Ernährung der Intensivpatient*in
Die medizinische Ernährungstherapie (MET) des kritisch Kranken orientiert sich grundsätzlich an den Phasen der „kritischen“ Erkrankung und solle unter Verwendung eines Protokolls erfolgen. Zur Optimierung der MET ist die Einschätzung des Ernährungszustandes bei Aufnahme auf die Intensivstation erforderlich. Eine MET ist dann indiziert, wenn keine bedarfsdeckende orale Ernährung innerhalb der Akutphase der kritischen Erkrankung absehbar ist.
In der Praxis werden zunächst die ernährungstherapeutischen Ziele (Kalorien- und Proteinzufuhr) festgelegt. In einem zweiten Schritt erfolgt anhand der metabolischen Toleranz (Insulinbedarf, Phosphat-Konzentration) die individualisierte, täglich durchzuführende Festlegung der tatsächlichen Höhe der Kalorien- und Proteinzufuhr. Besonderheiten unter mechanischer Nierenersatztherapie und bei intestinalen Verlusten sind zu beachten. In allen Krankheitsphasen ist der orale Zugangsweg zu bevorzugen. Bei nicht-zielgerechter oraler Ernährung sollte in allen Krankheitsphasen aus ökonomischen Gründen bevorzugt eine enterale Ernährung eingesetzt werden. Eine (ggfs. supplementäre bzw. exklusive) parenterale Ernährung kommt nur zum Einsatz, wenn das Kalorien- und Proteinziel über die enterale Ernährung nicht oder nur unzureichend erreicht wird. Die Zusammensetzung der enteralen und parenteralen Nährlösungen bzw. deren spezifische Indikation orientierten sich an den Krankheitsphasen, der klinischen Situation und dem Ausmaß der Organdysfunktion.
Vitamine und Spurenelemente sollten dann substituiert werden, wenn mit enteraler Ernährung das kalorische Ziel nicht erreicht werden kann, bzw. wenn eine supplementäre parenterale Ernährung notwendig ist, um entsprechend der Krankheitsphase und der individuellen metabolischen Toleranz das gewünschte Kalorien- und Proteinziel zu erreichen. Unter exklusiver parenteraler Ernährung besteht immer eine Indikation zur Substitution von Mikronährstoffen.
Unter MET ist zur Bestimmung der metabolischen Toleranz, und angepasst an das Ausmaß der Substratverwertungsstörung, eine regelmäßige Kontrolle der Blutzuckerkonzentration erforderlich. Die Einstellung der optimalen Blutzuckerkonzentration (110 mg/dL (6,1 mmol/L) – 200 mg/dL (11 mmol/L)) erfolgt mittels Bolus-/Dauerinfusion von Insulin.
Unter enteraler Ernährung sind zusätzlich eine engmaschige Überwachung im Hinblick auf die gastrointestinale Toleranz, und die sorgfältige Berücksichtigung von Kontraindikationen unerlässlich.
Die Therapie paralytischer intestinaler Funktionsstörungen hängt von der anatomischen Lokalisation der Funktionsstörung ab, und beinhaltet medikamentöse, mechanische und endoskopische Optionen. Bei resorptiven intestinalen Funktionsstörungen orientiert sich die spezifische Therapie an der individuellen Pathophysiologie.
Besonderheiten der MET sind bei adipösen kritisch kranken Patient*innen, kritisch kranken Patient*innen nach bariatrischen Operationen, und bei extrakorporaler Unterstützung der kardialen und/oder pulmonalen Funktion mit mechanischen Herzunterstützungssystemen zu beachten
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- Einleitung
- Festlegung der ernährungstherapeutischen Ziele (Elke et al. 2018, 2023)
- Festlegung der Kalorienzufuhrrate (Elke et al. 2018; Hartl et al. 2022)
- Festlegung der Proteinzufuhrrate (Elke et al. 2018)
- Techniken der enteralen medizinischen Ernährungstherapie (Elke et al. 2018)
- Techniken der parenteralen medizinischen Ernährungstherapie (Hartl et al. 2009, 2013; Elke et al. 2018)
- Makronährstoffzufuhr (Elke et al. 2018; Hartl et al. 2013)
- Mikronährstoffzufuhr (Elke et al. 2023)
- Spezielle Gruppen von kritisch Kranken (Elke et al. 2018, 2023)