Systemische antivirale Therapie: Der Verlauf des HZO ist in der Regel selbstlimitierend bei Patienten ohne Risikofaktoren. Trotzdem wird für alle Patienten mit HZO eine antivirale Therapie sowie eine suffiziente
Schmerztherapie empfohlen. Gründe dafür sind eine Verkürzung der Krankheitsdauer, zur akuten Schmerzlinderung und zur Risikoreduktion für die Entstehung einer PHN. Bei Immunsupprimierten ist eine antivirale Therapie indiziert, um Komplikationen zu vermindern oder gänzlich zu vermeiden. Die Therapie sollte jedoch innerhalb von 72 h nach Auftreten der Hauteffloreszenzen begonnen werden, für die Wirksamkeit bei späterem Therapiebeginn besteht momentan keine Evidenz. Ausgenommen hiervon sind immunsupprimierte Patienten, bei denen auch später eine antivirale Therapie eingeleitet werden muss (Gross et al.
2020). Gemäß der aktuellen deutschen Leitlinie (Gross et al.
2020) wird bei allen Risikopatienten (Immunsupprimierte, Zoster im Kopf- und Halsbereich, multisegmentaler oder disseminierter Hautbefall, hämorrhagische Hautläsionen, Hinweise auf viszeralen oder ZNS-Befall) eine systemische intravenöse Therapie mit Aciclovir empfohlen. Hierbei sollten die in der Fachinformation angeführten
Arzneimittelinteraktionen (u. a. mit Brivudin, 5-Fluorouracil, Tegafur,
Flucytosin, etc.) und Begleiterkrankungen, die eine Kontraindikation darstellen bzw. Dosisanpassung benötigen (Augenmerk auf
Niereninsuffizienz), beachtet werden. Bei Manifestationen des HZO, wie der akuten retinalen Nekrose, wird ergänzend zur antiviralen Therapie eine systemische Gabe von
Kortikosteroiden zur Milderung einer überschießenden Immunreaktion auf das
Varizella-zoster-Virus empfohlen (Ehrenstein
2020). Weiter verfügbare Wirkstoffe sind Valaciclovir (
Prodrug von Aciclovir) und Brivudin. Gegenüber Aciclovir besitzt Valaciclovir eine 3- bis 5-fach erhöhte
Bioverfügbarkeit. Bei diesen Medikamenten handelt es sich um Nukleosidanaloga, welche spezifisch die Replikation viraler DNA in betroffenen Zellen hemmen. Mutationen in der viralen Thymidin-Kinase und/oder DNA-Polymerase können eine Resistenz gegenüber Aciclovir verursachen. Bei Einschränkung der Nierenfunktion ist eine Dosisanpassung entsprechend der jeweiligen Fachinformation indiziert. Lediglich Brivudin hat unter den verfügbaren Virostatika keine Nephrotoxizität. Jedoch ist eine absolute Kontraindikation für Brivudin die Behandlung mit 5-Fluorouracil und anderen 5-Fluoropyrminidin beinhaltenden Wirkstoffen innerhalb der letzten 4 Wochen. In Tab.
4 sind die verfügbaren Wirkstoffe mit Dosierungen angeführt (Patil et al.
2022).
Tab. 4
Therapie des Herpes zoster. (Nach Patil et al.
2022)
Aciclovir | 5 × 800 mg/Tag p.o (Erwachsene) | Geringere Bioverfügbarkeit |
| 3 × 500 mg/Tag i. v. (Erwachsene) | Bei unkompliziertem HZO |
| 3–5 × 10 mg/kg/Tag (Erwachsene) | Schwere Verläufe, Immunsupprimierte |
| 3 × 10 mg/kg/Tag (Kinder) | Max. Tagesdosis 2,5 g |
Brivudin | 1 × 125 mg/Tag p.o. (Erwachsene) | 5 Tage Keine Nephrotoxizität |
Valaciclovir | 3 × 1000 mg/Tag p.o. (Erwachsene) | 7 Tage |
Famciclovir | 3 × 250–500 mg/Tag (Erwachsene) | Ersatzpräparat bei Aciclovir Resistenz |
Ophthalmologische Lokaltherapie: Bei systemischer Gabe von Virostatika werden hohe Konzentrationen in Tränenflüssigkeit und Kammerwasser erreicht. Daher ist eine Lokaltherapie mit lokalen Virostatika (Aciclovir Augensalbe) bei einer Keratitis zwar möglich, aber in der Regel nicht zusätzlich notwendig. Bei der interstitiellen Keratitis kann jedoch die ergänzende Gabe von lokalen
Kortikosteroiden erfolgen, da bei der stromalen Keratitis auch immunologische Prozesse bei der Entzündung eine Rolle spielen. Ebenso wie bei einer Endotheliitis und anteriorer Uveitis ist eine ergänzende Gabe von topischen Kortikosteroiden aus diesem Grund sinnvoll (Tappeiner und Heiligenhaus
2014). Bei einer Uveitis anterior im Rahmen eines HZO kann es durch eine Trabekulitis oder durch Abflusshindernisse im Trabekelmaschenwerk durch Entzündungszellen zu einer Erhöhung des Augendrucks kommen. In diesem Fall ist eine Entzündungskontrolle sowie eine Augendrucksenkung essenziell, um das Risiko für Chronifizierung und die Entstehung eines Sekundärglaukoms möglichst zu minimieren (Ma et al.
2022).
Schmerztherapie: Bei der Behandlung der Schmerzen sollten akute Wundschmerzen (nozizeptive Schmerzen) von neuropathischen Schmerzen unterschieden werden. Akute Wundschmerzen werden nach dem WHO-Stufenschema mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAID) und
Opioiden behandelt. Neuropathische Schmerzen werden bei unzureichender Schmerzkontrolle unter NSAID und Opiaten mit
Gabapentin oder
Pregabalin in aufsteigender Dosierung gemäß der Fachinformation behandelt. Ergänzend können
Antidepressiva wie Amitriptylin zur Schmerzdistanzierung angewendet werden. Eine adäquate
Schmerztherapie mit guter und rascher Schmerzkontrolle ist hierbei erstrebenswert, um das Risiko einer PHN zu reduzieren (Gross et al.
2020).