Zum Einstieg
Das Wochenbett beinhaltet die Uterusrückbildung, Wundheilung und den Beginn der Laktation. Tägliche Visiten dienen der Früherkennung und Therapie von Komplikationen.
Bei fieberhaften Verläufen und/oder plötzlich auftretender Verschlechterung des Allgemeinzustandes muss immer an eine Infektion gedacht werden. Die durch Streptococcus pyogenes oder Staphylococcus aureus verursachte Puerperalsepsis
kann in einem letal verlaufenden „toxic shock syndrome
“ enden. Nach Früherkennung muss eine hochdosierte antibiotische Kombinationstherapie mit großzügiger operativer Entfernung des Infektionsherdes erfolgen. Bei der septischen Ovarialvenenthrombose ist neben der breiten antibiotischen Abschirmung die therapeutische Antikoagulation wichtig. Die systemischen Sepsismanifestationen bedürfen der üblichen intensivmedizinischen Maßnahmen mit Kreislaufunterstützung, mechanischer
Beatmung und ggf.
Nierenersatzverfahren.
Bei den psychischen Veränderungen, außer beim „maternity blues“, ist meist eine psychiatrisch begleitete medikamentöse Therapie notwendig.
Normale Rückbildung, Lochien
Das Wochenbett oder Puerperium, die Zeit 6–8 Wochen nach der Geburt, dient der Rückbildung und Wundheilung und ist der Beginn der Laktationsperiode (Kap. „Stillen – Laktationsmedizin“).
In den ersten Tagen post partum führen Dauerkontraktionen und Nachwehen neben Stillwehen über eine Kontraktionsischämie zur Degeneration und Autolyse von überflüssigen Muskelfasern, aber auch zur Blutstillung der Plazentahaftstelle, die zusätzlich durch lokale Thrombenbildung in großen Gefäßen unterstützt wird.
Das ausgestoßene Wundexsudat (= Wochenfluss oder Lochien) fließt im Mittel 4–6 Wochen (Fletcher et al.
2012) mit einem Volumen von ca. 300–600 ml, wobei eine längere Geburstdauer mit einem höheren und vaginaloperative Geburten im Vergleich mit anderen Geburtsmodi mit dem höchsten Lochialblutverlust einhergehen (Chi et al.
2010).
In der 1. Woche spricht man von Lochia rubra mit rein blutigen Abgängen. In der 2. Woche wird der Wochenfluss bräunlicher und dünnflüssiger als in der 1. Woche, auch Lochia fusca genannt. Ab der 3. Woche verfärbt er sich gelblich – Lochia flava. Ab der 4. Woche postpartal sind die Lochien, Lochia alba, grau-weiß oder wässrig-serös.
Das
Gewicht des Uterus beträgt unmittelbar nach der Geburt etwa 1000 g, eine Woche später 500 g und 6–8 Wochen post partum ca. 60 g. Der
Fundus uteri befindet sich postpartal ungefähr auf Nabelhöhe und tritt täglich einen Querfinger tiefer. Am 5. Wochenbettstag liegt er etwa in der Mitte zwischen Nabel und Symphyse und am 10. Wochenbettstag 2 Querfinger über der Symphyse. 2 Wochen post partum ist er nicht mehr von abdominal palpabel. Nach einer
Sectio caesarea kann der Fundusstand etwas verzögert tiefer treten. Am 3. Wochenbettstag ist die
Portio zum großen Teil wieder formiert und der Zervikalkanal weitgehend verengt. Nach rund 1 Woche ist die Zervix <1 cm dilatiert.
Subinvolutio uteri
Subinvolutio uteri: Ungenügende Rückbildung des Uterus mit verstärkten blutigen Lochien.
Ursachen hierfür können eine starke Dehnung des Uterus (
Mehrlingsschwangerschaften, Polyhydramnion oder Multiparität), Plazentareste, Endometritis, fehlende hormonelle Stimulation nach
Abstillen, Myome, Uterusfehlbildungen oder mangelnde Bewegung der Wöchnerin sein.
Die Diagnose wird bei verstärkten blutigen Lochien durch die Palpation des Uterus gestellt, dessen Fundus zu hoch steht. Therapeutisch bedeutend ist die Mobilisation der Wöchnerin neben der Verabreichung von Uterotonika wie Oxytozin oder Misoprostol. Bei Lochialstau kann ggf. der Zervikalkanal mit einem Blasenkatheter eröffnet werden. Differenzialdiagnostisch kommt plazentares Restmaterial in Frage, bei dessen Vorliegen eine Curettage indiziert ist.
Endometritis, Endomyometritis
Die
Inzidenz einer Endometritis liegt bei 1,6 % (Woodd et al.
2019).
Wichtigster prädisponierender Faktor für das Auftreten einer Endometritis post partum ist der Zustand nach Sectio. Als weitere Risikofaktoren für eine postpartale Endometritis gelten u. a.
(Haeri und Baker
2013; Chebbo et al.
2016; Moulton et al.
2018; Daifotis et al.
2020; Faure et al.
2019; Mohamed-Ahmed et al.
2019; Venkatesh et al.
2019):
-
Protrahierte oder vaginaloperative Geburt
-
Mekoniumhaltiges Fruchtwasser
-
Mehrfache (>5) vaginale Untersuchungen unter der Geburt
-
Vorzeitiger Blasensprung >12 h
-
Chorioamnionitis
-
Streptokokken-B-Positivität
-
Gardnerellen-, Chlamydieninfekt
-
Human Immunodeficiency Virus (
HIV)
-
Manuelle Plazentalösung
-
-
Tiefer sozioökonomischer Status
Das
Erregerspektrum der Endometritis umfasst typischerweise eine Mischung aus 2–3 Aerobiern und Anaerobiern. Bei schnellem Auftreten von Symptomen mit hohem
Fieber sollte an eine
Streptokokken- oder
Staphylokokkeninfektion mit möglicher Entwicklung eines Toxic-shock-Syndroms
“ gedacht werden. Bei spätem Auftreten von Symptomen (≥2 Wochen post partum) ist auch an eine
Chlamydia-trachomatis-Infektion zu denken. Gefürchtet sind Infektionen mit Clostridien
, v. a. C. sordellii und perfringens, die foudroyant verlaufen können und mit einer hohen Mortalität einhergehen (Elkbuli et al.
2018).
Über 80 % der Endometritisfälle entwickeln sich in der 1. Woche post partum.
Die
Diagnose wird klinisch gestellt bei
Fieber, druckdolentem Uterus und/oder purulenten, übelriechenden Lochien. Auch bei anhaltend subfebrilen Temperaturen ist bei Vorliegen von prädisponierenden Faktoren aus dem Geburtsverlauf an eine Endometritis zu denken und eine weitere Klärung zu veranlassen. Dazu zählen neben der klinischen Untersuchung ein Blutbild,
C-reaktives Protein (CRP), Gerinnungsstatus,
Urinstatus/-kultur, Zervikalabstrich und eventuell
Blutkulturen.
Die
Therapie besteht in der Gabe von Uterotonika und
Antibiotika. Bewährt haben sich primär die Kombination von Amoxicillin-Clavulansäure (3-mal 2,2 g i.v./Tag) oder bei Allergie Clindamycin (Clindamycin 4-mal 300–600 mg/Tag i.v. oder 3-mal 900 mg i.v./Tag) (Faure et al.
2019).
Führt die Therapie mit Amoxicillin-Clavulansäure nicht binnen 48 h zum Erfolg oder aggraviert sich das Krankheitsbild sogar, sollte das Anaerobierspektrum durch Clindamycin oder Metronidazol und zusätzlich das gramnegative Spektrum durch ein Aminoglykosid wie
Gentamicin (für nierengesunde Frauen: 3-mal 1,5 mg/kg Körpergewicht [KG] i.v./Tag oder Einzeldosis: 5 mg/kg KG i.v./Tag) abgedeckt bzw. die Behandlung entsprechend dem
Antibiogramm umgestellt werden. Als Monotherapie sind auch Carbapeneme einsetzbar.
Puerperalsepsis, „Toxic-shock-Syndrom“
Die Puerperalsepsis gehört mit bis zu 15 % immer noch zu einer der Hauptursachen mütterlicher Mortalität (Buddeberg und Aveling
2015; Woodd et al.
2019; Escobar et al.
2020; Sundin et al.
2021).
Bis 2015 wurde eine
Sepsis für das Vorhandensein einer Infektion mit ≥2
SIRS(„systemic inflammatory response syndrome“)-Kriterien angesehen. Diese Definition wurde 2016 durch eine neue Definition, Sepsis-3, abgelöst (Singer et al.
2016). Die WHO hat daher ihre bisherige Definition einer Puerperalsepsis revidiert und 2017 die folgende Definition einer maternalen Sepsis präsentiert (WHO
2017):
Eine maternale Sepsis ist eine lebensbedrohliche Situation, definiert als Organdysfunktion, die von einer Infektion während der Schwangerschaft, Geburt, Fehlgeburt oder dem Wochenbett resultiert.
Eine
Organdysfunktion kann mithilfe des
SOFA („sequential [sepsis-related] organ failure assessment“)-Scores (Tab.
2) ermittelt werden und liegt bei einem
SOFA-Score ≥2 vor, was mit einer Mortalität im Spital >10 % assoziiert ist (Singer et al.
2016; Plante et al.
2019). Von einem septischen Schock sollte dann gesprochen werden, wenn eine
Sepsis mit schweren zirkulatorischen, zellulären und metabolischen Auffälligkeiten einhergeht. Klinisch benötigen diese Patientinnen eine Kreislaufunterstützung durch Vasoaktiva, um den mittlereren arteriellen Druck ≥65 mmHg zu halten, und weisen ein Serumlaktat >2 mmol/l (>18 mg/dl) bei Normovolämie auf. Bei einem septischen Schock steigt die Mortalität im Spital auf >40 % an (Singer et al.
2016).
Tab. 2
SOFA
(Sequential [Sepsis-related] Organ Failure Assessment)-Score (Singer et al.
2016), mit einem
für die Geburtshilfe modifizierten SOFA (Bowyer et al.
2017)
PaO2/FiO2 mmHg (kPa) PaO2/FiO2 mmHg | ≥400 (53,3) ≥400 | <400 (53,3) 300–399 | <300 (40) <300 | <200 (26,7) Mit respiratorischer Unterstützung | <100 (13,3) Mit respiratorischer Unterstützung |
| ≥150 ≥150 | <150 100–149 | <100 <100 | <50 | <20 |
(μmol/l) | <1,2 (20) <20 | 1,2–1,9 (20–32) 20–32 | 2,0–5,9 (33–101) >32 | 6,0–11,9 (102–203) | ≥12 (204) |
Mittlerer arterieller Druck (mmHg) | ≥70 ≥70 | <70 | <70 | Dopamin 5,1–15 oder Epinephrin ≤0,1 oder Norepinephrin ≤0,1a Vasoaktiva nötig | Dopamin >15 oder Epinephrin >0,1 oder Norepinephrin >0,1a |
Glasgow Coma Scale Score | 15 Wach | 13–14 Mit der Stimme weckbar | 10–12 Mit Schmerzen weckbar | 6–9 | <6 |
| <1,2 (110) <90 | 1,2–1,9 (110–170) 90–120 | 2,0–3,4 (171–299) >120 | 3,5–4,9 (300–400) | >5,0 (440) |
Urinausscheidung, ml/Tag | | | | <500 | <200 |
Um nicht auf Laborresulate warten zu müssen, wurde zudem ein quickSOFA (qSOFA) eingeführt, mit dem anhand 3 klinischer Parameter besonders kritische Personen (qSOFA ≥2) erkannt werden können: Respirationsrate ≥22/min, Beeinträchtigung der geistigen Verfassung oder ein systolischer Blutdruck ≤100 mmHg (Singer et al.
2016).
Streptokokken der Gruppe A
, Erreger des klassischen Kindbettfiebers
, sind besonders gefürchtet wegen des oft atypischen und raschen Verlaufs mit der Entwicklung von Schocklunge, Kreislaufkollaps, Gerinnungsstörung und Multiorganversagen (Donders et al.
2021). Innerhalb von wenigen Tagen oder selten von Stunden können sie durch ihre Endotoxinproduktion und der ausgedehnten Gewebezerstörung zu foudroyant lebensbedrohlichen Verlaufsformen führen, bei denen die alleinige antibiotische Therapie den oft letal endenden Krankheitsverlauf kaum mehr aufhalten kann.
Für das
Toxic-shock-Syndrom (TSS) verantwortlich sind Virulenzfaktoren wie bei
Streptokokken der Gruppe A, z. B. die Streptolysine, -kinase (= Fibrinolysin), M-Proteine mit antiphagozytärer Eigenschaft (besonders M1 und M28), Hyaluronidase mit Begünstigung der Gewebeinvasion und die pyrogenen Exotoxine A (SPEA) und B (SPEB) (Donders et al.
2021). Bei Staphyloccocus aureus ist neben Enterotoxin auch das Toxic-shock-Syndrom-Toxin 1 (TSST-1) zu nennen. Die
Toxine wirken als „Superantigene“ und können u. a.
Lymphozyten 10000-mal stärker als übliche
Antigene aktivieren. Dies führt zu einer massiven Ausschüttung von
Zytokinen (Interleukin (IL)-1/-2, Tumornekrosefaktor (TNF), α-, β- und γ-(IFN)) durch
Makrophagen als auch durch
T-Lymphozyten, was in „capillary leak“ und Gewebeschäden mit Schock und Multiorganversagen resultiert.
Die klinische Manifestation des Streptokokken-A-TSS ist oft unspezifisch. Häufig findet sich als Erstsymptom ein plötzlich auftretender starker Schmerz, der wenig auf übliche Analgetika anspricht. Ungefähr bei 80 % der Fälle finden sich Zeichen einer lokalen Infektion mit Schwellung und Rötung, wobei in etwa 70 % der Fälle mit dem Fortschreiten zu einer
nekrotisierenden Fasziitis oder Myositis zu rechnen ist. In etwa 20 % der Fälle kann vorangehend oder gleichzeitig ein grippeartiges Syndrom mit
Fieber, Myalgien, Schüttelfrost und Diarrhö beobachtet werden.
Verwirrtheit ist in 55 % der Fälle anzutreffen. Es entwickelt sich innerhalb von Stunden ein häufig therapierefraktärer septischer Schock mit Multiorganversagen (Donders et al.
2021).
Die
Therapie eines TSS beinhaltet eine frühzeitige, hochdosierte antibiotische Therapie der zugrunde liegenden Infektion, im Falle einer Wundinfektion die sorgfältige Wundrevision mit großflächigem Débridement und das Management der Sepsiskomplikationen auf einer Intensivstation (Plante et al.
2019; Gottlieb et al.
2018; Donders et al.
2021) (Übersicht).
Streptokokken der Gruppe A sind empfindlich auf Penicillin und andere β-Laktam-Antibiotika. Die Monotherapie mit β-Laktam-Antibiotika spricht jedoch oft nicht wie erwartet an, wenn es nach einer gewissen Latenzperiode nach der Infektion eingesetzt wird. Dies rührt daher, dass diese
Antibiotika vorwiegend die Wandsynthese der sich teilenden
Bakterien in der Wachstumsphase hemmen, während sie in der
stationären Phase, in der weiter Exotoxine gebildet werden können, praktisch ohne Einfluss bleiben. Im Gegensatz dazu können Substanzen wie Clindamycin, die die Proteinsynthese hemmen, auch in dieser Phase wirksam sein. So kann die TSST-1-Freisetzung deutlich reduziert werden (Gottlieb et al.
2018).
Mit zunehmender
Prävalenz von
MRSA und dem Auftreten weiterer Resistenzen kommen zunehmend auch
Vancomycin und Piperacillin/Tazobactam zum Einsatz.
Massnahmen und Therapie beim Toxic-shock-Syndrom
-
Chirurgische Intervention: Débridement, breite Eröffnung, evtl. Hysterektomie
-
Frühzeitige auf eine Intensivstation:
-
-
-
-
-
Herz-Kreislauf-Unterstützung mit Vasoaktiva
-
-
-
Zweierkombination: z. B. Amoxicillin-Clavulansäure 3-mal 2,2 g/Tag i.v. oder Ceftriaxon 1 g/Tag i.v. oder Imipenem 4-mal 500 mg/Tag i.v. + Clindamycin 4-mal 300–600 mg oder 3-mal 900 mg/Tag i.v.
-
Dreierkombination: z. B. Amoxicillin-Clavulansäure 3-mal 2,2 g/Tag i.v. oder Ceftriaxon 1 g/Tag i.v. + Clindamycin 4-mal 300–600 mg/Tag i.v. + Gentamicin 1-mal 300 mg i.v.;
Cave: Niereninsuffizienz!
Infektion der Episiotomie
Für die
Episiotomie mit Infektrisiko durch topografische Nähe zur Vagina und zum Enddarm gelten prinzipiell die gleichen Komplikationen wie für alle abdominellen Wunden.
Klinisch manifestiert sich eine Infektion der Episiotomie durch Spannungsgefühl, Rötung und Schwellung oder Dehiszenz, typischerweise in den ersten 7–14 Tagen nach Geburt.
Die
Behandlung besteht in einer Spreizung der Wunde, der Entfernung von störendem Nahtmaterial und dem Abtragen nekrotisierten Gewebes. Die Wundheilung erfolgt meist sekundär durch Granulation. Bei tiefer Dehiszenz kann eine eventuelle sekundäre operative Wundversorgung auch nach mehrtägiger antibiotischer i.v.-Therapie und lokaler antiinfektiver Wundsäuberung, z. B. mit Betadine -- oder Eichenrindensitzbädern, erfolgen (Okeahialam et al.
2020).
Hat sich die Infektion flächenhaft entlang der oberflächlichen Perinealfaszie ausgebreitet, so besteht die Gefahr einer generalisierten Infektion, die neben der chirurgischen Wundrevision mit großzügigem Débridement zusätzlich eine breite antibiotische Therapie erfordert.
Septische Ovarialvenenthrombose
Die
Inzidenz der septischen puerperalen Ovarialvenenthrombose (SPOVT) beträgt ca. 0,02 % nach vaginaler Geburt, ca. 0,1 % nach
Sectio caesarea und steigt bis auf 1–2 % an, falls nach Sectio eine Endometritis auftritt. Meist treten sie In den ersten 10 Tagen postpartal und auf der rechten Seite auf (Rottenstreich et al.
2016; Bannow und Skeith
2017) auf.
Die Erkrankung kann sich anfänglich mit unspezifischen
Symptomen wie Dysurie
, Blähungen
oder rechtsseitigen Unterbauchschmerzen mit
Fieber (Differenzialdiagnose: Endomyometritis
,
Appendizitis, stielgedrehte Adnexe
,
Pyelonephritis) präsentieren. Die
Diagnose erfolgt häufig erst spät, wenn therapieresistente septische Fieberschübe, ein akutes Abdomen oder der typische Palpationsbefund einer strang- oder walzenförmigen Druckdolenz im Unterbauch bis in die Flanke reichend auftreten.
Eine Leukozytose >12.000/μl ist in 70–100 % der Fälle zu finden. Häufig sind
Blutkulturen negativ.
Typische Symptome einer Ovarialvenenthrombose
-
Septische Fieberschübe (≥38,0 °C)
-
Abdominale Schmerzen bis zum akuten Abdomen
-
Palpable strang- oder walzenförmige Druckdolenz im Unterbauch
Bildgebend können Ultraschall, Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie (MRT) hilfreich sein. Sonografisch zeigt sich eine verdickte Adnexe und mittels Dopplersonografie das Fehlen des venösen Flussmusters in ca. 50 % der Fälle. Oft ist diese Region aber durch Darmgase überlagert. CT und insbesondere die MR-Angiografie sind zuverlässiger als Ultraschall in der Diagnose einer SPOVT.
Eine frühe und kausal wirkende
antibiotische Therapie (Zweier- oder Dreierkombination mit Amoxicillin-Clavulansäure 3-mal 1,2 g/Tag bis 3-mal 2,2 g/Tag i.v., Clindamycin 4-mal 300 mg/Tag i.v. und ggf.
Gentamicin 300 mg/Tag i.v.) sowie eine
therapeutische Antikoagulation können die Morbidität und Mortalität der SPOVT reduzieren. In seltenen Fällen ist eine operative Sanierung des infizierten Herdes (Adnexektomie, Thrombektomie durch die Ovarialvene bis nahe an die V. cava inferior heran, links bis zur V. renalis, evtl. Hysterektomie bei zusätzlicher Endomyometritis) erforderlich.
Harnverhalt, Harnwegsinfekt (HWI)
Postpartal liegt die
Prävalenz eines Harnverhalts bei etwa 4 % (Beaumont
2019). Durch eine Ödembildung im Bereich der Urethra oder Blasenatonie, evtl. auch durch einen reflektorischen Sphinkterkrampf, ist es innerhalb der ersten 6 h post partum unmöglich zu miktionieren.
Als
Risikofaktoren gelten eine
Episiotomie, Epiduralanalgesie, Primiparität, protrahierte Austreibungsperioden und eine vaginaloperative Geburtsbeendigung (Li et al.
2020).
Durch das Katheterisieren steigt zudem das Risiko für einen HWI im Wochenbett. Die häufigsten Keime eines HWI sind E. coli. (80–90 %),
Klebsiella, Proteus, Enterobacter, Staphylococcus saprophyticus und B-Streptokokken. Die Analyse des
Mittelstrahlurins zeigt oft eine Kontamination durch die Lochien. Eine unklare Pyurie
bei einer Bakteriurie mit ≥10
5 Keimen/ml sollte aber in jedem Falle, evtl. durch eine einmalige Katheterisierung, abgeklärt und ggf. behandelt werden.
Therapeutisch ist bei einem Harnverhalt eine frühzeitige Gabe von antiphlogistischen Medikamenten (NSAR) und/oder Spasmolytika, wie N-Butylscopolamin, zu nennen. Falls unbedingt nötig, kann zur Blasentonisierung ein Parasympathikomimetikum, wie Carbachol, verabreicht werden. Bei deutlicher Restharnbildung sollte die Blase durch ein- oder mehrmaliges Katheterisieren entleert werden. In seltenen Fällen wird ein Dauerkatheter benötigt.
Bei unkomplizierten
Harnwegsinfektionen kann eine resistenzgerechte 3-tägige Antibiotikatherapie mit Amoxicillin plus Clavulansäure oder Trimethoprim plus Sulfamethoxazol (
cave: Kerinkterus) per os verabreicht werden. Bei febrilem Zustandsbild mit Verdacht auf
Pyelonephritis ist eine resistenzgerechte, anfänglich intravenöse Antibiotikagabe über 7–10 Tage indiziert. Die Klinik und die sinkenden Infektparameter sollen über die Dauer und Art der Antibiotikagabe entscheiden.
Hämorrhoiden
Die
Prävalenz von selbstberichteten
Hämorrhoiden scheint 8 Wochen post partum ca. 30 % zu betragen. Typische Symptome sind Blutungen, Druckgefühl,
analer Pruritus und starke Schmerzen bei Hämorrhoidalthrombose
(Ferdinande et al.
2018).
Therapeutisch sind Ballaststoffe zur Besserung der allgemeinen Symptome, aber auch zur Reduktion des Blutungsrisikos wichtig. Für eine regelmäßige Defäkation sollte gesorgt werden, wobei Leinsamen und Weizenkleie nicht resorbiert werden, Bisacodyl und Lactulose ebenfalls kaum. Zur Verringerung von Schwellung und Juckreiz werden Phlebotonika wie Flavonoide empfohlen. Ein schmerzhafter frischer Hämorrhoidalthrombus sollte nach Lokalanästhesie inzidiert werden. Anschließend werden täglich 2–3 Sitzbäder mit Eichenrindenextrakt verordnet.
Psychische Veränderungen
Die Diagnosestellung ist der erste wichtige Schritt, da der Verlauf durch psychiatrische Therapieverfahren teils deutlich abgekürzt werden kann. Eine psychiatrische Konsultation sollte daher bereits bei Verdacht angeboten bzw. durchgeführt werden.
Gründe für
psychische Störungen sind oft eine Kombination aus biologischen Faktoren, wie z. B. die hormonellen Veränderungen, emotionaler Stress und
Schlafentzug (Degner
2017; Guintivano et al.
2018). Primiparae haben in den ersten 4 Monaten, insbesondere 1–3 Wochen post partum, ein erhöhtes Risiko, psychisch zu erkranken.
Meist werden bei psychischen Veränderungen die folgenden 3 Hauptformen unterschieden:
„Maternity Blues“ oder „Baby Blues “
Die
Prävalenz variiert zwischen 14 und 76 % (Rezaie-Keikhaie et al.
2020). Symptome wie Müdigkeit, Schlaflosigkeit,
Kopfschmerzen, Tendenz zum Weinen, Konzentrationsschwäche, milde depressive Verstimmung und Ängstlichkeit treten in den ersten Tagen nach der Geburt auf, zeigen oft zwischen dem 3. und 6. postpartalen Tag ihren Höhepunkt und verschwinden meist in den ersten 10 Tagen post partum.
Post-partum-Depression (PPD)
Die Häufigkeit einer postpartalen Depression liegt bei den Müttern bei ca. 10–15 %, kommt aber auch bei den Vätern in 2–8 % der Fälle vor (Guintivano et al.
2018; Glasser und Lerner-Geva
2019). Sie ist nach DSM- 5 (Diagnostic und Statistical Manual of Mental Disorders, Version 4) durch das Auftreten einer Major-Depression während der Schwangerschaft oder innerhalb der ersten 4 Wochen post partum definiert (McEvoy et al.
2017). Oft wird diese Definition jedoch auf ein Zeitfenster von 3–12 Monaten post partum ausgeweitet.
Risikofaktoren sind Angstzustände oder Depression in der Schwangerschaft, Depression in der Eigen- oder Familienanamnese, Zustand nach PPD, Stress, mangelhafte Unterstützung durch den Partner oder mangelhafte soziale Unterstützung, Eheprobleme oder andere Konfliktsituationen, wie eine
ungewollte Schwangerschaft, und junges oder älteres mütterliches Alter (<24 oder >35 Jahre) (Guintivano et al.
2018).
Klinisch finden sich eine depressive Verstimmung, Interesselosigkeit u. a. mit Vernachlässigung der Kindsversorgung, Gewichtsverlust oder Gewichtszunahme,
Schlafstörungen, Energielosigkeit, Schuldgefühle, Denk- und Konzentrationsschwäche und Gefühl der Nutzlosigkeit (Putnam et al.
2017). Ein Edinburgh Postnatal Depression Scale
(EPDS)-Score ≥11 optimiert die
Sensitivität und
Spezifität zur Diagnose einer PPD (Levis et al.
2020).
Neben
Psychotherapie ist in manchen Fällen eine antidepressive Therapie mit selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmern (z. B. Sertralin) oder trizyklischen
Antidepressiva (z. B.
Amitriptylin) unumgänglich. In schweren Fällen ist eine stationäre psychiatrische Behandlung indiziert.
Puerperalpsychose
Die Puerperalpsychose ist die schwerste und bedrohlichste aller postpartalen Störungen. Die
Prävalenz beträgt 0,1–0,2 % und ist 100-mal höher bei Frauen mit einer bipolaren Störung
oder Zustand nach postpartaler Psychose. Mögliche erste Symptome, die sich innerhalb kürzester Zeit ändern können, sind Interessenverlust, Anhedonie und Konzentrationsstörungen, aber auch
Ich-Störungen, Wahrnehmungsstörungen und
Sinnestäuschungen sowie Störungen des formalen und inhaltlichen Denkens mit zerfahrenem und sprunghaftem Denken. Möglich sind ebenfalls eine starke motorische Unruhe bis hin zur
Verwirrtheit sowie
Stupor und
Erregungszustände. Auch
Schlafstörungen sind häufig. In 5 % bzw. 4 % der Fälle kommt es zum
Suizid bzw. Infantizid (Rodriguez-Cabezas und Clark
2018).
Der
Suizid ist eine der führenden
Ursachen der Müttersterblichkeit. Risikofaktoren für einen Suizid sind eine positive Anamnese für eine psychiatrische Erkrankung oder einen früheren Suizidversuch, das Vorliegen einer bipolaren Erkrankung, das Absetzen einer psychiatrischen Medikation,
Gewalt durch den Partner und eine Totgeburt (Rodriguez-Cabezas und Clark
2018).
Postpartale Kontrolle
Die Bedeutung der Nachuntersuchung nach dem Wochenbett hat sich in den letzten Jahren von einer rein geburtshilflich-gynäkologischen Untersuchung zu einer wichtigen Vorsorgeuntersuchung der Frau verändert.
Neben der postpartalen allgemeinmedizinischen und gynäkologischen Kontrolle mit Besprechung der allgemeinen Befindlichkeit, ggf. von Stillschwierigkeiten und der Kontrazeption
, die bisher den Schwerpunkt der Nachuntersuchung darstellten, gewinnt v. a. die Nachuntersuchung nach Schwangerschaftserkrankungen wie z. B. dem
Gestationsdiabetes und der Präeklampsie
zunehmend an Bedeutung. Die Ursache dafür liegt einerseits in neuen Erkenntnissen der Forschung, andererseits aber sicherlich auch im zunehmenden Alter der Gebärenden und dem damit verbundenen Anstieg der vorbestehenden Grunderkrankungen. Zudem nehmen Erkrankungen wie die postpartale Depression mit ansteigendem mütterlichem Alter und damit in ihrer Bedeutung bei der Nachuntersuchung zu.
Nach Daten des Statistischen Bundesamtes der Bundesrepublik Deutschland bringen heute Frauen in der Altersgruppe von 30–34 Jahren die meisten Kinder auf die Welt. Noch Anfang der 1970er-Jahre waren dies die 20 bis 24-jährigen Frauen (Deutsches Bundesamt für Statistik
2021).
Anamnese, Befindlichkeit, psychische Veränderungen
In den ersten Wochen nach der Geburt beeinträchtigen Stillschwierigkeiten und
Schlafstörungen mit Erschöpfungszuständen vielfach das allgemeine Wohlbefinden und sollten daher gezielt abgefragt werden. In der postpartalen Phase können neben diesen allgemeinen Erschöpfungszuständen aber auch
psychische Störungen und Erkrankungen auftreten, die rechtzeitig erkannt und therapiert werden sollten (siehe Abschn.
12).
Gynäkologische Untersuchung
Neben den Fragen nach noch vorhandenen Schmerzen ist auch gezielt nach möglicherweise vorhandener Harn – oder
Stuhlinkontinenz zu fragen. Folgende Punkte sind bei der Untersuchung zu beachten:
-
Inspektion von Abdomen, Vulva und Vagina (Narbeninspektion von evtl. Sectio,
Episiotomie oder Damm-, Scheiden- oder Zervixrissen)
-
Beurteilung von Senkungszuständen von Vagina (Zystozele/Rektozelenbildung) oder Uterus (pressen lassen nach Spreizen der kleinen Labien)
-
Beurteilung von Vagina und Portio auf Verletzungen, Blutungen, Entzündungen und Risse
-
Nativabstrich aus dem Fornix vaginae (Soor, Reinheitsgrad, bakterielle Vaginose)
-
Je nach Vorbefund Abnahme eines zytologischen
Abstrichs
-
Palpation und Befundung von Uterus und Adnexen
-
Ultraschalluntersuchungen bei persistierender Schmierblutung/Blutung mit Verdacht auf
Plazentaretention oder unklaren Palpationsbefunden
-
Brustuntersuchung: Inspektion und Palpation der Brust und der ableitenden Lymphbahnen. Bei suspekten Befunden Zuweisung an eine Spezialeinrichtung zur Mammadiagostik
Bei unauffälligem Befund wird die nächste gynäkologische Kontrolle 12 Monate nach der ersten postpartalen Untersuchung empfohlen.
Diagnostik und Therapie der
geburtsbedingten Schäden am Beckenboden sind in Kap. „Geburt und Beckenboden“ zusammengefasst und werden deshalb hier nicht im Detail erläutert. Jedenfalls sollte im Rahmen der Wochenbettkontrolle dieses Thema angesprochen werden und die Ratsuchende auf die Sinnhaftigkeit einer Rückbildungsgymnastik
und regelmäßiges Beckenbodentraining hingewiesen werden. In der Praxis zeigt es sich oft, dass als erstes wieder Jogging oder Bauchtraining geplant ist, zusätzliche Belastungen des Beckenbodens ohne vorheriges Beckenbodentraining sollte aber vermieden werden. Diese Beratung stellt einen integralen Bestandteil der Untersuchung dar und darf nicht vernachlässigt werden, da hier die Weichen für spätere Beckenbodengesundheit gestellt werden.
Klinische Untersuchung und weiterführende Diagnostik
Der klinischen Untersuchung kommt mit dem demografischen Wandel zu immer älteren Müttern eine zunehmende Bedeutung zu. Folgende Befunde sollten bei allen Patientinnen auch nach einer unkomplizierten Schwangerschaft erhoben werden:
Postpartale Kontrolle nach hypertensiven Erkrankungen in der Schwangerschaft
Eine Präeklampsie
gilt mittlerweile als eigener Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen (Brown et al.
2020). Nach einer Präeklampise ist das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und Insult im weiteren Leben erhöht (Okoth et al.
2020). Über 90 % der Patientinnen entwickeln nach 20–25 Jahren eine chronische
Hypertonie.
Bei Frauen, die eine schwangerschaftsinduzierte
Hypertonie, eine Präeklampsie
oder ein (Haemolysis, Elevated Liver
enzymes, Low Platelets)
HELLP-Syndrom hatten, sollten folgende Parameter bei der
postpartalen Kontrolle beachtet werden (Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, WMF-Registernummer 015/018):
-
Beratung zur primären Prävention (Lifestyle-Anpassungen).
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Beratung der Frauen über erhöhte Risiken für kardiovaskuläre Erkrankungen für Mutter und Kind. Frauen, die eine frühe Form (Geburt <34 + 0 SSW) oder eine schwere Präeklampsie erlebten, zeigen dabei ein deutlich erhöhtes Risiko.
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Beratung des Paares über die Wiederholungswahrscheinlichkeiten: Das Wiederholungsrisiko liegt, je nachdem wann eine Präeklampsie auftrat und wie schwer sie war, zwischen 14 und 24 % (van Oostwaard et al.
2015; Mulder et al.
2018).
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Erläuterung zur Schwangerschaftsbetreuung in einer Folgeschwangerschaft sowie von prophylaktischen Maßnahmen: In einer weiteren Schwangerschaft sollte zur Prävention Aspirin 100–150 mg täglich eingenommen werden, da dadurch das Risiko für eine Präeklampsie und die
perinatale Mortalität deutlich gesenkt werden kann (Roberge et al.
2018).
Die Frauen sollten in regelmäßigen Intervallen, mindestens alle 5 Jahre, nach weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren wie ein erhöhter Blutdruck, erhöhte Nüchternglukose, erhöhter BMI, Nikotinabusus und pathologischer Lipidstatus, untersucht werden.
Bei Patientinnen mit schwangerschaftsinduzierter
Hypertonie ist die Abgrenzung zur vorbestehenden Hypertonie manchmal schwierig. Bei weiterhin erhöhtem Blutdruck >12 Wochen postpartal ist bei diesen Patientinnen von einer chronischen Hypertonie auszugehen, und eine Überweisung zum Internisten sollte erfolgen.
Nach einer schweren Präeklampsie/
HELLP oder bei wiederholter sehr früher Manifestation (<28 + 0 SSW) kann eine Thrombophilieabklärung, besonders auf Antiphospholipidantikörpersyndrom, erfolgen.
Postpartale Kontrolle nach Gestationsdiabetes (GDM)
Nach der Schwangerschaft bildet sich die Glukosetoleranzstörung in ca. 13–40 % der Fälle nicht vollständig zurück. Das Risiko ist besonders bei vorbestehender
Adipositas, positiver Familienanamnese, insulinpflichtigem
GDM, höherem Alter der Schwangeren, Asiatinnen und Schwarzafrikanerinnen erhöht. Nach einem GDM entwickeln zwischen 35–60 % der Frauen innerhalb von 10 Jahren einen
Diabetes (7- bis 8-fach erhöhtes Risiko im Vergleich zu unkomplizierten Schwangerschaften). Die Inzidenz eines
Typ-1-Diabetes liegt bei Risikogruppen 5–10 Jahre nach GDM bei 2,3–10 % (S3-Leitlinie
Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge, 2. Auflage, 2018).
Bei der postpartalen Nachkontrolle soll ein 75 g-oGTT
unabhängig vom
Stillen durchgeführt werden. Hierbei gelten die Normalwerte für den 75 g-oGTT außerhalb der Schwangerschaft mit Blutglukosemessungen nüchtern und 2 h im venösen
Plasma nach Belastung nach Richtlinien der WHO:
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Normal: Nüchtern <100 mg/dl (5,6 mmol/l), 2 h nach Belastung <140 mg/dl (7,8 mmol/l);
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Diabetes mellitus
: Nüchtern ≥126 mg/dl (7,0 mmol/l) und oder 2 h nach Belastung ≥200 mg/dl (11,1 mmol/l);
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Abnorme Nüchternglukose (= IFG, „impaired fasting glucose“): 100–125 mg/dl (5,6–6,9 mmol/l);
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Gestörte Glukosetoleranz nach 2 h (= IGT, „impaired glucose tolerance“): 140–199 mg/l (7,8–11,05 mmol/l).
Die primäre Bestimmung der Nüchternglukose
allein oder des HbA
1c-Wert
s wird bei der Nachkontrolle nicht empfohlen (S3-Leitlinie
Gestationsdiabetes mellitus (
GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge, 2. Auflage, 2018).
Je nach Resultat im oGTT ist das folgende Vorgehen empfohlen (S3-Leitlinie
Gestationsdiabetes mellitus (
GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge, 2. Auflage, 2018):
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Bei normalen Ergebnissen sollte eine Nüchternglukose und ein HbA1c, ggf. oGTT, alle 2 Jahre durchgeführt werden.
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Bei der postpartalen Diagnose IGT oder IFT sollte jährlich ein oGTT erfolgen.
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Bei V. a. Entwicklung eines
Typ-1-Diabetes (Frauen mit einem BMI <30 kg/m
2 und Insulintherapie des GDM) ist ein AutoantikörpersScreening (z. B. Anti-GAD, Anti-IA2, Anti-ICA und Anti-ZnT8) empfohlen.
Postpartale Kontrazeption
Unter bestimmten Voraussetzungen ist durch das
Stillen ein relativer Konzeptionsschutz gegeben (Kap. „Antikonzeption während des Stillens“). Durch den Saugreflex erhöht sich der Prolaktinspiegel bei der Mutter. Dieser bleibt bei ausreichender Stillfrequenz und Stillintensität auf gleichbleibend erhöhtem Niveau und verhindert die pulsatile Sekretion von
Gonadotropin-Releasing-Hormonen. Die Follikelbildung und die Östrogensekretion im Ovar bleiben aus, was zu einer Amenorrhö führt.
Der vorübergehende Östrogenmangel ist die Ursache für die bei Stillenden vorhandene Trockenheit der Scheide und von
Dyspareunien. Beim
Abstillen fällt der Prolaktinspiegel rasch in den Normbereich ab, und meist findet in den nächsten 2–4 Wochen eine Ovulation statt.
Kontrazeption und Stillen
Wenn Frauen in den ersten 6 Monaten ausschließlich
stillen und noch keine Menstruation haben, werden bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr ca. 1–2 % der Frauen schwanger (Labbok
2015).
Ist eine zu 100 % sichere Kontrazeption erwünscht, muss eine zusätzliche kontrazeptive Maßnahme begonnen werden.
Intrauterinpessar (Spirale oder IUD, „intrauterine device“)
Üblicherweise ist eine IUD-Einlage frühestens 5–6 Wochen nach der Geburt zu empfehlen, da eine zu frühere Einlage mit einer erhöhten Perforationsrate einhergeht. Nach Sectio hat sich eine Applikation frühestens nach 3 Monaten bewährt.
Es gibt keinen negativen Einfluss auf die Menge oder Qualität der Muttermilch durch kupferhaltige oder gestagenhaltige IUD. Die Gestagenspiegel in der Muttermilch sind sehr niedrig und haben keine nachteiligen Folgen auf das Kind.