Die im Vergleich zur FAG geringe Verbreitung der ICGA, insbesondere in kleineren, augenärztlichen Einrichtungen, ist u. a. auf die Notwendigkeit einer Hardwareerweiterung zurückzuführen, die mit entsprechenden Kosten verbunden ist. Darüber hinaus haben in Deutschland im vertragsärztlichen Bereich Abrechnungsprobleme die Verbreitung zusätzlich gehemmt. Durch die verbesserte Darstellung der äußeren Netzhautschichten und der Aderhaut mittels Swept-Source-OCTA und „Enhanced-Depth-Imaging“ (EDI)-OCT sind in jüngster Zeit pachychoroidale Erkrankungen stärker in den Fokus gerückt. Dadurch hat die ICGA in den letzten Jahren wieder deutlich mehr an Bedeutung gewonnen.
Die ICGA erlaubt eine bessere Beurteilung der Aderhaut und der Dynamik der Aderhautdurchblutung als die FAG, da die
Fluoreszenz von ICG weniger durch die darüber liegende Netzhaut gestört wird. ICG hat ein hohes Molekulargewicht (775 kD) (Diagnostic Green
2022), das deutlich über dem von Fluorescein liegt, was z. T. die langsame und verzögerte Leckage erklärt. Ein weiterer Grund ist, dass ICG zu mehr als 98 % an
Plasmaproteine, insbesondere
Albumin, gebunden wird. Aufgrund der Größe der ICG-Moleküle und der stärkeren Bindung an Plasmaproteine tritt es langsamer und in geringeren Mengen als Fluorescein aus den chorioidalen Gefäßen aus. ICG wird mit einer
Halbwertszeit von wenigen Minuten sehr schnell und ausschließlich über die Leber aus dem Kreislauf eliminiert, sodass in der Rezirkulationsphase von ICG nur wenige nachweisbare Merkmale in der ICGA zu finden sind. Die Anwendung der ICGA ist in der klinischen Routine außerhalb der klinischen Forschung auf bestimmte Krankheitsbilder begrenzt, liefert dann aber wertvolle Informationen. Am häufigsten wird die ICGA zur Beurteilung der
Uveitis, der Gruppe der pachychoroidalen Erkrankungen (wie CCS), zur Differenzierung von nAMD-Subtypen (Abb.
13), White-Dot-Syndromen
(wie z. B. dem Multiple-Evanescent-White-Dot-Syndrome [MEWDS] [Agarwal et al.
2017] oder der Punctate Inner Choroidopathy (PIC) [Ramtohul et al.
2023]) eingesetzt (Kleefeldt et al.
2023). Die diagnostische Bedeutung der ICGA geht bei der polypoidalen choroidalen Vaskulopathie (PCV) so weit, dass Deep-Learning
-basierte OCTA-Modelle auf Datensätzen trainiert werden, bei denen die PCV auf Basis der ICGA diagnostiziert wurde (Wongchaisuwat et al.
2022). Darüber hinaus erlaubt die ICGA eine genauere Differenzierung des Subtyps der Vaskularisation einer Pigmentepithelabhebung. Die ICGA ermöglicht auch eine detaillierte dynamische Visualisierung von choroidalen
Hämangiomen. Hier erweist sich die Fähigkeit von Scanning-Laser-Ophthalmoskopen, hochfrequente Bilder oder Filme zu erzeugen, als wertvoll, da entscheidende diagnostische Kriterien von Aderhauthämangiomen bereits in der Frühphase der ICGA erkennbar sind (Callaway und Mruthyunjaya
2019). Bei vielen dieser und anderer Krankheitsentitäten können die FAG und ICG zumindest derzeit nicht durch andere Bildgebungsmodalitäten, wie die SD-OCT oder OCTA, ersetzt werden (Invernizzi et al.
2023).