Die
Induratio penis plastica ist eine benigne Erkrankung mit einer penilen Plaquebildung (meist dorsal), die bei Erektion schmerzhaft sein kann und zum Teil mit einer
erektilen Dysfunktion vergesellschaftet ist. Bezüglich der Inzidenz gibt es unterschiedliche Angaben in der Literatur, es wird aber angenommen, dass ca. 3 % der 50- bis 60-Jährigen unter einer IPP leiden (La Pera et al.
2001; Mulhall et al.
2004). Bis heute ist keine gesicherte Ätiologie der IPP bekannt, es werden allerdings verschiedene Modelle für die Ätiopathogenese diskutiert. Zum einen sind genetische Dispositionen gesichert, wie die Assoziation mit der Dupuytren-Krankheit, unter der 30–40 % der IPP-Patienten leiden. Zum anderen wurde im Tiermodell nachgewiesen, dass
Transforming growth factor β (TGF-β) eine IPP induzieren kann, der Grund und die genetische Disposition hierfür sind weiterhin unklar. Am wahrscheinlichsten ist die „Traumaätiologie“. Durch rezidivierende Mikrotraumen kann es zu mikrovaskulären Schäden an der Tunica albuginea kommen, vor allem im Bereich der größten Belastung beim Geschlechtsverkehr (Devine et al.
1997). Hierdurch kommt es zur Hämatombildung mit einer sekundären Entzündungsreaktion und vermehrter Proliferation von Fibroblasten. Ein Teil dieser Fibroblasten differenziert sich zu Myofibroblasten, die dann Kollagen ablagern. Dies führt dann bei länger andauernder Entzündungsreaktion zur Bildung eines dichten fibrotischen Plaques
. Nachgewiesene Komorbiditäten und Risikofaktoren sind
arterielle Hypertonie,
Diabetes mellitus, Alkoholabusus, Nikotinabusus und
Fettstoffwechselstörungen.
Strategien
Die Therapie einer kongenitalen
Penisdeviation ist immer chirurgisch (Salonia A, EAU Guidelines
2020). Konservative Therapieansätze mit einer Androgenbehandlung zeigten bei Erwachsenen keinen Erfolg (Catuogno und Romano
2001). Darüber hinaus gibt es keine validen Daten für konservative Therapieversuche. Die chirurgischen Therapieverfahren für die kongenitale Penisdeviation folgen denselben Prinzipien wie bei der IPP, außer dass eine Plaqueexzision
nicht erforderlich ist. Die meisten Operationstechniken, die bei der IPP angewandt werden, wurden zunächst für die kongenitale Deviation beschrieben (Nesbit
1965). Auf diese gehen wir unten noch im Detail ein.
Die Therapiestrategie bei der IPP kann in der frühen Phase der Erkrankung konservativ (orale oder intraläsionale medikamentöse Therapieansätze) sein. Orale Antiphlogistika sind kaum wirksam (bis auf die analgetische Wirkung), topisch kann eine Therapie mit Verapamil und Dexamethason erfolgen. Die orale Therapie mit Potaba (Kaliumparaaminobenzoat) ist die am häufigsten rezeptierte Therapie, wenn auch randomisierte Studien keinen signifikanten Effekt nachweisen konnten. (Die Food and Administration [FDA] hat Potaba als „möglicherweise effektiv“ klassifiziert, von der European Medicines Agency [EMA] gibt es keine Zulassung für die Behandlung der IPP). Kaliumparaaminobenzoat soll den Entzündungsprozess und damit die Progression der Erkrankung aufhalten, muss allerdings langfristig (>6 Monate) angewandt werden (4-mal 3 g/Tag).
Es gibt einige wenige Studien die den Einsatz von Phosphodiesterase Typ 5 Inhibitoren
(PDE5I) unterstützen. So konnte gezeigt werden, dass die Gabe von Tadalafil das Ausmaß der Deviation verringern und die Remodelierung der Narbe im Vergleich zur Kontrollgruppe verbessern konnte (Chung et al.
2011). Sildenfil 50 mg zeigte bei IPP Patienten deutlich bessere Erektionsraten und verringerte die Schmerzen signifikant im Vergleich zur Kontrollgruppe die nur
Vitamin E erhielt (Ozturk et al.
2014).
Des Weiteren kann die extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT)
zur Schmerzreduktion eingesetzt werden (Palmieri et al.
2009). Einen Effekt auf die Rückbildung der Plaques ließ sich in Studien allerdings nicht sicher nachweisen. Diese Art der Therapie beruht auf 2 Hypothesen: Die erste Hypothese führt den Effekt der ESWT auf eine direkte Schädigung/Zertrümmerung des Plaques und in der Folge Initiierung der Remodelierung zurück. Die zweite Hypothese erklärt die Wirkung der ESWT über eine gesteigerte Vaskularisierung des behandelten Areals mit thermodynamischen Veränderungen, die zu einer inflammatorischen Reaktion mit Aktivierung von
Makrophagen führen, und so schlussendlich zur Lyse des Plaques und Resorption der Bestandteile führen sollen (Liu et al.
2019). In einer neueren Metanalyse konnte ebenfalls nur ein positiver Effekt auf die Schmerzreduktion nachgewiesen werden. Die vorliegenden Publikationen sind hinsichtlich der Einschlusskriterien zu inhomogen, was den Vergleich bzw. die Auswertbarkeit der Ergebnisse erschwert (Gao et al.
2016).
Eine intraläsionale Behandlung mit Interferon
hat in wenigen, placebokontrollierten Studien eine Verringerung der Symptome und auch der Deviation gezeigt (Hellstrom et al.
2006; Kendirci et al.
2005). Im Gegensatz hierzu konnte die einzige randomisiert durchgeführte und placebokontrollierte Studie keinen Effekt für einen intraläsionale Therapie mit Kortikoiden beweisen (Cipollone et al.
1998). Des Weiteren stellt die korrekte Applikation in den Plaque (vor allem wenn dieser fest und schon kalzifiziert ist) einen großen Unsicherheitsfaktor dar.
Die intraläsionale Behandlung mit mikrobieller Collagenase
aus Clostridium histolyticum wurde 2014 von der EMA zur Behandlung der IPP mit Deviation zwischen 30° und 90° in der stabilen Phase und bei nicht- ventralen lokalisierten Plaques zugelassen (Salonia A, EAU Guidelines
2020). Diese Behandlung zeigte eine Verringerung der Deviation in 34 % im Vergleich zur Placebogruppe mit 18 % (Masterson et al.
2019).
Eine operative Therapie sollte nur dann erfolgen, wenn sich die Erkrankung in der stabilen Phase (>6 Monate ohne Progression) befindet, frühestens aber 12 Monate nach Diagnose (der ersten Manifestation) (Kendirci und Hellstrom
2004). Eine operative Intervention muss immer als Einzelfallentscheidung und auf Wunsch des Patienten erfolgen, da es in Deutschland keine Leitlinien für die Behandlung der IPP gibt. Die folgenden Empfehlungen sind an die europäische Leitlinie angelehnt.
Vor einer operativen Intervention müssen potenzielle Risiken mit dem Patienten besprochen werden. Hierzu gehören Penisverkürzung
,
erektile Dysfunktion, Sensitivitätsverlust (vor allem im Bereich der Glans), das Rezidivrisiko für eine Redeviation, typische chirurgische Komplikationen wie Fadengranulome und Nachblutungen und die Notwendigkeit einer Zirkumzision im gleichen Eingriff, da alle Operationsmethoden mit einem „Degloving“ des Penis einhergehen.
Prinzipiell muss man bei den Operationsverfahren (diese finden sowohl bei den kongenitalen Deviationen als auch bei den durch die IPP verursachten Deviationen Anwendung) zwei Hauptgruppen unterscheiden. Dies sind zum einen Operationen, die den Penis verkürzen (hierzu gehören die Plikaturverfahren inklusive Nesbit , die auf der konvexen Seite des Penis durchgeführt werden) und zum anderen solche, die den Penis nicht verkürzen (diese Verfahren werden auf der konkaven Seite des Penis durchgeführt und benötigen einen Patch
(freies Transplantat) oder Graft (gestieltes Transplantat) zur Deckung der Läsion nach Plaqueexzision. Als Ultima Ratio kommt eine Plaqueexzision mit Implantation einer Penisprothese in Frage. Dies macht vor allem dann Sinn, wenn schon eine
erektile Dysfunktion präexistent ist (Hauck und Weidner
2001). Alle Therapieempfehlungen stützen sich auf Expertenmeinungen und einige retrospektive Fallstudien, prospektive Studien zur invasiven (chirurgischen) Therapie von Deviationen liegen bis heute nicht vor (Hatzimouratidis et al.
2012).
Nesbit
war der erste, der die Exzision von ellipsoiden Tunica-Patches auf der konvexen Seite des Penis zur Behandlung der
Penisdeviation 1965 beschrieb (Nesbit
1965). Diese Strategie wurde in den 1970er-Jahren auch für die IPP adaptiert. Es wird eine 5–10 mm transversale Ellipse (oder 1 mm/10° Deviation) ausgeschnitten und die Resektionsränder werden mit z. B. Goretexfäden invertierend vernäht. Diese Methodik hat exzellente (Langzeit-)Ergebnisse mit Begradigungsraten von >80 % bei einer durchschnittlichen Penisschaftverkürzung von 10–15 mm.
Die Plikaturverfahren folgen demselben Prinzip. Entweder werden singuläre oder multiple longitudinale Inzisionen/Exzisionen auf der konvexen Seite des Penis durchgeführt und transversal vernäht (z. B. nach Yachia ) oder die Plikaturen werden ohne vorherige Inzisionen oder Exzisionen durchgeführt (z. B. nach Schröder-Esset). Auch hierbei empfiehlt sich nichtresorbierbares Nahtmaterial, um die Rezidivraten gering zu halten.
Penisverlängernde Operationsmethoden beinhalten immer eine Inzision der kürzeren (konkaven) Penisseite. Der Tunicadefekt wird mit einem Graft /Patch gedeckt. Bei hochgradigen Deviationen (>60°) muss dann meist auch der Plaque entfernt werden, was aber häufiger eine postoperative
erektilen Dysfunktion zur Folge hat (Dalkin und Carter
1991).
Als Graft-Material wurde 1974 erstmals von Devine und Horton Spalthaut beschrieben (Devine und Horton
1974), seitdem wurden diverse Materialien zur Deckung des Inzisionsdefekts beschrieben. Diese lassen sich in autologe Patches (Dermis, Mundschleimhaut, Tunica albuginea, Tunica vaginalis, Venenpatches und Temporalisfaszie), allogene Patches (Kadaver-Perikard, Fascia lata, Dura mater oder Dermis), xenogene Patches (Rinderperikard, Schweinedünndarm-Submukosea und Schweinedermis) und synthetische Patches (Goretex, Dacron, Tachosil) einteilen.
Der Vena-saphena-magna-Patch ist der am häufigsten verwendete Venenpatch. Generell haben Venenpatches den Vorteil des Endothel-Endothel-Kontakts mit dem kavernösen Gewebe. Postoperative Rezidivraten werden mit ca. 20 % angegeben (Salonia et al.
2020). Patches der Tunica albuginea oder der Tunica vaginalis haben vergleichbare Rezidivraten (Das
1980). Dermis-Patches sind in ca. 35 % der Fälle mit Rezidivdeviationen vergesellschaftet, Kadaver-Perikard (Tutoplast) zeigt ebenfalls akzeptable Ergebnisse; in retrospektiven Studien wurden mittels Fragebögen allerdings Rezidivdeviationsraten von bis zu 44 % beschrieben (Taylor und Levine
2008).
Aufgrund des Risikoprofils sollten bei adäquater Penislänge, bei Deviationen von weniger als 60° und in Abwesenheit von Einschnürungen der Peniszirkumferenz durch den Plaque (Sanduhrphänomen) eher Plikaturverfahren angewandt werden. Bei kurzer Penislänge, Deviationen von mehr als 60° und/oder Sanduhrphänomen, bei denen eine Plaqueexzision notwendig ist, sollten eher Operationsverfahren mit Transplantationen von Patches angewandt werden.
Aufgrund der geringen Risiken und der exzellenten Kurz- und Langzeitergebnisse sind die Plikaturverfahren mit oder ohne Tunicaexzision (z. B. nach Nesbit oder Yachia) die Therapieverfahren der Wahl bei symptomatischen angeborenen Penisschaftverkrümmungen. Mit diesen Techniken können auch dorsolaterale Deviationen ausgeglichen werden, indem man die auszuschneidende Ellipse auf der jeweils kontralateralen Seite etwas größer wählt (Hatzimouratidis et al.
2012).