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Die Augenheilkunde
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Publiziert am: 12.06.2024 Bitte beachten Sie v.a. beim therapeutischen Vorgehen das Erscheinungsdatum des Beitrags.

Katarakt und Glaukom

Verfasst von: Karsten Klabe und Andreas Fricke
Den derzeit einzig wissenschaftlich gesicherten Therapieansatz zur Behandlung des Glaukoms stellt die ausreichende Senkung des Augeninnendrucks dar. Die Drucksenkung kann durch unterschiedliche Therapien erreicht werden. Dabei werden zunächst die am wenigsten invasiven Verfahren gewählt („First-Line-Therapie“: Augentropfen, Lasertherapie). Bei nicht ausreichender Wirksamkeit kommen unterschiedliche chirurgische Verfahren zur Anwendung. Im Gegensatz hierzu ist die Standardtherapie der Katarakt stets eine operative, heute in der Regel die Phakoemulsifikation mit Implantation einer intraokularen Linse.
Bei Kataraktpatienten mit Glaukom ergibt sich die Möglichkeit, bei dem notwendigen augeneröffnenden Eingriff gleichzeitig die bestehende Glaukomtherapie durch weitere operative Maßnahmen zu ergänzen. Insbesondere die Einführung neuerer chirurgischer Verfahren – der minimalinvasiven Glaukomchirurgie (Minimal Invasive Glaucoma Surgery, MIGS) – sowie verbesserter OP-Techniken setzen hierbei eine Reihe neuer Impulse und Möglichkeiten für die Behandlung des Glaukoms durch eine kombinierte Operation von Katarakt und Glaukom.

Einleitung

Mit zunehmendem Lebensalter steigt die Wahrscheinlichkeit einer Kataraktbildung. Dies trifft sowohl Patienten ohne weitere Augenerkrankungen als auch Patienten, bei denen zusätzlich eine Glaukomerkrankung vorliegt, Letztere verstärkt. Eine zunehmende Veränderung der Linse kann dabei das bestehende Glaukom, insbesondere bei einer Engwinkelsituation, negativ beeinflussen.
Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen 10–20 % der Kataraktpatienten über 65 Jahre gleichzeitig ein Glaukom haben (DOG 2023; Junglass 2022; McCann et al. 2020).
Der allgemein akzeptierte Therapiestandard in der Behandlung einer Katarakt ist die Phakoemulsifikation mit Implantation einer intraokularen Linse (IOL).
Im Unterschied zur Kataraktoperation ist die Behandlung des Glaukoms dagegen vielfältig. Allen bis dato anerkannten Therapieoptionen gemeinsam ist das Therapieziel, die Senkung des Augeninnendruckes als einzig nachweislich modifizierbaren Risikofaktor für die Entwicklung einer glaukomatösen Optikusschädigung. Die verschiedenen Therapieansätze umfassen dabei medikamentöse Behandlungen, Lasertherapien oder unterschiedliche operative Verfahren.
Tritt bei einem Glaukompatienten eine Kataraktbildung auf und besteht damit die Indikation zu einem augeneröffnenden Eingriff, kann und sollte der Ansatz der Glaukomtherapie überdacht werden. Ein Beispiel hierfür ist ein Patient mit einem primären Winkelblockglaukom (PACG), welches bis dahin medikamentös therapiert wurde. Hier kann eine frühe Linsenextraktion nach Kataraktbildung gleichzeitig eine wirksame Behandlung des PACG sein (Azuara-Blanco et al. 2016).
Die überwiegende Mehrheit der Glaukome in Europa stellen jedoch die primär chronischen Offenwinkelglaukome (POAG), gefolgt vom Pseudoexfoliationsglaukom (PEX) dar (Quigley und Broman 2006). Hier erfolgt zumeist eine lokale medikamentöse Therapie oder eine Laserbehandlung (SLT/ALT) als First-Line-Therapie (EGS 2020). Bei beiden Ansätzen handelt es sich um nichtinzisionale Therapien, bei denen eine Eröffnung des Auges vermieden wird.
Da bei einer Kataraktoperation das Auge notwendigerweise eröffnet wird, kann die Frage gestellt werden, ob es vertretbar und/oder sinnvoll oder sogar notwendig ist, die anstehende Operation mit einer inzisionellen Glaukomtherapie zu kombinieren. Dadurch können die Nachteile lokaler Medikation wie lokale und/oder systemische Nebenwirkungen, schlechte Adhärenz oder eingeschränkte Wirksamkeit oder auch die Wirkdauer der Lasertherapie positiv beeinflusst werden.
Mit der Einführung der Minimalinvasiven Glaukomchirurgie (MIGS) traten in der Diskussion um eine kombinierte Katarakt-Glaukom-Operation neue Fragestellungen auf:
1.
Ist die alleinige Kataraktoperation zur Erreichung eines Zieldruckwertes ausreichend?
 
2.
Wann sollte bei einer geplanten Katarakt- eine kombinierte Glaukomoperation erfolgen?
 
3.
Welche Glaukomoperation eignet sich bei einem kombinierten Eingriff am besten?
 
4.
Welche operative Behandlungsreihenfolge ist bei Katarakt mit gleichzeitigem Glaukom sinnvoll – erst Katarakt, erst Glaukom oder beides kombiniert?
 
Im Folgenden wird ein Überblick über mögliche Therapieansätze gegeben und dabei auch auf Ergebnisse, Besonderheiten, Risiken und Komplikationen eingegangen.

Operative Behandlung: Katarakt und Glaukom

Wann ist eine Glaukomoperation sinnvoll?

Derzeit gibt es noch keine definierten oder konsolidierten Standards, die sich auf andere Bereiche als die den Augeninnendruck senkende Wirksamkeit einer Glaukomoperation beziehen. Die European Glaucoma Society (EGS) gibt mit dem MCID (Minimal Clinically Important Difference) eine Möglichkeit für die Ärzte, eine OP zu indizieren. Der MCID ist definiert als „der kleinste Unterschied in jedwedem Interesse des Patienten, das ihm zum möglichst gefahrlosesten therapeutischen Vorteil gereicht“. So ist beispielsweise eine beständige Senkung des IOD um 2–3 mmHg nach Meinung einer Expertengruppe der EGS ausreichend, um einen chirurgischen Eingriff zu indizieren. In 70–80 % der Fälle sollte hierbei keine weitere zusätzliche medikamentöse drucksenkende Therapie notwendig sein. Falls mehrere Interventionen als notwendig erachtet werden, sollte die Verschlechterung des Gesichtsfeldes zwischen diesen nicht weniger als 2 dB betragen (EGS 2023). Wenn eine Glaukomoperation indiziert ist und eine visusrelevante Katarakt vorliegt, können beide Eingriffe kombiniert durchgeführt werden (EGS 2020).

Phakoemulsifikation mit Implantation einer IOL ohne weitere Maßnahme

Eine Linsenextraktion nach Kataraktbildung kann bei verschiedenen Glaukomformen auch eine wirksame Behandlung des Glaukoms darstellen. So zeigt eine Metaanalyse von Zhou (2022) über 20 Studien mit insgesamt über 900 POAG- und PACG-Augen eine mittlere Senkung des IOD nach Operation um 8,4 mmHg und eine um 1,4 reduzierte Anzahl antiglaukomatöser Medikamente bei gleichzeitig zu vernachlässigenden Nebenwirkungen. Majstruk et al. (2019) zeigten, dass 1 Jahr nach der Phakoemulsifikation die mittlere IOD-Senkung noch 1,4 mmHg betrug, die Medikamentengabe im Vergleich zu präoperativen Daten allerdings nahezu unverändert war. 5-Jahres-Ergebnisse von Ahmed et al. (2022) zeigen immerhin noch eine IOD-Senkung um 0,9 mmHg. Die Reduktion der antiglaukomatösen Medikation betrug in der ausgewählten Patientengruppe noch 0,9.
Die alleinige Kataraktoperation kann demnach durchaus als eine Therapiemöglichkeit des Glaukoms in Betracht gezogen werden, jedoch deutet die Mehrzahl der Veröffentlichungen darauf hin, dass der Effekt eher klein und auch zeitlich begrenzt ist.

Phakoemulsifikation mit Implantation einer IOL kombiniert mit Glaukomoperation

Excimerlaser-Trabekulotomie (ELT) und Kataraktoperation

Im Gegensatz zu Lasern mit höheren Wellenlängen (SLT 512 nm) führt die Bestrahlung von Gewebe mit einem 308 nm-Excimerlaser zu einer fotochemischen Reaktion und einem nicht thermischen Gewebeabtrag, welcher eine nachfolgende Gewebereaktion reduziert. Im Zuge der ELT werden ca. 200 μm große Kanälchen im Trabekelmaschenwerk erzeugt, die eine direkte Verbindung zwischen Vorderkammer und Lumen des Schlemm-Kanals schaffen. Die Wirkung des verwendeten intensiven UV-Lichts erfolgt unmittelbar in der bestrahlten Zone. In den wenigen bisherigen Veröffentlichungen mit Excimerlaser traten nur selten Komplikationen auf. Die beschriebenen Nebenwirkungen waren hauptsächlich Hyphämata und IOD-Spitzen, welche keine weitere Behandlung erforderten (Durr et al. 2020).
Riesen et al. (2022) zeigten eine über 8 Jahre anhaltende IOD-Senkung der ELT bei gleichzeitiger Kataraktoperation. Der IOD war gegenüber den Ausgangswerten immer noch 4 mmHg niedriger. Ebenso blieb die Anzahl antiglaukomatöser Medikation unter der präoperativen Wirkstoffanzahl. Ein Vergleich der Wirksamkeit zwischen ELT und ELT + Kataraktoperation liefert Berlin et al. (2022). In dieser Arbeit wird gezeigt, dass eine kombinierte Operation mit 7,2 mmHg nach 8 Jahren einen größeren langfristigen Effekt auf die IOD-Senkung besitzt als die alleinige Kataraktoperation mit 6,3 mmHg.
Aufgrund der niedrigen Komplikationsrate scheint hierbei eine kombinierte Katarakt-Glaukom-Operation effizient und sicher, sofern der angestrebte postoperative Zieldruck oder die angestrebte Medikamentenreduktion als ausreichend erachtet wird (Abb. 1).
Abb. 1
ELT (Excimerlaser)-Verfahren von links nach rechts; Laserimpuls als blaues Licht erkennbar (Mitte); deutlich sichtbare Kavitationsbläschen (rechte Seite)

Zyklophotokoagulation (CPC) und Kataraktoperation

Die CPC ist ein einfach anwendbares, nichtinzisionales Verfahren zur IOD-Senkung. Aufgrund unerwünschter Nebenwirkungen wie Schmerzen, Hyphämata, Visusverlust, Hypotonie und Phthisis erfolgt der Einsatz dieses Operationsverfahrens zumeist als separater Eingriff und nach Versagen anderer glaukomchirurgischer Verfahren. Durch eine technische Modifikation (Micropulse CPC) konnte das Nebenwirkungsprofil positiv beeinflusst werden, sodass diese Form der CPC vermehrt verwendet wird. Die Micropulse CPC weist dabei jedoch häufig einen geringere Wirkdauer auf (Ndulue et al. 2018; Alasbali 2023).
Lai et al. (2021) zeigten in einer randomisierten klinischen Studie bei PACG-Patienten, dass im Vergleich zu einer einfachen CPC bis zu 24 Monate nach OP eine stärkere IOD-Reduktion bei einer kombinierten CPC-Kataraktoperation erreicht wird. Die drucksenkende Medikation unterschied sich zwischen beiden Gruppen allerdings nicht signifikant.
Das bedeutet, dass eine kombinierte CPC-Katarakt-OP der alleinigen Kataraktoperation bei der Kontrolle des IOD in PACG-Augen mit Katarakt nicht unterlegen ist.
Die zurzeit vorliegenden limitierten Studienergebnisse lassen eine grundsätzliche Empfehlung zur Kombination von Kataraktoperation und CPC allerdings nicht zu.

Minimalinvasive Glaukomchirurgie (MIGS) und Kataraktoperation

Innerhalb des letzten Jahrzehnts haben sich eine Reihe neuer chirurgischer Verfahren etabliert, die unter den Begriff „Minimalinvasive Glaukomchirurgie“ zusammengefasst werden. MIGS-Verfahren wurden als sichere und weniger traumatische chirurgische Eingriffe für Patienten mit leichtem bis mittelschwerem Glaukom oder bei Intoleranz gegenüber einer medizinischen Standardtherapie entwickelt. Sie zeichnen sich definitionsgemäß durch einen Ab-interno-Zugang aus, der nur ein minimales Operationstrauma und eine minimale Störung der Augenanatomie verursacht, die Bindehaut schont und eine schnelle Genesung ermöglicht (Samuelson 2014).
Die meisten dieser chirurgischen Verfahren zielen auf die physiologischen Strukturen des Kammerwasserabflusses ab (Trabekelwerk, Schlemm-Kanal, Kollektorkanäle). Sie lassen sich je nach Therapieansatz in drei Gruppen unterteilen:
„Verringerung des Abflusswiderstands durch Stents im Schlemm-Kanal, (Visko-)Dilatation des Schlemm-Kanals und Erweiterung des Trabekelwerks sowie Verfahren, bei denen das gesamte oder ein Teil des Trabekelmaschenwerks geöffnet oder reseziert wird“ (Klabe und Rüfer 2023).
Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Veröffentlichungen, die kombinierte Glaukom-Katarakt-Operationen mit einer alleinigen Kataraktoperation vergleichen.
Dabei zielen diese Verfahren in aller Regel nicht primär auf eine maximale Senkung des Augeninnendruckes, sondern eher auf eine Reduktion der präoperativen antiglaukomatösen Medikamentenlast (EGS 2020).
So zeigen beispielsweise 5-Jahres-Daten von Ahmed et al. (2022) und Montesano et al. (2023) aus der HORIZON-Studie, dass bei einer Kombination des Hydrus® Microstent mit einer Phakoemulsifikation:
(1)
die antiglaukomatöse Medikamentenanzahl signifikant verringert wird,
 
(2)
die Wirksamkeit des medikamentenreduzierenden Effektes langfristig ist,
 
(3)
eine kombinierte OP die Notwendigkeit einer weiteren Glaukomoperation im Vergleich zu einer alleinigen Kataraktoperation verringert,
 
(4)
keine klinisch signifikanten Unterschiede bei der Sicherheit zwischen den kombinierten und nicht kombinierten Operationen bestehen,
 
(5)
das Fortschreiten von Gesichtsfelddefekten bei einer Phakoemulsifikation als „Standalone Procedure“ gegenüber einer kombinierten OP signifikant erhöht ist.
 
Auch weitere klinische Studien mit verschiedenen MIGS-Techniken, systematische Reviews und Cochrane-Metaanalysen präferieren trotz variabler Endpunkte eine Kombination aus MIGS-Verfahren mit einer Kataraktoperation gegenüber einer alleinigen Kataraktchirurgie auch für unterschiedliche Glaukomarten (Popovic et al. 2018; Toneatto et al. 2022; Kahale et al. 2023).
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass eine kombinierte MIGS-Katarakt-OP keine nennenswerten Nachteile/Nebenwirkungen gegenüber einer alleinigen Kataraktoperation hat. Die IOD-Senkung und die Verringerung der Abhängigkeit von lokalen Medikamenten ist meist besser oder gleich, aber vor allem länger anhaltend. Dadurch können bekannte Adhärenzprobleme verbessert werden, das Voranschreiten des Glaukoms wird verlangsamt und in den meisten Fällen scheint dies auch langfristig der kostengünstigere Behandlungsansatz zu sein (Ontario Health 2019; Fea et al. 2021) (Abb. 2).
Abb. 2
Hydrus® Microstent-Implantation von links nach rechts mit sichtbaren Ostien des Hydrus (rechts erkennbar)

Subkonjunktivale fistulierende Glaukomverfahren/Mikroinvasive Bleb-Surgery (MIBS) und Kataraktoperation

Bei Glaukompatienten, bei denen ein niedriger Zieldruck erforderlich ist, stellen die fistulierenden glaukomchirurgischen Verfahren mit einer Drainage des Kammerwassers unter die Bindehaut/Tenon den gängigen Therapieansatz dar. Die Trabekulektomie ab externo ist hierbei das häufigste Verfahren. Neuere Methoden der MIBS wurden parallel zu den MIGS entwickelt. Insbesondere der Xen® Gel Stent und PreserFlo® Microshunt fanden Eingang in das Spektrum der Glaukomchirurgie als Verfahren, die weniger invasiv und mit einer geringeren Ergebnisvarianz den subkonjunktivalen Abflussweg adressieren. Der besondere Vorteil der filtrierenden Verfahren ist die sehr effiziente Drucksenkung unabhängig vom Ausgangsdruck.
Trabekulektomie ab externo
Die Standalone-Operation ist nach wie vor die Methode der Wahl bei fortgeschrittenen Glaukomformen und niedrigem Zieldruck.
Eine kombinierte Operation wird im Allgemeinen nicht präferiert, da hier eine größeres Vernarbungsrisiko und damit eine höhere Wahrscheinlichkeit des Versagens einer effizienten langfristigen IOD-Regulation gesehen wird. In der Metaanalyse von Ahmadzadeh et al. (2021) wird auch gezeigt, dass sich der IOD einer kombinierten Phakotrabekulektomie gegenüber einer einfachen Trabekulektomie nicht signifikant unterscheidet. Die Komplikationsrate und die Visusentwicklung fielen bei einer kombinierten OP jedoch etwas besser aus. Wird jedoch die Kataraktoperation nach der Trabekulektomie durchgeführt, so erhöht sich das Risiko, dass die Trabekulektomie durch Versagen des Sickerkissens nicht mehr die gewünschte Wirkung zeigt (Husain et al. 2012).
Somit gilt bei gleichzeitig bestehender operationswürdiger Katarakt und einer notwendigen Glaukomoperation die Empfehlung, zunächst eine Kataraktoperation ggf. mit einem MIGS-Verfahren kombiniert durchzuführen und nach Abklingen der postoperativen Entzündung, sofern überhaupt noch notwendig, eine fistulierende Glaukomoperation durchzuführen. Dabei sollte das Zeitintervall mindestens 3 Monate betragen (Choopong et al. 2022).
MIBS
In einer Metaanalyse von Lim et al. (2021) werden Wirkung und Nebenwirkungsrate zwischen einer einfachen Xen® Gel Stent Implantation und einer kombinierten Xen®-Phakoemulsifikation miteinander verglichen. Es zeigt sich, dass eine Standalone-Operation in der frühen postoperativen Phase (bis zu 6 Monaten) nach dem Eingriff bessere Ergebnisse bei der Senkung des IOD erzielt. Eine wichtige Rolle spielt hierbei offensichtlich die Wundheilung nach subkonjunktivaler fistulierender OP und die einhergehende Fibrosierung, die aber mit einer entsprechenden Dosis an Mitomycin C und/oder 5-Fluorouracil beeinflusst werden kann. In Widder et al. (2018) wird ebenfalls eine größere Erfolgsrate der Implantation des Stents in pseudophaken Augen gegenüber eine kombinierten Operation oder gegenüber phaken Augen beschrieben.
Bei Verwendung des PreserFloTM Microshunts wurden bis zu 12 Monate nach Behandlung in Bezug auf IOD-Senkung und Reduktion topischer Medikamente, wie bei einer Trabekulektomie ab externo, keine signifikanten Unterschiede zwischen einer kombinierten und einer Standalone-MIBS-Operation festgestellt (Martínez-de-la-Casa et al. 2021). Bei jeweils 62 % der untersuchten Patienten wurde ein vollständiger Erfolg erzielt, definiert als ein IOD von ≤ 18 mmHg ohne Medikation und eine IOD-Senkung von ≥ 20 % im Monat 12 im Vergleich zum Ausgangs-IOD (Abb. 3).
Abb. 3
PreserFloTM-Implantation: Skleraltunnelpräparation initial mit MVR Blade (a) und 25 g Kanüle (b); Insertion des Microshunts in den Skleratunnel in Bevel-up-Position (c) und Durchflusskontrolle (d); separate Adaptation von Tenon (e) und Bindehaut (f)

Nichtpenetrierende Glaukomchirurgie (NPGS) und Kataraktoperation

Zur NPGS gehören chirurgische Techniken wie die tiefe Sklerektomie, die Viskokanalostomie und die Kanaloplastik ab externo. Im Vergleich zur Trabekulektomie haben diese Verfahren oftmals einen geringeren Effekt auf die IOD-Senkung, sind in der Regel aber komplikationsärmer. Daher profitieren vor allem Patienten mit einem erhöhten Komplikationsrisiko (Myopie, Aphakie, vitrektomierte Augen, weit fortgeschrittene Gesichtsfelddefekte).
Bisher gibt es nur wenige Publikationen, die einen direkten Vergleich der Techniken in Kombination mit einer Kataraktoperation beschreiben. Bilgin et al. (2014) zeigten, dass 24 Monate nach dem Eingriff (tiefe Sklerotomie mit/ohne Phakoemulsifikation) keine signifikanten Unterschiede in der Anzahl der Medikation oder des IOD zwischen beiden Gruppen erkennbar waren. Mit einer Phakokanaloplastik kann eine etwas größere drucksenkende Wirkung als mit der Kanaloplastik allein erzielt werden. Der Unterschied in der Anzahl topischer Medikation scheint nicht signifikant zu sein (Cagini et al. 2016).

Glaukomdrainageimplantate (GDD) und Kataraktoperation

Zu den GDD gehören unter anderem Molteno®, Baerveldt®Glaucoma Implant, Ahmed®Glaucoma Valve, Paul®Implant, eyeWatch® und Ahmed ClearPath®. Zur Frage der kombinierten versus der Standalone-Operation gibt es aktuell keine relevante Literatur.
Aufgrund des operativen Ansatzes – Drainage des Kammerwassers in ein subkonjunktivales Reservoir – bestehen wahrscheinlich vergleichbare Risiken eines höheren Therapieversagens wie bei der klassischen Filtrationschirurgie. Zusätzlich ist sowohl der operative Ansatz deutlich aufwendiger und damit traumatischer.

Zusammenfassung

Ziel einer Glaukomtherapie ist eine Verlangsamung der Progression der Erkrankung durch eine Senkung des IOD. Der Zieldruck kann durch eine Reihe unterschiedlicher Verfahren oder Medikamente erreicht werden.
Bei gleichzeitig vorliegender Katarakt besteht die Möglichkeit eines kombinierten Eingriffs. Nahezu alle Verfahren zeigen hierbei eine Nicht-Unterlegenheit gegenüber einer einfachen Phakoemulsifikation auf. Daher sollte jeder Glaukomspezialist bei anstehender Kataraktoperation bei einem Glaukompatienten mit klinisch relevantem Glaukom eine gleichzeitige zieldruckorientierte chirurgische Glaukomoperation in Betracht ziehen, da die Vorteile die Nachteile in der Regel überwiegen.
Durch eine kombinierte Katarakt-Glaukom-Operation können in der Regel sowohl eine deutlich bessere und gleichmäßigere Augeninnendrucksenkung über den Tages- und Nachtverlauf (24/7 Kontrolle) als auch ein verminderter Bedarf an Lokaltherapie erreicht werden. Dies kann zu einer spürbar verbesserten Lebensqualität der Patienten beitragen. Letzteres betrifft insbesondere ältere Menschen, die Probleme bei der Applikation von Augentropfen haben. Zusätzlich zeigen Untersuchungen, dass weitere Folgebehandlungen reduziert werden, wodurch sich auch soziökonomische Vorteile ergeben.
Eine Einschränkung ist bei der Indikation einer filtrierenden Glaukomchirurgie in der Kombination mit einer Kataraktoperation gegeben, da hier eine kombinierte Operation mit einem höheren Vernarbungsrisiko verbunden ist und somit ein sequenzieller Ansatz, möglichst beginnend mit der Kataraktextraktion, bevorzugt werden sollte.
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