Verfasst von: Jennifer Kranz und Joachim A. Steffens
Am 26.02.2013 ist das sog. Patientenrechtegesetz (Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.02.2013, BGBI. I 2013, 277) ohne Übergangsfristen in Kraft getreten. Das Gesetz kodifiziert das Behandlungs- und Arzthaftungsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) – unter Federführung des Bundeministeriums der Justiz (BMJ) – und bündelt somit die bis dato verstreuten Patientenrechte und stellt sie auf eine klare gesetzliche Grundlage (§§ 630a ff.). Ebenda sind die Anforderungen an eine ordnungsgemäße ärztliche Aufklärung des Patienten nachzulesen und sollten aus justiziabler Sicht Beachtung bei den Beteiligten finden.
Am 26.02.2013 ist das sog. Patientenrechtegesetz (Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.02.2013, BGBI. I 2013, 277) ohne Übergangsfristen in Kraft getreten. Das Gesetz kodifiziert das Behandlungs- und Arzthaftungsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) – unter Federführung des Bundeministeriums der Justiz (BMJ) – und bündelt somit die bis dato verstreuten Patientenrechte und stellt sie auf eine klare gesetzliche Grundlage (§§ 630a ff.). Ebenda sind die Anforderungen an eine ordnungsgemäße ärztliche Aufklärung des Patienten nachzulesen und sollten aus justiziabler Sicht Beachtung bei den Beteiligten finden.
Ziele des Aufklärungsgesprächs
Der Grundsatz der Einwilligung im Rahmen des „Informed Consent“ (Laufs et al. 2009) stellt die Basis der Behandlung unter Berücksichtigung des Selbstbestimmungsrechts, der Würde und der körperlichen Integrität des Patienten dar (Hirsch et al. 1979). Der Patient muss vor Durchführung einer jedweden Behandlung in diese wirksam eingewilligt haben (Grundl. RG, Urt. V. 31.05.1894-Rep 1406). Liegt keine Einwilligung vor und besteht eine Kausalität für den aufgetretenen Schaden, so besteht eine Vertragsverletzung des Behandelnden, welche einen Schadensersatz auslösen kann (vgl. BGH, Urt. v. 27.05.2008-VI ZR 69/07, MDR 2008; Rehborn 2013). Das rechtliche Ziel einer jeden Aufklärung muss somit das Erlangen einer wirksamen Einwilligung des Patienten in die geplante ärztliche Behandlung sein. Der Patient selbst muss in die Lage versetzt werden, Risiken, Komplikationen und Folgen bei ärztlichen Diagnose- und Therapieverfahren abwägen zu können. Er muss dazu kein medizinisches Fachwissen erlangen, sondern vielmehr die Bedeutung der geplanten Behandlung, mögliche Alternativen und Erfolgsaussichten bzw. Heilungschancen kennen und verstehen. Die Aufklärung des Patienten als Voraussetzung für eine wirksame Einwilligung gemäß § 630d Abs. 2 BGB ist in § 630e BGB unter der Überschrift „Aufklärungspflichten“ geregelt.
Ein Aufklärungsgespräch beinhaltet zwei essenzielle Bestandteile:
Eingriffsaufklärung (Risiko- oder Selbstbestimmungsaufklärung) gemäß § 630e BGB.
Abb. 1 skizziert schematisch Details der Aufklärungsinhalte und zeigt wichtige Unterschiede auf.
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Sicherungs- einschließlich Diagnoseaufklärung oder therapeutische Aufklärung
Dem Patienten sind gemäß § 630c Abs. 2 S. 1 BGB in laienverständlicher Art und Weise umfassend zu Beginn der Behandlung und, soweit erforderlich, in deren Verlauf sämtliche für die Behandlung wesentlichen Umstände zu erläutern, insbesondere die Diagnose, die voraussichtliche Therapie und die zu und nach der Therapie zu ergreifenden Maßnahmen. Ziel der Sicherungsaufklärung ist ein optimales Behandlungsresultat mit Sicherung des Heilungserfolgs durch konkrete Hinweise und Empfehlungen zu Verhaltensmaßnahmen (Wahrung der Schutzinteressen des Patienten). Der Behandelnde ist hierzu verpflichtet und darf nur in Ausnahmefällen, bei dem Risiko schwerster Schäden des Patienten bis hin zu konkreter Suizidgefahr, von einem „barmherzigen Verschweigen“ Gebrauch machen (Rehborn 2013). Beispiele für die Sicherungsaufklärung sind Hinweise zur Fortführung einer Thromboseprophylaxe nach größeren operativen Eingriffen nach Entlassung aus dem Krankenhaus oder Instruktionen zur Nachsorge (Prostataspezifisches-Antigen[PSA]-Bestimmung) nach erfolgter radikaler Prostatovesikulektomie bei Prostatakarzinom. Da die therapeutische Aufklärung Bestandteil einer ärztlichen Behandlung ist, muss der Patient einen Aufklärungsfehler beweisen, sofern er einen Anspruch durchsetzen will. Bezüglich der Beweislast unterscheiden sich beide Formen der Aufklärung (Risiko- und Sicherungsaufklärung) grundlegend (Abschn. 1.2). Derzeit gibt es wesentlich mehr gerichtliche Urteile zur Eingriffsaufklärung, jedoch rückt die Sicherungsaufklärung zunehmend in den Fokus der Rechtsprechung. Daher ist es dringend zu empfehlen, eine gewissenhafte Sicherungsaufklärung durchzuführen und diese entsprechend zu dokumentieren.
Eingriffs- oder Risikoaufklärung
Ziel der Eingriffsaufklärung ist es, den Patienten in die Lage zu versetzen, sich in Kenntnis der für und gegen die ärztliche Behandlungsmaßnahme bzw. den Eingriff sprechenden Gesichtspunkte für oder gegen die Behandlungsmaßnahme bzw. den Eingriff zu entscheiden. § 630e BGB beinhaltet die Eingriffsaufklärung als vertragliche Pflicht des Behandlungsvertrages und kodifiziert somit die bisher gefestigte Rechtsprechung. Dem Patienten müssen sämtliche Umstände, welche für seine Einwilligung wesentlich sind, erläutert werden. Im Einzelnen sind dies Informationen zum ärztlichen Befund, Art und Umfang des Eingriffs, Durchführung, Notwendigkeit der Maßnahme, Eignung, Risiken und mögliche Komplikationen, Erfolgs- und Heilungschancen, Gefahr des Misserfolgs und die Folgen einer Nichtbehandlung. Der Patient soll sinnvoll abwägen und abschließend entscheiden können, ob er mögliche Risiken und Komplikationen in Kauf nehmen will. Insbesondere sind echte Behandlungsalternativen
namentlich wie auch Vor- und Nachteile der zur Verfügung stehenden Methoden zu diskutieren, wobei die Wahl der Behandlungsmethode grundsätzlich Sache des Behandelnden ist. Hierbei sollten allerdings die personelle und apparativ-technische Ausstattung der Abteilung nicht ins Gewicht fallen. Wird der Patient nicht über zur Verfügung stehende, gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten einer Erkrankung, die zu jeweils unterschiedlichen Belastungen des Patienten führen oder unterschiedliche Erfolgschancen und Risiken haben, unterrichtet, ist die Einwilligung unwirksam und der Eingriff rechtswidrig. Wird dann ein Aufklärungsfehler geltend gemacht und Anspruch erhoben, so liegt die Beweislast beim Arzt. Der Behandelnde muss im Rahmen eines Zivilprozesses beweisen, dass die Risikoaufklärung ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Im Folgenden werden wesentliche Bestandteile der Eingriffsaufklärung separat aufgeführt und detailliert Besonderheiten besprochen:
Wichtig
Die personelle und apparativ-technische Ausstattung der jeweiligen Abteilung sollte auch dann nicht bei der Auswahl der Behandlungsmethode maßgebend sein, wenn sie zwar dem fachärztlichen Standard entspricht, eine andere Behandlungsmethode jedoch unter dem Gesichtspunkt des Patientenwohls vorzugswürdig wäre.
Rechtliche Aspekte des Aufklärungsgesprächs
Aufklärender
Die Rechtsprechung konstatiert gemäß § 630e Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB, dass eine ordnungsgemäße Aufklärung durch den Behandelnden oder durch eine Person erfolgen muss, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt. Somit ist es möglich, dass die Aufklärung durch eine Person erfolgt, die aufgrund ihrer abgeschlossenen fachlichen Ausbildung die notwendige theoretische Befähigung zur Durchführung der vorgesehenen Maßnahme erworben hat, auch wenn sie möglicherweise noch nicht das Maß an praktischer Erfahrung aufweist, das für die eigenständige Durchführung der Maßnahme selbst unverzichtbar ist (Bundestag Drucksache 17/11710, S. 38 f.) Grundsätzlich kann das Aufklärungsgespräch auf nachgeordnete Ärzte (auch approbierte Nicht-Fachärzte) delegiert werden, jedoch ist der delegierende Arzt weiterhin für die ordnungsgemäße Durchführung der Aufklärung verantwortlich. Er muss beispielsweise durch schriftliche Organisations- oder Verfahrensanweisungen sicherstellen, dass die Aufklärung auch bei Delegation auf den Stationsarzt ordnungsgemäß durchgeführt wird und keine Risikoerhöhung für den Patienten resultiert. Kann der Behandelnde dies nicht belegen, haftet er mitunter für Aufklärungsversäumnisse. Aufklärungen für spezielle, seltene und schwere operative Eingriffe sollten durch den behandelnden Arzt persönlich vorgenommen werden, um sich im Streitfall auf die maximale Expertise des Aufklärenden berufen zu können. Die Aufklärung durch einen fachfremden Arzt ist berufsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Dies schließt im Einzelfall eine Aufklärung durch den Arzt eines anderen Fachgebietes jedoch nicht aus, wenn dieser fachfremde Arzt über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt. Die intraoperative Übertragung von Fremdblut beispielsweise erfolgt im Regelfall durch die anästhesiologische Abteilung und nicht durch den Operateur selbst, kann aber auch ausnahmsweise durch den Operateur erfolgen. Eine ordnungsgemäße Aufklärung obliegt folglich der Anästhesie. Ein (fachfremder) Aufklärender haftet für Aufklärungsfehler, auch in Fällen, in denen er physisch nicht anwesend und beteiligt ist.
Aufzuklärender
Grundsätzlich muss eine Aufklärung gegenüber dem Patienten selbst erfolgen. Bei ausdrücklichem Verzicht des Patienten oder einer unaufschiebbaren Maßnahme ist diese jedoch entbehrlich (Abschn. 2.7).
Gemäß § 1626 Abs. 1 S. 2, Halbs. 1 BGB muss bei einem Minderjährigen eine Aufklärung beider Sorgeberechtigten, Mutter und Vater, erfolgen. Der Aufklärende hat hier aber durchaus einen Handlungsspielraum; er muss dazu abwägen, wie die geplante Maßnahme zu werten ist. In einfach gelagerten Fällen genügt es, nur den anwesenden Elternteil aufzuklären. In schwereren Fällen muss sich der Arzt vergewissern, ob der anwesende Elternteil die Ermächtigung des abwesenden Elternteils hat und wie weit die Ermächtigung reicht. In der Rechtsprechung ist allerdings nicht definiert, was genau unter einem schwereren Fall subsumiert ist. Bei schweren Maßnahmen, die ggf. mit hohen Risiken verbunden sind und somit die weitere Lebensführung des Minderjährigen negativ beeinflussen können, müssen beide Elternteile (Sorgeberechtigte) aufgeklärt und deren Einwilligung durch Unterzeichnung des Aufklärungsbogens eingeholt werden. Ist der Einwilligungsunfähige aufgrund seiner Verständnismöglichkeit und seines Entwicklungsstandes selbst in der Lage, dem Aufklärungsgespräch inhaltlich zu folgen und die Risiken der geplanten Maßnahme eigenständig abzuwägen, muss auch er aufgeklärt werden, sofern es seinem Wohl nicht zuwiderläuft (§ 630e Abs. 5 S. 2 BGB).
Form
Die Aufklärung hat ausnahmslos mündlich, in einem persönlichen, vertrauensvollen Gespräch zu erfolgen, um dem Patienten die Möglichkeit für Rückfragen zu geben (§ 630e Abs. 2 Nr. 1 BGB). Ergänzend kann auf Schriftstücke, welche zur Vorbereitung und Veranschaulichung dienen, Bezug genommen werden. Diese Aufklärungsbögen sollten allerdings in jedem Fall von dem Aufklärenden individualisiert werden; z. B. durch auf den jeweiligen Patienten bezogene handschriftliche Ergänzungen, Wegstreichen nicht zutreffender Fakten oder Operationstechniken, Einzeichnungen (Schnittführung bei offener Operation, Lage von Konkrementen des Urogenitaltraktes) oder Unterstreichen entscheidender Textpassagen. Ein solch ausgefüllter, individualisierter Bogen ist im Streitfall für das Gericht ein Indiz für eine ordnungsgemäß durchgeführte Aufklärung und entlastet ggf. den Arzt. Die Aufbewahrungsfrist für Krankenunterlagen beträgt nach der Berufsordnung (§ 10 Abs. 3 MBO-Ä) 10 Jahre, aus Beweisgründen sollten die Unterlagen jedoch 30 Jahre aufbewahrt werden. Hierdurch kann der Arzt seine ordnungsgemäße Dokumentation
beweisen und Beweisvorteile nutzen. In einfach gelagerten Fällen ist auch eine telefonische Aufklärung unter Einverständnis des Patienten (vgl. BGH, Urteil vom 15.06.2010 [Az. VI ZR 204/09]) rechtswirksam. Hierbei ist eine detaillierte Dokumentation des telefonischen Gespräches mit Inhalt, Datum und Uhrzeit sowie Einwilligung des Patienten dringend empfohlen, zudem sollten dem Patienten schriftliche Informationen über den geplanten Eingriff dem Gespräch vorausgehend zugestellt werden.
Zeitpunkt
Eine ordnungsgemäße Aufklärung hat so zeitig zu erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung frei und ohne jeglichen Zeitdruck wohlüberlegt treffen kann. Zeitlich starre Fristen sind hierzu nicht festgelegt, vielmehr sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalls maßgeblich. So gilt, dass eine Aufklärung bei stationären Eingriffen am Tag der Operation als nicht rechtzeitig angesehen wird. Des Weiteren ist eine Aufklärung bereits sedierter Patienten vor dem Eingriff unwirksam. Bei elektiven, größeren Eingriffen sollte auf eine Vorabendaufklärung verzichtet und stattdessen bereits Tage oder Wochen im Vorfeld aufgeklärt werden. Der Gesetzgeber konzediert bei eiligen Eingriffen eine stark verkürzte Aufklärungsfrist, die eine notwendige Operation am selbigen Tag ermöglicht (Bundestag Drucksache 17/10488, S 24 f.). Der Arzt behandelt bewusstlose Patienten, die nicht vor einem medizinisch notfallmäßigen Eingriff aufgeklärt werden können, nach ihrem mutmaßlichen Willen und informiert postoperativ in jedem Fall ausführlich. Bei risikoarmen, ambulanten Eingriffen kann die Aufklärung am Tag der Operation ausreichend sein, jedoch ist sie bei risikobehafteten, größeren ambulanten Eingriffen verspätet. Die Beweislast im Falle eines Prozesses liegt bei dem behandelnden Arzt, er muss die Rechtzeitigkeit der Aufklärung beweisen, um einen Anspruch abzuwehren.
Genügt die Aufklärung allerdings nicht den Anforderungen des § 630e, d. h., ist die Aufklärung gar nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführt worden, kann der Behandelnde sich darauf berufen, dass der Patient auch im Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung in die Maßnahme eingewilligt hätte (hypothetische Einwilligung gemäß § 630 h, Abs. 2 S. 2).
Verständlichkeit
Ein Patient kann seine Einwilligung in eine geplante Maßnahme nur wirksam erteilen, sofern er über die Art, Dringlichkeit, mögliche Risiken und Komplikationen, etwaige Nebenwirkungen, Neben- und Folgeeingriffe, echte Behandlungsalternativen mit Vor- und Nachteilen, Heilungs- und Erfolgschancen sowie die Gefahr der Nichtbehandlung und des Misserfolgs aufgeklärt wurde. Pflicht des behandelnden Arztes ist es, diese Kenntnisse „laiengerecht“ und verständlich zu vermitteln. Einzubeziehen sind insbesondere der Bildungsgrad des Patienten, seine Auffassungsgabe für medizinische Sachverhalte, sein Gesundheitszustand sowie die geistige und seelische Verfassung. Auch spielen das Alter und die vorherige Erfahrung in der Krankenversorgung eine Rolle. Möglicherweise muss das Aufklärungsgespräch bei Bedarf oder mangelndem Verständnis wiederholt werden. Für fremdsprachige Patienten gilt grundsätzlich dasselbe wie für Deutschsprachige. Der aufklärende Arzt sollte sich vergewissern, dass der fremdsprachige Patient dem Aufklärungsgespräch sprachlich folgen kann. Besteht Unsicherheit bezüglich der Deutschkenntnisse, muss der Arzt gemäß § 630e Abs. 2 S. 2 BGB einen vereidigten Dolmetscher oder aber eine volljährige sprachkundige Person (z. B. Mitarbeiter der Klinik, Angehörige/Freunde des Patienten) hinzuziehen. Da der nicht sprachkundige Arzt nicht in der Lage ist, zu überprüfen, ob die Übersetzung richtig erfolgt, empfiehlt sich, einen Aufklärungsbogen in Landessprache auszuhändigen, um Missverständnisse auszuschließen. In jedem Fall sind die Personalien des Dolmetschers auf dem Aufklärungsbogen zu dokumentieren und eine Unterschrift desselbigen einzuholen. Die Kosten für einen (vereidigten) berufsmäßigen Dolmetscher entfallen auf den Patienten, es sei denn, er ist weder Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung noch verfügt er selbst über eigene Mittel. In diesem Falle werden die Kosten vom zuständigen Sozialamt getragen.
Aushändigungspflicht für Formulare
Neu im Patientenrechtegesetz verankert ist die Pflicht, dem Patienten Abschriften (Kopien) von Unterlagen, die er im Zusammenhang mit der Aufklärung und Einwilligung unterschrieben hat, auszuhändigen. Auf die Vollständigkeit der Unterlagen ist hierbei zu achten, nicht ausreichend ist die Aushändigung des letzten Blattes des Aufklärungsbogens, auf welchem in der Regel die Unterschriften des Arztes und des Patienten befindlich sind. Sofern der Patient nur mündlich aufgeklärt wurde und er keine Unterlagen unterzeichnet hat, besteht keine Pflicht zur Aushändigung einer Abschrift.
Entbehrlichkeit der Aufklärung
Bei ausdrücklichem Verzicht des Patienten und/oder einer unaufschiebbaren ärztlichen Maßnahme, bei der keine Zeit für ein Aufklärungsgespräch mehr bleibt, ist eine Aufklärung entbehrlich. Bei Letzterem gilt, wie bereits oben beschrieben, dass der Patient postoperativ umfassend über den Eingriff informiert werden sollte. Ein „Blankoverzicht“ ist hingegen grundsätzlich unwirksam. Der Patient muss also zumindest über die Art und die Erforderlichkeit des Eingriffs sowie über das schwerste in Betracht kommende Risiko aufgeklärt werden (Ulsenheimer et al. 2011). Für den aufklärenden Arzt ist eine exakte, detaillierte Dokumentation über den Verzicht der Aufklärung unerlässlich.
Bei Verschiebung oder Wiederholung eines Eingriffs, für den der Patient bereits aufgeklärt wurde, gilt, dass diese Aufklärung, sofern sich keine relevanten Veränderungen des Befundes bei dem Patienten oder der geplanten Maßnahme ergeben haben, Bestand hat. Empfehlenswert ist sicherlich eine wiederholte Bestätigung des Patienten durch erneute Unterzeichnung der Aufklärung mit aktuellem Datum, Uhrzeit und kurzer Anmerkung des Behandelnden.
Zusammenfassung
Inkrafttreten des sog. Patientenrechtegesetzes am 26.02.2013.
Kodifizierung des Behandlungs- und Arzthaftungsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und Bündelung der bis dato verstreuten Patientenrechte mit klarer gesetzlicher Grundlage (§§ 630a ff.).
Grundsatz der Einwilligung („Informed Consent“) als Basis der Behandlung unter Berücksichtigung des Selbstbestimmungsrechts, der Würde und der körperlichen Integrität des Patienten.
Ziel einer jeden Aufklärung: den Patienten in die Lage zu versetzen, sich in Kenntnis der für und gegen die ärztliche Behandlungsmaßnahme bzw. den Eingriff sprechenden Gesichtspunkte für oder gegen die Behandlungsmaßnahme bzw. den Eingriff zu entscheiden.
Ein Aufklärungsgespräch beinhaltet zwei essenzielle Bestandteile: Sicherungs- einschließlich Diagnoseaufklärung (therapeutische Aufklärung) gemäß § 630c BGB sowie Eingriffsaufklärung (Risiko- oder Selbstbestimmungsaufklärung) gemäß § 630e BGB.
Der Behandelnde ist verpflichtet, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände und Behandlungsalternativen aufzuklären (Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die Therapie).
Die Aufklärung muss mündlich erfolgen, nur ergänzend kann auf schriftliche Unterlagen Bezug genommen werden.
Die Aufklärung muss verständlich und rechtzeitig erfolgen, sodass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann.
Dem Patienten sind Abschriften von Unterlagen, die er im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung unterzeichnet hat, auszuhändigen.
Keine Aufklärung ist notwendig, wenn der Eingriff unaufschiebbar ist oder der Patient auf die Aufklärung ausdrücklich verzichtet hat.
Literatur
Bundestag Drucksache 17/10488, S 24 f
Bundestag Drucksache 17/11710, S 38 f
Grundl. RG, Urt. V. 31.05.1894-Rep. 1406/94, RGSt 25, S 375
Hirsch M, Niebler E, Steinberger H, BVerfG, Beschl. V. 25.07.1979-2BvR 878774, NJW 1979, 1925
Kranz J, Wartensleben H, Steffens J (2014) Der Urologe 2014 53:637–644. Springer-Verlag, Berlin
Laufs A, Katzenmeier C, Lipp V (2009) Arztrecht, 6. Aufl. Beck, München, S 103f, s. Fn. 17
Rehborn M (2013) Zum Vertragsschluss mit Krankenhausträgern. MDR 9:49
Ulsenheimer K, Schwerdtfeger A, Wineke, A (2011) Patientenaufklärung kompakt, 1. Aufl. Thieme, Stuttgart