Terminologie
Die Dauer der Schwangerschaftsverlängerung
und die Auswirkungen auf den Fetus stehen im Hinblick auf Morbidität oder Mortalität in keinem unmittelbaren Zusammenhang. Entscheidend ist, ob und wann es zu einer Funktionseinschränkung der Plazenta als Versorgungsorgan des Fetus kommt. In der Mehrzahl der Fälle bleibt die Funktion ungestört, und das fetale Wachstum dauert unvermindert an, sodass sich ein makrosomer Fetus
mit dem potenziellen Risiko eines Geburtstraumas entwickeln kann. Nur in wenigen Fällen kommt es zu einer beträchtlichen Funktionseinschränkung im Sinne einer Plazentainsuffizienz
. Das Neugeborene weist dann die typischen Zeichen
der chronischen Mangelernährung, kombiniert mit Überreife oder Dysmaturität
auf:
-
vermindertes subkutanes Fettgewebe,
-
Grünfärbung und Abschilferung der Haut,
-
überstehende Fingernägel,
-
Fehlen von Vernix und Lanugobehaarung,
-
„Waschfrauenhände“.
-
Inzidenz – Bedeutung der Gestationsalterbestimmung
Die Angaben zur Häufigkeit einer Übertragung (>41 + 6/7 SSW p.m.) variieren in der Literatur zwischen 4 und 14 %, wobei die höheren Zahlen i. d. R. älteren Publikationen entstammen und eine beträchtliche Anzahl von Terminfehlern einschließen. Durch die standardisierte
Sonographie im 1. Trimenon ist die Festlegung des voraussichtlichen Geburtstermins
sehr viel genauer geworden.
Unter der Annahme einer
Normalverteilung der Geburten um das Datum des voraussichtlichen Geburtstermins, einer Frühgeburtlichkeit
von ca 8 % und der Tatsache, dass etwa 4 % der Geburten an dem vorher festgelegten Datum stattfinden, müssten eigentlich ca. 44 % der Geburten zwischen 37 + 0 und 39 + 6 SSW und die restlichen 44 % nach 40 + 0 SSW stattfinden. Die exaktere Terminbestimmung führt zu einer geringeren Streubreite um den Termin herum und damit zu einer Verminderung der Inzidenz der Übertragung
.
Die Daten der flächendeckenden Erhebung für Deutschland (AQUA
2011) zeigen daher nur noch bei 0,6 % der Geburten eine Übertragung (≥42 SSW p.m.). Nach aktuellen Untersuchungen aus den USA (Caughey et al.
2008) findet sich bei Routineultraschalluntersuchungen zwischen 9 und 14 SSW eine Inzidenz der Übertragung von ca. 2 %, sodass mit den Angaben aus Deutschland weitgehend Übereinstimmung besteht.
Die Festlegung des Geburtstermins erfolgt einerseits rechnerisch, ausgehend von der letzten Periode, andererseits basierend auf der Ultraschallmessung der Scheitel-Steiß-Länge des Embryos im 1. Trimenon. Bei einer Diskrepanz von >1 Woche stimmt der tatsächliche Geburtstermin besser mit dem Ultraschalltermin als mit dem rechnerischen Termin überein.
Durch die technisch verbesserte Ultraschalldiagnostik, mit exakter Bestimmung der biometrischen Maße in den frühen Wochen, ist diese Methode zur Festlegung des voraussichtlichen Geburtstermins der rechnerischen Bestimmung ausgehend von der letzten Periode deutlich überlegen.
Dies trifft auch zu, wenn genaue Angaben zur letzten Periode vorhanden sind und der Zyklus regelmäßig ist (Campbell et al.
1993). Je größer die Abweichung im Gestationsalter
zwischen den beiden Bestimmungsmethoden ist, desto eher ist der mit Hilfe der Ultraschallmessung ermittelte Geburtstermin korrekt (Roweland und Royston
1993).
Für die Unterschiede zwischen dem errechneten und dem sonographisch bestimmten Gestationsalter gibt es verschiedene Erklärungen:
-
Ungenauigkeiten in den Angaben zur letzten Periode,
-
Zyklusunregelmäßigkeiten mit Schwankungen im Ovulationszeitpunkt,
-
biologische Unterschiede im Wachstum in den ersten Schwangerschaftswochen,
-
inhärenter Fehler der Naegele-Regel (unten).
Systematische Unterschiede im Wachstum in der 1. Schwangerschaftshälfte (z. B. durch das Geschlecht bedingt) haben in den meisten Ultraschallnormkurven – die üblicherweise für die Bestimmung des Gestationsalters verwandt werden – bislang noch keinen Eingang gefunden.
Es ist unbestritten, dass die Häufigkeit einer
Geburtseinleitung wegen Übertragung durch eine systematische Ultraschalluntersuchung in der
Frühschwangerschaft deutlich reduziert wird (Whitworth et al.
2010).
Ätiologie und Pathogenese
Die Auslösung der Geburtswehen
ist die Folge eines komplexen Zusammenspiels von endokrinen, para- bzw. autokrinen Reaktionen, die sich im Wesentlichen auf drei verschiedenen Ebenen abspielen: Hypothalamus-Hypophyse (HH), Nebennierenrinde (NNR) des Fetus und im fetomaternalen Grenzbereich, wo Trophoblast
bzw. Chorion
und mütterliches Gewebe in Form von Dezidua
aufeinanderstoßen. Am Ende einer Kette von Reaktionen – Synthese und Verstoffwechselung von Eikosanoiden
,
Zytokinen, Oxytozin
u. a. – stehen Veränderungen in den Erfolgsorganen wie Myometrium, Zervix und Eihäuten (Kap. 28.
Physiologie und Pathologie des Geburtsbeginns, Abschn. 1 „Bedeutung des fetomaternalen Grenzbereichs für die Geburtsauslösung“).
Die Triggerung des Geschehens setzt
Reifungsprozesse voraus, die in ihrem zeitlichen Ablauf genetisch programmiert sind. Diese genetische Programmierung ist mit einer biologischen Uhr vergleichbar und erklärt die interindividuelle Variation der normalen Schwangerschaftsdauer. Wieweit die Schwangerschaftsuhr in den Organen des Fetus, wie insbesondere im Hypothalamus-Hypophysen-Bereich oder aber im fetomaternalen Grenzbereich lokalisiert ist, ist bislang noch nicht geklärt (McLean et al.
1995).
Longitudinalmessungen haben einen Zusammenhang zwischen dem mütterlichen CRH
-Spiegel (Cortikotropin-releasing-Hormon) in der 1. Schwangerschaftshälfte und der Schwangerschaftsdauer gezeigt. Bei einer verspäteten Geburt war der CRH-Spiegel in der ersten Schwangerschaftshälfte signifikant erniedrigt. Es wurde postuliert, dass die CRH-Synthese im Trophoblasten bestimmend für die Schwangerschaftsdauer sein soll. Die
Adipositas der Schwangeren ist ebenfalls mit erniedrigten CRH-Spiegeln im
Serum verbunden. Tatsächlich ist ein mütterlicher BMI >30 im 1. Trimester mit einer 50 % niedrigeren Chance auf einen spontanen Geburtsbeginn am Termin verbunden (Denison et al.
2008).
Die Ursachen für eine Übertragung lassen sich in unterschiedliche Kategorien unterteilen, die in ihrer Auswirkung auf den Fetus und damit auf den Schwangerschaftsausgang sehr unterschiedlich zu bewerten sind.
Vor der Ultraschallära führten fehlerhafte Terminbestimmungen häufig irrtümlich zur Diagnose einer Übertragung und haben zu einer Vielzahl unnötiger
Geburtseinleitungen geführt. Nur wenige Schwangerschaften dauern, bedingt durch die genetische Programmierung der Reifungsprozesse, tatsächlich länger als 42 SSW. In der Mehrzahl dieser Fälle ist die Dauer über die physiologische Länge von 40 SSW hinaus mit einer normalen Plazentafunktion
verknüpft, sodass gehäuft Makrosomien des Fetus beobachtet werden.
Störungen eines zeitgerechten Geburtsbeginn können eine morphologisch-anatomische Grundlage in Form von Fehlbildungen des Fetus, wie etwa einen Anenzephalus, haben. Es kann sich aber auch um genetisch bedingte Defekte auf den verschiedenen Stufen der Kaskade HH-NNR, des fetomaternalen Grenzbereichs sowie des Myometriums handeln. Am besten bekannt ist der Sulfatasemangel des Plazentagewebes. Bedingt durch die Redundanz der Kontrollmechanismen, die für alle mit der Fortpflanzung zusammenhängenden Vorgänge typisch ist, können verschiedene genetische Defekte entweder zu einem absoluten Stopp oder aber lediglich zu einer Verzögerung des Ablaufs der Reaktionskette führen. Neben dem gut bekannten Sulfatasemangel gibt es sicher eine Reihe bislang nur unvollständig erklärter weiterer genetischer Defekte, die als Ursache für eine Übertragung oder für einen verlangsamten Geburtsprozess im Sinne einer Wehendystokie verantwortlich sind.
Auf eine genetische Basis bei einem Teil der Übertragungen kann auch aus dem erhöhten Risiko für Schwangere, die selbst aus einer verlängerten Schwangerschaft stammen, geschlossen werden (Mogren et al.
1999). Ein erhöhtes Wiederholungsrisiko spricht ebenfalls für eine genetische Komponente (Kistka et al.
2007). Auch der väterliche Genotyp scheint bei der Programmierung des Risikos eine Rolle zu spielen, da eine Wiederholung einer Terminüberschreitung in einer vorausgegangenen Schwangerschaft weniger wahrscheinlich ist, wenn der Folgeschwangerschaft ein Partnerwechsel vorausgegangen war (Olesen et al.
2003).
Auch exogene Einflüsse wie Ethylenoxid, ein Umweltgift, oder die chronische Einnahme von Medikamenten mit einer Synthesehemmung von
Prostaglandinen sowie der Konsum von Fischöl werden mit einem verspäteten Geburtstermin in Zusammenhang gebracht.
Bei Überschreiten des genetisch programmierten Geburtstermins infolge eines Defektes bei der Triggerung des Geburtsgeschehens ist zumindest in einem Teil der Fälle mit einer zunehmenden Beeinträchtigung der Funktion der Plazenta mit Entwicklung von Dystrophiezeichen beim Fetus und einem erhöhten Asphyxierisiko während der Geburt mit Aspiration von Mekonium zu rechnen.
Im Gegensatz zu der sehr heterogenen Ätiologie der Frühgeburtlichkeit sind die Störfaktoren für die Auslösung des Geburtsgeschehens, die ein Übertragungssyndrom mit Entwicklung einer Plazentarinsuffizienz verursachen können, sehr viel weniger gut untersucht. Es scheinen hier vermehrt bislang nicht näher bekannte endogene Störungen von Bedeutung zu sein.
Auswirkung auf den Fetus
Die möglichen sind für den Fetus vielfältig und werden wesentlich von der Auswirkung auf die Funktion der Plazenta bestimmt (Tab.
1). Während das Wachstum der Plazenta im letzten Trimenon stark verlangsamt ist, nimmt ihre funktionelle Kapazität als Versorgungsorgan durch verschiedene Anpassungsmechanismen – z. B. die Ausdehnung der Austauschoberfläche, eine verstärkte Vaskularisierung der Zotten
, die Zunahme der uterinen
und umbilikalen Blutzufuhr
, die Abnahme des Diffusionswiderstandes
– exponentiell zu.
Tab. 1
Folgen der Terminüberschreitung für die Versorgungsfunktion der Plazenta und ihre Auswirkungen auf Fetus, Ultraschall,
CTG und Geburtsverlauf
Unverändert | Andauer des Wachstums → Makrosomie
| Biometrie ↑, CTG unverändert | Protrahierter Verlauf, mütterliches Trauma ↑, fetales Trauma mit neurologischen Verletzungen |
Beginnende Insuffizienz | Kreislaufzentralisierung, Urinproduktion ↓, Fruchtwasser ↓, Nabelschnurkompression
| Maximales Fruchtwasserdepot ↓, CTG reaktiv, mit variablen Dezelerationen
| Erhöhtes intrapartales Asphyxierisiko |
Schwere Insuffizienz |
Oligohydramnion, dickes Mekonium, Dystrophie, Asphyxie | Maximales Fruchtwasserdepot ↓↓, CTG nicht reaktiv, mit oder ohne Dezelerationen | Intrapartale Asphyxie → intrauteriner Fruchttod, Mekoniumaspiration
|
Eine vermehrte Abnahme der Fruchtwassermenge ist ein früher Hinweis auf eine beginnende Plazentainsuffizienz
. Physiologisch nimmt das Fruchtwasser in den letzten Wochen der Schwangerschaft ab. In der 42. SSW beträgt die mittlere Fruchtwassermenge noch 250 ml (maximales Fruchtwasservolumen in der 34–36. SSW ca. 1000 ml).
Histologisch gibt es keine Anzeichen für eine generelle Alterung der Plazenta
. Der Gesamt-DNA-Gehalt steigt als Ausdruck anhaltender Zellteilung auch jenseits der 40. SSW an (Fox
1979). Makroskopisch findet man jedoch vermehrt Kalkeinlagerungen
sowie Infarkte
. Im Ultraschall werden gehäuft Veränderung der Echostruktur entsprechend einem Reifegrad 3 beobachtet.
Die Versorgung des Fetus bleibt in der Mehrzahl der Fälle auch bei einer Verlängerung der Schwangerschaft über den errechneten Geburtstermin hinaus uneingeschränkt erhalten, sodass sich das Wachstum
unvermindert fortsetzt. Bei Geburten jenseits der 42. SSW findet sich in 2,5–10 % eine fetale Makrosomie mit einem Geburtsgewicht von 4500 g und mehr im Vergleich zu 0,8–1,0 % bei Termingeburten (Spellacy et al.
1985; Rosen und Dickinson
1992).
Die möglichen Gefahren der
fetalen Makrosomie sind:
-
mütterliches Weichteiltrauma im Geburtskanal,
-
fetales Trauma, bedingt durch einen protrahierten Geburtsverlauf mit erschwerter operativer Entbindung,
-
Schulterdystokie mit neurologischen Verletzungen, schwerer Asphyxie, intrapartalem oder neonatalem Tod.
Durch systematische Doppleruntersuchungen
des fetalen Herzens und der großen Gefäße konnte bei Übertragungen mit Oligohydramnion oder pathologischem Herzfrequenzmuster eine Beeinträchtigung der Herzfunktion mit erniedrigter Spitzengeschwindigkeit der Blutströmung in der Aorta gezeigt werden. Gleichzeitig war das Produkt aus Herzfrequenz und Geschwindigkeits-Zeit-Integral in der Ausstrombahn der Aorten- und Mitralklappen erniedrigt (Weiner et al.
1996). Doppleruntersuchungen der fetalen Nierenarterie zeigten bei Fällen mit vermindertem Fruchtwasser ein deutlich erhöhtes Widerstandsmuster (Veille et al.
1993; Oz et al.
2002).
Eine kardiale Funktionseinschränkung mit einer Umverteilung innerhalb des fetalen Kreislaufs kann zu einer Abnahme der Blutzufuhr zu den fetalen Nieren und zu einer verminderten Urinproduktion führen. Hieraus resultiert ein Oligohydramnion. Eine durch ein Oligohydramnion verursachte Kompression der Nabelschnur kann vor Geburtsbeginn oder auch intrapartal zu einer Bedrohung für den Fetus werden. Ein Oligohydramnion kann weiter durch die Anreicherung von dickem Mekonium kompliziert werden, und eine schwere intrauterine Asphyxie kann noch vor Geburtsbeginn zum intrauterinen Fruchttod führen.
Geburtsstress, intrauterine Asphyxie und Mekoniumaspiration bedeuten für den Fetus eine schwere Bedrohung, die mit einer hohen Mortalität bzw. Langzeitmorbidität verbunden ist. Bei länger andauernder Plazentainsuffizienz kann es zu einer Verminderung des subkutanen Fettgewebes bei gleichzeitigem Verbrauch der Glykogenspeicher in der Leber des Fetus kommen. Beim Neugeborenen findet sich das klassische Bild der Dystrophie.
Eine chronische Plazentainsuffizienz mit Zeichen der Mangelversorgung und
Hypoxie bis hin zur Asphyxie beim Fetus entwickelt sich in etwa 20 % der Fälle mit Übertragung (Vorherr
1975; Shime et al.
1986; Mannino
1988). Diese Fälle sind mit einer hohen perinatalen Morbidität
und Mortalität belastet.
Bedeutung für die perinatale Mortalität
Im Jahr 2011 betrug die perinatal
e Mortalität in Deutschland 0,47 %. Die antenatale Sterblichkeit lag bei 0,34 % und ist damit für mehr als 2/3 der gesamten perinatalen Todesfälle verantwortlich gewesen. Sie zeigte sich seit 1994 nahezu unverändert. Dagegen betrug die intrapartale Mortalität nur 0,02 % und die neonatale Sterblichkeit nur noch 0,14 % (AQUA
2011).
Mit steigender Schwangerschaftsdauer gewinnt die antepartale Sterblichkeit zunehmend an Bedeutung. Im Bereich der Frühgeburtlichkeit macht sich Pathologie durch entsprechende Symptome bei der Mutter oder dem Fetus i. d. R. frühzeitig bemerkbar. Durch den Einsatz von Überwachungsmethoden kann der Zeitpunkt für die Entbindung so gewählt werden, dass antepartale Todesfälle minimiert werden können.
Die neonatale Mortalität im Zusammenhang mit sehr frühen
Frühgeburten unter 25 SSW hat sicher eine gewisse Grenze erreicht, und es stellt sich grundsätzlich die Frage, ob eine weitere Senkung der Sterblichkeit angesichts des hohen Prozentsatzes von schweren bleibenden Schäden bei den Überlebenden anzustreben ist. In Terminnähe stehen dagegen antepartale Todesfälle im Vordergrund, die v. a. auch bei Schwangerschaften ohne bekannte Risikofaktoren oder klinische Hinweise auf eine Bedrohung des Fetus auftreten.
Während die antepartalen Todesfälle nach 41 SSW zumindest teilweise durch sorgfältige Überwachung der Schwangerschaften und eine
rechtzeitige Einleitung der Geburt vermieden werden können, stellen die Todesfälle zwischen 37 und 41 SSW ein ungelöstes Problem dar. Sicher muss ein Teil dieser Fälle den Übertragungen im biologischen Sinne zugerechnet werden. Wenn bei einem genetisch programmierten frühen Geburtszeitpunkt wegen einer bislang unbekannten Störung die rechtzeitige Triggerung des Geburtsbeginns ausbleibt, kann ein antepartaler Tod auch vor 41 SSW Folge eines Übertragungssyndroms sein.
Auch die absolute Zahl der antepartalen Todesfälle steigt mit zunehmendem Gestationsalter an und ist in der 40. SSW am höchsten. Annähernd 40 % treten nach der 38. SSW auf, und bei etwa 50 % finden sich keine bekannten Risikofaktoren einschließlich Fehlbildungen.
Antepartale Todesfälle in Terminnähe sind bei Erstgebärenden häufiger als bei Mehrgebärenden. Das mütterlich Alter ist bei über 35-jährigen und besonders bei über 40-jährigen Schwangeren ebenfalls mit einem deutlich höheren Risiko verbunden (Reddy et al.
2006). Ein BMI >30 im 1. Trimenon zeigt ein über 2,8-fach erhöhtes Risiko für einen IUFT (Denison et al.
2008).
Eine Verbesserung der Erkennung der drohenden intrauterinen Todesfälle in Terminnähe, von denen ein Teil biologisch als Übertragung mit Plazentainsuffizienzen angesehen werden muss, ist somit eine echte Herausforderung für die Perinatalmedizin der Zukunft.
Die Problematik besteht darin, dass bei der geringen
Prävalenz dieser Fälle nur mit einem breiten Überwachungsprotokoll im Sinne eines Screenings aller Schwangerschaften nach 38 SSW eine Problemlösung erreicht werden kann. Dazu ist jedoch eine einfache, kostengünstige, sensitive sowie ausreichend spezifische Methode erforderlich, um die Gefahr einer hohen Zahl falsch-positiver Fälle zu vermeiden. Bislang ist kein derartiger Test in Sicht. Im Sinne einer
evidenzbasierten Medizin konnte bislang im Kollektiv risikoarmer Schwangerschaften für keine Methode die Wirksamkeit bei der Vermeidung eines IUFT nachgewiesen werden.