Parallel zur schweren NVOGIB ist zunächst eine Stabilisierung des Patienten zu gewährleisten, damit die Index-ÖGD unter möglichst kontrollierten Bedingungen erfolgen kann. Präendoskopisch sollten eine vasoaktive Substanz (1–2 mg Terlipressin langsam i.v., alternativ 250 μg
Somatostatin oder 50 μg Octreotid i.v.), ein Antibiotikum (im Wesentlichen Ceftriaxon als ein Cephalosporin der 3. Generation) und ein PPI in doppelter Standarddosierung intravenös verabreicht werden (de Franchis et al.
2022). Die Rationale für eine präendoskopische PPI-Gabe bei vermuteter variköser Blutung liegt darin, dass präendoskopisch auch bei Patienten mit
Leberzirrhose nicht zwischen variköser Blutung und nicht variköser Blutung unterschieden werden kann (Rockey et al.
2016). Die Nebenwirkungen von Terlipressin sind zu beachten, u. a. kann Terlipressin als Vasopressin-Analogon zu schweren
Hyponatriämien führen (Tab.
4). Schwieriger zu beantworten ist die Frage nach der Durchführung einer präendoskopischen
endotrachealen Intubation, diese sollte bei fortgesetztem frischblutigen Erbrechen und bei schwerer quantitativer Bewusstseinsstörung im Sinne einer schweren
hepatischen Enzephalopathie zumindest in Betracht gezogen werden (de Franchis et al.
2022). Noch schwieriger zu beantworten ist die Frage nach einem suffizienten Gerinnungsmanagement. INR, PTT und Thrombozytenzahl erscheinen zur Steuerung einer prothrombotischen Therapie ungeeignet (de Franchis et al.
2022), Tranexamsäure i.v. ist auch bei variköser Blutung ohne Benefit (HALT-IT Trial Collaborators
2020), „Fresh frozen plasma“ zur Faktorensubstitution ist mit negativen Effekten einhergehend (Mohanty et al.
2021), möglicherweise durch eine Volumenüberladung mit weiterem Druckanstieg im Splachnikusgebiet mit einem erhöhten Risiko für bakterielle Translokationen (Mukhtar und Dabbous
2016). Möglicherweise sind Thrombelastometrie-basierte Therapieschemata sinnvolle Alternativen (Rout et al.
2020). Grundsätzlich ist eine variköse Blutung ausgelöst durch einen akuten Druckanstieg im Pfortaderkreislauf nicht durch eine erhöhte
Blutungsneigung bei Leberinsuffizienz. Patienten im Child-Turcotte-Pugh-Stadium C profitieren nicht mehr von einem restriktiven Transfusionsregime (Villanueva et al.
2013).
Tab. 4
Dosierung von vasoaktiven Substanzen bei (vermuteter) variköser Blutung
Somatostatin | 250-μg-Bolus i.v., dann 250–500 μg/h per infusionem für 48 h | Blutdruckanstieg, Hitzewallungen, Hyperglykämien bei Dauerinfusion |
Octreotid | 50-μg-Bolus i.v., dann 50 μg/h per infusionem für maximal 5 Tage | Diarrhö |
Terlipressin | 1–2 mg langsam i.v., dann 1 mg alle 4–6 h, maximale Tagesdosis 6-mal 20 μg/kg KG | Arrhythmien, Angina pectoris, Linksherzinsuffizienz, mesenteriale Ischämien |