Hormonelle Substanzklassen: Östrogene, Gestagene, Androgene, Gonadotropine, hCG etc.
Verfasst von: Volker Ziller
Die gynäkologische Endokrinologie basiert auf der Kenntnis und dem Verständnis der Wirkungen und Regelungen verschiedenster Botenstoffe im menschlichen Körper. Dies bezieht sich aus gynäkologischer Sicht vor allem auf die Regelkreise der Sexualhormone und deren Steuerungen der Reproduktion. Mit der rasanten wissenschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre ist die klassische Auffassung der Hypothalamus-Hypophysen-Endorgan-Regelkreise zwar als stark vereinfacht anzusehen, sie stellt aber immer noch die Grundlage für das Verständnis der Vorgänge im weiblichen Zyklus und der Reproduktion dar. Neben der Kenntnis der Regelkreise rückt heutzutage jedoch zunehmend die Komplexität der interagierenden Substanzen mit diversen Ausdifferenzierungen, Rezeptorstrukturen in unterschiedlichen Zielgeweben oder den verschiedenen zirkadianen und pulsatilen Rhythmen der Sezernierung in den Fokus. Die Substanzen lassen sich daher auch nicht mehr nur als reine „Sexualhormone“ definieren, sondern es muss heute von Stoffwechselhormonen mit vielfältigen Wirkmechanismen in unterschiedlichsten Geweben ausgegangen werden. Zu unterscheiden sind prinzipiell drei Stoffklassen: Neben den Aminosäurederivaten sind es vor allem die Steroidhormone sowie die Proteine und Peptidhormone, die in der gynäkologischen Endokrinologie von zentraler Relevanz sind.
Hormone sind nach der klassischen Definition Botenstoffe, die nach Sekretion aus einer endokrinen Drüse und Sezernierung in Blut oder Lymphe an einem oder mehreren Erfolgsorganen eine spezifische, endokrine Signalwirkung entwickeln.
Die hormonelle Steuerung funktioniert unter Kontrolle des Gehirns, wo in neurosekretorischen Zellen des Hypothalamus diverse Reize und Einflüsse integriert und über die Hypophyse weitere Hormone freigesetzt werden, die über das Blut in den Gonaden, der Nebennierenrinde oder der Schilddrüse ihre Wirkung entfalten. Aus heutiger Sicht ist die klassische Auffassung der Steuerung des Hypothalamus-Hypophysen-Endorgan-Regelkreises zwar stark vereinfacht, sie stellt aber immer noch die Grundlage für das Verständnis der Vorgänge im weiblichen Zyklus und der gesamten Reproduktion dar. Im Gegensatz zum eindimensionalen Bild des klassischen Regelkreises muss aber zusätzlich die hoch komplex interagierende Wirkweise der dreidimensionalen Raumstruktur unterschiedlicher Proteine mit unterschiedlichem Ausdifferenzierungsgrad, zirkadianer und pulsatiler Rhythmik und diversen komplexen Rezeptorstrukturen in unterschiedlichen Zielgeweben mitberücksichtigt werden.
Im menschlichen Körper lassen sich prinzipiell drei verschiedene Stoffklassen der klassischen Hormone unterscheiden. Neben den Aminosäurederivaten sind vor allem die Protein- und Peptidhormone sowie die Steroidhormone in der gynäkologischen Endokrinologie von klinischer Relevanz.
Peptidhormone
Gonadotropin-Releasing-Hormon
Wirkweise/Metabolismus
Das Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) ist ein hypothalamisches Decapeptid, das pulsatil von GnRH-Neuronen ausgeschüttet wird. Es fungiert als zentraler Regulator der Gonadotropine der Hypophyse. Nach Sezernierung in den hypothalamisch-hypophysären Portalkreislauf reguliert es die Produktion und Sezernierung von follikelstimulierendem Hormon (FSH) und luteinisierendem Hormon (LH). Verschiedene aktivierende und inhibitorische Substanzen können die Ausschüttung und die Pulsatilität des GnRH beeinflussen. Aktivierende Faktoren sind unter anderem Katecholamine, Neuropeptid und Kisspeptine, hemmend wirken z. B. Dopamin, Serotonin, Opioide und Dynorphin. Auch die Steroide Östradiol und Progesteron können die Sekretion des GnRH modulieren.
Die hypothalamische Sekretion des GnRH stellt den zentralen Schlüsselweg zur Steuerung der menschlichen Fortpflanzung dar (Abb. 1).
×
Die Bindung des GnRH an seinen Rezeptor an der Oberfläche der gonadotropen Zellen löst eine Reihe spezifischer Signalkaskaden aus. Über die Aktivierung von zytoplasmatischen und nukleären Proteinen kann eine schnelle Transkriptionsaktivierung diverser Gene einschließlich der Gonadotropinsequenzen erfolgen. Die verschiedenen Arme der GnRH-Signalkaskaden sind in der Lage, den Code aus Amplitude und Frequenz der Pulsatilität in die differenzierte Synthese und Ausschüttung der Gonadotropine zu übersetzen.
Diagnostik
GnRH kann im Serum nicht direkt gemessen werden. Die Pulse des LH korrelieren mit den Pulsen des GnRH, was für wissenschaftliche Zwecke als indirekte Messmethode genutzt wird, im klinischen Alltag jedoch keine Rolle spielt. Um bei Zyklusstörungen eine Störung auf hypothalamischer Ebene und somit der GnRH-Sekretion zu diagnostizieren, kann GnRH intravenös verabreicht werden, um eine Steigerung der Gonadotropinsekretion zum Ausschluss einer hypophysären Störung im Serum zu messen.
GnRH als Therapie
Die Applikation von Gonadotropin-Releasing-Hormon kann unter verschiedenen therapeutischen Aspekten genutzt werden. Über moderne Pumpensysteme ist es möglich, GnRH subkutan in pulsatilem Rhythmus zu verabreichen und damit eine gestörte hypothalamische Funktion wiederherzustellen. Die kontinuierliche Gabe eines GnRH-Agonisten führt dagegen über die Störung der Pulsatilität und der Rückkopplungsmechanismen nach kurzzeitiger Stimulation der FSH- und LH-Ausschüttung zu einer dauerhaften Verminderung der Gonadotropinsekretion und damit zur Suppression der Gonadenachse. Dies wird bei Erkrankungen, bei denen eine Reduktion des peripheren Östrogens und des Progesteronspiegels erwünscht ist, genutzt (z. B. rezeptorpositives Mammakarzinom, Endometriose). Die Gabe von GnRH-Antagonisten kommt dagegen vor allem in der Reproduktionsmedizin zu Verhinderung vorzeitiger LH-Anstiege in der kontrollierten ovariellen Überstimulation zum Einsatz. Eine weitere neue therapeutische Option sind orale GnRH-Antagonisten, sie werden ebenfalls zur Therapie der Endometriose und des Uterus myomatosus eingesetzt.
Proteinhormone
Die Familie der Glykoproteine besteht vor allem aus den Gonadotropinenfollikelstimulierendes Hormon (FSH), luteinisierendes Hormon (LH) sowie dem humanen Choriongonadotropin (hCG) und dem Thyreoidea-stimulierenden Hormon (TSH). Es handelt sich um heterodimere Glykoproteine, die alle eine gemeinsame α-Kette und eine biologisch spezifische β-Untereinheit aufweisen. Zusätzlich erfolgen diverse Glykosylierungen, die eine weitere Modulation der jeweiligen Aktivität ermöglichen. Die Produktion dieser Hormone erfolgt im Vorderlappen der Hypophyse oder dem Chorion des Fetus.
Die Entwicklung der ovariellen Antralfollikel zum sprungreifen dominanten Follikel hängt von den sequenziellen Effekten der beiden Hormone FSH und LH ab. Der frühe Antralfollikel exprimiert FSH-Rezeptoren. FSH fördert damit das Wachstum (Zellteilung), die Steroidproduktion und die Expression von LH-Rezeptoren. Unter basalem LH-Einfluss produziert der Follikel Testosteron. In der Zyklusmitte wird er durch LH luteinisiert und ovuliert und nimmt neben der Östrogen- die Progesteronproduktion auf.
Follikelstimulierendes Hormon
Wirkweise/Metabolismus
Das follikelstimulierende Hormon (FSH) besteht aus der α-Untereinheit (α-FSH) mit 92 Aminosäuren und der β-Untereinheit (β-FSH) mit 111 Aminosäuren. Wie bei den anderen hypophysären Glykoproteinen ist nur die β-Untereinheit spezifisch für das FSH.
FSH wird, unter Stimulation der pulsatilen Ausschüttung des GnRH aus den Neuronen des Hypothalamus, von den gonadotropen Zellen der Hypophyse zyklisch ausgeschüttet. Bei der Frau finden sich FSH-Rezeptoren auf den Granulosazellen der ovariellen Follikel. Die zyklische Anpassung der FSH-Ausschüttung wird u. a. durch die steigende Östrogenkonzentration im Blut gesteuert. Hohe Östrogenspiegel senken dabei die Serum-FSH-Konzentration vor allem über eine Regulation der hypothalamischen GnRH-Sekretion (Abb. 2).
×
Diagnostik
Diagnostisch wird die Bestimmung des FSH im Serum zur Abklärung von Zyklusstörungen, bei unerfülltem Kinderwunsch und zur Beurteilung der ovariellen Reserve herangezogen. Ein erniedrigtes FSH kann dabei Hinweise auf Störungen der Hypophyse, aber auch des Hypothalamus liefern. Ein erhöhtes FSH findet sich im Rahmen des präovulatorischen Gonadotropinanstiegs, aber vor allem bei der primären Ovarialinsuffizienz. Nach der Menopause sind die FSH-Spiegel als Folge der ovariellen Erschöpfung dauerhaft erhöht.
FSH als Therapie
Therapeutisch kann die subkutane Applikation von FSH zur Unterstützung der Follikelreifung z. B. bei einem PCO-Syndrom oder im Rahmen der kontrollierten Überstimulation bei der assistierten Reproduktion eingesetzt werden. Beachtenswert ist dabei, dass bei unterschiedlichen exogenen FSH-Präparaten unterschiedliche Glykosylierungsmuster bestehen und hier unterschiedliche Aktivitätsmuster diskutiert werden.
Luteinisierendes Hormon
Wirkweise/Metabolismus
Das luteinisierende Hormon (LH) hat – abhängig vom Zykluszeitpunkt – verschiedene Aufgaben. Ziel des LH sind die gemeinsamen Rezeptoren für LH und Choriongonadotropin der Thekazellen der Frau. In der Follikelphase sorgt ein geringer, aber relevanter Spiegel des LH durch die Stimulation der LH-Rezeptoren für die Produktion von Testosteron. Dieses wird dann in den Granulosazellen zu Östrogen aromatisiert. Der hypothalamische GnRH-Puls-Generator steuert die LH-Ausschüttung. Die Höhe der Amplitude der LH-Pulse wird dabei entscheidend durch die Feedback-Effekte von Östrogenen und Progesteron auf die Hypophyse und den Hypothalamus bestimmt. In der Follikelphase findet sich eine hohe Frequenz von LH-Pulsen mit niedriger Amplitude, in der Lutealphase weniger häufige Pulse mit höherer Amplitude. Durch positives Feedback der steigenden Östrogene wird der mitzyklische LH-Peak induziert. Dieser führt am Follikel zur Ovulation und zur Luteinisierung und damit zur Produktion von Progesteron. Progesteron hemmt die Ausschüttung von LH und FSH.
Wie FSH besteht auch LH aus einer α-Kette sowie der spezifischen β-Kette. Biologisch relevant sind hierbei die hohe strukturelle Ähnlichkeit zur β-Kette des hCG und die Wirkung am gemeinsamen Rezeptor.
Diagnostik
Die Bestimmung des LH im Serum bzw. im Urin hat Bedeutung in der Diagnostik von Zyklusstörungen, beim polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS) oder auch zur Feststellung des Ovulationszeitpunktes. Erniedrigte Werte sind dabei typisch für eine hypothalamisch/hypophysäre Störung. Ein hoher LH-Spiegel findet sich physiologischerweise periovulatorisch und mit FSH bei der hypergonadotropen Ovarialinsuffizienz. Leicht bis mäßig erhöhte Werte können Folge der komplexen Dysregulation beim PCOS sein. Die Veränderung der GnRH-Ausschüttung der ein hoher LH-Tonus zugrunde liegt, wird dabei unter anderem durch Insulin, IGF-1 und Androgene verursacht.
LH als Therapie
Die subkutane Applikation von LH wird in der assistierten Reproduktion zur Unterstützung von ovariellen Stimulationszyklen verwendet. Die LH-Gabe zur Ovulationsinduktion ist mit den aktuell verfügbaren Präparaten beim Menschen nicht möglich. Hierzu wird derzeit hCG verwendet.
Humanes Choriongonadotropin
Wirkweise/Metabolismus
Das humane Choriongonadotropin (hCG) existiert in diversen Isoformen, von denen 2 Subtypen für die Schwangerschaft eine besondere Rolle spielen: das reguläre hCG, das für den Erhalt der Schwangerschaft in den ersten 10 Schwangerschaftswochen wesentlich verantwortlich ist, und ein hyperglykolisiertes hCG, das über Stimulation endometrialer Rezeptoren die Implantation des Embryos fördert. Das hCG wird fast ausschließlich von den Zytotrophoblastzellen der Plazenta gebildet. Nur bei sehr hoher Gonadotropinproduktion der Hypophyse, wie zum Beispiel in der Menopause, wird in geringem Maße hypophysäres hCG nachweisbar. Auch bestimmte Keimzelltumoren (z. B. Chorionkarzinome) und Mammakarzinome können in seltenen Fällen hCG produzieren. Ohne Produktion von hCG ist das Corpus luteum im Ovar der Frau nach ca. 14 Tagen erschöpft und stellt seine Steroidproduktion ein. Die entsprechende Hormonentzugsblutung ist damit das klinische Zeichen des neuen Zyklus. Hat sich eine Schwangerschaft implantiert, so stimuliert hCG die LH/hCG-Rezeptoren am Corpus luteum und am Endometrium. Die Progesteronproduktion wird fortgeführt und die Entzugsblutung verhindert. In der späteren Schwangerschaft wird die Progesteronproduktion dann von der Plazenta übernommen. Die biologische Halbwertszeit von hCG liegt bei etwa 8 h. Ein Maximum des Spiegels wird im 2. bis 3. Schwangerschaftsmonat erreicht. Die Proteinsequenzen für hCG und LH sind zu über 90 % homolog. Zur β-Kette des FSH findet sich dagegen nur eine Homologie von ca. 30 %.
Diagnostik
Die Bestimmung von hCG im Urin und im Serum dient vor allem dem Nachweis und in gewissen Grenzen auch der Verlaufsbeurteilung einer Frühschwangerschaft. In seltenen Fällen ist hCG auch als Tumormarker bei Keimzelltumoren angezeigt. Nach der Menopause und bei anderen Formen der ausgeprägt hypergonadotropen Ovarialinsuffizienz kann auch hypophysäres hCG in geringer Menge nachweisbar sein. Können eine Schwangerschaft und hypophysäres hCG ausgeschlossen werden, sind hCG-Spiegel im Serum ein Zeichen für das Vorliegen eines Chorionkarzinoms. Im Gegensatz zu früheren Essays wird heute im Labor nicht mehr nur die Konzentration der β-Kette (β-hCG), sondern die des gesamten hCG bestimmt.
hCG als Therapie
Therapeutisch wird hCG vor allem zur Ovulationsinduktion eingesetzt. Die hohe strukturelle Ähnlichkeit zu LH führt über subkutane oder intramuskuläre Injektion über die Stimulation der LH-Rezeptoren am reifen Follikel zu einer Luteinisierung. Die deutlich höhere Halbwertszeit des hCG gegenüber LH wird dabei auch zur Lutealphasensubstitution genutzt. Auch die Injektion von hCG in der Lutealphase dient dem Erhalt der Progesteronproduktion und damit der Verbesserung der Implantation in der assistierten Reproduktion.
Thyreoidea-stimulierendes Hormon
Wirkweise/Metabolismus
Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH, Thyreotropin) wird wie LH, hCG und FSH aus zwei Proteinketten gebildet. Die sequenzgleiche α-Kette wird vom selben Gen kodiert. Charakteristisch ist auch hier die spezifische β-Kette. Die TSH-Produktion der thyreotropen Zellen des Hypophysenvorderlappens wird zum einen durch die negative Rückkopplung der Schilddrüsenhormone geregelt, zum anderen über das Thyreotropin-Releasing-Hormon (TRH, Thyreoliberin) des Hypothalamus. Ziel des TSH sind die TSH-Rezeptoren der Schilddrüse. TSH gelangt über den Blutweg zur Schilddrüse und bewirkt in den Schilddrüsenzellen die Bildung von Thyroxin (T4) und Triiodthyronin (T3). Das Zusammenspiel von TRH und dem negativen Feedbackmechanismus von T3 und T4 führen zu einem adaptierten, gleichmäßigen Spiegel der Schilddrüsenhormone.
Diagnostik
Der Spiegel des TSH im Serum kann indirekt als Parameter für die Schilddrüsenfunktion herangezogen werden. Ein erniedrigtes TSH spricht dabei für eine gesteigerte Schilddrüsenhormonproduktion oder auch eine iatrogene Überdosierung von Thyroxin. Ein erhöhtes TSH findet sich bei einer Schilddrüsenunterfunktion und in leichteren Fällen auch bei bestimmten Medikamenten oder einer Hyperandrogenämie. Sekundäre Schilddrüsenfunktionsstörungen aufgrund eines hypophysären TSH-Mangels oder einer TSH-Überproduktion z. B. bei einem Hypophysenadenom sind im Vergleich zu primären Schilddrüsenfunktionsstörungen, die durch eine Veränderung im Bereich der Schilddrüse selbst zustande kommen, äußerst selten. Die Stimulierbarkeit des TSH in der Hypophyse kann mittels eines TRH-Stimulationstests überprüft werden.
TSH als Therapie
TSH wird derzeit therapeutisch nicht eingesetzt. Zur Behandlung von Schilddrüsenfunktionsstörungen kommen Thyroxin oder bei Überfunktion Thyreostatika zum Einsatz.
Weitere hypophysäre Botenstoffe
Neben den beschriebenen Substanzen sind weitere Botenstoffe im hypothalamisch-hypophysären System von essenzieller Bedeutung. Nur beispielhaft seien hier der Regelkreis des Kortisolstoffwechsels mit dem adrenokortikotropen Hormon, das Wachstumshormon, Prolaktin oder die Neurohypophysenhormone Oxytocin und Vasopressin genannt.
Steroidhormone
Die Steroidhormone lassen sich in 5 weitere Klassen unterteilen:
Sie leiten sich alle von einem gemeinsamen Vorläufer ab, dem Pregnenolon, das aus dem Cholesterin synthetisiert wird (Abb. 3). Für die Steroidogenese sind aber nicht nur die Substanzen selbst von großer Bedeutung, sondern auch die ortsständigen Enzyme. Die Steroide werden als Vorstufen transportiert und enzymatisch weitersynthetisiert. Für das Verständnis der Steroidwirkung ist also nicht nur die Kenntnis der einzelnen Botenstoffe essenziell, sondern auch ihr weiterer Stoffwechsel in den Zielzellen. Exemplarisch sei an dieser Stelle das Testosteron genannt, das in seinen Zielzellen durch die 5α-Reduktase in das biologisch aktive Dihydrotestosteron umgewandelt wird, oder das Östradiol, das durch die Aromatase aus Testosteron gebildet wird. Biochemisch sind die Steroide eine Gruppe von Substanzen, die aus 3 Ringstrukturen mit jeweils 6 Kohlenstoffatomen und einem Ring mit 5 Kohlenstoffatomen, dem Steroidring, bestehen. Dieser Steroidring hat Seitenketten, die durch Abspaltung oder Doppelbindungen für die biologische spezifische Wirkung wichtig sind. Um eine einheitliche Sprachregelung zu ermöglichen, wurden die Ringe mit den Buchstaben A, B, C und D bezeichnet und die Kohlenstoffatome nummeriert (Abb. 3). Steroide werden maßgeblich von den Gonaden, den Nebennierenrinden und der Plazenta gebildet, daneben sind aber auch viele periphere Gewebe wie Haut, Muskel- und Fettgewebe sowie die Leber in der Lage, aus Steroidvorstufen die biologisch aktiven Steroide zu bilden. Gerade im Bereich der Steroide schreitet die Forschung in Höchstgeschwindigkeit voran. Neue Gene, neue Signalwege, neue Rezeptoren und auch neue Steroide bzw. deren Metabolite zeigen zunehmend die enorme Komplexität der Stoffwechselsteuerung durch den Steroidstoffwechsel auf. Die Kenntnis der „klassischen“ Wege stellt damit nur die Basis des klinischen Verständnisses der „Sexualhormone“ dar.
×
Androgene/Testosteron
In den Stroma und den Thekazellen des Ovars werden die beiden wichtigsten androgenen Vorstufen Androstendion und Dehydroepiandrosteron (DHEA) synthetisiert. Die weitere Synthese von adrenalen Steroiden wie Gluko- und Mineralokortikoide ist im Ovar nicht möglich, da die entsprechenden Enzyme fehlen (21- und 11β-Hydroxylase). Unter Einfluss des LH werden aus Pregnenolon über 17-Hydroxy-Pregnenolon und Progesteron vor allem Androstendion, DHEA und Testosteron gebildet. Die weitere Aromatisierung zum Östrogen erfolgt dann durch die Granulosazellen. Das enge verzahnte Zusammenspiel von Theka- und Granulosazellen wird maßgeblich durch die Spiegel von LH und FSH, aber auch durch die sich anpassende Dichte der LH- und FSH-Rezeptoren der Follikel gesteuert.
Stoffwechsel, Synthese, Wirkung
Testosteron wird von einer 17β-Hydroxy-Steroiddehydrogenase und einer 3β-Hydroxysteroiddehydrogenase aus DHEA gebildet. Es wird im Serum gebunden an Sexualhormon-bindendes Globulin (SHBG) und wirkt maßgeblich über einen intrazellulären Rezeptor. Dieser bindet allerdings weniger das Testosteron selbst, sondern das durch die 5α-Reduktase synthetisierte Dihydrotestosteron (DHT) (Abb. 3). Der Androgenrezeptor wird außer in den den Sexualgeweben auch in einer Vielzahl weiterer Zellen exprimiert, hierzu zählen unter anderem Gehirn, Knochen, Haut, Muskulatur und Leber. Um die Ausprägung einer klinischen Hyperandrogenämie zu verstehen, ist die Kenntnis der Bindung an das SHBG essenziell. Der Großteil des zirkulierenden Testosterons liegt gebunden an SHBG vor, doch nur der freie Anteil (etwa 1 %) entfaltet seine biologische Aktivität. Somit beeinflusst neben dem Gesamttestosteron vor allem der Spiegel des SHBG die hormonelle Aktivität. Da die hauptsächlich wirksame Substanz aber das Dihydrotestosteron ist, kann auch bei physiologischen Spiegeln von Testosteron und SHBG eine gesteigerte periphere Aktivität vorliegen, wenn die 5α-Reduktase mehr DHT synthetisiert. Daraus lässt sich zum Beispiel die „kutane“ Hyperandrogenämie bei kutanen Symptomen, aber normalen Spiegeln von Testosteron und SHBG erklären. Die androgenen Vorstufen sind am Androgenrezeptor nur schwach oder gar nicht wirksam. Insbesondere beim Androgenstoffwechsel wird also deutlich, dass Steroide nicht per se aktiv sind, sondern dass vielmehr die Regelung der gewebespezifischen Enzyme die Steroidwirkung bestimmt.
Dies ist auch in der therapeutischen Beeinflussung von Steroidwirkungen relevant. Beispielsweise liegt die maßgebliche antiandrogene Wirkung eines Kontrazeptivums nicht der Beeinflussung eines Rezeptors, sondern in der Steigerung des SHBG und damit der Absenkung des aktiven Anteils des Testosterons. Testosteron und Dihydrotestosteron wirken nicht spezifisch an einem einzelnen Organ, sondern haben abhängig von Rezeptordichte und Enzymaktivität in den androgenabhängigen Organen anabole oder androgene Wirkungen. Bei der Frau sind die Androgene die obligaten Vorstufen der Östrogenbildung, aber auch beim Mann entfaltet das Testosteron beispielsweise am Knochen und am ZNS seine Wirkung durch die Aromatisierung zum Östrogen. Die klinisch relevantesten Androgenwirkungen sind die geschlechtsspezifischen Wirkungen mit der Ausprägung der sekundären Geschlechtsmerkmale, der Fortpflanzungssregulation und der geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen. An Skelett und Muskulatur zeigen Androgene eine anabole Wirkung, am ZNS steuern sie Antrieb und Aggressivität. In der Haut stimulieren sie die Talgproduktion, das androgenabhängige Wachstum der Haare und steuern die Zusammensetzung der Schweißproduktion. Im Fettstoffwechsel senken sie das HDL- und steigern das LDL-Cholesterin, und in der Leber senken sie die Proteinproduktion, z. B. auch des SHBG.
Diagnostik
Störungen im Androgenhaushalt stellen eine alltägliche Herausforderung in der gynäkologischen Praxis dar. Eine Bestimmung der Androgenspiegel ist zum Beispiel im Rahmen der Zyklusdiagnostik und bei jeglicher klinischen Symptomatik einer Hyperandrogenämie angezeigt und möglich. Es lassen sich damit sowohl die laborchemische Ausprägung quantifizieren als auch diverse differenzialdiagnostische Erwägungen ableiten. Aus den physiologischen Vorgängen wird deutlich, wie komplex sich eine Androgendiagnostik gestalten kann. Es sollte bei der Quantifizierung neben den ausgeprägten zyklischen Veränderungen vor allem an die Bestimmung des SHBG zur Beurteilung des „freien“ Testosterons gedacht werden. Bei Bestimmung der androgenen Vorstufen lässt sich eine teilweise differenzialdiagnostische Abgrenzung der ovariellen zur adrenalen Steroidproduktion vornehmen. Die wichtigsten ovariellen Androgene sind das Androstendion und das DHEA. Die Nebennierenrinde produziert maßgeblich DHEA und 17α-Hydroxy-Progesteron (Abb. 3). Durch Bewertung der Verteilung und ggf. ergänzt durch einen ACTH-Stimulationstest lässt sich eine Hyperandrogenämie meist dem Ovar oder der Nebennierenrinde zuordnen. Eine weitere entscheidende Rolle in der Entstehung einer klinischen Hyperandrogenämie kann das Insulin spielen. Bei einer Hyperinsulinämie kommt es – neben diversen weiteren Vorgängen – zu einer Absenkung der SHBG-Spiegel und damit zu einer Erhöhung des biologisch aktiven Anteils des Testosterons.
Therapie
Die Therapie eines Testosteronmangels im Sinne einer Substitutionstherapie ist oral, transdermal und per Injektion möglich und beim Mann auch zugelassen. Eine mögliche Indikation bei der Frau können Libidostörungen sein. In der Kinderwunschtherapie wird immer wieder auch der Einsatz von DHEA zur Unterstützung der Follikelreifung und Verbesserung des ovariellen Ansprechens diskutiert. Ausreichende wissenschaftliche Evidenz zur Wirksamkeit fehlt jedoch. In der Mehrheit der Fälle wird jedoch die Therapie der Hyperandrogenämie erwünscht sein, die an anderer Stelle (Kap. „Androgenisierung: Diagnostik und Therapie:Akne vulgaris, Hirsutismus, Alopecia androgenetica“) eingehend erläutert wird.
Östrogene
Stoffwechsel, Synthese, Wirkung
Beim Menschen sind Hauptsächlich drei Östrogene aktiv. Die wirksamste und klinisch bedeutsamste Form ist das 17β-Östradiol. Wenn von Östrogen gesprochen wird, ist in den meisten Fällen das 17β-Östradiol gemeint, das auch in diesem Text vereinfacht als Östradiol bezeichnet wird. Daneben sind das Östriol und das Östron als Metabolite des Östradiols relevant. Das Schlüsselenzym der Östrogensynthese ist die Aromatase, die aus Testosteron Östradiol und aus Androstendion Östron bildet (Abb. 3). Die menschliche Aromatase wird in verschiedensten gesunden Geweben exprimiert: den weiblichen und männlichen Gonaden, der Plazenta, dem Gehirn, den Knochen, der Prostata und dem Fettgewebe. Die ovarielle Aromatase wird für die Umwandlung des aus Thekazellen stammenden Testosterons in follikuläres Östradiol in den Granulosazellen benötigt.
Die Wirkung der drei „natürlichen“ Östrogene am Rezeptor ist allerdings sehr unterschiedlich. Östron wirkt vor allem über eine (Rück-)Umwandlung in Östradiol, während Östriol nicht mehr in Östradiol umgewandelt werden kann. Östriol hat zwar eine viel geringere Affinität zum Östrogenrezptor als Östradiol, kann aber bei hoher Konzentration (wie z. B. in der Schwangerschaft) klassische östrogene Wirkungen auslösen. Die Östrogene wirken dabei keineswegs nur als „Sexualhormone“, sie müssen aus heutiger Sicht vielmehr als „Stoffwechselhormone“ angesehen werden. Neben der proliferativen Wirkung am Endometrium, Myometrium und der Brustdrüse finden sich Östrogenrezeptoren in nahezu allen menschlichen Geweben. Klinisch besonders relevant sind hier vor allem das Herz-Kreislauf-System, das ZNS, Knochen, Muskeln und Gelenke. Östrogene regulieren in einem gewissen Maß die Wassereinlagerung in Bindegewebe und darüber den Hautturgor. Über die Leber und andere Mechanismen steuern sie diverse Proteine und beeinflussen den Lipidstoffwechsel. Östrogene wirken hauptsächlich über zwei intrazelluläre Rezeptoren (Östrogenrezeptor α und β) und die Stimulation diverser Transkriptionsfaktoren. Die erzielte Wirkung ist aber neben der zirkulierenden Menge des Steroids wieder stark abhängig vom Rezeptortyp und der Rezeptordichte im jeweiligen Gewebe. Heutzutage werden auch weitere, membranständige Rezeptortypen und deren Metabolismus erforscht. Der Östrogenstoffwechsel ist aber letztlich noch deutlich komplexer.
Auch andere östrogenartige Metabolite wie die konjugierten equinen Östrogene (Östrogene aus Stutenharn) oder die körpereigenen Abbauprodukte wie Östriol oder aus dem Fettgewebe synthetisiertes Östron zeigen noch eine relevante biologische Wirksamkeit. Selbst verschiedene nichtsteroidale Substanzen wie die „selektiven Östrogen-Rezeptor-Modulatoren“ (SERM) sind auf sehr differenzierte Weise in der Lage, die Östrogenrezeptoren zu aktivieren und spezifische Signalketten auszulösen.
Diagnostik
Die Bestimmung der Östrogenspiegel ist ein zentraler Punkt in der Zyklusdiagnostik und für die endokrine Funktionsdiagnostik. Bedacht werden muss unbedingt die zyklische Rhythmik. Die kurze Halbwertszeit und die sehr begrenzte Korrelation der Serumspiegel zu klinischen Beschwerden machen die Bestimmung beim klimakterischen Syndrom und zum Therapiemonitoring einer Hormonersatztherapie praktisch obsolet. Das in klassischen kombinierten Kontrazeptiva enthaltene Ethinylestradiol wird bei der 17-ß-Östradiol Bestimmung nicht mitgemessen. Pillenanwenderinnen zeigen daher häufig scheinbar niedrige Estradiolspiegel obwohl durch das Ethinylestradiol eine aureichende Rezeptoraktivierung und östrogentypische Wirkung erzielt wird.
Östrogene als Therapie
Östrogenpräparate werden vor allem in der hormonellen Kontrazeption und der Hormonersatztherapie nach den Wechseljahren eingesetzt. Sie gehören damit zu den am häufigsten verordneten Präparaten überhaupt. Eine seltenere Indikation sind die Substitution bei anderen Formen des Hypogonadismus und im Bereich der Kinderwunschtherapie zum Endometriumaufbau und zur Lutealphasensubstitution.
Die Östrogentherapie wird als Stoffklasse sowohl von Laien als auch den Medien und sogar in der medizinischen Fachwelt fälschlicherweise als einheitliche Therapieform betrachtet. Der versierte Gynäkologe sollte dies allerdings sehr viel differenzierter betrachten. Aufgrund der Unterschiede der Inhaltsstoffe, der Dosierungen, der galenischen Zubereitung und vor allem auch der Applikationsform sind große Unterschiede in der Wirkung, aber auch im Nebenwirkungsspektrum zu erwarten.
Obwohl das physiologisch aktivste Östrogen das 17β-Östradiol ist, ist dessen orale Verabreichung technisch schwierig umzusetzen, da es durch einen ausgeprägten First-pass-Effekt in der Leber weitgehend inaktiviert wird. Auch durch Mikronisierung oder Veresterung (z. B. Östradiolvalerat) ist die Bioverfügbarkeit gering, und es müssen oral hohe Dosierungen verabreicht werden. Eine Veresterung ermöglicht auch eine parenterale Applikation, da durch die langsame Freisetzung eine Depotwirkung erreicht wird. Ein hoch potentes orales Östrogen stellt das Ethinylöstradiol dar. Durch die Einführung einer Ethinylgruppe am C17 wird der Abbau in der Leber deutlich verlangsamt. Dadurch erklären sich auch die stärkeren Auswirkungen auf den Leberstoffwechsel. Durch die vielfache und längere Leberzirkulation werden z. B. SHBG und verschiedene Gerinnungsfaktoren stärker stimuliert als durch Östradiol. Durch den verlangsamten Abbau kommt es auch zu einer verstärkten Suppression der Gonadotropinsekretion der Hypophyse. Bei gleichzeitig gutem proliferativen Effekt am Endometrium hat sich damit das Ethinylöstradiol als Standardpräparat in der hormonellen Kontrazeption durchgesetzt.
Eine weitere wichtige orale Dareichungsform sind die konjugierten equinen Östrogene. Diese stellten vor allem in den USA für lange Zeit die Hauptsubstanzen in der Hormonersatztherapie dar und waren auch in der großen Studie Women’s Health Initiative (WHI) die eingesetzten Präparate. Mit den ungünstigen Ergebnissen der WHI-Studie bezüglich Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Brutskrebs war der große Umbruch in der Hormonersatztherapie initiiert worden (Kap. „Klimakterisches Syndrom und Menopause: Diagnostik und Therapie“). Konjugierte Östrogene werden aus dem Harn trächtiger Stuten extrahiert und enthalten ein Gemisch verschiedener Östrogenmetabolite, vor allem Östron und verschiedene equine Steroide wie Equilinsulfat. 17β-Östradiol findet sich nur in Konzentrationen von unter 1 %, sodass die östrogene Wirkung vor allem durch die Umwandlung von Östron zu Östradiol erklärt wird.
Ein entscheidender Faktor für das pharmakologische Wirk- und Nebenwirkungsspektrum der Östrogene ist aber auch die Applikationsform. Neben der oralen und intramuskulären Applikation ist vor allem die transdermale Gabe etabliert. Hierbei sind weitaus geringere Dosierungen erorderlich, da der First-pass-Effekt in der Leber weitgehend umgangen wird. Auch die Rate der Nebenwirkungen wird dadurch geringer, da weniger Einfluss auf SHBG und die Gerinnungsfaktoren erfolgt. Auch eine vaginale Anwendung ist möglich und gerade zur Therapie der lokalen Beschwerden bei vaginaler Atrophie angezeigt. Vaginales Ethinylestradiol steht auch zur Kontrazeption zur Verfügung.
Als „Alternativen“ zur klassischen Pharmakotherapie sind neben den „bioidentischen“ Zubereitungen eine Vielzahl sogenannter „natürlicher“ Östrogene als Phytotherapeutika oder Nahrungsergänzungsmittel erhältlich. In der Mehrheit sind dies nicht verschreibungspflichtige Präparate, denen – ähnlich den etablierten „synthethischen“ Östrogenen – östrogene Wirkungen zugschrieben werden. Pflanzliche Substanzen mit östrogenähnlicher Wirkung lassen sich in drei Gruppen einteilen: Flavonoide, Coumestane und Lignane. Zum Teil wirken diese wie klassische Östrogene am Rezeptor, zum Teil über alternative Signalwege, zum Teil ist die Wirkweise noch ungeklärt. Insgesamt ist die Studienlage zu den Phytoöstrogenen, aber auch den „bioidentischen“ Präparationen sehr unterschiedlich, und weder die Wirkungen noch deren Unbedenklichkeit können derzeit abschließend bewertet werden.
In der Gynäkologie spielt neben der Therapie mit Östrogenen auch die „Antiöstrogentherapie“ in verschiedenen Indikationen eine große Rolle. Diese erfolgt entweder über eine Hemmung der hyophysären FSH-Ausschüttung durch GnRH-Agonisten und -Antagonisten, durch eine Interaktion am Rezeptor durch selektive Östrogen-Rezeptormodulatoren (SERM) oder durch die Hemmung der Synthese des Östradiol durch Hemmung der Aromatase.
Gestagene/Progesteron
Stoffwechsel, Synthese, Wirkung
Zu den natürlichen Gestagenen zählen die endogen im menschlichen Körper gebildeten Gestagene, maßgeblich das Progesteron, aber auch zahlreiche hydroxylierte Formen und Metabolite sowie die Vorstufe Pregnenolon und das 17α-Hydroxy-Progesteron. Progesteron ist ein C21-Steroid, das in Ovar, Nebennierenrinde und Plazenta aus Pregnenolon entsteht. Progesteron ist das Hauptprodukt der luteinisierten Granulosazellen des Follikels (Abb. 3). Nach Induktion durch den „LH-Peak“ der Hypophyse, Induktion der Ovulation und Umstellung der Funktion wird der Follikel Corpus luteum genannt und produziert nun neben Östrogen in 10- bis 20-facher Menge Progesteron. In der Schwangerschaft wird Progesteron von der Plazenta gebildet. Der Übergang von Corpus luteum auf Plazenta beginnt bereits in der 5.–6. Schwangerschaftswoche und wird etwa ab der 10.–12. Schwangerschaftswoche vollständig von der Plazenta übernommen. Neben der klassischen Wirkung über den intrazellulären Progesteronrezeptor und seine genomischen Effekten werden auch verschiedene nichtgenomische Signalwege und Wechselwirkungen mit diversen extrazellulären Faktoren diskutiert. Abgebaut wird Progesteron in der Leber in verschiedene inaktive, aber auch aktive Metabolite. Von Bedeutung sind hier unter anderem die Pregnanolone, denen eine ausgeprägte sedative Wirkung zugeschrieben wird.
Progesteron wirkt im Hypothalamus-Hypophysen-Regelkreis mit einer Modulation der LH-Pulse (Senkung der LH-Pulsfrequenz und Steigerung der Amplitude) und verhindert dadurch weitere LH-Peaks, die für eine Ovulationsinduktion erforderlich sind. Diese ovulationshemmende Wirkung stellt auch das maßgebliche Prinzip der synthetischen Gestagene zur Kontrazeption dar. Progesteron ist unverzichtbar für die Einnistung der befruchteten Oozyte und die Aufrechterhaltung der Schwangerschaft. Es führt am Endometrium zur sekretorischen Transformation, das heißt zur Ausbildung von Drüsenschläuchen, Spiralarterien und Glykogeneinlagerung am durch Östradiol proliferierten Endometrium. Am Myometrium reduziert Progesteron die kontraktile Aktivität der Muskelzellen. An der Zervix antagonisiert Progesteron die Wirkung des Östrogens. Die periovulatorische Viskositätsänderung unter Östrogeneinfluss wird in der Lutealphase zurückgefahren, und das Zervixsekret wird für Spermien unpassierbar. An der Brustdrüse zeigt Progesteron synergistische Effekte zum Östrogen und trägt zur Proliferation und Differenzierung des Drüsenepithels bei.
Neben diesen klassischen Funktionen als Sexualhormon finden sich aber noch eine Vielzahl weiterer Wirkmechanismen im gesamten Körper. Nur beispielhaft genannt seien hier die Temperaturregulation, der Aldosteroantagonismus sowie psychische Effekte auf Libido und Schlaf. Komplexe metabolische Effekte auf den Lipid-, Glukokortikoid- und Kohlehydratstoffwechsel unterstreichen die Bedeutung der Gestagene als „Stoffwechselhormone“. Es sollte aber hervorgehoben werden, dass die Wirkweise der synthetischen Gestagene nicht mit der des „natürlichen“ Progesterons identisch sind. Vielmehr müssen je nach biochemischer Grundstruktur diverse Partialwirkungen unterschieden und beachtet werden.
Diagnostik
Die Bestimmung von Progesteron wird vor allem in der Zyklusdiagnostik und bei Kinderwunschpatienten benötigt. Progesteron zeigte eine ausgeprägte zyklische und in der späten Lutealphase auch eine ausgeprägte zirkadiane Rhythmik. Diese kann, nicht beachtet, zu Fehlinterpretationen der Spiegel führen, die letztlich immer nur Momentaufnahmen liefern können.
Eine Besonderheit besteht bei oraler Therapie mit „natürlichem“ Progesteron. Durch den hohen Lebermetabolismus werden bei Progesteronbestimmung aus dem Serum regelmäßig falsch hohe Spiegel bestimmt, da nicht das Progesteron selbst, sondern seine kreuzreagierenden Metabolite gemessen werden.
Die Vorstufen und anderen Gestagene wie Pregnenolone und 17α-Hydroxy-Progesteron werden in speziellen Fällen zur Differenzierung in adrenale und ovarielle Hyperandrogenämie auch im Rahmen eines ACTH-Stimulationstests gemessen.
Gestagene/Progesteron als Therapie
Gestagene und Progesteron bieten vielfältige therapeutische Einsatzmöglichkeiten. Natürliches Progesteron wird hauptsächlich aus der Yamswurzel synthetisiert. Das darin in hohen Konzentrationen enthaltene Diosgenin wird in Progesteron umgewandelt. Diosgenin ist ein Cholesterinderivat, bei dem chemisch eine Seitenkette abgespalten werden muss, um Progesteron zu erhalten. Die Yamswurzel enthält also selbst kein Progesteron, und das Produkt pflanzlicher Herkunft unterscheidet sich biochemisch nicht vom synthethisch hergestellten oder aus tierischem Material gewonnenen Progesteron.
Therapeutisch wird Progesteron in mikronisiertierter Form oral und vaginal zur Hormonersatztherapie, zur Zyklusregulierung, zur Lutealphasensubstitution und zur Prävention von Aborten eingesetzt. Die schwache ovulationshemmende Wirkung des Progesterons macht es für die Kontrazeption ungeeignet.
Hier kommen die verschiedenen synthetischen Gestagene zum Einsatz. Die empfängnisverhütendene Wirkung der Gestagene beruht dabei einerseits auf der hypophysären Hemmung der Gonadotropinausschüttung, andererseits auch auf der peripheren Wirkung auf Zervixsekret, Endometrium und Tubenmotiliät. Die synthethischen Gestagene haben noch weitere, teils erwünschte, teils unerwünschte Partialeffekte, sie können östrogene, androgene oder andere metabolische Wirkung haben. Ein häufig genutzter Effekt sind die antiandrogenen Eigenschaften einiger Gestagene. Die Transformationswirkung am Endometrium ist teils deutlich ausgeprägter als beim Progesteron, was den Einsatz zur Zyklsusregulierung ermöglicht. Dieses große Spektrum der gestagenen Partialwirkungen kann therapeutisch gezielt genutzt werden, um eine individualisierte Therapie anzubieten. Progesteronrezeptorantagonisten werden zum Schwangerschaftsabbruch eingesetzt (Mifepriston). Progesteronrezeptormodulatoren wie Ulipristalacetat können zur Notfallkontrazeption und zur Behandlung von Myomen eingesetzt werden.
Ausblick und andere Steroide
Während in der klassischen Sicht der Hormonforschung die Hauptvertreter der fünf Klassen (Androgene, Östrogene, Gestagene, Glukokortikoide und Mineralokortikoide) im Zentrum standen, kommt in den letzten Jahren den Metaboliten, glykosylierten Formen, neuen enzymatischen und den nicht genomischen Partialwirkungen eine zunehmende Bedeutung zu. Auch die intrazellulären Kaskaden, die durch einfache Bindung eines Steroids an seinen Rezeptor nicht ausreichend erklärt sind, lassen sich durch die Entdeckungen von Rezeptor-Koaktivatoren und -Hemmern heutzutage zunehmend besser verstehen. Ebenso sind die steroidalen Wirkungen verschiedener nichtsteroidaler Wirkstoffe (Selective Estrogen Receptor Modulator, SERM; Selective Andregon Receptor Modulator, SARM; Selective Progesterone Receptor Modulator, SPRM) und „neue“ Steroide z. B. pflanzlicher Herkunft im Fokus der Steroidforschung angekommen.
Literatur
Andersen CY, Ezcurra D (2014) Human steroidogenesis: implications for controlled ovarian stimulation with exogenous gonadotropins. Reprod Biol Endocrinol 12(1):128CrossRef
Bousfield GR, Dias JA (2011) Synthesis and secretion of gonadotropins including structure-function correlates. Rev Endocr Metab Disord 12(4):289–302CrossRef
Cameo P, Srisuparp S, Strakova Z, Fazleabas AT (2004) Chorionic gonadotropin and uterine dialogue in the primate. Reprod Biol Endocrinol 2(1):50CrossRef
Cole LA, Khanlian SA, Muller CY (2008) Detection of perimenopause or postmenopause human chorionic gonadotropin: an unnecessary source of alarm. Am J Obstet Gynecol 198(3):275–2e1CrossRef
Diedrich K, Ludwig M, Griesinger G (2013) Reproduktionsmedizin. SpringerCrossRef
Erickson GF, Danforth DR (1995) Ovarian control of follicle development. Am J Obstet Gynecol 172(2):736–747CrossRef
Ferris HA, Shupnik MA (2006) Mechanisms for pulsatile regulation of the gonadotropin subunit genes by GNRH1. Biol Reprod 74(6):993–998CrossRef
Fotherby K (1996) Bioavailability of orally administered sex steroids used in oral contraception and hormone replacement therapy. Contraception 54(2):59–69CrossRef
Gharib SD, Wierman ME, Shupnik MA, Chin WW (1990) Molecular biology of the pituitary gonadotropins. Endocr Rev 11(1):177–199CrossRef
Gudermann T, Wirkungen LF, Stoffwechsel der wichtigsten Sexualsteroide der Frau (2014) In: Leidenberger F, Strowitzki T, Ortmann O (Hrsg) Klinische Endokrinologie für Frauenärzte. Springer Berlin-Heidelberg
Haisenleder DJ, Burger LL, Aylor KW, Dalkin AC, Marshall JC (2003) Gonadotropin-releasing hormone stimulation of gonadotropin subunit transcription: evidence for the involvement of calcium/calmodulin-dependent kinase II (Ca/CAMK II) activation in rat pituitaries. Endocrinology 144(7):2768–2774CrossRef
Halme J, Ikonen M, Rutanen EM, Seppälä M (1978) Gonadotropin receptors of human corpus luteum during menstrual cycle and pregnancy. Am J Obstet Gynecol 131(7):728–734CrossRef
Kleine B, Rossmanith WG (2013a) Hormone der Adenohypophyse. In: Hormone und Hormonsystem-Lehrbuch der Endokrinologie. Springer, Berlin
Kleine B, Rossmanith WG (2013b) Peptidhormone des Hypothalamus und des Gehirns. In: Hormone und Hormonsystem-Lehrbuch der Endokrinologie. Springer, Berlin
Liu F, Usui I, Evans LG, Austin DA, Mellon PL, Olefsky JM, Webster NJ (2002) Involvement of both Gq/11 and Gs proteins in gonadotropin-releasing hormone receptor-mediated signaling in LβT2 cells. J Biol Chem 277(35):32099–32108CrossRef
Ludwig M (2014) Regulation der Ovarfunktion. In: Leidenberger F, Strowitzki T, Ortmann O (Hrsg) Klinische Endokrinologie für Frauenärzte. Springer, Berlin
Melamed P (2008) Histone deacetylases and repression of the gonadotropin genes. Trends Endocrinol Metab 19(1):25–31CrossRef
Mulvaney JM, Roberson MS (2000) Divergent signaling pathways requiring discrete calcium signals mediate concurrent activation of two mitogen-activated protein kinases by gonadotropin-releasing hormone. J Biol Chem 275(19):14182–14189CrossRef
Runnebaum BC, Rabe T (2013) Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin: Bd 1: Gynäkologische Endokrinologie. Springer
Skorupskaite K, George JT, Anderson RA (2014) The kisspeptin-GnRH pathway in human reproductive health and disease. Hum Reprod Update 20(4):485–500CrossRef
Wallach EE, Shoham Z, Schachter M, Loumaye E, Weissman A, MacNamee M, Insler V (1995) The luteinizing hormone surge – the final stage in ovulation induction: modern aspects of ovulation triggering. Fertil steril 64(2):237–251CrossRef