden Wochen zurückbildet. Die Perfusion der Zentralarterie bleibt unverändert (Hayreh 1974; Arnold et al. 1996).
Ein relativer afferenterPupillendefekt ist, abgesehen von seltenen minimalen Ausprägungen, immer vorhanden, sofern die Afferenzbahn am Partnerauge intakt ist.
Die Gesichtsfelddefekte korrespondieren mit dem Nervenfaserverlauf der betroffenen Papillensektoren und sind häufig inferio-nasal oder inferior in altitudinaler Form lokalisiert (Hayreh und Zimmerman 2005). In einer großen retrospektiven Studie von Hayreh und Zimmermann (2008a) hatte auf einer 5-teiligen Skala etwa die Hälfte der Betroffenen eine minimale bis milde Ausprägung (Schweregrad 1–2), etwa ein Viertel hatte die schwerste Ausprägung.
Der Grad der Visusminderung richtet sich nach Lage und Ausmaß der Schädigung im temporalen Sektor und hat keine Aussagekraft für das Ausmaß der gesamten Sehnervenschädigung. Etwa die Hälfte aller Patienten hatte in einer überwiegend weißen amerikanischen Studienpopulation einen Visus von 0,66 oder besser. Ein Viertel der Patienten sah schlechter als 0,1 (Hayreh und Zimmerman 2008a).
Die Anamnese (Art der Sehstörung, zeitlicher Verlauf, Schmerz, systemische Erkrankungen) und der klinische Untersuchungsbefund (Funduskopie [auch des Partnerauges!], Pupillenreaktion, Visus, Gesichtsfeld, ergänzt durch RNFL-OCT) sind die wichtigsten diagnostischen Pfeiler einer AION.
Die Schwelle für eine Erweiterung der Diagnostik (insbes. CT-/MRT-Bildgebung, Fluoreszenzangiografie) sollte aber sehr niedrig liegen. Zumindest bei Betroffenen < 50 Jahre, sowie bei atypischer Anamnese oder Untersuchungsbefund sollte eine Bildgebung obligat sein, ebenso bei Verdacht auf eine PION.
Welchen Umfang sollte die internistisch-allgemeinmedizinische Abklärung bei gesicherter nAION haben und welche Empfehlungen können von augenärztlicher Seite ausgesprochen werden?
Abgeklärt werden sollten die etablierten Risikofaktoren: Diabetes mellitus, Herzerkrankungen, arterielle Hypertonie (24-h-Blutdruckmessung, auch zum Ausschluss nächtlicher hypotoner Phasen) und Schlafapnoe. Eine gezielte Suche nach kardiovaskulären Emboliequellen mittels Carotis-Duplexsonografie und Echokardiografie muss, anders als bei retinalen arteriellen Verschlüssen, bei der nAION nicht erfolgen. Gefundene Risikofaktoren sollten behandelt, bzw. die Effektivität ihrer Behandlung überprüft werden. Bei PatientInnen < 50 Jahre sollte eine spezialisierte Blutgerinnungsuntersuchung erfolgten.
Die augenärztliche Überwachung darf nicht mit der Diagnosestellung bzw. dem Einsetzen der Atrophie enden.
Liegt eine progrediente Degeneration vor, die selten auch bei einer AION vorkommen kann, stehen folgende Fragen im Raum: 1) Handelt es sich wirklich um eine AION ([erneute] Abklärung möglicher Differenzialdiagnosen)? 2) Bei arteriitischer AION: Ist die immunsuppressive Therapie ausreichend effektiv? 3) Liegt eine weitere Sehnerverkrankung vor, z. B. ein Tumor oder ein Glaukom? Hypertone Augeninnendruckwerte sollten, spätestens bei gesicherter Progredienz, gesenkt werden. Eine Blutdrucküberprüfung auf nächtliches Overdipping sollte v. a. bei Patienten mit medikamentös behandelter arterieller Hypertonie erfolgen.
Differenzialdiagnostik
In der akuten Phase ist v. a. bei jungen PatientInnen die Abgrenzung zur Optikusneuritis (ON) und einer hereditären Optikopathie, v. a. der Leber’schen hereditären Optikopathie (LHON), wichtig, die umgehend behandelt und genetisch abgeklärt werden muss. Beide Erkrankungen können aber durchaus auch im höheren Lebensalter auftreten.
Der Augenbewegungsschmerz, ggf. mit Motilitätsstörungen, ist ein charakteristischer Aspekt der ON. Der Sehnerv ist bei der AION immer, zumindest sektoriell, geschwollen, bei der ON nur fakultativ, bei der LHON sind oft erweiterte, geschlängelt verlaufende Blutgefäße auf oder neben der Papille sichtbar.
Vor allem bei < 50-jährigen AION-Patienten liegen häufig Sehnervendrusen vor, nach ihnen sollte am Partnerauge gezielt (Autofluoreszenz, OCT, Ultraschall) gesucht werden.
Das Muster des Gesichtsfeldausfalls ist bei der AION häufiger bogenförmig inferior oder infero-nasal, während für ON und LHON eher zentrale oder zentrozökale Skotome typisch sind.
Die Fluoreszenzangiografie kann in Zweifelsfällen einen wichtigen Beitrag zur Differenzialdiagnose leisten: Eine Füllungsverzögerung der Papille (und ggf. der peripapillären Choroidea) tritt nur bei der AION, nicht aber bei einer ON oder LHON auf (Arnold et al. 1996).
Bei letzterer zeigt sich in der Fluoreszenz- oder OCT-Angiografie zudem das typische teleangiektatische Gefäßmuster. In der Ultraschalluntersuchung des Sehnervs ist der Durchmesser bei der ON, nicht aber bei einer AION vergrößert (Gerling et al. 1997). Auch die Magnetresonanztomografie des Sehnervs kann zur Differenzierung beitragen (Mournet et al. 2022; Petroulia et al. 2023).
Die weiteren Differenzialdiagnosen einer Papillenschwellung sollten ebenfalls berücksichtigt werden, allen voran eine kompressive Optikopathie, infektiöse oder autoimmune Papillitis (Glaskörperzellen/-trübungen, Serologie, Fluoreszenzangiografie), bei beidseitiger Schwellung auch die Stauungspapille (Bildgebung, Liquoreröffnungsdruck, Muster der Gesichtsfeldausfälle) und eine arterielle hypertensive Krise (weitere retinale Auffälligkeiten, Blutdruckmessung).
Die posteriore ischämische Optikusneuropathie (PION) muss erwogen werden, wenn das klinische Bild ION-typisch ist, aber eine Papillenschwellung fehlt. Sie ist in weiten Teilen eine Ausschlussdiagnose.
Die Ex-post-Diagnose einer AION/PION bei bereits manifestierter Atrophie der Papille ist schwierig. Die typische Anamnese und ggf. das Vorliegen einer partiellen Optikusatrophie können wichtige Hinweise sein. Prinzipiell müssen aber alle potenziellen Ursachen einer Degeneration des Sehnervs aufgearbeitet werden. Eine einseitige glaukomtypische Exkavation des Sehnervs mit normwertigem Augeninnendruck und der Anamnese einer länger zurückliegenden plötzlichen Erblindung des betroffenen Auges kann den Verdacht auf eine abgelaufene aAION lenken.
Therapie
Die Therapieziele unterscheiden sich nach der Phase der Erkrankung: In der akuten/subakuten Phase versucht man, das Ausmaß der Schädigung einzudämmen. Hier ist nur für die arteriitische AION eine Therapie mit hoch dosierten Steroiden etabliert, für die nichtarteriitische AION ist der Nutzen fraglich. Ist die initiale Schwellung in eine Optikusatrophie übergegangen, gibt es derzeit keine therapeutische Option mehr. Experimentelle Ansätze zielen darauf, den Funktionsverlust zu mindern oder die morphologische Schädigung zu reparieren.
Arteriitische AION
Therapieeinleitung mit Kortikosteroiden
Die klinische Diagnose einer RZA erfordert die rasche Einleitung einer Kortikosteroidtherapie mit 40–60 mg Prednisolonäquivalent pro Tag (Hellmich et al. 2020). Grundsätzlich gilt dabei, dass die Diagnosesicherung bzw. die Überweisung des Patienten in ein Zentrum die Therapieeinleitung nicht verzögern darf.
Für Anfangsdosen > 60 mg/d bzw. gewichtsadaptierter Anfangsdosierung gibt es keine klare Evidenz. Aufgrund des hohen Rezidivrisikos sollte die Kortikosteroidtherapie langsam reduziert werden, nach den EULAR-Empfehlungen innerhalb von 2–3 Monaten auf 15–20 mg/d und innerhalb eines Jahres auf ≤5 mg/d.
Das Primärziel in der Behandlung der arteriitischen AION ist, die Erblindung des zweiten Auges zu verhindern. Ohne Therapie beträgt das Risiko für die Erblindung des zweiten Auges > 50 % innerhalb der ersten 1–10 Tage (Ness et al. 2006). Unter Therapie liegt das Risiko für eine weitere Verschlechterung des betroffenen Auges und eine Mitbeteiligung des zweiten Auges bei ca. 10 % bzw. ca. 2 % (Hayreh und Zimmerman 2003).
Bei arteriitischer AION bzw. bei RZA mit okulärer Beteiligung und Visusverlust oder Amaurosis fugax wird die Therapieeinleitung mit 250–1000 mg/d Methylprednisolon intravenös über 3 Tage empfohlen.
Trotz geringer Evidenz der Hochdosistherapie und meist irreversiblem Visusverlust des betroffenen Auges, wird die Hochdosistherapie in den EULAR-Empfehlungen weiterhin befürwortet im Hinblick auf das hohe Erblindungsrisiko des zweiten Auges (Hellmich et al. 2020). Die Kortikosteroidtherapie sollte im Anschluss an die Hochdosistherapie oral fortgeführt und gemäß den Empfehlungen für die RZA langsam ausgeschlichen werden.
Begleittherapie mit Immunsuppressiva
Immunsuppressiva stellen eine effektive Begleittherapie bei RZA dar, wobei sie nicht grundsätzlich, jedoch in ausgewählten Fällen empfohlen werden (Hellmich et al. 2020). Insbesondere die Kombination der Kortikosteroidtherapie mit dem IL-6-Rezeptor-Antagonisten Toculizumab hat sich zur Behandlung der RZA in zwei prospektiven randomisierten Studien bewährt, da das Rezidivrisiko und die kumulative Kortikosteroiddosis geringer war im Vergleich zur Kortikosteroidmonotherapie (Villiger et al. 2016; Stone et al. 2017).
Damit ist Toculizumab das erste Biologikum, das in der Europäischen Union für die Behandlung der Riesenzellarteriitis zugelassen wurde.
Der Einsatz von Toculizumab wird von der EULAR bei PatientInnen mit Nebenwirkungen der Kortikosteroidtherapie oder mit einem erhöhten Risiko dafür sowie bei einem RZA-Rezidiv empfohlen. Toculizumab wird bei RZA 1-mal wöchentlich subkutan oder intravenös verabreicht. Zu den Kontraindikationen zählen u. a. akute Infektionen, Lebererkrankungen, sowie Ulzera des Magen-Darm-Traktes oder eine Divertikulitis in der Anamnese aufgrund des Risikos einer gastrointestinalen Perforation. Wichtig ist der Ausschluss einer Tuberkulose und einer Hepatitis-B-Infektion vor Beginn der Therapie.
Aus der Gruppe der konventionellen Immunsuppressiva kommt Methothrexat zur Begleittherapie bei RZA in Betracht, jedoch im Off-label-Einsatz. In einer Metaanalyse zeigte sich eine Reduktion des Rezidivrisikos und der kumulativen Kortikosteroiddosis unter Methotrexat bei RZA (Mahr et al. 2007).
Die Datenlage zum Einsatz anderer konventioneller oder biologischer Immunsuppressiva, wie z. B. Abatacept, Ustekinumab, Azathioprin, Leflunomid, Cyclophosphamid, Dapson, Etanercept, ist bisher gering.
Therapieüberwachung
PatientInnen mit einer RZA müssen regelmäßig hinsichtlich des Auftretens eines Entzündungsrezidivs überwacht werden.
Die Kontrollen sollten im ersten Jahr engmaschiger, mindestens alle 1–3 Monate, und anschließend mindestens einmal jährlich erfolgen. Neben der Anamnese typischer RZA-Symptome und der klinischen Untersuchung sollten die Kontrollen auch die BSG- und CRP-Bestimmung sowie das Monitoring von Nebenwirkungen unter Kortikosteroid- bzw. immunsuppressiver Therapie beinhalten.
Da unter Kortikosteroidtherapie die Sensitivität der BSG und des CRP deutlich herabgesetzt ist (Vaith und Warnatz 2009), wird zur Therapiesteuerung die IL-6-Bestimmung empfohlen, da IL-6 bei einem Entzündungsrezidiv unter Kortikosteroidtherapie in ca. 90 % ansteigt (Weyand et al. 2000). Unter Toculizumab ist das CRP nicht verwertbar, da es unter IL-6-Rezeptor-Blockade bei einem Entzündungsrezidiv nicht oder nur geringfügig ansteigt.
Nichtarteriitische AION
Für die nAION gibt es keine gesicherte Therapie.
Eine Reihe therapeutischer Ansätze wurde aber aus den existierenden pathogenetischen Modellen abgeleitet.
Minderung der akuten Ischämie
Dies ist der nahe liegendste, aber am wenigsten aussichtsreiche Therapieansatz, da die Ischämietoleranzzeit neuronalen Gewebes kurz und die Zeit vom Symptombeginn bis zur Diagnosestellung in der Regel um ein Vielfaches länger ist. Die Erfahrungen der Schlaganfallbehandlung zeigen, wie schwierig es ist, Patienten mit neurologischen Symptomen frühzeitig einer Behandlung zuzuführen.
Begrenzung der sekundären Schädigung
Hier liegt der Fokus auf den gestressten, aber noch nicht letal geschädigten Ganglienzellen. Gelingt es, diese vor einer weiteren Belastung durch die Ischämiefolgen zu schützen, könnte nach Abklingen der akuten Phase möglicherweise eine funktionelle Erholung einsetzen. Die Schwierigkeiten hierbei: 1) Die stärksten schädigenden Faktoren zu identifizieren (Gewebeschwellung? Postischämische Sauerstoffradikale und Entzündung? Anhaltende Perfusionsstörung?). 2) Jeweils wirksame Behandlungsansätze zu finden. 3) Das kurze Zeitfenster auch für diese Art Intervention zu nutzen.
Chirurgische Sehnervendekompression
Heute keine relevante Behandlungsoption mehr, dafür historisch von größter Bedeutung: Der Ischemic Optic Neuropathy Decompression Trial (IONDT) widerlegte als multizentrische prospektive Studie mehrere publizierte Fallserien, die die chirurgische Entlastung eines schwellungsbedingten Kompartmentsyndroms propagierten und lieferte gleichzeitig wichtige Daten über das Krankheitsbild (Ischemic Optic Neuropathy Decompression Trial Study Group 1995).
Steroidtherapie
Mehrere Aspekte lassen den Nutzen einer Steroidbehandlung plausibel erscheinen: Ausgeprägte Gewebeschwellung mit vermutlich sekundärer Durchblutungsstörung, Zusammenbruch der Blut-Hirn-Schranke, ausgeprägte Gliaaktivierung. Daten vom Ratten-AION-Modell zeigen die wirksame Unterdrückung dieser Aspekte und damit einhergehend eine erhebliche Minderung der Ganglienzellschädigung, allerdings nur bei sehr früher Intervention (Tag 1) (Huang et al. 2017). Die (Molekular-) Pathologie beim Menschen ist nicht deckungsgleich mit dem Rattenmodell, daher ist Vorsicht geboten. Der Hinweis auf das kurze Zeitfenster könnte aber bedeutsam für zukünftige klinische Studien sein.
Bisherige klinische Studien zeigen keinen eindeutigen Nutzen einer Steroidtherapie, sei es systemisch oder lokal mit intravitrealem Triamcinolon (Stunkel und Van Stavern 2018; Lantos et al. 2022). Einer großen retrospektiven Studie von Hayreh und Zimmermann (2008b), die eine Verbesserung des Visus und den beschleunigten Rückgang der Schwellung nach oraler 6-wöchiger Steroidtherapie beschrieben hat, stehen mehrere kleine, prospektive, randomisierte Studien gegenüber, die keinen positiven Effekt zeigten (Rebolleda et al. 2013; Pakravan et al. 2017). Letztlich verhindern die methodischen Limitationen aller vorhandenen Studien eine endgültige Schlussfolgerung.
Bei unseren eigenen Patienten behandeln wir v. a. dann mit Steroiden, wenn sie sich innerhalb von 48 h nach Symptombeginn vorstellen. Treten schwere Komplikationen auf oder sind sie zu erwarten (Blutdruck-/Blutzuckerentgleisung, psychische Probleme) wird die Therapie nicht imperativ fortgesetzt oder begonnen.
Förderung der Durchblutung
Dieser Ansatz basiert auf der Vorstellung des Verlusts der natürlichen Gefäßautoregulation und einer übermäßigen Vasokonstriktion, ausgelöst durch erhöhte Spiegel zirkulierender vasokonstriktiver Faktoren, wie Endothelin1 und/oder genetische Polymorphismen, die in der Gefäßwand die Sensitivität für konstriktive Faktoren erhöhen und für dilatative Faktoren schwächen (Sakai et al. 2007; Chen et al. 2018). Eine prospektive Studie mit dem Endothelin-1-Antagonist Bosentan läuft derzeit. Hiermit soll die anhaltende Minderperfusion des Sehnervs behandelt werden.
Andere Versuche der Durchblutungsförderung, z. B. mittels Hämodilution, hatten keine Wirkung (Haas et al. 1994).
Neuroprotektion/Apoptosehemmung
Neuronschädigende Einflüsse zu mindern bzw. Neurone widerstandsfähiger gegen sie zu machen, um sie die subakute Phase überleben zu lassen, ist das Ziel neuroprotektiver Ansätze. In Degenerationsmodellen an Ratte und Maus wurden zahlreiche Substanzen identifiziert, bei keiner ist die Translation in die Anwendung beim Menschen gelungen.
Verschiedene Substanzen wurden in prospektiven Studien untersucht – keine der im Folgenden aufgeführten zeigte eine anhaltende signifikante Verbesserung der Sehfunktion in mehreren unabhängigen Studien: Brimonidin Augentropfen (Wilhelm et al. 2006), Erythropoietin (intravitreal oder intravenös) (Lai et al. 2022), Levodopa/Carbidopa (Lantos et al. 2022) und Caspase-2-Inhibition (große prospektive Phase-2/3-Studie nach Zwischenauswertung wegen fehlender Wirksamkeit abgebrochen; Clinicaltrials.gov: NCT02341560).
Funktionsverbesserung der überlebenden Ganglienzellen
Die Demyelinisierung der überlebenden Ganglienzellaxone verschlechtert die Reizleitung. Dalfampridin, ein Kaliumkanalinhibitor kann die Signalübertragung demyelinisierter Axone verbessern und ist für Gehstörungen bei Multipler Sklerose (MS) zugelassen. Bei nAION konnte im Mittel keine signifikante Zunahme des Visus gezeigt werden. Ähnlich wie bei MS sprachen aber einzelne Patienten auf die Behandlung an (Moster et al. 2017).
Zu Elektrostimulations- und Lichtstimulationsbehandlungen gibt es zahlreiche Veröffentlichungen einzelner Arbeitsgruppen, die aber methodisch nicht überzeugend sind.
Supportive Stammzelltherapie bzw. Zellersatztherapie
Die Implantation von Stammzellen zielt in zwei Richtungen: 1) Über die Sekretion neuroprotektiver bzw. die Gliareaktion modulierender Faktoren die überlebenden Zellen zu schützen. 2) Neuronale Zellen zu ersetzen. Die Hürden, v. a. für das Zellersatzparadigma, liegen sehr hoch. Derzeit sind keine Ansätze in der klinischen Erprobung.
Verlauf und Prognose
Der betroffene Papillensektor bildet in den folgenden Wochen seine akute Schwellung zurück und wird nach ca. 8 Wochen schließlich atroph (Abb. 3). Die initial oft noch vital gefärbte nAION-Papille blasst zunehmend ab. Die aAION-Papille ist häufig von Anfang an blass. Der Übergang in die Atrophie geschieht bei der nAION meist ohne wesentliche Zunahme der Papillenexkavation, d. h., das ehemalige Nervenfaserpolster wird, anders als beim Glaukom, in eine ähnlich dicke Glianarbe umgewandelt. Die Ausbildung einer glaukomähnlichen Papillenexkavation kann eher bei der aAION auftreten. Bei der PION stellt sich ebenfalls nach mehreren Wochen eine (sektorielle) Atrophie der Papille ein. Selten kann sie bei sehr kleiner Schädigung funduskopisch unsichtbar bleiben.
Die peripapilläre Nervenfaserschichtdicke nimmt kontinuierlich ab, was zunächst mit dem Rückgang der Schwellung und schließlich dem Übergang in die Atrophie korrespondiert (Abb. 3). Zurück bleibt eine Atrophie, deren Ausmaß etwa der Größe des initial betroffenen Sektors entspricht. Der Übergang in die Atrophie wird nun auch begleitet von einer Abnahme der makulären Ganglienzellschichtdicke in der OCT, sofern der in die Makula projizierende, temporale Papillensektor betroffen war. Dies ist Ausdruck der konsekutiven Degeneration der Ganglienzellkörper und tritt spätestens ab der 2.–3. Woche auf (Jiang et al. 2021). Die Ausdünnung des peripapillären oberflächlichen Kapillarnetzes in der OCT-Angiografie bleibt auch beim Übergang in die Atrophie vorhanden. Sie ist, wie auch beim Glaukom, eng mit dem Untergang der dort verlaufenden retinalen Nervenfasern verknüpft (Fard et al. 2018). Einige Publikationen sehen auch eine Ausdünnung des oberflächlichen makulären Kapillarbetts, die mit der Degeneration der Ganglienzellschicht zusammenhängen dürfte. Nicht verändert ist dagegen die choroidale Flussdichte (Chou et al. 2022). Die visuell evozierten Potenziale können sowohl eine Amplitudenminderung, als auch eine Latenzverlängerung als Ausdruck der Demyelinisierung zeigen. Meist ist, im Gegensatz zur Neuritis nervi optici, die Beeinträchtigung der Amplitude stärker als die Verlängerung der Latenz (Cox et al. 1982).
Bei der arteriitschen AION hängt die Prognose hauptsächlich von der rechtzeitigen Kortikosteroidtherapie ab. Ohne Therapie kommt es in > 50 % zu einer kompletten Erblindung durch Mitbeteiligung des Partnerauges. Die Prognose des betroffenen Auges ist sehr eingeschränkt, auch unter Therapie verbessern sich Visus und Gesichtsfeld nur selten, in ca. 4 % der Fälle (Hayreh et al. 2002). Eine weitere Verschlechterung trotz Therapie tritt bei ca. jedem zehnten Patienten auf (Hayreh und Zimmerman 2003). Das Risiko für einen erneuten Entzündungsschub ist bei RZA nach Ausschleichen der Steroidtherapie mit 34–75 % sehr hoch (Hellmich et al. 2020). Daher ist bei den meisten Patienten eine lebenslange immunsuppressive Therapie notwendig.
Bei der nichtarteriitischen AION bleiben die Gesichtsfelddefekte etwa in der Hälfte der Fälle unverändert und je ein Viertel wird im folgenden Jahr entweder etwas größer oder etwas kleiner. Das zentrale Gesichtsfeld (sofern betroffen) verbessert sich bei etwa 1/3 der Patienten (Hayreh und Zimmerman 2008a; Scherer et al. 2008). Die Veränderung des Visus hängt vom Grad der Visusminderung der akuten Phase ab: Bei einem initialen Visus < 0,3 (ein von der IONDT-Studie [s. u.] gesetzter und nachfolgend häufig genutzter Grenzwert) wird nach 2 Jahren ohne Therapie der Visus bei etwa 40 % besser, bei 40 % gleich und 20 % schlechter sein (1995; Hayreh und Zimmerman 2008a). Bei gutem Ausgangsvisus (≥ 0,5) beträgt das Risiko für eine nachfolgende Verschlechterung innerhalb von 2 Jahren etwa 10 % (Hayreh und Zimmerman 2008a). Ein Teil der Visusverbesserungen ist wahrscheinlich nicht auf eine echte funktionelle Erholung des neuronalen Gewebes zurückzuführen, sondern auf eine funktionelle Anpassung des Gehirns, z. B. durch Nutzung einer exzentrischen Fixation. Bei der nAION beträgt das Risiko für einen Befall des Partnerauges ca. 15 % in 5 Jahren (Newman et al. 2002). Ein wiederholtes Ereignis am gleichen Auge ist dagegen seltener: ca. 5 % in 3 Jahren (Hayreh et al. 2001). In Einzelfällen wurden auch mehrfach wiederkehrende nAION-Episoden am gleichen Auge beschrieben.
Sekundärprophylaxe
Bei arteriitischer AION wird Acetylsalicylsäure (ASS) nicht mehr empfohlen, solange keine anderweitige Indikation vorliegt, da ein protektiver Effekt von ASS nicht nachgewiesen werden konnte (Martínez-Taboada et al. 2014).
Bei nichtarteriitischer AION wurde die Wirksamkeit einer Sekundärprophylaxe mit Acetylsalicylsäure in wenigen Studien untersucht. Die Ergebnisse waren widersprüchlich (Egan et al. 2020): Die zwei kleineren retrospektiven Studien (Gesamtpatientenzahl = 150) sahen eine Wirksamkeit (Kupersmith et al. 1997; Salomon et al. 1999), die zwei größeren Studien (Gesamtpatientenzahl = 750; retrospektiv bzw. Subgruppenanalyse der IONDT) keine (Beck et al. 1997; Newman et al. 2002). Prinzipiell spricht die Tatsache, dass es sich bei der nAION vermutlich nicht um ein thrombotisches Ereignis handelt, eher gegen die Anwendung, die Tatsache, dass v. a. bei jüngeren PatientInnen aber Gerinnungsstörungen als Risikofaktor vorliegen, wiederum dafür.
Die möglicherweise katastrophalen Folgen einer AION am zweiten Auge sind ein gewichtiges Argument für die Gabe von ASS auch bei schwacher Evidenz. Die Evidenzlage ist wiederum aber nicht stark genug, um ohne Rücksicht auf ein ggf. bestehendes starkes Blutungsrisiko zu behandeln. Hier muss der erhoffte Nutzen (auch mit Blick auf kardiovaskuläre Begleiterkrankungen) gegen die nicht unerheblichen Risiken einer Langzeit-ASS-Behandlung individuell abgewogen werden.
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