Addison-Krise
Die primäre
Nebennierenrindeninsuffizienz, nach dem Erstbeschreiber auch als M. Addison bezeichnet, ist eine seltene Erkrankung. In entwickelten Ländern werden über 80 % der primären Nebennierenrindeninsuffizienzen autoimmun verursacht. Die primäre Nebennierenrindeninsuffizienz wird mit einer lebenslangen, täglichen Substitution von Gluko- und Mineralokortikoiden behandelt. Seit der Entwicklung synthetischer Steroide hat sich der M. Addison von einer unausweichbar tödlich verlaufenden in eine gut behandelbare chronische Erkrankung gewandelt. Die
Addison-Krise – der Zustand einer akuten Unterversorgung mit Cortisol – ist jedoch unverändert ein lebensbedrohlicher Notfall, der unverzüglicher intensivmedizinischer Diagnostik und Therapie bedarf.
Das Wichtigste in der Diagnostik und Therapie einer
Addison-Krise ist, dieses Erkrankungsbild in die differenzialdiagnostischen Überlegungen einzubeziehen.
Hypophysäres Koma
Als hypophysäres
Koma wird die lebensbedrohliche Entgleisung einer
Hypophyseninsuffizienz bezeichnet, die zu einer schweren Bewusstseinsstörung führt. Relevant sind dabei die Ausfälle der kortikotropen und thyreotropen Funktion und ggf. auch ein entgleister
Diabetes insipidus centralis. Störungen der gonadotropen, somatotropen und laktotropen Funktion der Hypophyse hingegen führen nicht zu lebensbedrohlichen Situationen, können aber differenzialdiagnostisch wichtige Hinweise liefern (Kann
2012).
Führend sind die Ausfälle der kortikotropen und thyreotropen Funktion, sodass die klinischen Symptome und Befunde weitestgehend denen einer
Addison-Krise (Abschn.
2) und/oder eines Myxödemkomas (Abschn.
1.2) entsprechen.
Im Gegensatz zu Patienten mit primärer
Nebennierenrindeninsuffizienz, die aufgrund der stimulierten Produktion von Proopiomelanocortin Hyperpigmentierungen von Haut und Schleimhäuten aufweisen, sind Patienten mit
Hypophyseninsuffizienz, die dieses Prohormon nicht ausreichend bilden können, oft auffällig blass. Da bei sekundärer Nebennierenrindeninsuffizienz das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System in seiner grundsätzlichen Funktion nicht beeinträchtigt ist, sind zudem Entgleisungen von Serumnatrium und
-kalium zumeist weniger stark ausgeprägt oder können auch ganz fehlen. Differenzialdiagnostisch hilfreich können Symptome des sekundären
Hypogonadismus, wie spärliche oder fehlende Axillar- und Pubesbehaarung, sein. Aufgrund des akut raumfordernden Aspektes können Hypophysenapoplexien neben den Symptomen der hypophysären Insuffizienz zu
Kopfschmerzen, Augenmuskelparesen und insbesondere auch Gesichtsfeldausfällen bis hin zur totalen Erblindung führen (Savage et al.
2004).
Analog zur
Addison-Krise darf bei Verdacht auf ein hypophysäres
Koma die Einleitung therapeutischer Maßnahmen nicht durch diagnostische Maßnahmen verzögert werden. Bei bestehendem Verdacht muss daher unverzüglich nach Entnahme entsprechender Blutproben für eine Bestimmung von Cortisol, ACTH, fT4, fT3, TSH,
Prolaktin und ggf. LH, FSH,
Estradiol (bei Frauen) bzw.
Testosteron (bei Männern) sowie IGF-1 mit der Therapie begonnen werden.
Bei vollständigem Ausfall aller hypophysären Achsen finden sich erniedrigte bis nicht messbare Konzentrationen der peripheren Hormone Cortisol, fT4,
Estradiol bzw.
Testosteron und IGF-1. Die hypophysären Hormone ACTH, TSH, LH und FSH werden erniedrigt oder für die niedrigen peripheren Hormone zumindest inadäquat niedrig gemessen.
Prolaktin kann bei einem ursächlichen Prolaktinom erhöht sein, ist bei einem vollständigen Hypophysenausfall ebenfalls erniedrigt bis nicht messbar niedrig.
Bei Verdacht auf eine Hypophysenapoplexie oder -einblutung ist eine Bildgebung der Sella mittels cMRT oder, falls dies nicht verfügbar ist, mittels cCT indiziert.