Der Morbus Coats ist eine kongenitale, nichthereditäre Erkrankung der mittleren peripheren bis peripheren Netzhaut. Die Erkrankung zeigt sich in 95 % der Fälle unilateral, in 75 % der Fälle ist das männliche Geschlecht betroffen. Die Patienten sind in aller Regel zwischen 6 und 16 Jahre alt. Eine Ausnahme stellt die „Adult-onset Coats disease“ dar, bei der Patienten zwischen 30 und 80 Jahren alt sein können. Die Ursache des Morbus Coats ist nicht gänzlich geklärt. Wahrscheinlich handelt es sich um eine späte, bisher nicht eindeutig identifizierte somatische genetische Mutation. Die Netzhauterkrankung ist charakterisiert durch retinale Teleangiektasien, die von intra- und/oder subretinalen Exsudationen unterschiedlicher Ausprägung begleitet werden. Das Ziel der Behandlung der Coats-Krankheit ist es, die teleangiektatischen Gefäße direkt zu behandeln und zu koagulieren, um dadurch die Quelle für die intra- und subretinalen Exsudate zu beseitigen.
Der Morbus Coats ist eine kongenitale, nichthereditäre Erkrankung der mittleren peripheren bis peripheren retinalen Vaskularisation, die 1908 von George Coats erstmalig beschrieben wurde und deswegen ihren Namen trägt (Coats, 1908). Theodor Leber hat 1912 über das Vorkommen von multiplen Miliaraneurysmen der Netzhaut berichtetund wohl dasselbe Krankheitsbild beschrieben (Leber, 1912). Im Atlas der Ophthalmoskopie von Johann Oeller von 1896 findet sich die Beschreibung der „Aneurysmata miliaria arteriarium retinae“, die genau diesem Krankheitsbild entsprechen, sodass es scheinbar auch frühere Beschreibungen des Morbus Coats gab.
Der Morbus Coats zeigt sich in 95 % der Fälle unilateral, in 75 % der Fälle ist das männliche Geschlecht betroffen. Die Patienten sind in aller Regel zwischen 6 und 16 Jahre alt (Sen et al., 2019). Eine Ausnahme stellt die „Adult-onset Coats disease“ dar, bei der Patienten zwischen 30 und 80 Jahren alt sein können. Mit der Variante „Coats-plus-Syndrom“ wird eine Multisystemerkrankung mit zusätzlichen zerebroretinalen Mikroangiopathien bezeichnet. Weiterhin findet man beim Coats-plus-Syndrom eine Leukenzephalopathie mit Verkalkungen und Zysten, eine Osteopenie, Skelettanomalien, Anämie, Zytopenie, eine portale Hypotension und andere Komplikationen (Sears et al., 2023).
Ursachen
Die Ursache des Morbus Coats ist nicht gänzlich geklärt. Wahrscheinlich handelt es sich um eine späte somatische Mutation (x-chromosomal-rezessiver Erbgang). Das NDP-Gen ist vermutlich für die Neuerkrankung verantwortlich. Weitere potenzielle Gene (CRumBs homolog 1 [CRB1] und PANtothenat-Kinase 2 [PANK2]) wurden beschrieben. Die Ursache für die Variante Coats-plus-Syndrom ist die vorzeitige Telomerverkürzung durch Mutationen im CTC1-Gens (CST Telomere-replication Complex-component) (Sen et al., 2019; Sears et al., 2023; Black et al., 1999; Yang et al., 2019).
Klinik
Der Morbus Coats ist charakterisiert durch retinale Teleangiektasien, die von intra- und/oder subretinalen Exsudationen unterschiedlicher Ausprägung begleitet werden. Die exsudative Retinopathie wird durch das Vorhandensein von sog. „Glühbirnen-Aneurysmen“, dem Fehlen kapillärer Perfusion, einer fortschreitenden exsudativen Netzhautablösung und, beim unbehandelten Morbus Coat, einem neovaskulären Glaukom bis zu einer Phthisis bulbi gekennzeichnet (Abb. 1) (Sen et al., 2019).
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Im fortgeschrittenen Stadium kann das Leitsymptom eine Leukokorie (weiße Pupille) sein. Wichtig ist dann zunächst die Abgrenzung von einem einseitigen fortgeschrittenen Retinoblastom und/oder anderen mit einer Leukokorie assoziierten Differenzialdiagnosen. Im Stadium der kompletten hochbullösen Netzhautablösung kann der Pupillarreflex gelblich erscheinen. Das ist zurückzuführen auf massive subretinale Ablagerungen von Lipiden und häufig gelblich schimmernden subretinalen Cholesterinkristalen und wird als Xanthokorie (blond-gelbe Pupille) bezeichnet. Die Differenzialdiagnose ist in solchen fortgeschrittenen Stadien trotz hochauflösenden Bildgebungsmethoden (Magnetresonanztomografie – MRT, 20-MHz-Ultraschall) herausfordernd und sollte niemals durch eine diagnostische Biopsie (wegen der potenziellen Gefahr der Verschleppung von unerkannten Retinoblastomzellen) abgeklärt werden. In fortgeschrittenen Fällen (Stadium 5, s. u.) ist in aller Regel die Enukleation des betroffenen Auges erforderlich und zu bevorzugen.
Stadieneinteilung des Morbus Coats
Der Morbus Coat wird in folgende Stadien eingeteilt (Sen et al., 2019):
Das Ziel der Behandlung der Coats-Krankheit ist die direkte Versorgung der teleangiektatischen Gefäße durch Koagulation, um die Ursache der intra- und subretinalen Exsudate zu beseitigen. Bei teleangiektatische Gefäße ohne oder mit nur sehr geringer Exsudation reicht in aller Regel die Verlaufsbeobachtung. Kommt es zu einer Progression der Exsudationen, muss unmittelbar therapiert werden (Sen et al., 2019; Yang et al., 2019; Adeniran et al., 2019; Shapiro et al., 2011).
Die Laserkoagulation ist bei frühen Coats-Stadien (Stadium 1–3a) mit Exsudation, aber ohne oder mit flacher Netzhautablösung, die Therapie der Wahl (Abb. 2a, b). Die Behandlung erfolgt mit einem Grünlaser-532-nm. Die Gefäße werden direkt, mit niedriger Intensität (50–200 mW) und längerer Expositionszeit (0,5-sec-Dauerstrich) möglichst vollständig, evtl. durch mehrere Lasersitzungen, verödet. Zwischen 2 Lasersitzungen sollte ein Abstand von ca. 4–6 Wochen liegen, da die Auflösung der Exsudation langsam erfolgt. Eine Laserkoagulation bei jungen Patienten kann in Kurznarkose durch ein indirektes Laser-Ophthalmoskop durchgeführt werden. Eine Laserkoagulation ist auch bei abgelöster Netzhaut möglich (Abb. 3a, b, c).
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Alternativ kann eine Kryokoagulation mit doppelter Gefriertechnik angewandt werden; allerdings besteht die Gefahr der vorübergehenden Progression der Netzhautablösung, sodass nicht mehr als 2 Quadranten in einer Sitzung behandelt werden sollten.
Zur Reduktion der exsudativen Begleitreaktion kann Triamcinolon intravitreale appliziert werden, wobei die Induktion einer steroidinduzierten Katarakt und eines Glaukoms vorsichtig abgewogen werden muss. Die Injektion von anti-VEGF-Medikamenten (anti-Vascular Endothelial Growth Factor) hat sich in kleinen Fallserien als hilfreich erwiesen (Nowara et al., 2021).
Im Stadium 3 und 4 kann die transsklerale operative Drainage der subretinalen Flüssigkeit ebenfalls zur Verbesserung beitragen. Dabei wird eine Vorderkammerinfusion verabreicht und die exsudative Netzhautablösung an ihrer höchsten Stelle mittels Sklera und Aderhautinzision ab externo drainiert. Bei Anlage der Netzhaut oder deutlicher Reduktion der subretinalen Flüssigkeitsansammlung kann dann anschließend einzeitig mittels indirekter Laserkoagulation oder mittels Kryokoagulation schonender und effizienter koaguliert werden.
Bei Vorliegen einer zusätzlichen traktiven Komponente kann ein vitreoretinaler Eingriff in Erwägung gezogen werden, wobei das Vorliegen einer okkulten Neoplasie (z. B. eines Retinoblastoms) ausgeschlossen werden muss.
Die funktionellen Ergebnisse sind bei den meist nur an einem Auge erkrankten Patienten an der betroffenen Seite aufgrund der resultierenden Amblyopie häufig unbefriedigend. Trotzdem konnte mithilfe der o. g. Therapiemöglichkeiten der Augenerhalt in den vergangenen 4 Jahrzehnten von ca. 70 % auf etwa 90 % erhöht werden.
Der Visuserhalt ist abhängig vom Stadium der Erkrankung bei Erstvorstellung. Trotz einer guten Regression der pathologischen teleangiektatischen Gefäße ist bei den Stadien 3 und 4 das langfristige anatomische und funktionelle Ergebnis aufgrund einer vitreo- und subretinalen Fibrosierung nicht zufriedenstellend (Abb. 4). Die Behandlung von späten adulten Formen des Morbus Coats ist aufgrund der geringeren Exsudation und subretinalen Fibrosierung mit besseren funktionellen Ergebnissen assoziiert (Adeniran et al., 2019; Daruich et al., 2017; Kang et al., 2021).
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Merke
Der Morbus Coats ist eine überwiegend einseitige Erkrankung, die häufig männliche Patienten betrifft. Die Erkrankung wird in 5 Stadien eingeteilt. In fortgeschrittener Ausprägung mit deutlicher exsudativer Netzhautablösung ist eine Abgrenzung zum Retinoblastom unbedingt notwendig. Die Therapie erfolgt stadienabhängig: primär durch eine Laserkoagulation, ergänzt durch ein Anti-VEGF-Regime. Vitreoretinale Eingriffe sowie eine Kataraktoperation können hilfreich sein, sollten jedoch mit großer Vorsicht und eher zurückhaltend eingesetzt werden. Die Entstehung von vitreo- und subretinalen Fibrosierungen ist ein stark visuslimitierender Faktor.
Literatur
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Kang HG, Kim JD, Choi EY et al (2021) Clinical features and prognostic factors in 71 eyes over 20 years from patients with Coats’ disease in Korea. Sci Rep 11(1):6124CrossRefPubMedPubMedCentral
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Nowara M, Fouad YA, Abdel Aziz I, Habib AM, Al-Feky M, Hassan H (2021) Experience with intravitreal ranibizumab as an adjunct to ablation therapy in eyes with exudative coats’ disease. Clin Ophthalmol 15:367–373CrossRefPubMedPubMedCentral
Sears AE, Awh CC, Kunhiabdullah S, Sears JE, Mammo DA (2023) Coats plus syndrome in a premature infant, with a focus on management. J Vitreoretin Dis 7(1):74–78CrossRefPubMed
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Shapiro MJ, Chow CC, Karth PA, Kiernan DF, Blair MP (2011) Effects of green diode laser in the treatment of pediatric Coats disease. Am J Ophthalmol 151(4):725–31 e2CrossRefPubMed
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